USA: Immigranten in Haftzentrum zwangsernährt

Die amerikanische Einwanderungs- und Zollbehörde (ICE) praktiziert in einem Haftzentrum für Immigranten in Texas eine brutale Foltermethode an mindestens zehn Männern, die mit einem Hungerstreik gegen ihre lange Inhaftierung und Misshandlung protestieren. Die Männer, hauptsächlich Sikhs aus der indischen Region Punjab, werden mehrfach täglich mit Plastikschläuchen durch die Nase oder intravenös zwangsernährt. An dem Hungerstreik nehmen mindestens 30 Männer teil, darunter einige Kubaner, die Mehrheit stammt jedoch aus Indien.

Zwangsernährung durch Nasenschläuche ist eine Foltermethode, die im Gefangenenlager Guantanamo Bay und in anderen CIA-Geheimgefängnissen im Ausland praktiziert wird. Sie wird von internationalen Menschenrechtsorganisationen verurteilt. Der Ärzteverband American Medical Association (AMA) verbietet seinen Mitgliedern die Mitwirkung an solchen Misshandlungen. In den AMA-Richtlinien heißt es, solange der Hungerstreik eine bewusste und begründete Nahrungsverweigerung darstellt, sollte der Arzt dieses Recht respektieren.

Die Demokraten, die sich als Gegner von Trumps Forderungen nach einer Mauer an der mexikanischen Grenze inszenieren, verlieren kein Wort über die brutale Behandlung von Immigranten und Asylsuchenden in ICE-Haftzentren, die den Grund für die Hungerstreiks und Proteste bilden. Der Gesetzesentwurf, der jetzt in einem gemeinsamen Ausschuss von Repräsentantenhaus und Senat diskutiert wird, sieht die Bewilligung von weiteren Milliarden Dollar für die ICE vor, um den amerikanischen Gulag auszuweiten.

Die Inhaftierten werden in dem ICE-Aufnahmezentrum im west-texanischen El Paso festgehalten. Sie haben Besucher darum gebeten, die Öffentlichkeit über ihren Kampf zu informieren. Als Erste berichtete Associated Press am Donnerstagmorgen über den Hungerstreik. Die Anwältin eines Häftlings und ein freiwilliger Helfer sprachen mit der World Socialist Web Site über die Bedingungen, in denen die Männer leben.

Die auf Immigrationsrecht spezialisierte-Anwältin Ruby Kaur spricht Pandschabi, die Muttersprache von vielen der Gefangenen, und vertritt einen der Hungerstreikenden. Wie sie berichtet, wurde ihrem Klienten zunächst ein Venenzugang gelegt. Nachdem er mehr als drei Wochen nichts gegessen oder getrunken hatte, wurde er zwangsernährt. Sie erklärte: „Sie werden seit mindestens sechs Monaten festgehalten. Auf der Grundlage ihrer ethnischen Zugehörigkeit werden sie für die Behandlung ausgesucht.“

Kaur erklärte, ihr Mandant und die anderen Hungerstreikenden hätten gegen schlechte Behandlung und körperliche Misshandlungen während der Haft protestiert. Daher würden sie von der ICE als Reaktion auf den Hungerstreik noch mehr misshandelt. Weiter erklärte sie: „Für mich ist Zwangsernährung körperliche Misshandlung.“

Die Anwälte seien noch dabei, Informationen über den körperlichen Zustand ihrer Mandanten zu sammeln: „Wir sind uns noch nicht sicher, weil wir noch immer dabei sind, uns mit den einzelnen Teilnehmern zu treffen.“

Kaur erklärte: „Die Rechte der Immigranten liegen mir sehr am Herzen.“ Einige der Hungerstreikenden seien in Einzelhaft gekommen, was von internationalen Menschenrechtsorganisationen ebenfalls als eine Form von Folter eingestuft wird.“

Gegenüber Associated Press sagte sie: „Sie treten in den Hungerstreik, und dann werden sie in Einzelhaft gesteckt. Von den ICE-Beamten werden sie seelisch gefoltert, indem man ihnen zum Beispiel erklärt, dass man sie nach Punjab zurückschicken werde.“

Margaret Brown Verga von Advocate Visitors with Immigrants in Detention (AVID), einer Hilfsorganisation für Immigranten aus New Mexico, schilderte weitere Details der Zustände in der ICE-Einrichtung von El Paso. Sie ist Mitglied der Freiwilligengruppe, die Besuche bei Inhaftierten organisiert, um ihre Isolation und Verzweiflung zu lindern.

Gegenüber der WSWS erklärte sie: „Wir haben von dem Hungerstreik gehört. Drei von uns haben vier der Männer besucht, um mit ihnen über ihre Lage zu sprechen. Die ICE-Einrichtung in El Paso ist ein Gefängnis. Wenn man sich anschaut, welche Zustände dort herrschen und wie sie mit den Inhaftierten umgehen, ist es ein Gefängnis. Sie werden wirklich wie Häftlinge behandelt.

Es ist sehr schwer, Informationen über sie zu bekommen. Ich habe mit einem gesprochen. Ein anderer Freiwilliger sprach mit zwei Personen, ein dritter mit dem vierten Inhaftierten.

Zwangsernährung ist sehr quälend. Sie sind sehr schwach. Sie laufen sehr langsam und lassen die Füße schleifen. Ihre Augen wirken sehr müde. Der Mann, den ich gesehen habe, hat mir seine Arme gezeigt. Er bekommt täglich drei oder vier Infusionen und sagte, er rechne damit, dass ihm ein Schlauch zur Zwangsernährung in die Nase eingeführt werde. Ich glaube, das steht in einer ICE-Dienstanweisung.“

Sie erklärte, die Inhaftierten müssten selbst zu ihrer Folterung erscheinen: „Sie beklagen sich, dass sie zur Krankenstation laufen müssen, statt im Rollstuhl dorthin gebracht zu werden.“

Vega fügte hinzu: „Viele können sich gar nicht vorstellen, dass die Bedingungen in den Immigranteneinrichtungen die Leute zu so etwas treiben. Es ist seelisch äußerst schwierig, manchmal auch körperlich.

Ich glaube, viele Menschen unterschätzen, wie schlimm es ist, für unbestimmte Zeit an einem Ort festgehalten zu werden, wo man nicht genug zu essen bekommt, ständig beschimpft wird, wo Leute einem Knüppel zwischen die Beine werfen und ihre Spielchen treiben. Und das Schlimmste ist, nie zu wissen, wann es aufhören wird. Wenn es tagein, tagaus so geht, ist das sehr schlimm.“

Vega erklärte, unter Trump habe sich im Vergleich zur Obama-Regierung nicht viel daran geändert, wie es in den Hafteinrichtungen zugeht: „Ich würde sagen, viele Leute spüren, dass das nichts Neues ist. Vor zehn Jahren haben die Leute in diesen Einrichtungen die gleichen Zustände festgestellt, obwohl es angeblich Standards dafür gibt, wie sie geführt werden sollten.

Ich habe Inhaftierte getroffen, die nur an einem Grenzposten Asyl beantragt hatten. Einer wurde verhaftet und nicht mehr freigelassen. Im Raum El Paso werden Entlassungen auf Kaution grundsätzlich abgelehnt. Wir treffen Asylsuchende, bei denen keine Fluchtgefahr besteht und die keine Gefahr für die Allgemeinheit darstellen, aber sie werden nicht freigelassen.“

Ruby Kaur und Margaret Brown Vega betonen, dass die Gefangenen die Initiative ergriffen haben. Sie wollen, dass mehr Menschen von ihrem Hungerstreik erfahren, als nur die ICE-Beamten in El Paso.

Vega erklärte: „Unsere erste Priorität war es, diese Situation bekanntzumachen. Es geht um die Rechte, die der Erste Zusatzartikel zur Verfassung garantiert. Wir halten es für unsere Pflicht, ihnen zu helfen, ihnen Gehör zu verschaffen. Bereits wenige Tage nichts zu essen, ist sehr schwer. Sie setzen ihre körperliche Gesundheit aufs Spiel.“

Laut einer Sprecherin der ICE hat ein Bundesrichter die Zwangsernährung genehmigt und die Misshandlungsvorwürfe nicht berücksichtigt. Die Einrichtung in El Paso wird im Gegensatz zu vielen anderen Haftzentren nicht von einem Subunternehmen betrieben, sondern direkt von der Behörde.

Wenn ein Hungerstreik länger als einen Monat andauert, wie es bei den inhaftierten Immigranten der Fall ist, wächst die Gefahr bleibender körperlicher Schäden.

Der Bericht von Associated Press zitierte Amrit Singh, den Onkel von zwei der Hungerstreikenden: „Es geht ihnen nicht gut. Sie sind körperlich sehr schwach, sie können nicht sprechen und werden immer wieder ins Krankenhaus gebracht. Sie wollen wissen, warum sie immer noch im Gefängnis sind, sie fordern ihr Recht ein und wollen das staatliche Einwanderungssystem aufrütteln.“

In den letzten Jahren gab es immer wieder Hungerstreiks von inhaftierten Immigranten. In den meisten Fällen begannen die Teilnehmer jedoch wieder zu essen und zu trinken, nachdem ihnen mit einer gerichtlich angeordneten Zwangsernährung gedroht wurde. Die ständige Verschlechterung der Zustände und die Aussicht auf eine unbefristete Inhaftierung hat einige Gefangene jedoch trotz der angedrohten Folter zu diesem letzten verzweifelten Schritt getrieben.

Die Organisation Freedom for Immigrants, die Dachorganisation von AVID, hat seit Mai 2015 fast 1.400 Hungerstreikende in 18 Hafteinrichtungen dokumentiert.

Siehe auch:

Der Tod von Felipe Alonzo-Gómez: Ein Verbrechen des US-Imperialismus (28. Dezember 2018)

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