Perspektive

Spanien: Schauprozess gegen katalanische Nationalisten zeigt rechtsextreme Gefahr

Diese Woche begann in Madrid der Schauprozess gegen katalanische Nationalisten. Gleichzeitig weigerten sich die katalanischen Abgeordneten im Parlament, für das Budget von Premierminister Pedro Sanchez (PSOE) zu stimmen. Deshalb scheiterte der Haushaltsplan mit 191zu 158 Stimmen, und Sanchez wird wohl bald Neuwahlen ansetzen müssen.

Wenn heute gewählt würde, würden Umfragen zufolge die spanische Volkspartei PP, die Bürgerpartei (Ciudadanos) und die pro-faschistische VOX, eine PP-Abspaltung, zusammen über 50 Prozent der Stimmen bekommen. PP-Chef Pablo Casado forderte gestern eine „gemeinsame Front“ dieser rechten Parteien, die letzten Monat schon in Andalusien ein regionales Regierungsbündnis gebildet hatten.

In Spanien und ganz Europa nehmen die Streiks und Proteste gegen die EU-Sparpolitik zu, und die spanische herrschende Klasse reagiert darauf mit der Errichtung eines faschistoiden Regimes. Dagegen baut sich in der Arbeiterklasse starker Widerstand auf, aber diese historisch verankerte Opposition gegen das faschistische Erbe findet in den bestehenden Parteien keinen Ausdruck. Das Regime des Diktators Francisco Franco, der Spanien im Bürgerkrieg von 1936–1939 erobert hatte, beherrschte das Land bis 1978.

Sowohl die PSOE als auch ihr pseudolinker Verbündeter Podemos sind reaktionäre, bankrotte Parteien. Podemos ist die wichtigste Stütze der PSOE-Regierung und versuchte gestern bis zur letzten Minute, ein Abkommen mit katalanischen Nationalisten zu schließen, um den Haushalt zu retten. Die stalinistischen und pablistischen Professoren, die Podemos anführen, fördern Nationalismus und Populismus. Sie verachten den Kampf der Arbeiterklasse für den Sozialismus und ermöglichen es der herrschenden Klasse den spanischen Neofaschismus wiederzubeleben. Die faschistische Gefahr ist sehr real.

Podemos brachte die PSOE im vergangenen Jahr nicht durch Wahlen an die Macht, sondern durch Hinterzimmer-Gespräche, die eine knappe parlamentarische Mehrheit für die PSOE, Podemos und die katalanischen und baskischen Nationalisten zusammenschusterten. Diese Koalition brachte dann Sanchez an die Macht und verdrängte Premierminister Mariano Rajoy (PP). Der Podemos-Generalsekretär Pablo Iglesias erläuterte die nationalistische Perspektive, auf der seine Wahlstrategie beruht, mit den Worten: „Wir sind stolz darauf, Spanier zu sein, und wir werden die Parolen verwenden, die man verwenden muss, um in der Politik zu siegen. Denn wenn man nicht gewinnt, kann man die Dinge nicht ändern.“

Tatsächlich bereitete Podemos mit ihrer „realistischen“ Politik, die sich auf die Konzeptionen der nationalistischen Rechten stützt, nicht etwa den Sieg, sondern die Niederlage vor. Einmal an der Macht, verfolgte die PSOE eine Agenda, die sich nicht von der der PP unterschied. Sie befolgte strikt den Sparhaushalt der PP von 2018, pumpte Milliarden in die Armee und setzte die Unterdrückung der katalanischen Nationalisten fort. Damit stieß diese wichtigste bürgerliche Partei Spaniens seit 1978 die Arbeiter vor den Kopf und stärkte die Neofaschisten.

Am 12. Februar begann der Prozess gegen zwölf katalanische Nationalisten. Nachdem sie am 1. Oktober 2017 das Referendum über die Unabhängigkeit Kataloniens organisiert hatten, wurden sie wegen Rebellion und Aufruhr inhaftiert.

Die katalanischen Nationalisten sind selbst reaktionäre Pro-Austeritätsparteien. Sie unterstützen stillschweigend die EU und die Kriegspolitik der Nato. Aber dieser Prozess ist ein Angriff auf demokratische Grundrechte, einschließlich der Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Er stellt eine beispiellose, seit dem Franco-Regime nie dagewesene Bedrohung für jede Art von Widerstand gegen den Staat dar. Deshalb muss dieser Prozess abgelehnt werden.

Der stellvertretende katalanische Regionalchef, Oriol Junqueras, und die Führer der katalanischen Kulturvereinigungen, Jordi Sànchez und Jordi Cuixart, müssen wegen durchweg friedlicher politischer Aktivitäten mit 25 Jahren Gefängnis rechnen. Ihre „Verbrechen“ bestanden in der Organisation eines Referendums oder der Anmeldung von Demonstrationen. Sie sind bereits seit über einem Jahr im Gefängnis, weil sie angeblich einen gewalttätigen Aufstand organisiert haben sollen. Die einzige Gewalt während des Referendums wurde jedoch durch die Unterdrückung friedlicher Wähler entfesselt. Über 800 von ihnen landeten im Krankenhaus.

Nach dem Referendum unterstützte die PSOE die Regierung Rajoys, indem sie zu anti-katalanischen Protesten aufrief, bei denen Lieder aus der Franco-Zeit gesungen wurden. Der Chef der spanischen Armee erklärte den katalanischen Nationalismus zur „größten Bedrohung unserer Demokratie“. Es ist nun klar, dass diese Kampagne, die sich an die franquistische Hetze gegen „Rote und Separatisten“ anlehnt, ein Versuch der gesamten herrschenden Klasse war, inmitten zunehmender sozialer Wut nach zehn Jahren EU-Austerität die Politik weiter nach rechts zu verlagern.

Unter dem PSOE-Regime erheben Staatsanwälte die Orwell’sche Behauptung, dass die Gefangenen für die Gewalt des Staates verantwortlich seien, die in Wirklichkeit der Staat gegen ihre Anhänger ausgeübt hatte. „Ich glaube nicht, dass die Verantwortung für die Gewalt am Tag des Referendums der spanischen Strafverfolgung zugeschrieben werden kann, sondern vielmehr denen angelastet werden muss, die in Kenntnis des Gesetzes Tausende von Bürgern mobilisiert haben. Sie fungierten als menschliche Mauern, die die legitime Polizeioperation behinderten“, sagte Staatsanwalt Javier Zaragoza am Mittwoch vor Gericht.

Die neue Partei VOX konnte sich als „Staatsanwaltschaft des Volkes“ aufspielen und forderte für die Angeklagten Freiheitsstrafen von über 60 Jahren.

Der VOX-Vorsitzende, Santiago Abascal, hat öffentlich die Faschisten im Bürgerkrieg verteidigt. „Wir sind die Stimme derer, deren Vorfahren in der Armee Francos gekämpft haben, und die nicht verurteilen wollen, was ihre Familien getan haben“, erklärte er letzten Monat. „Bestimmte Leute lehnen die Änderung von Straßennahmen nur aus dem Grund ab, weil sie den politischen Fanatismus teilen, der Spanien ein einseitiges Gedächtnis verpasst.“

Dies ist eine Verteidigung der faschistischen Unterdrückung der Arbeiterklasse durch Staatsterror und Massenmord. Franco führte 1936 einen Putsch gegen die spanische Republik an. Nach einem blutigen dreijährigen Bürgerkrieg befestigte er sein Regime mit dem Massenmord an Hunderttausenden von linken Arbeitern und Jugendlichen. Dabei konnte sich Franco vor allem darauf stützen, dass die stalinistischen und sozialdemokratischen Parteien die Arbeiteraufstände unterdrückten und die Trotzkisten, die für die Revolution in Spanien kämpften, ermordeten.

Die EU hat ihr volles Vertrauen in den Schauprozess gegen die katalanischen Nationalisten ausgedrückt. „Wir vertrauen voll und ganz dem Rechtssystem in Spanien“, sagte der Vizepräsident der Europäischen Kommission, Jyrki Katainen, am Mittwoch, und er fügte hinzu: „Dies ist keine politische Frage. Wir geben keine politischen Erklärungen zu dieser Entwicklung ab.“

Ernste Warnungen sind notwendig: Nach dreißig Jahren imperialistischer Kriege seit der Auflösung der Sowjetunion und zehn Jahren scharfer EU-Austerität infolge der Finanzkrise 2008 verfault der europäische Kapitalismus immer stärker.

In jedem Land schüren die verhassten Regierungen neofaschistische Bewegungen, um sie gegen den Widerstand der Arbeiter einzusetzen. Während die Große Koalition in Deutschland rechtsextreme Professoren unterstützt, die den Nationalsozialismus beschönigen, lobt der französische Präsident Emmanuel Macron den faschistischen Diktator Philippe Pétain und unterdrückt die „Gelbwesten“ mit Gewalt. Obwohl viele behauptet haben, Spanien sei aufgrund des Franco-Hasses der Arbeiter gegen den Neofaschismus immun, reiht sich jetzt auch dieses Land ein.

Der internationale Klassenkampf erlebt einen neuen Aufschwung. Das zeigen die „Gelbwesten“ in Frankreich, Massenstreiks in Belgien und Deutschland sowie in Spanien die Streiks der Taxifahrer, Hafen- und Flughafenarbeiter und im öffentlichen Nahverkehr. Allerdings steht die Arbeiterklasse weltweit vor politischen Aufgaben, da sie mit einer entschlossenen Opposition der herrschenden Elite rechnen muss.

Die demokratischen Grundrechte können nur auf der Grundlage des sozialistischen Internationalismus verteidigt werden. Dazu muss die Arbeiterklasse entschlossen mit der stalinistischen und pablistischen Politik von Podemos und ähnlichen pseudolinken Parteien in ganz Europa brechen. Dies erfordert den Kampf für den Aufbau von Sektionen des Internationalen Komitees der Vierten Internationale (IKVI). Sie werden die revolutionäre Führung für die Arbeiterklasse in Spanien und ganz Europa aufbauen, die sich dem Kapitalismus und der EU widersetzt und für die Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa kämpft.

Loading