Whistleblowerin Chelsea Manning in Beugehaft genommen

Am gestrigen Freitag schickte ein Bundesrichter die Whistleblowerin Chelsea Manning ins Gefängnis, weil sie sich standhaft weigerte, Fragen einer Grand Jury zu beantworten. Diese Anklagejury war ausschließlich dazu gebildet worden, um gegen WikiLeaks und Julian Assange vorzugehen.

Richter Claude H. Hilton vom Bundesbezirksgericht Ost-Virginia urteilte, Manning müsse so lange im Gefängnis bleiben, bis sie zur Aussage bereit sei. Er schickte sie in das Frauengefängnis der Bundeshaftanstalt von Alexandria (Virginia).

Manning wurde erneut über ihre mutige Enthüllung von hunderttausenden Dokumenten im Jahr 2010 befragt. Damals hatte sie die Öffentlichkeit über Kriegsverbrechen der USA wie den schrecklichen Angriff eines US-Helikopters im Irak informiert, bei dem zwei Reuters-Journalisten und zahlreiche unbewaffnete Zivilisten getötet wurden. Auch gestern blieb Manning standhaft und lehnte es ab, WikiLeaks und dessen Herausgeber Julian Assange – oder irgendeine andere Mediengruppe oder Person – zu belasten.

Mannings Anwältin, Moira Meltzer-Cohen, sagte der WSWS nach der Entscheidung: „Chelseas Haltung spricht für sich. Sie verhält sich außerordentlich ehrenhaft und mutig, und dieser jüngste Kampf ist nur der jüngste in einer langen Reihe von Auseinandersetzungen, bei denen sie ihren Prinzipien treu geblieben ist.“

Auf die Frage, ob sie sich Sorgen um die Bedingungen mache, denen Chelsea jetzt im Gefängnis ausgesetzt sein werde, sagte Meltzer-Cohen, die Regierung habe Garantien abgegeben, dass man Rücksicht auf ihre Gesundheit nehmen werde. Aber sie fügte hinzu: „Wir alle müssen wachsam sein, damit diese Garantien eingehalten werden.“

„Die Socialist Equality Party verurteilt ausdrücklich die rachsüchtige und kriminelle Verfolgung von Chelsea Manning durch die US-Regierung“, sagte Joseph Kishore, der Nationale Sekretär der Socialist Equality Party in den Vereinigten Staaten.

„Weil Chelsea damals der Bevölkerung der USA und der Welt die Wahrheit zur Kenntnis gebracht hatte, hat sie schon mehr als sechs Jahre lang Einzelhaft, Misshandlungen und Folter erlitten“, fuhr Kishore fort. „Gestern hielt sie erneut standhaft an demokratischen Grundprinzipien fest und lehnte es ab, der Trump-Regierung bei ihrem Rachefeldzug gegen WikiLeaks und Julian Assange Hilfe zu leisten und zu den falschen Beschuldigungen beizutragen.

Arbeitende Menschen auf der ganzen Welt werden Chelseas mutige Entlarvung der Verbrechen des amerikanischen Imperialismus niemals vergessen. Diese Enthüllungen haben ihr enorme persönliche Opfer abverlangt. Inmitten einer wachsenden weltweiten Streikwelle wird die Socialist Equality Party alles in ihrer Macht Stehende tun, um die Arbeiterklasse zur Verteidigung von Chelsea und Befreiung von Julian Assange sowie aller anderen Klassenkriegsgefangenen zu mobilisieren.“

Die Socialist Equality Parties von Großbritannien und Australien veranstalten am Sonntag, den 10. März, Kundgebungen vor der Londoner Botschaft Ecuadors und der State Library in Melbourne. Auch in den Vereinigten Staaten werden Kundgebungen vorbereitet.

Mannings mutige Haltung unterstreicht, worum es bei der Verteidigung von Julian Assange wirklich geht. Die Trump-Regierung und die amerikanische Justiz wollen den WikiLeaks-Führer mit aller Gewalt ins Gefängnis oder in die Todeszelle bringen, weil er der Welt die Wahrheit über den US-Militarismus und die amerikanische Außenpolitik offenbart hat – was nur mit Hilfe Chelsea Mannings möglich war.

Mannings Inhaftierung stellt eine weitere Eskalation im Bemühen Washingtons dar, Assange aus der Botschaft von Ecuador in London zu treiben. Dort wird ihm seit 2012 politisches Asyl gewährt. Die Trump-Regierung bereitet sich darauf vor, ihn öffentlich zu beschuldigen und von der ecuadorianischen und britischen Regierung zu verlangen, dass sie einen Haftbefehl ausstellen und ihn unter falschen Anschuldigungen an die USA auslieferen.

Obwohl Chelsea Manning Immunität im Austausch für ihre Aussage zugesagt worden war, lehnte sie es ab, irgendeine der Fragen der Trump-Regierung zu beantworten, und verwies auf ihre von der US-Verfassung garantierten Rechte. Um Zeugen zur Zusammenarbeit mit Staatsanwälten zu verleiten, ist die Zusage von Immunität ein gängiges Mittel.

In einer Presserklärung, die nach der Anhörung herausgegeben wurde, sagte Manning:

„Gestern sollte ich vor einer geheimen Grand Jury aussagen, nachdem mir Immunität zugesichert worden war. Alle wichtigen Fragen betrafen meine öffentlich gemachten Enthüllungen aus dem Jahr 2010. Dazu hatte ich schon während meines Verfahrens vor dem Militärgericht im Jahr 2013 ausführlich Aussagen gemacht. Ich antwortete auf jede dieser Fragen mit folgender Stellungnahme: ‚Ich lehne diese Frage ab und verweigere die Antwort, da die Frage eine Verletzung meiner im Ersten, Vierten und Sechsten Verfassungszusatz garantierten Rechte sowie anderer gesetzlicher Rechte darstellt.‘

Am Freitag werde ich erneut vor dem Bundesgericht in Alexandria zu einer Anhörung wegen Missachtung erscheinen. Ein Richter wird die rechtlichen Grundlagen für meine Aussageverweigerung vor einer Grand Jury überprüfen. Das Gericht könnte mich der Missachtung schuldig ansehen und eine Verhaftung anordnen.

In Solidarität mit vielen Aktivisten, die in einer ähnlichen Situation sind, werde ich zu meinen Prinzipien stehen. Ich werde jedes verfügbare juristische Mittel ausschöpfen. Mein Anwaltsteam ist nach wie vor bemüht, die Geheimhaltung der Vorgänge aufzubrechen, und ich bin bereit, die Konsequenzen meiner Verweigerung zu tragen.“

Eine prinzipientreuere und mutigere Haltung kann man von niemandem erwarten.

Richter Claude M. Hilton hat Chelsea Manning nun nach alledem, was sie erlitten hat, wegen Aussageverweigerung in Untersuchungshaft geschickt. Sie könnte wegen Missachtung des Gerichts bis zu 18 Monate lang dort festgehalten werden, oder auch bis zum Ende der Existenz der Grand Jury.

Hilton wurde im Jahr 1985 von Präsident Ronald Reagan an das Bundesbezirksgericht berufen. Zu Beginn der Woche hat er Anträge von Mannings Rechtsanwälten zurückgewiesen, die Vorladung aufzuheben oder die volle Mitschrift der Aussagen öffentlich zu machen.

Nachdem Chelsea Manning im Jahr 2009 nach Bagdad versetzt worden war, erschrak sie über die militärischen und diplomatischen Verbrechen der Vereinigten Staaten, die sie dort sah. Deshalb ließ sie eine riesige Menge „geheimer“ Dokumente an WikiLeaks durchsickern. Zu diesen zählte das Video „Collateral Murder“, das amerikanische Helikopterpiloten zeigt, die Zivilisten erschießen, darunter Kinder und zwei Reuters-Journalisten.

Während ihrer 13-wöchigen Verhandlung vor einem Militärgericht im Jahr 2013 sagte Manning aus, dass sie allein und anonym gehandelt habe, als sie die Dokumente an WikiLeaks weiterreichte. Sie weigerte sich trotz der brutalen Behandlung, die sie ertragen musste, Assange oder WikiLeaks zu belasten. Zu dieser Behandlung gehörten langanhaltende Einzelhaft und andere Misshandlungen, die international als Folter verurteilt werden.

Manning wurde vom Militärgericht unter dem US-Spionageabwehrgesetz dafür verurteilt, Teile von 227 Dokumenten weitergereicht zu haben. Während Barack Obamas Amtszeit im Weißen Haus wurde Manning zu 35 Jahren Haft verurteilt – mehr als irgendjemand sonst jemals für das Enthüllen geheimer US-Regierungsdokumente erhalten hatte.

Als eine seiner letzten Amtshandlungen erließ Obama im Jahr 2017 Manning die Strafe. Aber er weigerte sich, sie zu begnadigen, und stellte so sicher, dass ihre Verurteilung in den Akten blieb. Ein Sprecher Trumps, welcher gerade ins Amt wechselte, nannte die Entscheidung, Manning freizulassen, „enttäuschend“ und „besorgniserregend“.

Mannings erneute Inhaftierung bestätigt, dass die Vendetta gegen Assange nichts mit den fabrizierten Behauptungen zu tun hat, WikiLeaks habe mit der russischen Regierung zusammengearbeitet, um Donald Trumps Sieg in der Präsidentschaftswahl 2016 sicherzustellen.

Manning wurde von derselben Grand Jury im Ostbezirk von Virginia vorgeladen, die im Jahr 2010 gebildet worden war, um über eine Anklage gegen Assange wegen der Veröffentlichung der weitergereichten Dokumente zu urteilen.

Mehrere Quellen berichteten, dass die Grand Jury Assange unter dem Spionageabwehrgesetz von 1917 anklagte und den Anklagebeschluss versiegelte. Ein Gerichtsdokument unter dem Datum vom 22. August 2018, das anscheinend versehentlich in einem anderen, nicht zusammenhängenden Fall, bekannt wurde, erklärte ausdrücklich, dass der Fall versiegelt worden sei, um „die Tatsache geheim zu halten, dass man Assange angeklagt hat“.

Ein anderer Richter desselben Gerichts wies den Antrag einer Gruppe von Reportern zurück, diese Anklagen zu entsiegeln. Der Bundesstaatsanwalt, der diesen Fall führte, Gordon D. Kromberg, forderte auch Mannings Vorladung.

David House, der sich Berichten zufolge im Jahr 2010 mit Manning angefreundet hatte, sagte vergangenen Juli unter Immunitätszusicherung vor der Grand Jury aus. Er erklärte, auch er sei zu den Kriegsprotokollen befragt worden, die Manning an WikiLeaks weitergeleitet hatte.

Die Obama-Regierung ruderte offenbar von einer Anklage gegen Assange zurück, da von Manning enthülltes Material in Partnerschaft mit führenden offiziellen Zeitungen veröffentlicht worden war, darunter die New York Times, der Guardian, Der Spiegel, Le Monde, El Pais und der Sydney Morning Herald.

Unter Trump versuchen die US-Behörden, das Problem zu lösen, indem sie Manning zu einer Aussage zwingen, WikiLeaks habe sich beim Durchsickern der Dokumente aktiv konspirativ beteiligt.

Die Drohung gegen Manning ist Bestandteil einer Offensive beider großen Parteien gegen die Meinungsfreiheit und hat zum Ziel, kritischen und unabhängigen Journalismus zu unterdrücken. Im Gegensatz zu den bürgerlichen Medien und pseudolinken Gruppen, die sich zynisch gegen Assange gewandt haben, ist Chelsea Mannings prinzipielle Haltung von großer Bedeutung.

Mannings Schicksal unterstreicht, wie wichtig die Kampagne der Socialist Equality Party ist. Sie fordert die australische Regierung auf, unverzüglich das Recht von Assange – eines australischen Staatsbürgers – zu garantieren, die ecuadorianische Botschaft zu verlassen und nachhause zurückzukehren. Sie muss ihn vor jeglichem US-amerikanischen Auslieferungsbegehren schützen.

Die Unterstützung wächst. Vergangenen Sonntag nahmen Hunderte Menschen an einer Demonstration in Sydney teil, die Assanges Freilassung forderte. Die Demonstration unterstützten zahlreiche bekannte Intellektuelle und prominente Kulturschaffende, wie der Pink Floyd-Mitbegründer Roger Waters, der Journalist John Pilger und Bürgerrechtsaktivist Stuart Rees.

Die Arbeiterklasse muss einschreiten, um Assange und Manning zu verteidigen. Wie der Aufmarsch in Washington gegen die beiden demonstriert, können wesentliche demokratische Rechte – darunter die Meinungsfreiheit – nur durch die unabhängige politische Mobilisierung der Arbeiterklasse verteidigt werden.

Wir appellieren an unsere Leser in Australien und dem Vereinigten Königreich, an den Demonstrationen teilzunehmen, die zur Freilassung von Assange und jetzt auch zur Verteidigung von Manning veranstaltet werden. Sie finden statt am Sonntag, den 10. März um 10 Uhr vor der State Library in Melbourne, und am selben Tag vor der Ecuadorianischen Botschaft in London, wo ab 15 Uhr eine Mahnwache organisiert wird.

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