Perspektive

Die Klimaproteste der Jugend und der Kampf gegen die globale Erwärmung

Hunderttausende von Schülern und Jugendlichen werden heute an einem weltweiten Jugendklimastreik teilnehmen, um gegen die Untätigkeit der Regierungen bezüglich des Klimawandels zu protestieren. Dass die internationale Demonstration eine derart breite Resonanz hervorgerufen hat, ist zum einen ein Zeichen dafür, wie schwerwiegend die ökologischen Krise ist, und zum anderen dafür, dass sich die Jugend auf der ganzen Welt radikalisiert.

Dieser Streik ist der vorläufige Höhepunkt einer Reihe von internationalen Protesten seit dem vergangenen August. Zu diesem Zeitpunkt hatte die 15-jährige Greta Thunberg damit begonnen, jeden Freitag vor dem schwedischen Parlament zu demonstrieren. Seitdem haben Schüler und Jugendliche, von denen nicht wenige erst 12 Jahre alt sind, wöchentliche Ausflüge, Proteste und Streiks in vielen Teilen der Welt organisiert. Die heute stattfindenden Demonstrationen sind bisher die größten. Sie finden in mehr als 1.200 Städten in mindestens 92 Ländern auf insgesamt sechs Kontinenten statt – unter anderem in Australien, Brasilien, China, Großbritannien, Indien, Iran, Italien, den Philippinen, Portugal, Russland, Somalia, Schweden und den USA.

Eine ganze Reihe von aktuellen Berichten weist darauf hin, dass sich die globale Erwärmung beschleunigt und die schon heute durch den Klimawandel verursachten Zerstörungen durch Hurrikane, Hitzewellen, Dürren und andere extreme Wetterereignisse schon im Jahr 2040 eine neue und katastrophale Qualität erreichen werden. Der „Weltklimarat“ (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC) hat davor gewarnt, dass die von den Regierungen ergriffenen Maßnahmen zur Eindämmung der globalen Erwärmung nichts als heiße Luft sind. Er schätzt den potenziellen wirtschaftlichen Schaden, sollten keine wirksamen Maßnahmen gegen den Klimawandel ergriffen werden, auf 54 bis 69 Billionen Dollar weltweit.

Die vielleicht tragischste Folge der globalen Erwärmung sind sogenannte „Klimaflüchtlinge“, die aufgrund von Naturkatastrophen, die sich auf den Klimawandel zurückführen lassen, dauerhaft ihre Heimat verlassen mussten. Laut Schätzungen der Vereinten Nationen wurden seit 2008 weltweit 210 Millionen Menschen durch Klimakatastrophen vertrieben. Bis zum Jahr 2050 soll diese Zahl laut den Prognosen auf bis zu eine Milliarde Menschen ansteigen.

Die Schülerstreiks machen deutlich, dass sich eine ganze Generation politisiert und sich linken Standpunkten immer weiter annähert. Diese jungen Menschen werden in einer Welt beispielloser sozialer Ungleichheit, anhaltender Umweltzerstörung, wachsender staatlicher Unterdrückung und zunehmender imperialistischer Kriege erwachsen.

Umfragen zeigen immer wieder, dass sich junge Menschen politisch zunehmend nach links orientieren und dass der Sozialismus auf immer mehr Unterstützung und ein wachsendes Interesse trifft. Für die Perspektive des echten Sozialismus ist eines von zentraler Bedeutung: Es ist nicht möglich, auch nur ein einziges gesellschaftliches Problem zu lösen, ohne die internationale Arbeiterklasse in einer revolutionären Bewegung zu mobilisieren, die sich den Sturz des Kapitalismus und den Aufbau einer Gesellschaft, die auf der Befriedigung sozialer Bedürfnisse und nicht auf privatem Profitstreben basiert, zum Ziel setzt. Dies gilt neben dem Klimawandel ebenso für Armut und Arbeitslosigkeit sowie autoritäre Herrschaft und Krieg.

Mit der Verschärfung des Klassenkampfes, die im Jahr 2018 begann und sich seitdem intensiviert, wächst die objektive Grundlage für eine solche revolutionäre Bewegung international heran.

In Algerien haben in den letzten Wochen Massenproteste und Streiks die dortige Regierung gelähmt. In Belgien, Frankreich, Deutschland, Portugal und dem Sudan sind Proteste gegen die wirtschaftsfreundliche Sparpolitik und die Drangsalierung von Flüchtlingen ausgebrochen. Arbeiter in verschiedenen Teilen des Iran befinden sich seit 15 Monaten regelmäßig im Streik. In Mexiko streiken seit Januar Zehntausende von Autoarbeitern. Eine ähnlich große Zahl von Lehrern streikte in diesem Jahr in den Vereinigten Staaten – gegen den Willen der wirtschaftsfreundlichen Gewerkschaften. Die Schüler selbst beteiligen sich an diesen Kämpfen, insbesondere um die Lehrer zu unterstützen und das öffentliche Bildungssystem zu verteidigen.

Junge Menschen müssen sich an die Arbeiterklasse wenden, nicht an Politiker und Regierungsinstitutionen, die die Interessen der Konzerne vertreten. Es ist notwendig, dass junge Menschen politische Fragen durchdenken und die Rolle von Organisationen verstehen, die von sich behaupten, „links“ oder „grün“ zu sein, und gleichzeitig daran arbeiten, die Opposition in der Bevölkerung vor den Karren der herrschenden Klasse und ihrer Spar- und Kriegspolitik zu spannen.

In den Vereinigten Staaten hat die New Yorker Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez, die den Demokraten und den Democratic Socialists of America angehört, einen „Green New Deal“ – in Anlehnung an die begrenzten Sozialreformen unter Präsident Roosevelt in den 1930er Jahren – zur Bekämpfung des Klimawandels vorgeschlagen. Ocasio-Cortez‘ Vorschlag basiert auf politischen Wunschvorstellungen – nämlich, dass die globale Erwärmung im nationalen Rahmen gestoppt, die Demokratische Partei zu großen sozialen Reformen bewegt und im Rahmen des bestehenden wirtschaftlichen und politischen Systems schrittweise Veränderungen erreicht werden könnten.

Zu den bevorstehenden US-Präsidentschaftswahlen 2020 versucht Senator Bernie Sanders erneut, an die Wut und Opposition von Jugendlichen und Arbeitern zu appellieren, um diese Wut hinter die Demokratische Partei zu lenken. Seine Kampagne weist – wie der Vorschlag des „Green New Deal“ – einen grundlegenden Widerspruch zwischen den begrenzten Reformen, die sie vorschlägt, und der Abwesenheit einer realistischen Strategie für deren Umsetzung auf. Die Demokratische Partei, deren Unterstützung sich sowohl Sanders als auch Ocasio-Cortez verpflichtet fühlen, trägt nicht weniger Verantwortung für die rechte Politik, die Arbeiter und Jugendliche in den Kampf treibt, als die Republikaner.

Ähnliche Bemühungen zur Förderung der Parteien der herrschenden Klasse sind in jedem Land zu sehen. Sei es die Labour Party in Großbritannien, die Sozialistische Partei in Frankreich oder die SPD, die Grünen und die Linke in Deutschland – sie alle haben bei der Umsetzung der Kriegspolitik und der sozialen Konterrevolution eine führende Rolle gespielt.

Was ihre vermeintlichen „Lösungen“ für den Klimawandel betrifft, so sind diese nichts als leere Versprechungen und zahnlose Maßnahmen. Die Bilanz sämtlicher internationaler Abkommen und Klimagipfel zeigt deutlich, dass keiner von ihnen in der Lage ist, die Krise zu lösen, die durch den Klimawandel angeheizt wird. Diese Parteien werden letztlich von den Interessen der Großunternehmen dominiert, die für die globale Erwärmung verantwortlich sind. Alle Maßnahmen, die ergriffen wurden und werden – wie etwa der Handel mit CO2-Emissionen –, sind kaum verschleierte Mechanismen, um diesen Unternehmen zu ermöglichen, ihre Geschäfte wie gewohnt fortsetzen und sogar die Umweltverschmutzung in neue Profitquellen verwandeln zu können.

Die dringenden Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels erfordern eine umfassende Neuordnung des Wirtschaftslebens auf globaler Ebene. Der Rahmen der Energieerzeugung muss von einem System, das fossile Brennstoffe einsetzt, auf ein System umgestellt werden, das auf erneuerbare Energien setzt. Dies erfordert wiederum internationale Anstrengungen, um unter anderem eine massive Finanzierung von Infrastruktur sicherzustellen, bestehende Technologien weiterzuentwickeln und neue Ideen zu erforschen.

Alle diese Maßnahmen stehen im Widerspruch zum Nationalstaatensystem, dem grundlegenden politischen Rahmen des Kapitalismus, der selbst zu einem unerträglichen Hindernis für die Entwicklung der Weltwirtschaft geworden ist. Sie kollidieren auch mit der Grundlage für die Ausbeutung der Arbeiterklasse im kapitalistischen System – dem Privateigentum an den Produktionsmitteln und der Produktion für Profit. Solange eine Handvoll Milliardäre die Gesellschaft dominiert und jeder Aspekt des Wirtschaftslebens auf ihre persönliche Bereicherung ausgerichtet ist, kann kein einziges gesellschaftliches Problem gelöst werden – einschließlich des Klimawandels.

Das macht die Bekämpfung des Klimawandels zu einer Klassenfrage und einer revolutionären Frage. Es ist die Arbeiterklasse, die am stärksten unter den Auswirkungen der globalen Erwärmung leiden wird. Es ist die Arbeiterklasse, die sich objektiv und zunehmend als internationale Klasse definiert. Es ist die Arbeiterklasse, deren soziale Interessen im Sturz des Kapitalismus und in der Abschaffung des Privateigentums an den Produktionsmitteln liegen und die den Weg für den Aufbau eines Wirtschaftssystems ebnen wird, das auf der Befriedigung der menschlichen Bedürfnisse basiert, einschließlich dem Bedürfnis nach einer sicheren und gesunden Umwelt.

Die wachsende Opposition von Arbeitern und Jugendlichen muss zu einer politisch bewussten und internationalen sozialistischen Bewegung entwickelt werden. Wir rufen alle jungen Menschen, die an den Demonstrationen teilnehmen, sowie alle Arbeiter und Jugendlichen auf internationaler Ebene dazu auf, sich der Sozialistischen Gleichheitspartei (SGP) und ihrer Jugendorganisation, den International Youth and Students for Social Equality (IYSSE), anzuschließen, um diesen Kampf zu führen.

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