Perspektive

Der globale Angriff auf Arbeitsplätze

Der australische Telekommunikationsriese Telstra kündigte am Dienstag an, dass er in den nächsten zwei Jahren die Stellen von 10.000 Leiharbeitern abbauen werde. Bereits im vergangenen Jahr wurden 5.000 Leiharbeiter auf die Straße gesetzt.

Der Abbau ist Bestandteil des Restrukturierungsplans „T22“, mit dem Telstra bis Ende 2022 die Arbeitsplätze von 8000 Beschäftigten – einem Viertel der Belegschaft – vernichten will. Das Unternehmen baut in den nächsten Monaten 6.000 Arbeitsplätze in der Stammbelegschaft ab, um in seiner Bilanz für 2019 Einsparungen in Höhe von 1,75 Milliarden US-Dollar verzeichnen zu können.

Ein Artikel in der australischen Zeitung Sydney Morning Herald titelte „Investoren jubeln über Telstras Kosteneinsparungen“ und brachte damit auf den Punkt, was die Haltung der Finanzoligarchie zu den Angriffen auf die Arbeiter und die Zerstörung ganzer Familien ist.

Mit diesen Kürzungen, die Teil einer Welle von Massenentlassungen auf der ganzen Welt sind, reagieren die Konzerne auf die Gefahr einer globalen Rezession, die sich angesichts von Trumps Handelskriegspolitik gegen China und andere Länder immer stärker abzeichnet. Das Finanzkapital fordert einen brutalen Stellenabbau und eine Senkung der Arbeitskosten, damit die Unternehmen trotz schrumpfender Märkte und sinkender Umsätze ihre Gewinnmargen steigern können.

Weitere Konzerne haben vor kurzem Massenentlassungen angekündigt:

General Motors

Der größte US-Autohersteller baut 14.000 Stellen von Angestellten und Produktionsarbeitern ab und schließt sieben Werke – fünf in den USA und Kanada, zwei in anderen Ländern, die noch nicht bestimmt wurden. GM-Managerin Mary Barra erklärte auf einer Aktionärsversammlung am Dienstag, dass die Kürzungen 6 Milliarden Dollar einsparen und „profitables Wachstum fördern“ würden.

Ford

Im vergangenen Monat kündigte Ford an, in der Endphase seines „Smart Redesign“-Programms bis Ende August 7.000 Arbeitsplätze – 10 Prozent aller Ford-Angestellten weltweit – abzubauen. Betroffen sind Angestellte in Deutschland, Großbritannien und den USA. Auch Tausende von Produktionsarbeitern in Brasilien, Russland, China und den USA sollen entlassen werden. Aber die Wall Street betrachtet das alles nur als Anfang. Ein Analyst des US-Investmentunternehmens Morgan Stanley sagte kürzlich, dass Ford weitere 23.000 Arbeitsplätze streichen müsste, um seine Kostensenkungsziele zu erreichen.

Fiat-Chrysler

Am Dienstag erklärte der Vorstand des französischen Autobauers Renault, dass er mehr Zeit brauche, um über eine geplante Fusion mit Fiat Chrysler zu entscheiden. Diese Mega-Fusion würde den drittgrößten Autokonzern der Welt schaffen und laut einem Bericht der Detroit News „zu einem Stellenabbau in Europa führen – wo beide Autohersteller zu viele Beschäftigte haben, die Autos mit zu wenig Gewinn produzieren“.

Volkswagen

Der größte Automobilhersteller der Welt hat eine „strategische Allianz“ mit Ford geschlossen und baut 7.000 Arbeitsplätze ab.

General Electric

Der in den USA ansässige transnationale Konzern General Electric kündigte letzte Woche an, dass er in seinem Werk im ostfranzösischen Belfort mehr als 1.000 Arbeitsplätze abbauen will. Er brach außerdem sein Versprechen, 1.000 neue Arbeitsplätze zu schaffen, und begründete das damit, dass die Nachfrage nach Kraftwerksanlagen gesunken sei.

AT&T

Das drittgrößte Telekommunikationsunternehmen der Welt hat im vergangenen Jahr mehr als 11.780 Arbeitsplätze abgebaut, obwohl es 19,4 Milliarden Dollar an Gewinnen verzeichnete. Der Konzern profitierte außerdem von mehr als 20 Milliarden Dollar an Steuererleichterungen dank Trumps Steuerreform.

Einzelhandel

Der britische Einzelhandelsriese Marks and Spencer droht mit der Schließung von 100 Filialen. Die Ankündigung ist Teil einer Entlassungswelle im Einzelhandel, bei der Ende 2018 insgesamt 70.000 Arbeitsplätze in Großbritannien und in den ersten beiden Monaten dieses Jahres in den USA 41.000 Stellen abgebaut wurden. Der deutsche Konzern MediaMarktSaturn, Europas größte Elektronik-Fachmarktkette, hat 700 Entlassungen angekündigt.

Doch sogar während dieser massive Stellenabbau stattfindet, schwadronieren die von den Konzernen kontrollierten Politiker und Medien über die angeblich boomende Wirtschaft und niedrige Arbeitslosigkeit in den USA. Eigentlich meinen sie Rekordgewinne für Unternehmen, den Anstieg der Aktienmärkte um 400 Prozent und den beispiellosen Transfer von Vermögen an die Ultra-Reichen seit dem Finanzcrash 2008.

Die niedrige offizielle Arbeitslosenquote in Amerika berücksichtigt nicht, dass eine Rekordzahl an Arbeitnehmern ihren Job verloren hat. Die Erwerbsquote ist heute niedriger als 2007, und die heutigen Arbeitsplätze sind meist schlechter bezahlt, ohne Rentenversicherung und sonstige Absicherung. Die Reallöhne in den USA gehen seit vierzig Jahren zurück und sind im vergangenen Jahr erneut um 1,3 Prozent gesunken. Eine aktuelle Studie in Großbritannien ergab, dass die Löhne heute ein Drittel weniger wert sind als 2008.

„Man kann im Leben 25 Jobs haben, oft auf Werkvertragsbasis“, erklärt die Wall Street-Analystin Maryann Keller gegenüber der Detroit Free Press. Der Artikel zeigt auf, dass die Zahl der befristeten Stellen und Teilzeitjobs in der Automobilindustrie seit der Umstrukturierung von GM und Chrysler vor zehn Jahren unter dem damaligen Präsident Obama stark zugenommen hat. „Vor 2009 sicherten einem die alten Tarifverträge noch einen Job auf Lebenszeit. Das war absurd und nicht bezahlbar“, so Keller.

Auf der anderen Seite der Gesellschaft geben die Oligarchen der Unternehmens- und Finanzelite mehr Geld denn je für Yachten, Privatjets und Villen aus. Das Wall Street Journal berichtete gerade, dass Amazon-Chef Jeff Bezos, der reichste Mann der Welt, ein Penthouse und zwei angrenzende Wohnungen in der Fifth Avenue in Manhattan für 80 Millionen Dollar gekauft hat. Und gleichzeitig schlafen Amazon-Arbeiter in ihren Autos und sammeln Lebensmittelmarken!

Nach der Finanzkrise von 2008 warnten das Internationale Komitee der Vierten Internationale und die World Socialist Web Site, dass es keine friedliche oder „sozialverträgliche“ Lösung für den globalen Börsencrash geben wird. Im Mai 2009 schrieb David North, Chefredakteur der World Socialist Web Site und Vorsitzender der Socialist Equality Party in den USA:

„Die Krise ist die Form, in der eine grundlegende Neustrukturierung der amerikanischen und der Weltwirtschaft stattfindet. Das gleiche trifft auf die sozialen und Klassenbeziehungen zu, auf denen sie beruhen. Sie kann nur auf zwei Wegen gelöst werden: entweder auf kapitalistischer oder auf sozialistischer Basis. Die kapitalistische Lösung wird eine dramatische Senkung des Lebensstandards der Arbeiterklasse in den Vereinigten Staaten, Europa und weltweit bedeuten. Massive Unterdrückung im Inneren wird dazu nötig sein, die Zerstörung der demokratischen Rechte der Arbeiterklasse, und das Entfesseln militärischer Gewalt in einem seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr erlebten Ausmaß.

Die einzige Alternative zu diesem Katastrophen-Szenario ist die sozialistische Lösung, die erfordert, dass die amerikanische und internationale Arbeiterklasse die politische Macht ergreift, eine von der Bevölkerung ausgeübte demokratische Kontrolle der industriellen, finanziellen und natürlichen Ressourcen einführt und eine wissenschaftlich geplante weltweite Wirtschaft aufbaut, die der Befriedigung der Bedürfnisse der Gesellschaft als Ganzes dient statt der zerstörerischen Jagd nach Profit und persönlichem Reichtum.“

Wie beim Finanzcrash von 2008 will die herrschende Elite auch heute die ganze Last des drohenden globalen Wirtschaftseinbruchs auf die Arbeiterklasse abwälzen. Der Staat greift sogar ein, um den Reichtum der Finanzoligarchie zu schützen und zu erweitern. Das machte der Vorsitzende der US-Notenbank Jerome Powell am Dienstag deutlich, als er erklärte, dass die Zentralbank bereit sei, die Zinsen wieder zu senken. Daraufhin gingen die Aktienmärkte nach oben.

Die Gewerkschaften in den USA und auf der ganzen Welt haben das Streben der Arbeiterklasse nach einer eigenen Lösung unterdrückt. In den Jahren nach dem Börsencrash reduzierten sie ihre Streikaktivitäten auf das niedrigste Niveau seit Anfang des 20. Jahrhunderts. In den letzten 18 Monaten ist der Klassenkampf aber erneut entflammt – mit den Lehrerprotesten in den USA, den wilden Streiks der Maquiladora-Arbeiter in der mexikanischen Stadt Matamoros, der Gelbwesten-Bewegung in Frankreich und den Aufständen in Algerien, dem Sudan und anderen afrikanischen Ländern.

In Matamoros rebellierten die Arbeiter gegen die nationalistischen und prokapitalistischen Gewerkschaften. Sie marschierten zur US-Grenze, um an ihre amerikanischen Kolleginnen und Kollegen zu appellieren, damit sie sich dem Kampf anschließen, und sie sendeten Solidaritätsbotschaften an die GM-Arbeiter in den USA und Kanada, die gegen die Schließung ihrer Werke kämpfen.

Millionen Arbeiter und Jugendliche weltweit radikalisieren sich. Sie fangen an zu verstehen, dass es der Kapitalismus ist, der ihre Arbeitsplätze zerstört und ihre Familien in Armut treibt – nicht die Einwanderer und Flüchtlinge, wie Trump und die rechtsextremen Parteien in Europa weismachen wollen und die dabei von den sogenannten „Mainstream“-Parteien und den Gewerkschaften unterstützt werden.

Die gegenwärtige Krise wirft grundlegende politische Fragen auf. Der globale Angriff auf die sozialen und demokratischen Rechte der Arbeiterklasse erfordert eine globale Antwort. Arbeiter müssen das nationalistische Gift zurückweisen, das von Gewerkschaften wie den United Auto Workers verbreitet wird. Diese schüren anti-mexikanischen und anti-chinesischen Chauvinismus, um die Arbeiter im Kampf um Niedriglöhne und die schlechtesten Arbeitsbedingungen gegeneinander ausspielen. Auch müssen sie die von Konzerninteressen kontrollierten Demokraten ablehnen, einschließlich Bernie Sanders, der sich gelegentlich als Sozialist bezeichnet und gleichzeitig in der Handelskriegspolitik mit Trump einer Meinung ist.

Stattdessen müssen die Arbeiter Aktionskomitees gründen, die von ihnen selbst demokratisch kontrolliert werden und deren Ziel es ist, eine wirtschaftliche und politische Offensive gegen das globale kapitalistische System zu entwickeln und ihre eigenen Kämpfe auf internationaler Ebene zu koordinieren. Die wichtigste Schlussfolgerung ist der Aufbau des Internationalen Komitees der Vierten Internationale, um den wieder auflebenden Klassenkampf mit einer revolutionären Perspektive und Führung auszustatten. Nur so ist die Arbeiterklasse in der Lage, die politische Macht zu erobern und eine sozialistische Gesellschaft aufzubauen.

Loading