Aachener Polizei droht „Fridays for Future“ mit Einkesselung und Strafverfahren

Im Vorfeld der grenzüberschreitenden Klimademonstration am 21. Juni in Aachen hat das dortige Polizeipräsidium an die Organisatoren von „Fridays for Future“ einen Brief geschrieben, der nur als massiver Einschüchterungsversuch bezeichnet werden kann.

Fridays for Future Demonstration am 24. Mai in Berlin

Der Rundbrief, der auch an die Elternverbände und das Kultusministerium von NRW, sowie an die Bezirksregierungen von Köln und Düsseldorf ging, bedroht die Jugendlichen ausdrücklich mit „polizeilichen Reaktionen“ und „Strafverfahren“. Er warnt vor „aggressiven Auseinandersetzungen“ und weist „Störer“ darauf hin, dass sie mit Einkesselung rechnen müssen: Gruppen könnten „von der Polizei ‚eingeschlossen‘ werden“, und „Personen [könnten] in Gewahrsam genommen werden“.

Das Schreiben an Schüler, Lehrer und Eltern, das zweifellos in Übereinstimmung mit der Landesregierung und ihrem Innenminister Herbert Reul (CDU) verschickt worden ist, steht auf der Website der Polizei, wo sich in Großbuchstaben auch die Aussage findet: „Polizei kann Maßnahmen auch gegen Kinder und Jugendliche treffen“.

Der Brandbrief kommt im Vorfeld der Großdemonstration „Climate Justice without Borders“, die für Freitag, den 21. Juni, als Schulstreik und grenzüberschreitender Sternmarsch geplant ist, und an der bisher mit 20.000 Teilnehmern gerechnet wird. Schüler, Studierende, Wissenschaftler und Künstler aus 16 Ländern haben bisher ihre Teilnahme in Aachen, der Stadt im Dreiländereck zwischen Deutschland, Belgien und den Niederlanden, angekündigt.

Um ihren Drohungen Nachdruck zu verleihen, bedient sich die Aachener Polizei des altbekannten Kniffs, mit dem Finger auf eine angeblich „gewaltbereite“ Minderheit zu zeigen, um von vorneherein den Einsatz brutaler Gewalt zu rechtfertigen. Gestützt auf den Umstand, dass die Gruppe „Ende Gelände“ am gleichen Wochenende gegen das Abholzen des nahegelegenen Hambacher Forstes durch den Energiekonzern RWE protestiert, schreibt die Polizei: „Halten Sie sich von gewaltbereiten Gruppierungen von ‚Ende Gelände‘ fern, lassen Sie sich nicht für illegale Aktionen instrumentalisieren! Tappen Sie nicht in die ‚Strafbarkeitsfalle‘ …“

Weiter unten im Text folgt die Drohung: „Auch der Schutz privater Rechte obliegt der Polizei“, und sie werde nicht zögern, „den Geschädigten“ die entsprechenden Personalien auszuhändigen, wie schon früher geschehen. (In einer ersten Fassung hatte die Polizei sogar behauptet, Protestteilnehmer seien bereits früher „zu einer Zahlung in Höhe von 2,1 Millionen Euro Schadensersatz verurteilt worden“. Diese Falschmeldung über einen laufenden Prozess, den der RWE-Konzern anstrengt, musste die Polizei inzwischen korrigieren.)

Tatsächlich haben sich die Jugendlichen, die den „Fridays for Future“-Sternmarsch organisieren, ausdrücklich mit den Initiativen, die gegen die Abholzung des Hambacher Forstes durch RWE kämpfen, solidarisch erklärt. Sie rufen ausdrücklich auch zu der Demonstration am Tagebau Garzweiler auf und kündigen auf ihrer Facebook-Site gemeinsam mit den dortigen Protestierenden an, „das Fronleichnamswochenende zu einem Wochenende der Klimagerechtigkeit“ machen zu wollen.

Der Polizeibrief, der diesen Protesten insgesamt droht, stellt einen frontalen Angriff auf das Demonstrationsrecht dar. Einige Monate lang, bis zu den Europawahlen Ende Mai, wurden die Klimaproteste der Schüler toleriert. Doch nun, da die Wahlen vorbei sind, werden andere Saiten aufgezogen. Der Polizeistaat zeigt seine hässliche Fratze.

Wie in Frankreich, wo der Staat schon seit einem halben Jahr gewaltsam gegen die Gelbwesten vorgeht, schreckt er auch hierzulande nicht davor zurück, friedliche Demonstrationen brutal anzugreifen. Die Polizei droht sogar Kindern und Jugendlichen mit Einkesselung, Gewahrsam und Gerichtsverfahren.

Besonders entlarvend ist die Warnung in dem Brief, dass die Jugendlichen allein durch die Teilnahme an der Demonstration unbeabsichtigt „in die ‚Strafbarkeitsfalle‘ tappen“ könnten. Diese Aussage liegt ganz auf der Linie des neuen Polizeiaufgabengesetzes, das unter Umständen schon die Teilnahme an Demonstrationen kriminalisiert, und entsprechender Gesetze in fast allen Bundesländern. So sieht das im Dezember 2018 verabschiedete NRW-Polizeigesetz vor, dass Menschen bis zu 28 Tage eingesperrt werden können, bloß weil der Verdacht besteht, dass sie eine Straftat begehen könnten.

Gegen dieses Gesetz sind schon mehrmals Zehntausende auf die Straße gegangen. So richtet sich der Brief aus dem Polizeipräsidium Aachen nicht nur gegen die Schüler, die für Klima- und Umweltschutz demonstrieren, sondern gegen alle Arbeiter und Jugendlichen, die in wachsendem Maß gegen Militarismus, Krieg und soziale Ungleichheit Widerstand leisten. Er macht mit einem Schlag die wirklichen Machtverhältnisse deutlich, und gleichzeitig zeigt er auch, dass es sinnlos ist, sich an die bürgerlichen Parteien zu wenden, die diesen Staat am Laufen halten.

Es wird klar, dass es nur einen Weg gibt, für die Erhaltung der Ressourcen und natürlichen Lebensgrundlagen zu kämpfen: Die Jugendlichen müssen sich an die Arbeiterklasse wenden, die als einzige die Ursache der Zerstörung, die kapitalistische Profitwirtschaft, überwinden kann. Sie müssen für ein sozialistisches Wirtschaftssystem kämpfen, das sich nach den Bedürfnissen der Menschen richtet und nicht nach den Profiten von Banken und Konzernen.

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