„Fairwandel“-Demo: IG-Metall trommelt für Handelskrieg

Am Samstag folgten etwa 30.000 Menschen dem Aufruf der IG Metall zu einer zentralen Kundgebung vor dem Brandenburger Tor, um für einen fairen industriellen Wandel zu demonstrieren. Die größte deutsche Einzelgewerkschaft nutzte das Event, um die Trommeln für Handelskrieg zu rühren, Nationalismus zu schüren und Massenentlassungen vorzubereiten.

Die Kundgebung der IG-Metall

Gleich zu Beginn seiner Rede erklärte der IGM-Vorsitzende Jörg Hofmann den internationalen Kontext des „Wandels“, den die Gewerkschaft beschwört: „Es sind neu aufkommende Wirtschaftsmächte, die das globale Spielfeld neu sortieren. Die Machtsphären auf unserem Globus werden neu vermessen. Das provoziert Handelskriege und befeuert bestehende Krisenherde weiter.“

Diese Handelskriege will die IG-Metall nicht verhindern oder stoppen, sondern mit aller Macht führen. So fordert Hofmann „eine starke Europäische Union“, um zu verhindern, dass „Importe, etwa bei Stahl zu Dumpingpreisen auf den europäischen Markt drängen“ – also eindeutig protektionistische Maßnahmen.

Um die deutsche Wirtschaft gegen ihre globalen Konkurrenten aufzustellen, bietet sich die IG-Metall an, die nötigen Entlassungen und Lohnkürzungen mit ihrem umfangreichen Apparat gegen die Arbeiter durchzusetzen. Hofmann gab in seiner Rede nicht einmal Lippenbekenntnisse zur Verteidigung der bestehenden Arbeitsplätze ab, sondern schwadronierte über „Transformationskurzarbeitergeld“, „Zukunftsvereinbarungen“ und „Weiterbildung“.

Millionen Arbeiter wissen, was diese Begriffe bedeuten. Auf diesem Wege wurde schon die Stahlindustrie und die Industrie der DDR abgewickelt und Millionen Arbeiter auf die Straße gesetzt. Seither hat die IG-Metall die gleichen Methoden angewandt, um in ganz Deutschland Tarif- durch Leiharbeitsplätze zu ersetzen und ganze Betriebe stillzulegen.

Ein ums andere Mal erklärte die Gewerkschaft solche Maßnahmen für notwendig, um den „Standort Deutschland“ zu verteidigen. Und auch Hofmann versuchte wieder Nationalismus zu schüren, indem er den Bau neuer Fabriken in Osteuropa als Ursache für die Arbeitsplatzabbau in Deutschland darstellte.

Teil der Kundgebung

Mitglieder der Sozialistischen Gleichheitspartei (SGP) verteilten auf der Kundgebung ein Flugblatt, das die Konsequenzen dieser nationalistischen Politik aufzeigt: „Um konkurrenzfähig zu bleiben, muss die Ausbeutung erhöht, um Investoren anzulocken, die Profitrate gesteigert, und um als Standort ‚attraktiv‘ zu bleiben, jeder Arbeitskampf unterdrückt werden“, heißt es darin.

Dem setzt es die internationale Perspektive der Arbeiterklasse entgegen: „Die Arbeiter stehen auf der ganzen Welt denselben multinationalen Konzernen und Finanzinteressen gegenüber. Deshalb dürfen sie sich nicht spalten lassen. Sie können ihre Rechte und Errungenschaften nur verteidigen, wenn sie ihre Kämpfe international koordinieren. Das erfordert einen Bruch mit den Gewerkschaften und den Aufbau unabhängiger Aktionskomitees.“

Auf die Kundgebung kamen trotz großangelegter Kampagne der IG-Metall nur ein Bruchteil der 130.000 Betriebsräte und Vertrauensleute der Gewerkschaft. Einfache Gewerkschaftsmitglieder waren noch weniger zu finden. Teilnehmer berichteten der WSWS, dass viele der 800 gecharterten Busse halb leer blieben, obwohl die Tickets, zu denen es noch Essen- und Getränkegutscheine gab, an jedermann kostenlos herausgegeben wurden.

Kam man mit den wenigen einfachen Arbeitern ins Gespräch, die auf die Demo gekommen waren, zeigte sich Skepsis und Feindschaft gegenüber dem rechten Programm der Gewerkschaften.

Christin und Marddin, ein Paar aus Schwerin, arbeiten beide bei einem Zulieferer von Airbus, sie in der Arbeitsvorbereitung, er als Lackierer. Sie berichten über die Bedingungen vor Ort. Christin erzählt, dass „nahezu die gesamte Belegschaft weit unter Tarif bezahlt wird, obwohl der Konzern jedes Jahr gute Profite einfährt“.

Marddin ist über eine Zeitarbeitsfirma in den Betrieb gelangt und erhält deshalb deutlich weniger als die unterbezahlte Stammbelegschaft. „Obwohl ich im Schichtdienst und auch Feiertags arbeite, erhalte ich nur etwas mehr als die Hälfte des Lohns“, sagt er.

Arbeiter der Union-Werkzeugmaschinenfabrik

Marddin war zuvor für vier Jahre bei der Bundeswehr, wo er in der Logistik gearbeitet hat und unter anderem in Afghanistan stationiert war. Er sieht deshalb die Entwicklung von Handelskrieg und Krieg mit besonderer Sorge. „Besonders erschreckend sind die Provokationen der Bundeswehr gegen Russland. Ein solcher Konflikt wäre noch viel schlimmer als Afghanistan“, sagt er.

Uwe Friemel (rechts im Bild), Betriebsratsvorsitzender der Union-Werkzeugmaschinenfabrik in Chemnitz, die nach 167-jährigem Bestehen im November dieses Jahres geschlossen werden soll, erklärte, dass die Belegschaft nicht kampflos aufgeben werde.

Auf die wachsende rechte Gewalt in Chemnitz angesprochen sagte er: „Das macht mir schon große Sorgen. Die Parallelen zu 1933 sind unübersehbar. Es gibt immer noch zu viele, die zuschauen, statt sich am Widerstand gegen den Aufstieg der Rechten zu beteiligen.“

André

André, ein Gabelstaplerfahrer aus Kaltennordheim in Thüringen, äußert sich ablehnend über den Straßenfestcharakter der IGM-Veranstaltung. „Die Leute sollten hier miteinander diskutieren. Es sollte hier kein Bier geben. Man braucht einen klaren Kopf.“ Er weiß auch gleich einen Grund zu nennen, warum hier in der Mittagshitze Alkohol ausgegeben wird: „Von den Gewerkschaften kommen keine ehrlichen Reden, nur leere Worte.“ Sie könnten ihre wahren Gedanken nicht aussprechen, da sie ihr Geld von eben diesen Konzernen bezögen, gegen die sie hier angeblich aufträten.

Auf die Kriegsgefahr angesprochen antwortet André: „Es sollten die Ursachen der Kriege beseitigt werden. Sie sind der Grund für die Flüchtlinge.“ Und weiter: „Wenn du alles hast, was du brauchst, einen Job und genügend Geld, gibt es keinen Grund, auf den Straßen andere Menschen zu bedrohen.“

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