Perspektive

Amerikas politische Gefangene:

Die Rachekampagne gegen Chelsea Manning

Die Whistleblowerin und politische Gefangene Chelsea Manning ist mittlerweile seit mehr als vier Monaten im Gefängnis von Alexandria (Virginia) inhaftiert. Sie ist zudem mit Strafgeldern konfrontiert, die sie finanziell zu ruinieren drohen.

Weder wird Manning für irgendein Verbrechen bestraft, noch wurde sie eines Verbrechens angeklagt. Vielmehr sitzt sie wegen angeblicher Missachtung des Gerichts in Haft, weil sie sich mutig und prinzipiell weigerte, vor einer Grand Jury gegen Julian Assange auszusagen. Die Jury wurde zusammengestellt, um den Journalisten und WikiLeaks-Gründer Assange auf schnellstem Weg in ein amerikanisches Gefängnis zu bringen oder ihn noch schlimmer zu bestrafen.

Die Höhe der täglich fälligen Bußgelder, die von Richter Anthony Trenga gegen Manning verhängt wurden, weil sie ihre Aussage verweigerte, hat sich am vergangenen Dienstag von 500 auf 1000 Dollar verdoppelt. Damit ist Manning aktuell mit insgesamt 19.000 Dollar belastet. Diese beispiellosen Bußgeldstrafen gegen Manning drohen, sie in die persönliche Zahlungsunfähigkeit zu treiben. Im Juni hat sie deswegen bereits ihre Wohnung verloren.

Mannings Anwälte haben gewarnt, dass der Gesamtbetrag auf 440.000 Dollar ansteigen kann, wenn die Grand Jury bis zum regulären Ende ihrer Amtszeit im Oktober 2020 bestehen bleibt. Laut den Anwälten würde eine solche Geldstrafe gegen den achten Zusatzartikel der amerikanischen Verfassung verstoßen, der unangemessene und übertriebene Bußgelder verbietet.

Assange wird von der Trump-Regierung wegen der Rolle verfolgt, die er bei der Veröffentlichung der Kriegstagebücher aus Afghanistan und dem Irak, von diplomatischen Dokumenten und des „Collateral Murder“-Videos gespielt hat. Letzteres hatte Manning im Jahr 2010 geleakt. Assange wird derzeit im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh in London festgehalten, weil er angeblich gegen seine Kautionsauflagen verstoßen habe. Dort wartet er im Zuge einer Anklage, die mit einer Höchststrafe von 175 Jahren Gefängnis belegt ist, auf eine Auslieferung an die USA.

Die Tatsache, dass Manning noch immer hinter Gittern ist, bedeutet, dass weitere Anklagepunkte geprüft werden, darunter solche, die mit dem Tod bestraft werden können. Diese weiteren Punkte werden jedoch erst dann öffentlich gemacht werden, wenn sich Assange im sicheren Gewahrsam der Trump-Regierung befindet.

Trotz der rachsüchtigen Kampagne der Regierung gegen Manning, hat sie sich standhaft geweigert, gegen Assange oder vor irgendeiner anderen Grand Jury auszusagen. Im Mai erklärte sie gegenüber Richter Trenga, der sie nach einer einwöchigen Prozessunterbrechung zum zweiten Mal ins Gefängnis steckte: „Ich würde eher verhundern, als in dieser Angelegenheit meine Meinung zu ändern.“ Sie fügte hinzu: „Und wenn ich das sage, dann meine ich das in diesem Fall buchstäblich.“

Obwohl sie bereits sieben Jahre einer insgesamt 35-jährigen Haftstrafe für die Weitergabe von Beweisen für Kriegsverbrechen der USA im Irak und in Afghanistan verbüßt hat – während der sie Bedingungen ausgesetzt war, die von der UNO als Folter beschrieben werden –, hat weder das politische Establishment der USA noch deren Speichellecker in den Leitmedien Manning jemals verziehen.

Während Manning hinter Gittern sitzt, erhielten sowohl der US-Soldat Eddie Gallagher, der selbst Kriegsverbrechen im Irak beging, und Killer-Polizisten wie Daniel Pantaleo, der im Jahr 2014 Eric Garner erwürgte, Unterstützung von höchster staatlicher Stelle und befinden sich auf freiem Fuß. Faschistische Elemente innerhalb der staatlichen Einwanderungspolizei verüben brutale Verbrechen gegen Migranten, bei denen sie u.a. Eltern ihre Kinder wegnehmen und Männer und Frauen in Konzentrationslager sperren, und kommen ohne Strafe davon.

Die Kriegsverbrecher, deren Taten Manning und Assange enthüllt haben, verfolgen weiter ihre Laufbahnen, ohne eine strafrechtliche Verfolgung befürchten zu müssen. An ihren Händen klebt das Blut von Millionen.

Die unerhörte Verfolgung von Manning ist vom gesamten politischen Establishment praktisch überhaupt nicht erwähnt, geschweige denn beklagt worden. Die Vorgänge haben nicht ein einziges Statement von irgendeinem bedeutenden Politiker hervorgerufen. Von den Kolumnisten und Fernsehkommentatoren wurden sie nicht zum Thema gemacht. Wenn bekannt würde, dass ein Whistleblower in Russland, China oder einem anderen Land, das sich im Fadenkreuz des US-Imperialismus befindet, vergleichbaren Haftbedingungen ausgesetzt wäre, würden dieselben Personen nicht an Tinte sparen, um in lautstarkem Protest die Verletzung von demokratischen Rechten und rechtsstaatlichen Verfahren anzuprangern.

Die Leitmedien und die Demokratische Partei unterstützten die Verfolgung von Manning. Sie können es nicht ertragen, dass Manning sich weigert, gegen Assange aufzutreten. Assange wird seinerseits von den Demokraten als „russischer Agent“ verleumdet, der Donald Trump angeblich zum Wahlsieg verholfen hat, indem er Informationen über Hillary Clintons korrupte Unterwerfung unter die Interessen der Wall Street veröffentlicht und damit die Wahrheit enthüllt hat.

Das Schweigen der pseudolinken Gruppen, die ihre Fahnen nach der Demokratischen Partei ausrichten (wie die Democratic Socialists of America), stellt diesen Gruppen ein besonders vernichtendes Zeugnis aus. Es legt den Betrug ihrer Behauptungen, sie stünden für „Humanität“ oder „Sozialismus“, schonungslos offen. Mit ihrer stillschweigenden Unterstützung für die Misshandlung Mannings durch die Regierung outen sie sich als Feinde der Arbeiterklasse.

Manning ist eine Heldin, die die uneingeschränkte Unterstützung von jedem verdient, der demokratische Rechte in den USA und weltweit verteidigen will. Die Forderung nach ihrer Freilassung muss in enger Verbindung mit dem Kampf für die Befreiung von Julian Assange aufgebracht werden: beides ist untrennbar miteinander verbunden.

Der fünftägige Streik, der in dieser Woche von Arbeitern, Bauern und Studenten in Ecuador gegen die rechte Politik der Regierung von Lenin Moreno geführt wurde, war in dieser Hinsicht wegweisend. Die Streikenden machten den Widerstand gegen die Überstellung von Assange an die USA zu einer ihrer offiziellen Forderungen. Moreno verletzte internationales Recht als er Assange im April einem britischen Polizeikommando aushändigte. Er verschaffte dem Kommando Zugang zur ecuadorianischen Botschaft in London, wo der Journalist sieben Jahre gelebt hatte, nachdem ihm Ecuador Asyl gewährte.

Der Kampf für die Freilassung von Manning und Assange muss von Arbeitern auf der ganzen Welt aufgenommen werden. Wenn dieser Kampf erfolgreich sein soll, muss er mit dem Kampf für die sozialen und politischen Rechte der Arbeiterklasse als Ganzes und dem Kampf gegen Krieg und Kapitalismus verbunden werden.

Für eben diesen Zweck haben die World Socialist Web Site und die Sozialistischen Gleichheitsparteien (Socialist Equality Parties), die mit dem Internationalen Komitee der Vierten Internationale verbunden sind, zum Aufbau eines Globalen Verteidigungskomitees aufgerufen. Dieses Komitee soll die Mobilisierung der Arbeiterklasse in internationalem Maßstab organisieren und koordinieren, um die Auslieferung Assanges an die USA zu stoppen und sowohl seine als auch Mannings uneingeschränkte Freiheit wiederherzustellen.

Registriert Euch jetzt, um Euch am Kampf für die Verteidigung von Manning und Assange zu beteiligen!

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