Trump verschärft Handelskrieg gegen China

Am Donnerstag erreichte der Handelskrieg zwischen den USA und China ein neues Stadium. US-Präsident Trump legte einen Strafzoll von zehn Prozent auf weitere chinesische Waren im Wert von 300 Milliarden Dollar fest, der ab dem 1. September gelten soll. Gleichzeitig warnte er vor weiteren Erhöhungen.

Die neuen Zölle wird es zusätzlich zu den bereits bestehenden Zöllen von 25 Prozent auf chinesische Waren im Wert von 250 Milliarden Dollar geben. Sie werden beträchtliche Auswirkungen haben, da sie eine breite Palette von Konsumgütern betreffen, für die bisher noch keine Zölle galten. Durch Trumps Entscheidung wird faktisch auf alle chinesischen Importe in die USA ein Zoll fällig.

Trump kündigte die Entscheidung in einer Serie von Twitter-Posts an und erklärte, China habe „sich bereit erklärt, große Mengen von Agrarprodukten aus den USA zu kaufen, dies aber nicht getan“. Er behauptete außerdem, China habe zugestimmt, den Verkauf des synthetischen Opioids Fentanyl in den USA einzustellen, dies aber ebenfalls „nie getan“.

Trump bezeichnete den Zoll als „kleine zusätzliche Gebühr“, deutete aber später an, er könne stufenweise erhöht werden, auch auf „deutlich über“ 25 Prozent. Der neue Zoll fällt zwar geringer aus als die bisher verhängten, stellt aber die stärkste Eskalation des seit mehr als einem Jahr andauernden Handelskriegs dar, da die bisherigen Maßnahmen größtenteils auf Industriegüter beschränkt waren.

Die neuen Maßnahmen betreffen Produkte wie Smartphones, Bekleidung, Spielzeug und eine breite Palette von weiteren Konsumgütern. Nur bestimmte Kategorien wie z.B. Medizinbedarf sollen ausgeschlossen bleiben.

Die Wall Street reagierte sofort mit deutlichen Kursverlusten.

Am Mittwoch waren die Aktienkurse abgestürzt, nachdem der Fed-Vorsitzende Jerome Powell erklärt hatte, die Senkung des Leitzinses um 0,25 Prozentpunkte sei nicht der Beginn einer neuen Serie von Zinssenkungen. Am Donnerstag begannen sie zu Beginn des Handelstags erneut zu steigen aufgrund der Überzeugung, dass die Zinsen im September erneut gesenkt würden.

Doch die Bekanntgabe der neuen Zölle sorgte für eine scharfe Kehrtwende. Der Dow schloss mit einem Minus von 280 Punkten, was einer Schwankungsbreite von fast 600 Punkten im Verlauf des Tages entsprach. Der S&P 500 sank um 0,9 Prozent, der Technologie-lastige Nasdaq sank um 0,8 Prozent. Ein weiteres Anzeichen für die Stimmung an den Märkten war der Rückgang der Renditen auf US-Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit auf unter zwei Prozent, den niedrigsten Wert in diesem Jahr.

Trump erklärte, die negative Reaktion der Märkte „beunruhigt mich überhaupt nicht“. Einer gewissen perversen Logik entsprechend, könnte er sie sogar begrüßen, weil die finanzielle Instabilität seine Bestrebungen unterstützt, die Fed zu einer weiteren Senkung der Zinssätze zu bewegen, was wiederum die Märkte ankurbeln würde. Als Powell am Mittwoch seine Entscheidung zur Zinssenkung bekanntgab, nannte er „handelspolitische Spannungen“ mehrfach als einen der Hauptgründe dafür.

Trump hatte die Entscheidung zur Verschärfung des Handelskriegs getroffen, nachdem der US-Handelsbeauftrage Robert Lightizer und Finanzminister Steven Mnuchin dem Weißen Haus über ihre Gespräche von Dienstag und Mittwoch in Shanghai Bericht erstattet hatten.

Im Vorfeld der Gespräche hatte Trump in einem Wutausbruch behauptet, China würde die USA weiterhin „über den Tisch ziehen“. Die Gespräche waren weitgehend oberflächlich: ein Geschäftsessen am Dienstag, gefolgt von nur kurzen Gesprächen am Mittwoch. Danach kehrte die US-Delegation nach Washington zurück. Beide Seiten veröffentlichten Erklärungen, laut denen die Diskussionen „konstruktiv“ gewesen seien. Man habe sich aber nur auf weitere Spitzengespräche im September geeinigt.

Bezeichnenderweise erklärte nur die amerikanische Seite, bei diesen Diskussionen ginge es auch um einen „Durchsetzungsmechanismus“ für Handelsabkommen, was die chinesische Seite nicht erwähnte. Dieser Mechanismus war einer der wichtigsten Streitpunkte bei den Verhandlungen, weil die USA darauf beharren, dass die Zölle in Kraft bleiben, bis Washington einseitig zu dem Schluss kommt, dass sich China an die Abkommen hält. Peking weist diese Position jedoch als „ungleiche“ Behandlung zurück.

Da Peking bislang noch nicht auf Trumps jüngste Maßnahmen reagiert hat, ist es fraglich, ob überhaupt noch weitere Gespräche stattfinden werden. Allerdings wird sich China vermutlich zur Teilnahme bereit erklären, da es nicht für einen vollständigen Zusammenbruch verantwortlich gemacht werden möchte. Nachdem Trump am 10. Mai die Zölle für Waren im Wert von 200 Milliarden Dollar von 10 auf 25 Prozent erhöht hatte, beschloss Peking nach einer Diskussion in Führungskreisen, an Verhandlungen in Washington teilzunehmen.

Vertreter der Regierung deuteten an, sie rechneten mit einer Fortsetzung der Gespräche. Trump twitterte, wohl in einer Anwandlung von schwarzem Humor: „Wir freuen uns darauf, unseren positiven Dialog mit China über ein umfassendes Handelsabkommen fortzusetzen, und glauben, dass die Zukunft zwischen unseren beiden Ländern eine strahlende sein wird!“

Gegenüber der Presse erklärte er: „Wenn sie nicht mehr mit uns handeln wollen, wäre mir das recht. Bis es einen Deal gibt, werden wir sie besteuern.“

Die Auswirkungen der Zölle werden entweder die amerikanischen Verbraucher oder die Firmen zu spüren bekommen, die chinesische Güter importieren. Diese werden entscheiden müssen, ob sie den Zoll an die Verbraucher weitergeben oder versuchen, ihn aufzufangen. Amerikanische Wirtschaftskreise haben negativ auf die jüngsten Zölle reagiert.

Der Verantwortliche für internationale Angelegenheiten bei der US-Handelskammer, Myron Brilliant, erklärte: „Eine Erhöhung der Zölle um zehn Prozent auf weitere Importgüter im Wert von 300 Milliarden Dollar wird nur noch mehr Leid für amerikanische Unternehmen, Bauern, Arbeiter und Verbraucher bedeuten und eine ansonsten starke amerikanische Wirtschaft schwächen.“

Die Eskalation des Handelskriegs wird auch langfristige Auswirkungen auf das Vertrauen der Wirtschaft und die Investitionsentscheidungen vor allem im verarbeitenden Sektor haben. Laut Daten der Fed ging die Industrieproduktion im ersten Quartal des Jahres um jährlich 1,9 Prozent zurück, im zweiten um 1,2 Prozent jährlich. Im verarbeitenden Sektor war der Rückgang mit 1,9 Prozent im ersten und 2,2 Prozent im zweiten Quartal noch stärker.

Der Abschwung geht weiter und wird von handelspolitischen Spannungen und dem langsameren Wachstum der Weltwirtschaft bestimmt. Das Institute for Supply Management erklärte am Donnerstag, die Produktion in den USA liege auf dem niedrigsten Stand seit August 2016 und sei seit Juni weiter gesunken. Die Eskalation des Handelskriegs wird diesen Trend nur noch weiter verstärken, auch wenn Trump behauptet, die „starke“ US-Wirtschaft verschaffe den USA dabei einen Vorteil gegenüber China.

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