Treffen von Macron und Putin vor G7-Gipfel unterstreicht globale geopolitische Konflikte

Das Treffen zwischen dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin in der südfranzösischen Festung Fort de Brégançon hat die zunehmenden Konflikte zwischen den großen Weltmächten unterstrichen.

Es fand im Vorfeld des G7-Gipfels statt, der an diesem Wochenende im französischen Biarritz zusammentritt. Russland wurde 2014 aus der damals noch G8 genannten Gruppe ausgeschlossen, nachdem der von den USA und der Nato unterstützte Putsch in der Ukraine ein rechtsextremes und anti-russisches Regime in Kiew an die Macht gebracht hatte.

Hintergrund des Treffens zwischen Macron und Putin waren die zunehmenden wirtschaftlichen und diplomatischen Spannungen zwischen den USA und den europäischen Großmächten – vor allem Frankreich und Deutschland. Speziell von Paris und Berlin wird immer öfter gefordert (und geplant), dass die Europäische Union (EU) ihre militärischen Kapazitäten ausbauen muss, um Kriege auch unabhängig und notfalls gegen den Widerstand Washingtons führen zu können.

Die Existenz dieser Konflikte zeigte sich auf Macrons Pressekonferenz am Mittwoch sehr deutlich. Der französische Präsident erklärte, beim G7-Gipfel am Wochenende werde keine Abschlusserklärung angestrebt, um eine Wiederholung des peinlichen Fiaskos auf dem letztjährigen Gipfel in Kanada zu vermeiden. Damals konnten sich die Teilnehmer nicht auf eine gemeinsame Erklärung einigen, und US-Präsident Donald Trump hatte das Treffen vorzeitig verlassen.

Macron kritisierte auch die Entscheidung der USA, aus dem Atomabkommen mit dem Iran auszutreten: „Drei europäische Mächte und Japan haben eine eindeutige Position, eine Beziehung mit dem Iran. Die USA hingegen haben beschlossen, ihre Haltung komplett zu ändern, und das Atomabkommen von 2015 aufgekündigt.“

Nach ihrem zweistündigen Treffen hielten Macron und Putin gemeinsam eine Pressekonferenz ab, bei der Macron zur Stärkung der Beziehungen zwischen Russland und den europäischen Staaten aufrief, auch in Sicherheitsfragen.

Der französische Präsident erklärte: „Russland ist europäisch, und wir glauben an ein Europa, das sich von Lissabon bis nach Wladiwostok erstreckt ... Deshalb diese neue Zusammensetzung; ich glaube, wir müssen eine Sicherheitsarchitektur des Vertrauens zwischen der EU und Russland aufbauen, und Frankreich muss dabei eine Rolle spielen ... Weil ich an ein europäisches Russland und eine europäische Souveränität glaube, an ein Europa, das stärker ist und das sich durch diesen Dialog neu erfinden muss.“

Abgesehen vom Iran-Abkommen sollen die beiden auch über den militärischen Konflikt in Syrien gesprochen haben. Frankreich finanziert seit 2013 rechte islamistische Kräfte, die versuchen, die von Russland unterstützte Regierung von Baschar al-Assad zu stürzen.

Macron wies darauf hin, Frankreich habe die Wiederherstellung von Russlands Stimmrecht im Europarat organisiert, die 2014 aberkannt worden war. Macron und Trump sollen diese Woche bei einem gemeinsamen Telefonat auch über die Möglichkeit gesprochen haben, Russland wieder in die G7 aufzunehmen. US-Präsident Trump erklärte, er unterstütze dies.

Macron forderte Putin auf, sich zu Gesprächen mit dem neuen ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskij zu treffen, bevor Russland wieder in die G7 aufgenommen werden könne. Er äußerte außerdem die Hoffnung, in den kommenden Wochen Gespräche zwischen Russland, Deutschland und der Ukraine einberufen zu können.

Die russische Nachrichtenagentur Tass zitierte den französischen Diplomaten und Forschungsbeauftragten am Institut des Relations Internationales et Stratégiques (IRIS), Jean de Gliniasty, laut dem „die französisch-russischen Beziehungen eine Wende erleben. Genau wie einige andere europäische Staaten hat Frankreich in seinen Beziehungen zu den USA, die bisher der zentrale Pfeiler für die Sicherheit und wirtschaftliche Entwicklung Europas waren, Momente der Unsicherheit erlebt. Diese Erkenntnis hat Paris bewogen, seinen Dialog mit Moskau wiederzubeleben.“

Als Trump im Juni zu Besuch in Großbritannien war, um den 75. Jahrestag der Landung in der Normandie 1944 zu begehen, wurde berichtet, die Pläne zum Aufbau einer europäischen Armee hätten im Vormonat zu Konflikten zwischen den USA und den EU-Mächten geführt. Die Trump-Regierung drohte der EU, keine Waffen mehr zu liefern, wenn sie amerikanische Rüstungsfirmen von der Entwicklung gemeinsamer europäischer Verteidigungsprojekte ausschließen würde.

Die Konflikte der europäischen Mächte mit den USA gehen nicht auf Donald Trumps Persönlichkeit zurück. Ihre Wurzeln liegen in objektiven interimperialistischen Gegensätzen, die sich zweimal in katastrophalen Weltkriegen entladen haben. Alle Großmächte reagieren auf die schwerste Krise des globalen kapitalistischen Systems seit den 1930ern und den wachsenden sozialen Widerstand der Arbeiterklasse, indem sie aufrüsten und sich auf Kriege vorbereiten.

Die Forderungen in Paris und Berlin nach einer europäischen Armee und einer unabhängigeren europäischen Außenpolitik beruhen auf ebenso räuberischen imperialistischen Zielen, wie sie die USA verfolgen. Erst diese Woche beendete die neue deutsche Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer einen Truppenbesuch in Jordanien und dem Irak. Sie forderte eine Fortsetzung und Ausweitung der deutschen Truppenstationierungen in der gesamten Region unter dem Vorwand des Kriegs gegen den Terrorismus.

Letzten Monat kündigte die Macron-Regierung den Aufbau eines neuen Weltraumkommandos an. Man wolle Satelliten entwickeln, die Satelliten rivalisierender Mächte abschießen können, selbst aber kaum zu zerstören sind. Dies dient der Vorbereitung eines Kriegs gegen Mächte, die Satelliten für die Zielerfassung verwenden – also hochentwickelte Industriestaaten. Frankreich stellt momentan seine neueste Generation von atomgetriebenen U-Booten fertig, die mit Atomraketen bewaffnete U-Boote und Flugzeugträger begleiten sollen.

Alle diese militärischen Vorbereitungen finden ohne jede öffentliche Diskussion und gänzlich hinter dem Rücken der Arbeiterklasse statt. Die Großmächte sind sich bewusst, dass ihre Kriegspläne zutiefst unpopulär sind und dass die Arbeiterklasse gezwungen sein wird, durch einen Angriff auf ihre Lebensbedingungen und sozialen Anrechte für die militärische Aufrüstung zu bezahlen.

Die Medien berichteten ausführlich über die heuchlerische Kritik Macrons am Polizeieinsatz der Putin-Regierung gegen Proteste der rechten Opposition in Moskau sowie über Putins Antwort, in der er auf das Vorgehen der französischen Polizei gegen die „Gelbwesten“-Proteste in den letzten sechs Monaten anspielte. In Wirklichkeit repräsentieren beide Regierungschefs eine isolierte Staatsspitze, die die Interessen der kapitalistischen Elite verteidigt. Sie eint ihre Angst vor dem Widerstand der Arbeiterklasse gegen wachsende soziale Ungleichheit, und sie sind entschlossen, ihn mit Polizeieinsätzen zu unterdrücken.

Im Juni appellierte Putin in einem Interview mit der Financial Times offen an rechtsextreme nationalistische Kräfte in ganz Europa. Er erklärte, die „liberale Idee“ habe „ausgedient“, weil sie zur Voraussetzung habe, dass „Migranten ungestraft töten, plündern und vergewaltigen können, weil ihre Rechte als Migranten beschützt werden müssen“.

Macron erklärte am Montag gegenüber Putin, die Kritik an Putins Äußerungen gehe auf „ein Missverständnis“ zurück, weil „wir unter dem Wort liberal oft unterschiedliche Dinge verstehen“. Letzten November hatte Macron den faschistischen französischen Kollaborateur Marschall Philippe Pétain als „großen Soldaten“ bezeichnet und damit klargestellt: Alle Fraktionen der herrschenden Klasse sind sich einig darüber, dass die autoritären Befugnisse des Staates ausgebaut werden müssen, um den wachsenden Widerstand der Arbeiterklasse zu unterdrücken.

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