Perspektive

Die Demokraten unterstützen den „ewigen Krieg“

Der von US-Präsident Donald Trump angeordnete Truppenabzug aus dem Nordosten Syriens, den er als Ende der „endlosen Kriege“ Washingtons darstellt, hat einen Sturm der Entrüstung im politischen Establishment ausgelöst. Die Sprecherin der Demokraten im Repräsentantenhaus Nancy Pelosi hat sich in ihrem Protest gegen den Truppenabzug mit dem Republikaner Lindsey Graham zusammengetan. Pelosi tweetete von einem Treffen mit Graham: „Ganz oben auf unserer Tagesordnung war das Ziel, dass wir eine parteiübergreifende, gemeinsame Resolution in beiden Kammern haben müssen, um die gefährliche Entscheidung des Präsidenten in Syrien sofort rückgängig zu machen.“

Die Präsidentschaftskandidaten der Demokraten haben den drohenden US-Abzug aus Syrien ebenfalls scharf verurteilt. Viele berufen sich dabei auf die Notlage der syrisch-kurdischen YPG-Milizen, die als Stellvertreter Washingtons in der seit fünf Jahren andauernden Militärintervention in Syrien fungieren.

Joe Biden, der mutmaßliche Spitzenkandidat der Demokraten, erklärte: „Es ist beschämend, was er getan hat.“ Derselbe Biden hatte allerdings keine Schamgefühle, als es um seine Unterstützung für den kriminellen US-Angriffskrieg gegen den Irak ging, der auf Lügen beruhte und das Leben von über einer Million Irakern gefordert hat, oder um seine Rolle bei der Orchestrierung der CIA-Kriege für einen Regimewechsel in Libyen und Syrien, die Hunderttausende Menschenleben forderten.

Ein US-Soldat sitzt in einem gepanzerten Fahrzeug auf einer Straße, die zu einer umstrittenen Frontlinie mit protürkischen Kämpfern führt. Manbij, Nordsyrien, Mittwoch, 4. April 2018. (Foto: AP/Alex Brandon)

Auch Bernie Sanders wollte nicht die Gelegenheit verpassen, seine Zuverlässigkeit in Fragen der „nationalen Sicherheit“ zu demonstrieren. Er erklärte: „Man wendet sich nicht von Verbündeten ab, die an der Seite der amerikanischen Truppen gekämpft haben und gestorben sind. Das macht man einfach nicht.“ Was Sanders dabei gerne vergisst: Das Hauptargument der US-Präsidenten Johnson und Nixon gegen den Rückzug aus Vietnam in den 1960er und 1970er Jahren war, dass Amerika sich nicht einfach „davonmachen“ und seine südvietnamesischen politischen und militärischen Verbündeten im Stich lassen könne.

Elizabeth Warren, ebenfalls Kandidatin der Demokraten, sprach ihrerseits mit doppelter Zunge und fand die beste Plattitüde: „Wir sollten unsere Truppen nach Hause bringen, aber wir müssen dies in einer Weise tun, die unsere Sicherheit respektiert.“ Mit anderen Worten, die USA sollten weiterhin Krieg in Syrien führen.

Trump, der sich ein Budget von 750 Milliarden Dollar für die US-Kriegsmaschinerie gesichert hat, ist kein Pazifist. Erst letzte Woche hat er weitere 3.000 US-Soldaten nach Saudi-Arabien entsandt, um sich für eine Konfrontation mit dem Iran zu rüsten. Trump ist auch kein Narr. Während er einerseits größere Kriege, insbesondere gegen China, vorbereitet, weiß er andererseits, dass seine öffentlichen Appelle für ein Ende der Kriege in Afghanistan und im ganzen Nahen Osten bei der amerikanischen Bevölkerung Gehör finden, weil die US-Interventionen verhasst sind.

Dies gilt insbesondere für die unzähligen Familien, die ihre Liebsten verloren und die Hauptlast der Militäreinsätze zu tragen haben, ebenso wie für jene, die mit schweren körperlichen und geistigen Wunden zurückgekehrt sind. Bezeichnenderweise konzentriert sich die Titelstory der aktuellen Time-Ausgabe auf „Amerikas ewigen Krieg“. Sie bringt auch einen erschütternden Bericht darüber, welche Folgen der Tod eines Soldaten in Afghanistan für seine Frau und Kinder hatte.

In einem Essay, der der Geschichte der Hinterbliebenen vorangestellt wird, schreibt der Schriftsteller und Marineveteran Elliot Ackerman: „Die Bürde von fast zwei Jahrzehnten Krieg – fast 7.000 Tote [Amerikaner] und mehr als 50.000 Verwundete – wurde vor allem von einem Prozent unserer Bevölkerung aufrechterhalten.“

Trump war sich zweifellos bewusst über die Berichterstattung der Time, als er am Montag twitterte: „Dieselben Leute, die uns in das Chaos im Nahen Osten gebracht haben, wollen auch am meisten, dass wir da bleiben! Endlose Kriege werden enden!“ Die Demokraten schaffen die politischen Bedingungen dafür, dass sich Trump fälschlicherweise als Antikriegspräsident inszenieren kann.

Nirgendwo wird der reaktionäre Charakter der Opposition der Demokratischen Partei gegen Trump deutlicher ausgedrückt als auf den Seiten der New York Times.

In einem Leitartikel unter der Überschrift „Trump hat soeben ein moralisches und strategisches Desaster verursacht“ beklagt sich die New York Times, dass Trumps Entscheidung, etwa 1.000 US-Soldaten aus dem Nordosten Syriens abzuziehen, „strategisch so wenig Sinn macht wie moralisch“. Der Autor beharrt darauf, dass der „Status quo“ einer illegalen imperialistischen Besetzung eines ehemaligen Koloniallandes im Nahen Osten „absolut tragbar“ sei.

Weiter heißt es in der Times: „Tausend Entscheidungen haben die Vereinigten Staaten dazu veranlasst, als Schiedsrichter an der Grenze zwischen Syrien und der Türkei zu fungieren“, aber nur eine „abrupte“ Entscheidung von Trump „führte zu dem Chaos und Blutvergießen, das in den letzten Tagen die Region erfasste“.

Die Redakteure der Times erwähnen nicht, dass jede dieser „Tausend Entscheidungen“, die zum illegalen US-Einsatz in Syrien führten, hinter dem Rücken der amerikanischen Bevölkerung getroffen wurde.

Die Wehklagen über das „Chaos und Blutvergießen, das in den letzten Tagen die Region erfasste“, sind zutiefst heuchlerisch. Welche Aufmerksamkeit schenkte die New York Times den Zehntausenden Syrern, die im sogenannten Krieg gegen den IS ermordet wurden? Die kurdischen YPG-Milizen dienten damals als Stellvertreter-Bodentruppen für einen US-Luftkrieg, der die syrische Stadt Rakka und andere Städte in Trümmer legte. Wann sorgte sich das „Leitmedium“ denn über die Gefangenenlager, in denen kurdische Milizionäre rund 11.000 Gefangene festhielten, die – einige waren erst 12 Jahre alt – wie Sardinen auf dem Boden provisorischer Zellen zusammengedrängt waren und fast verhungerten?

Und welche moralische „Schande“ wurde der Obama-Regierung vorgehalten, die einen Regimewechsel-Krieg begann, indem sie dieselben von der CIA unterstützten islamistischen Milizen einsetzte – und als prodemokratische „Rebellen“ feierte –, die jetzt zusammen mit der türkischen Armee gegen die kurdische Miliz kämpfen? Dieser Krieg hat etwa 500.000 Syrer getötet, die Hälfte der Bevölkerung vertrieben und Millionen ins Exil getrieben.

Die Gewalt, die gegen die kurdische Bevölkerung in Syrien verübt wird, ist tragisch. Die Rolle der kurdischen bürgerlich-nationalistischen Führung war jedoch kurzsichtig und kriminell. Wieder einmal spannten sie ihren Karren vor den Imperialismus und hofften, seine Unterstützung für einen kurdischen Staat zu gewinnen. Die Folgen waren völlig vorhersehbar. Die Worte von Henry Kissinger nach dem Verrat an den Kurden 1975, als zwischen dem iranischen Schah und dem irakischen Präsidenten Saddam Hussein ein Abkommen ausgehandelt worden war, sind berüchtigt: „Verdeckte Operationen sollten nicht mit Missionsarbeit verwechselt werden.“

In einem Abschnitt des New York Times-Leitartikels, der besonders abstoßend ist, wird Trumps Entscheidung in den Kontext der US-Geschichte eingeordnet, die „übersät“ sei „mit Fällen von ehemaligen Verbündeten, die ihrem Schicksal überlassen wurden – die Invasion der Schweinebucht, der Fall Südvietnams...“.

Dass die Times die Schweinebucht-Invasion 1961 oder den Fall von Saigon 1975 als Beispiele für Washingtons „Verrat“ anbringt, zeugt von der scharfen Rechtswende der ehemals liberalen Medien.

1961 unterzeichnete Präsident John F. Kennedy die geheime Operation für einen militärischen Angriff auf Castros Kuba, nachdem die CIA zugesichert hatte, dass keine offene Unterstützung der US-Regierung nötig sei. Die Invasion, die schon sein Vorgänger Dwight Eisenhower geplant hatte, sollte als verdeckte CIA-Aktion laufen. Als sich jedoch herausstellte, dass die Söldner am Ufer der Schweinebucht festgehalten wurden und die Invasion im Fiasko zu enden drohte, drängte die CIA Kennedy, die US-Luftwaffe einzusetzen, um die Aktion noch zu retten.

Der berüchtigte CIA-Direktor Allen Dulles ging davon aus, dass Kennedy sich vom Geheimdienst erpressen lassen würde, um eine demütigende Niederlage zu vermeiden. Aber Kennedy befürchtete, eine Konfrontation mit der Sowjetunion auszulösen, und beschloss, dieses schlecht geplante Abenteuer nicht in einen umfassenden US-Krieg für einen Regimewechsel zu verwandeln. Damals wurde Kennedys Vorgehen von den liberalen Demokraten als eine mutige Ablehnung der gefährlichen CIA-Politik betrachtet – heute präsentiert die Times Kennedys Entscheidung als Verrat.

Nach dem Debakel in der Schweinebucht soll Kennedy gesagt haben, dass er sich wünschte, er könnte „die CIA in tausend Stücke zerlegen und in die Winde streuen“. Nur zweieinhalb Jahre später wurde er ermordet. Für viele war der Mord an Kennedy nach diesem „Verrat“ kein Zufall.

Was Vietnam betrifft, so sah die überwiegende Mehrheit der US-Bevölkerung die demütigenden Umstände des Abzugs aus Saigon im April 1975 als passendes Ende eines kriminellen Krieges.

Die Umschreibung der Geschichte durch die Times spiegelt den Rechtsruck der herrschenden Elite und ihrer Stammleserschaft aus den wohlhabenden Mittelschichten und den Reichen wider.

Heute ist die Demokratische Partei das Sprachrohr der CIA. Sie stützt ihre Amtsenthebungsuntersuchung gegen Trump voll und ganz auf die Sorge der Geheimdienste, dass das Weiße Haus eine zu versöhnliche Außenpolitik gegenüber Russland angenommen habe.

Alle pseudolinken Organisationen, die aus den bürgerlichen Protestbewegungen der 1960er und 1970er Jahre hervorgegangen sind, können ohne Übertreibung als proimperialistisch bezeichnet werden. Sie laufen den Demokraten hinterher und rechtfertigen die Aggressionskriege im Namen von „Menschenrechten“ und sogenannten „demokratischen Revolutionen“.

Große Teile der Arbeiterklasse und der Jugend sind der Trump-Regierung feindlich gesinnt, sehen aber im Pro-Kriegslager der Demokraten keine Alternative.

Wenn der Kampf gegen Trump erfolgreich sein soll, muss er unabhängig von und gegen die Demokratische Partei organisiert werden. Das Ziel muss der Kampf für Sozialismus und die Einheit der internationalen Arbeiterklasse sein – nicht die Verteidigung der „nationalen Sicherheit“ im Sinne der CIA und der Wall Street.

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