Justizausschuss des Repräsentantenhauses bewilligt Anklagepunkte gegen Trump

Der Justizausschuss des US-Repräsentantenhauses hat am Donnerstag zwei Anklagepunkte gegen Präsident Donald Trump bewilligt. Damit wird es wahrscheinlicher, dass Trump der vierte Präsident wird, gegen den das Repräsentantenhaus ein Amtsenthebungsverfahren eröffnet.

Vermutlich wird das gesamte Repräsentantenhaus nächste Woche ebenfalls die Anklagepunkte gegen Trump wegen Machtmissbrauchs und Behinderung des Kongresses bewilligen. In der Presse erscheinen zwar besorgte Artikel über mögliche Abweichler bei den Demokraten, allerdings werden sie vermutlich genug Stimmen zusammenbekommen, um ein einstimmiges „Nein“ der Republikaner im Kongress abzuwehren.

Danach wird der Senat, der von den Republikanern kontrolliert wird, darüber entscheiden. Der Senat wird vermutlich nächsten Monat über die Anklagepunkte verhandeln. Die Zweidrittelmehrheit, die für einen Schuldspruch und die Absetzung Trumps notwendig wäre, würde nur zustande kommen, wenn zahlreiche Republikaner abtrünnig würden.

Vor seiner Entscheidung hatte es im Justizausschuss zwei Tage lang heftige Diskussionen gegeben, die von den großen TV-Sendern übertragen wurden. Die Abstimmung folgte exakt den Parteizugehörigkeiten, alle Republikaner im Ausschuss stimmten dagegen.

Der Vorsitzende des Justizausschusses des Repräsentantenhauses Jerrold Nadler (Mitte, oben) und der Republikaner Doug Collins (rechts) bei der Eröffnungserklärung während einer Verlesung der Anklagepunkte zur Amtsenthebung von Präsident Donald Trump im Kapitol in Washington [Quelle: AP Photo/J. Scott Applewhite]

Die Debatte und die Abstimmung verdeutlichen die rechte Basis des Amtsenthebungsverfahrens der Demokraten. Am Mittwoch gab der demokratische Vorsitzende des Justizausschusses, Jerrold Nadler, mit seiner Eröffnungserklärung den Ton der Debatte vor. Er erwähnte zuerst das Telefonat zwischen Trump und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskij am 25. Juli, in dem Trump andeutete, Selenskij würde die bereits zugesagte Militärhilfe erst erhalten, wenn er ein Korruptionsverfahren gegen Hunter Biden ankündigt. Hunter Biden ist der Sohn von Joe Biden, Trumps potenziellem Gegner in der Wahl 2020.

Bidens Sohn hatte einen lukrativen Posten im Vorstand eines ukrainischen Gaskonzerns erhalten, nachdem sein Vater zu Obamas Vizepräsidenten ernannt und für die Ukraine verantwortlich gemacht worden war.

Nadler erklärte: „Als Präsident Trump am 25. Juli dieses Jahres mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskij telefonierte, hatte er die Oberhand. Russland hatte die Ukraine überfallen, Selenskij war erst vor Kurzem gewählt worden. Er brauchte dringend unsere Hilfe in Form von Militärhilfe, die der Kongress aufgrund unserer nationalen Sicherheitsinteressen in der Ukraine bereits bewilligt hatte. Und er brauchte Hilfe, um ins Oval Office eingeladen zu werden und der Welt zu zeigen, dass die USA ihn gegen die russische Aggression unterstützen.“

Dann äußerte er die unglaubwürdige Behauptung, Trump müsse vor der Wahl im nächsten Jahr abgesetzt werden, weil er sonst zusammen mit Russland und/oder anderen ausländischen Mächten die Wahl manipulieren könnte, wie er es angeblich bereits 2016 mit Hilfe des russischen Präsidenten Putin getan hat.

Nadler fragte: „Warum ist das jetzt notwendig? Warum müssen wir den Präsidenten absetzen? Warum warten wir nicht, bis sich das bei der nächsten Wahl klärt?“

„Wir dürfen uns nicht darauf verlassen, dass eine Wahl unsere Probleme löst, wenn der Präsident die Integrität dieser Wahl gefährdet. Ebenso wenig dürfen wir still sitzenbleiben, wenn der Präsident unsere nationale Sicherheit gefährdet und seine persönlichen Interessen und die Interessen unseres Gegners Russland verfolgt.“

Diese anti-russische Hysterie ist eine Fortsetzung und Verschärfung der anti-russischen Kampagne der Demokraten, die zur gescheiterten Untersuchung von Sonderermittler Robert Mueller führte. Praktisch alle Demokraten schlossen sich in der Debatte dieser Linie an.

Madeleine Dean aus Pennsylvania und Hakeem Jeffries aus New York z. B. lobten die rechten anti-russischen Falken, die im Vorfeld des Verfahrens des Justizausschusses öffentlich vor dem Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses ausgesagt hatten. Dean verwies auf die „eindrucksvolle und außergewöhnliche“ Aussage von Fiona Hill, der obersten Beraterin des ehemaligen nationalen Sicherheitsberaters und berüchtigten Kriegstreibers John Bolton. Jeffries erklärte über Hill, Lieutenant Colonel Alexander Vindman und zwei andere, die sich kritisch über Trumps Haltung zur Ukraine geäußert hatten: „Diese Zeugen waren Patrioten.“

Ted Deutch aus Florida erklärte zu Trump: „Er demütigt Diplomaten und hetzt gegen die Strafverfolgung, stellt den Patriotismus von Menschen in Frage, die auf dem Schlachtfeld gekämpft haben. Er stellt Amerikas Führungsrolle auf der Welt in Frage und glaubt Russland mehr als unseren Geheimdiensten, unseren Verbündeten und der Ukraine.“

Beim Amtsenthebungsverfahren gegen Richard Nixon war es um schwere Verstöße gegen demokratische Rechte gegangen, im Zusammenhang mit den illegalen Versuchen, den Widerstand gegen den Vietnamkrieg zu unterdrücken. Das jetzige Amtsenthebungsverfahren findet auf der Grundlage statt, Trump habe die nationale Sicherheit der USA gefährdet, indem er die Zahlung von 391 Millionen Dollar Militärhilfe an die rechte anti-russische Regierung in der Ukraine zurückgehalten hat. Mit „nationaler Sicherheit“ sind dabei die globalen imperialistischen Interessen Washingtons gemeint.

Die treibenden Kräfte hinter dem Amtsenthebungsverfahren sind die CIA, Teile des FBI und andere Geheimdienste und Polizeibehörden, die die Demokraten als Sprachrohr benutzen. Sie sind der Meinung, dass Trump Washingtons Konfrontation mit Russland nicht aggressiv genug durchsetzt. Das ukrainische Regime, das 2014 durch einen von den USA unterstützten und von faschistischen Kräften angeführten Putsch an die Macht gekommen ist, spielt eine wichtige Rolle in dieser diplomatischen, wirtschaftlichen und militärischen Kampagne.

Das allererste Amtsenthebungsverfahren aus Gründen der „nationalen Sicherheit“ stellt eine deutliche Steigerung der Einmischung des Militär- und Geheimdienstapparats in die amerikanische Innenpolitik dar. Es ist ein Ausdruck des Niedergangs der amerikanischen Demokratie und der wachsenden Krise der Herrschaft des amerikanischen Kapitalismus, die sich durch den internationalen Aufschwung des Klassenkampfs weiter verschärft.

Es ist ein scharfer Konflikt zwischen zwei reaktionären Fraktionen der herrschenden Klasse, in dem es auf keiner Seite irgendetwas Demokratisches oder Progressives gibt. Seine Folgen werden ein weiterer Rechtsruck und eine Verschärfung des Angriffs auf demokratische Rechte sein, egal welche Seite gewinnt.

Die Demokraten versuchen nicht, den milliardenschweren Faschisten im Weißen Haus abzusetzen, weil er Immigrantenkinder in Konzentrationslager gesperrt, den Etat für Lebensmittelmarken sowie die Krankenversicherung gekürzt und den Konzernen gleichzeitig Billionen Dollar an Steuersenkungen ausgehändigt hat oder weil er mörderische Kriege im Nahen Osten führt, Regierungen in Lateinamerika untergräbt und mit der atomaren Vernichtung des Iran und Nordkoreas gedroht hat.

Im Gegenteil – die Demokraten haben inmitten des Spektakels um die Amtsenthebung Trumps das anti-chinesische Handelsabkommen USMCA mit Mexiko und Kanada unterzeichnet. Außerdem hat eine große Mehrheit von ihnen für den mit 738 Milliarden Dollar größten Militäretat der Geschichte gestimmt. Aus diesem Etat wurde eine frühere Vorgabe gestrichen, laut dem Trump keine Gelder aus dem Militäretat für den Bau seiner Grenzmauer abziehen durfte. Daneben sanktioniert der Militäretat die Militarisierung des Weltraums durch eine neue Teilstreitkraft namens Space Force.

Noch während die Demokraten das Gespenst ausländischer Angriffe auf die amerikanische Demokratie und die Wahl 2020 als Grund für Trumps Amtsenthebung heraufbeschwören, veröffentlichte der Generalinspekteur des Justizministeriums, Michael Horowitz, einen 400-seitigen Bericht über die massive geheime und undemokratische Intervention des FBI in die Wahl von 2016. Dieser Bericht macht deutlich, dass die größte Gefahr für demokratische Rechte nicht aus dem Ausland kommt, sondern vom kapitalistischen Staat.

Horowitz erklärt in seinem Bericht über die Ursprünge der FBI-Untersuchung zur angeblichen russischen Einmischung in die Präsidentschaftswahl von 2016 und die Zusammenarbeit zwischen Russland und Trumps Wahlkampfteam, aus dem eine Gegenspionage-Ermittlung gegen Trump und die Mueller-Untersuchung entstand, er habe keine Beweise für eine politische Voreingenommenheit des FBI gefunden. Diese Schlussfolgerung haben die Demokraten und der Großteil der Mainstream-Medien als eindeutige Widerlegung der Behauptungen des Weißen Hauses benutzt, Trump sei das Opfer einer Verschwörung des „tiefen Staates“ gegen ihn.

Noch wichtiger war jedoch, dass Horowitz die dürftige Grundlage der Untersuchung gegen Trump und die zahlreichen Auslassungen, Verzerrungen und Lügen dokumentiert hat, die in einer Reihe von Anträgen an das Bundesgericht Foreign Intelligence Surveillance Court (FISC) enthalten waren, mit der Vollmachten zur Überwachung von Trumps ehemaligem Wahlkampfberater Carter Page beantragt wurden.

Page wurde ein Jahr lang elektronisch überwacht, einen Großteil dieser Zeit war Trump bereits amtierender Präsident. Zu den siebzehn „Ungenauigkeiten“ und „Fehlern“ der FISC-Anträge auf die Überwachung von Page, die im Bericht des Generalinspekteurs aufgelistet waren, gehörte, dass unterschlagen wurde, dass das so genannte „Steele-Dossier“, die Hauptgrundlage für den Antrag auf Überwachung, vom Nationalkomitee der Demokraten finanziert worden war.

Dazu kam die Tatsache, dass der angebliche russische Spion Page für die CIA gearbeitet hat. Treffen mit Vertretern Russlands, die als potenziell belastend dargestellt wurden, fanden in seiner Zeit als CIA-Mitarbeiter statt.

Horowitz' Bericht dokumentiert u.a., wie leicht das FBI eine Untersuchung gegen jede Person eröffnen kann. Es braucht dazu nur die kleinste „artikulierbare faktische Grundlage“.

Während der Justizausschuss des Repräsentantenhauses am Mittwoch die Debatte über die Anklagepunkte gegen Trump eröffnete, legte der republikanische Vorsitzende des Justizausschusses des Senats, Lindsey Graham, gleichzeitig eine detaillierte und vernichtende Schilderung von Horowitz' Ergebnissen vor. Darin kam der rechte Kriegstreiber zu dem Schluss, dass die Untersuchung des FBI eine „kriminelle Verschwörung“ war.

Die ranghöchste Demokratin, Dianne Feinstein, hat diese Themen nahezu vollständig ignoriert und das Narrativ wiederholt, der Bericht des Generalinspekteurs widerlege die Angriffe der Republikaner auf das Vorgehen des FBI in diesem Fall. Sie erklärte: „Es gibt keinen tiefen Staat.“ Diese Vertuschung der Polizeistaatsoperationen des FBI und der CIA durch die Demokraten ermöglicht es Trump und seinen rechtsextremen und faschistischen Verbündeten, sich als Verteidiger demokratischer Rechte zu inszenieren.

Selbst die New York Times, die an der Spitze der anti-russischen Kampagne und des Amtsenthebungsverfahrens gegen Trump stand, sah sich gezwungen, die Verletzungen demokratischer Rechte durch das FBI bei seinen Ermittlungen gegen Trump in einer Titelgeschichte zu thematisieren.

Die Times schrieb: „Der unabhängige Generalinspekteur des Justizministeriums, Michael E. Horowitz, und sein Team haben enthüllt, dass der Prozess, mit dem das FBI gemäß dem Foreign Intelligence Surveillance Act, auch als FISA bekannt, gerichtliche Genehmigungen zur Überwachung von Trumps ehemaligem Wahlkampfberater Carter Page erhalten hat, in erschütterndem Maße dysfunktional und fehlerhaft war.“

Die Zeitung zitierte dann Hina Shamshi von der American Civil Liberties Union mit den Worten: „Die zahlreichen Probleme bei den Anträgen zur Überwachung von Carter Page zeigen, wie die Geheimhaltung des einseitigen staatlichen FISA-Genehmigungsverfahren zum Missbrauch einlädt.“

Sie schrieb, dass das FISA-Gericht im Jahr 2018 laut offiziellen Daten nur einen von 1.080 Anträgen der Regierung vollständig abgelehnt hat.

Das hinderte die Times jedoch nicht daran, am gleichen Tag einen Leitartikel („Der ukrainische Präsident wird in der Konfrontation mit Russland allein gelassen“) über Selenskijs persönliches Treffen mit Putin am Montag zu veröffentlichen und Trump vorzuwerfen, er habe Kiew im Stich gelassen und Moskau geholfen. Über das Fehlverhalten des FBI und dessen Folgen für die Legitimität des Amtsenthebungsverfahrens der Demokraten erwähnte sie jedoch nichts.

Die Times kritisierte Trump vor allem für sein Treffen mit dem russischen Außenminister Sergei Lawrow am Dienstag.

Loading