Washington setzt Kriegsvorbereitungen gegen den Iran fort

Mit der erneuten Verlegung von US-Truppen treibt die Regierung in Washington ihre Vorbereitungen auf einen Krieg gegen den Iran voran. Das Säbelrasseln geht weiter, obwohl die Medien von einer Entspannung der Lage sprachen, nachdem der Iran auf die Ermordung von General Qassim Soleimani am 3. Januar mit eher symbolischen Vergeltungsschlägen auf zwei US-Basen im Irak reagiert hatte, die keine Opfer forderten.

Wie die US-Militärzeitung Stars & Stripes am Donnerstag berichtete, hat das Pentagon eine Staffel Kampfflugzeuge vom Typ F15-E auf den Luftwaffenstützpunkt Prince Sultan in Saudi-Arabien verlegt. Von dieser Position aus können Bodenziele im Iran angegriffen werden. Bereits letzten Oktober wurde eine Staffel des gleichen Typs auf dem Luftwaffenstützpunkt Al Dhafra in den Vereinigten Arabischen Emiraten stationiert. Im Dezember erklärte ein Sprecher der US Air Force, dass das 387. Expeditions-Fluggeschwader einen Stützpunkt in Saudi-Arabien wieder in Betrieb nehme, der vor 15 Jahren bereits von strategischer Bedeutung war. Er würde täglich erweitert. Der Leiter der Operationseinheit, Colonel Robert Raymond, erklärte: „Wir haben ein Stück Wüste zu einer vollständig funktionierenden Operationsbasis ausgebaut.“

Ryan McCarthy, der als Secretary of the Army für administrative und technische Fragen der US-Armee zuständig ist, erklärte am Mittwoch, das Pentagon bereite sich angesichts der Konfrontation mit dem Iran auf die Verschickung neuer Raketenabwehrsysteme und anderen Geräts in den Nahen Osten vor. Er erklärte: „Sie [die Iraner] sind ein sehr fähiger Gegner. Sie haben die Kapazitäten, Amerikaner zu treffen und zu töten.“

Er fügte hinzu: „Die Iraner könnten über Hilfsmittel, wie beispielsweise Raketenabwehrsysteme verfügen. Wir schauen uns das genauer an.“

Zeitgleich gab das norwegische Militär bekannt, dass Washington etwa 3.000 Soldaten von der Militärübung „Cold Response“ abgezogen hat, die für den Zeitraum vom 2. bis 18. März 2020 geplant ist. Als Begründung wurde die Notwendigkeit genannt, Truppen hinsichtlich des Konflikts mit dem Iran zu verlegen. Die Militärübung findet alle zwei Jahre statt und dient der Vorbereitung auf einen Krieg gegen Russland. Neben norwegischen und US-Soldaten nehmen daran auch britische, niederländische, deutsche, französische, belgische, dänische, lettische, finnische und schwedische Truppen teil.

Das Pentagon hat zudem bereits 4.000 Soldaten der 82. Fallschirmjäger-Division in die Region entsandt und 2.000 US-Marines an Bord des Kampflandungsschiffes USS Bataan in den Persischen Golf verlegt. Hinzu kommt die Verlegung einer Einheit von sechs B-52-Bombern auf eine US-Militärbasis auf dem Atoll Diego Garcia im Indischen Ozean. Von dem britischen Kolonialbesitz aus können die USA den Iran angreifen, das Atoll liegt allerdings außerhalb der Reichweite der iranischen Langstreckenraketen.

Am 8. Januar kam es zu einem iranischen Raketenangriff auf den Luftwaffenstützpunkt Ain al-Asad in der irakischen Provinz Anbar, sowie auf einen zweiten Stützpunkt auf dem Flughafen Erbil im kurdisch dominierten Teil des Iraks. Bei beiden Angriffen wurde kein US-Staatsangehöriger verwundet oder getötet. Präsident Trump erklärte, die Reaktion Teherans deute eher auf einen Rückzug hin. Als Vergeltungsmaßnahme kündigte er jedoch sogleich weitere drakonische Wirtschaftssanktionen gegen den Iran an und forderte die Nato-Verbündeten auf, Washingtons Vorgehen stärker zu unterstützen.

Einerseits war dieses Vorgehen darauf ausgelegt, den „maximalen Druck“ des US-Imperialismus gegen den Iran zu durch eine faktische Wirtschaftsblockade verschärfen, die einem Krieg gleichkommt. Andererseits sollten sich Washingtons ehemalige Verbündete in Europa dazu gezwungen sehen, den Druck auf Teheran ebenfalls zu erhöhen.

Die Regierungen in Großbritannien, Frankreich und Deutschland gaben diese Woche dem Druck der USA nach. Sie fürchten eine US-Militäraktion und beugen sich der Androhung eines Zolls auf Autoexporte in die USA in Höhe von 25 Prozent.

Gleichzeitig drohten die drei europäischen Regierungen damit, die UN-Sanktionen gegen den Iran wieder einzuführen, die im Rahmen des Atomabkommens von 2015 aufgehoben wurden. Das Abkommen sah vor, dass der Iran als Gegenleistung für die Normalisierung der Wirtschaftsbeziehungen Einschränkungen seines zivilen Atomprogramms akzeptiert. Nach Trumps Rücktritt aus dem Atomabkommen unternahmen die Europäer nichts gegen das Sanktionsregime Washingtons. Teheran hat das Abkommen seither schrittweise immer weniger eingehalten. Der iranische Präsident Hassan Rohani erklärte am Donnerstag, der Iran reichere mittlerweile mehr Uran an als vor der Unterzeichnung des Abkommens im Jahr 2015.

Der US-Imperialismus zu erreichen, dass die von schiitischen Geistlichen geführte bürgerlich-nationalistische Regierung kapituliert und einen neuen „Trump-Deal“ akzeptiert. Dieser würde nicht nur faktisch das Ende des iranischen Atomprogramms bedeuten, sondern das Land zudem auch entwaffnen, da es seine Langstreckenraketen aufgeben müsste und damit viel Einfluss im Nahen Osten einbüßen würde. Washington und seine Verbündeten wollen eine Spaltung innerhalb des iranischen Establishments provozieren. Dazu nutzen sie die Angst der iranischen Bourgeoisie vor einer sozialen Revolte von unten aus, um Teheran zur Kapitulation zu zwingen.

Gleichzeitig treibt das Pentagon die Kriegsvorbereitungen voran. Der Mord an Soleimani und neun weiteren Iranern und Irakern auf dem internationalen Flughafen von Bagdad war ein wesentlicher Schritt in diese Richtung. Dieses Blutbad war sowohl ein Kriegsakt als auch ein Kriegsverbrechen.

Mittlerweile ist bekannt, dass die Ermordung Soleimanis schon letzten Juni innerhalb der US-Regierung diskutiert wurde. Zuvor hatte der Iran eine amerikanische Spionagedrohne über der strategisch wichtigen Straße von Hormus abgeschossen. Auf die Umsetzung des Vorhabens, nachdem die amerikanische Botschaft in Bagdad von irakischen Demonstranten gestürmt wurde, war das US-Militär jedoch nicht vorbereit. Gleiches gilt für die unkontrollierte Kettenreaktion von Vergeltungsschlägen. Die jüngsten Truppenverlegungen deuten darauf hin, dass die Vorbereitungen auf einen offenen Konflikt mittlerweile weit fortgeschritten sind.

Doch unabhängig davon, ob der US-Imperialismus seine Ziele im Iran durch „maximalen Druck“ oder einen offenen Krieg erreichen will: das Bestreben besteht stets darin, ein gefügiges Marionettenregimes zu etablieren. Der Iran ist ein geostrategisch wichtiges Land an der Schnittstelle von Europa und Asien. Es kontrolliert eine wichtige Meerenge, die Straße von Hormus, durch die 20 Prozent des weltweit gehandelten Öls transportiert werden, und verfügt über die weltweit viertgrößten Öl- und zweitgrößten Erdgasreserven. Die Eroberung des Iran gilt in Washington als unverzichtbare strategische Vorbereitung auf direkte Konflikte mit seinen Großmachtrivalen China und Russland.

Newsweek veröffentlichte diese Woche einen beängstigenden Artikel des langjährigen Militäranalysten William Arkin mit dem Titel „Mit neuen Waffen in Donald Trumps Händen könnte die Iran-Krise zu einem Atomkrieg ausarten“. Er deutet an, wie weit der US-Imperialismus bereit ist zu gehen, um dieses Ziel zu erreichen.

Arkin beruft sich auf bislang als geheim eingestufte Informationen, laut denen das US-Militär 2016, noch vor Trumps Amtseinführung, eine Übung namens „Global Thunder 17“ abgehalten hat. Dabei wurde eine nukleare Reaktion der USA auf den Iran als Vergeltung für die Versenkung eines amerikanischen Flugzeugträgers sowie für den Einsatz von Chemiewaffen gegen US-Truppen simuliert. Er zitiert einen Mitarbeiter der Regierung, der bei der Ausarbeitung des Kriegsszenarios geholfen hat. Dieser hatte erklärt, das Szenario sei gewählt worden, weil es „die umfassendste Integration von Atomwaffen, konventionellem Militär, Raketenabwehr, Cybermaßnahmen und Maßnahmen im Weltraum darstellt. Das, was Nuklearstrategen die ,Abschreckung des 21. Jahrhunderts‘ nennen, wird dadurch möglich“.

Arkin schreibt, das Pentagon setze seit den Militärübungen „eine neue Atomwaffe ein, die die Wahrscheinlichkeit eines Atomkriegs erhöht. Diese neue Atomwaffe, die W76-2, ist ein Sprengkopf mit ,geringer Sprengkraft‘, der genau für die Art Iran-Szenario vorgesehen ist, das sich in den letzten Tagen der Obama-Regierung abspielte.“

Diese Waffen können mit Trident-II-Raketen von U-Booten aus abgefeuert werden und gelten als „glaubwürdigere Abschreckung“, weil sie leichter einzusetzen sind als größere Sprengköpfe.

Arkin warnt: „Während die derzeitigen Atomkriegspläne geschrieben werden, könnte der Einsatz einer solchen Waffe ähnlich wie der Angriff auf Hiroshima gerechtfertigt werden: als schockierender Donnerschlag, um einen größeren und theoretisch noch destruktiveren Krieg zu verhindern.“

Arkins Artikel zitiert vier nicht genannte hohe Offiziere, die Sorge wegen des „Donald-Trump“-Faktors äußern, sprich „dass diesen Präsidenten und die neuen Waffen etwas umgibt, dass die Erwägung, die nukleare Schwelle zu überschreiten, zu einer echten Gefahr macht“.

In Wirklichkeit hat die Trump-Regierung die Doktrin, die einen „präventiven“ Atomschlag gegen den Iran zulässt, von der Regierung unter Obama geerbt. Die Kriminalität des US-Imperialismus, die sich in der Ermordung Soleimanis, und im viel größeren Rahmen in der Drohung mit einem „präventiven“ Atomschlag gegen den Iran geäußert hat, ist ein Maßstab für die Krise des US-Imperialismus. Es ist der Versuch, den Niedergang einer globalen Hegemonialstellung durch den Einsatz vernichtender militärischer Gewalt wettzumachen.

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