Handelskrieg: Trump nimmt Europa ins Visier

Sollten die Führer der wichtigsten Volkswirtschaften der Welt geglaubt haben, dass der von der Trump-Administration eingeleitete Handelskrieg seit ihren neuen Abkommen mit Kanada, Mexiko und China etwas nachgelassen habe, dann erlebten sie auf der Jahrestagung des Weltwirtschaftsforums in Davos diese Woche einen heftigen Schock.

Nach einer Grundsatzrede am Dienstag, in der er die Politik seiner Regierung lobte und behauptete, die USA befänden sich „inmitten eines Wirtschaftsbooms, wie ihn die Welt noch nie gesehen hat“, machte Trump in einer Reihe von Kommentaren und Interviews deutlich, dass der Handelskrieg gerade erst begonnen hat.

Trump kündigte die verstärkte Offensive in seiner Grundsatzrede an, in der er behauptete, die USA hätten ein „neues Handelsmodell für das 21. Jahrhundert“ entwickelt.

Lastwagen mit Schiffscontainern auf dem Hafengelände von Seattle [Credit: AP Photo/Elaine Thompson].

In einem Interview mit dem Wirtschaftssender CNBC am Rande des Treffens in Davos machte Trump deutlich, dass seine Regierung Europa fest im Visier habe.

Die USA und die Europäische Union hatten sich im Juli 2018 darauf geeinigt, Gespräche über ein neues Handelsabkommen aufzunehmen, nachdem die USA gedroht hatten, einen 25-prozentigen Zoll auf europäische Autos und Autoprodukte zu erheben. Doch die US-Regierung schob die Drohung erst einmal in den Hintergrund, und konzentrierte sich auf China und Nordamerika.

„Ich wollte warten, bis ich mit China fertig bin, ich wollte nicht gleichzeitig gegen China und Europa vorgehen ... Ich wollte zuerst Mexiko und Kanada erledigen. Jetzt sind sie alle fertig, und wir werden uns Europa vornehmen“, sagte Trump zu CNBC.

Was es bedeutet, wenn Trump sich "Europa vornimmt", wurde Anfang dieser Woche deutlich: Die französische Regierung zog ihren Plan zurück, eine Steuer auf digitale Dienstleistungen für High-Tech-Unternehmen zu erheben, die in ihrem Tätigkeitsbereich große Einnahmen erzielen, aber praktisch keine Steuern zahlen. Davor hatten die USA gedroht, einen 100-prozentigen Zoll auf französische Luxusgüter zu erheben.

Weitere Kommentare von Trump und seinem Finanzminister Steven Mnuchin machten die Vorgehensweise deutlich.

In einem Interview am Dienstag sagte Mnuchin, dass der französische Präsident Macron zugestimmt habe, die Steuer bis zum Ende des Jahres aufzuschieben, bis eine dauerhafte Lösung vorliege. In inoffiziellen Stellungnahmen bestätigten Regierungsbeamte, dass Macron mit seiner Entscheidung auf die Bedrohung durch die US-Zölle reagiert habe.

Mnuchin warnte, wenn Großbritannien und Italien ähnliche Maßnahmen ergreifen würden, „wären sie sofort mit den Zöllen von Präsident Trump konfrontiert“. Drohend fügte er hinzu: „Wir werden auch mit ihnen ähnliche Gespräche führen.“

Mnuchin verschärfte die Drohung gestern während einer Podiumsdiskussion in Davos mit dem britischen Schatzkanzler Sajid Javid. Die Regierung Johnson hat erklärt, dass sie plane, im April eine Digitalsteuer einzuführen, die aufgehoben werden soll, sobald eine internationale Einigung erzielt wird. Mnuchin machte deutlich, dass die USA das nicht akzeptieren werden.

„Wenn sie unsere digitalen Unternehmen einfach nur willkürlich besteuern wollen, werden wir erwägen, die Autofirmen willkürlich zu besteuern“, sagte er. „In unsern Augen ist Digitalsteuer diskriminierend.“

Die Drohung, Autozölle einzuführen, geht weit über die Frage der Steuer auf digitale Dienstleistungen hinaus. Sie ist die wichtigste wirtschaftliche Waffe, die die Trump-Regierung bereit hält, um die Europäische Union zu einem Handelsabkommen zu zwingen. Die EU hat Gesprächen über Industrieprodukte zugestimmt, besteht aber darauf, dass die Landwirtschaft ausgeschlossen bleibe. Die Trump-Administration fordert, dass die EU ihre Märkte für die US-Landwirtschaft öffnen müsse.

„Sie werden einen Deal machen, weil sie es müssen. Sie müssen es tun“, sagte Trump in einem Fernsehinterview. „Sie haben keine Wahl.“

Er sagte gegenüber CNBC, dass er ein großartiges Gespräch mit der neuen Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, geführt habe. „Ich sagte ihr: ‚Wenn wir nichts bekommen, dann werde ich etwas unternehmen, und das könnten sehr hohe Zölle auf Ihre Autos und andere Dinge sein, die in unser Land kommen‘.“

In anderen Kommentaren prangerte Trump die EU an, weil sie „auf alles Zölle erhebe, die es unmöglich machen“. Es sei „offen gesagt schwieriger, mit der EU Geschäfte zu machen als mit China“.

In einem Interview mit dem Wall Street Journal sagte Trump: „Sie wissen, dass ich sie mit Tarifen belegen werde, wenn sie kein faires Geschäft machen.“ Trump lehnte es jedoch ab, anzugeben, welche Frist er der EU gesetzt habe. Er sagte nur: „Sie kennen die Fristen“, und dass er sie bald öffentlich bekannt geben werde.

Die angedrohten Autozölle könnten den Preis der aus Europa importierten Autos um fast 7000 Dollar erhöhen. Sie würden die Probleme in der ohnehin schon angeschlagenen deutschen Autoindustrie noch einmal verschärfen, da es dann praktisch unmöglich wäre, Autos gewinnbringend in die USA zu exportieren. Die US-Regierung will diese Zölle nach Paragraph 232 des Handelsförderungsgesetzes von 1962 erheben, der die Befugnis beinhaltet, aus Gründen der „nationalen Sicherheit“ so zu handeln.

Das Handelsministerium hat einen Bericht erstellt, demzufolge es angeblich erlaubt sei, sich auf diesen Paragraphen zu stützen. Das Ministerium weigert sich aber bisher, diesen Bericht zu veröffentlichen, obwohl der Kongress dies in einem entsprechenden Beschluss verlangt hat.

In einem 23-seitigen Brief, der letzte Woche veröffentlicht wurde, schrieb das Justizministerium unter Berufung auf eine Reihe historischer Präzedenzfälle, dass der Präsident das Exekutivprivileg nutzen könne, um den Beschluss des Kongresses abzulehnen, demzufolge der Bericht bis zum 19. Januar hätte freigegeben werden müssen.

Die Regierung konzentriert immer größere Vollmachten in ihren Händen. So argumentiert das Justizministerium weiter, die Veröffentlichung des Berichts „könnte das Risiko beinhalten, dass die laufenden diplomatischen Bemühungen um die nationale Sicherheit und die Erwägungen der Exekutive beeinträchtigt werden“.

Im Gegensatz zu den Maßnahmen gegen China, die breite parteiübergreifende Unterstützung genossen, gibt es Widerstand gegen Zölle auf die europäische Autoindustrie. Auch die vorgeschützte Begründung mit der „nationalen Sicherheit“, die gegen sogenannte „strategische Verbündete“ der USA ins Feld geführt wird, ist nicht unumstritten.

Aber solche Standpunkte in den führenden amerikanischen Wirtschaftskreisen könnten sich auch ändern. Andrew Ross Sorkin schrieb am Vorabend des Davoser Treffens in der New York Times, dass sich die Ansichten der Wirtschaftsoligarchen, insbesondere in den USA, geändert hätten. Trump könnte in einer auf Zölle ausgerichteten, entkoppelten Welt sehr wohl der neue „Mann von Davos“ werden.

In dem Artikel wird Stephen Schwarzman, der Mitbegründer des größten Hedgefonds Blackstone, mit den Worten zitiert, die Haltung der Geschäftswelt gegenüber Trump sei „recht positiv“, und zwar aufgrund der Stärke der US-Wirtschaft, der Handelsabkommen mit Mexiko, Kanada und China, der großen Steuersenkungen für Unternehmen und der Abschaffung von Regulierungsvorschriften.

Eine solche „positive“ Einstellung könnte sich durchaus in einer aktiven Unterstützung für die neue Etappe im globalen Handelskrieg der USA niederschlagen.

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