Ford plant weitere Entlassungen im Presswerk Chicago

Eine Woche nach der Ankündigung von Ford, 270 Beschäftigte im Presswerk von Chicago vorübergehend freizustellen, hat der Autokonzern weitere Entlassungen angekündigt.

„Die Stimmung ist am Tiefpunkt angelangt“, sagte ein Arbeiter Ende Januar dem Autoarbeiter-Newsletter der WSWS, als er über die Reaktion auf die Entlassungen im Werk Chicago Heights, am Stadtrand von Chicago, berichtete. „Jetzt kontrollieren sie die Taschen beim Rein- und beim Rausgehen.“

Am 30. Januar hatte die Gewerkschaft United Auto Workers (UAW), Ortsgruppe 588, über ihre Mobilphon-App die Werksangehörigen informiert, dass Ford weitere Facharbeiter entlassen werde. George Pearson, Sekretär der Ortsgruppe 588, schrieb dort, das Unternehmen habe sich an die UAW gewandt, um über weitere Fälle von „unbefristeter Freistellung“ (Indefinite Lay Off, ILO) zu sprechen. Die Forderung stehe im Zusammenhang mit einem Volumenverlust in dem Werk. Die genaue Anzahl der Stellenstreichungen und die betroffenen Abteilungen seien noch nicht bekannt.

UAW-Sekretär George Pearsons Mitteilung an die Ford-Arbeiter im Presswerk

Während Pearson angibt, Ford habe die Absicht, Facharbeiter zu entlassen, ist keineswegs gesagt, dass die Kürzungen nicht auch Hilfsarbeiter in der Produktion betreffen. Ein Arbeiter informierte den Autoarbeiter-Newsletter der WSWS, dass Ford möglicherweise im Presswerk pauschal 30 Prozent des Personals abbauen werde.

Im Dezember hatte Ford bekanntgegeben, dass die Firma 270 Freiwillige zur vorübergehenden Freistellung suche. Im Presswerk sind 1.180 Arbeiter beschäftigt. Es scheint, dass Ford seine Quote nicht erreicht hat und nun den Stellenabbau forciert. Wie ein Ford-Presswerker sagte: „Wenn sie die Quote nicht erreichen, nehmen sie sich die Zeitarbeiter und diejenigen mit geringem Dienstalter vor, um die Zahl vollzumachen. Das Unternehmen setzt den Stellenabbau durch“, sagte er, „obwohl Ford gerade drei Millionen Dollar für Bürorenovierung ausgibt.“

Die Mitteilung der UAW Local 588 macht deutlich, dass die Gewerkschaft am Stellenabbau mitschuldig ist. So garantieren schon die Tarifverträge von 2019, welche die UAW gegen den Widerstand von fast der Hälfte der Ford-Beschäftigten durchgeboxt hat, dem Unternehmen „Flexibilität“, um Arbeitsplätze abzubauen. Der Konzern darf auch höher bezahlte ältere Arbeiter zu „freiwilligen Abfindungen“ zwingen und den Einsatz von überausgebeuteten Zeitarbeitern ausweiten.

Die UAW hat außerdem der Schließung des Romeo-Motorenwerks nördlich von Detroit zugestimmt, wodurch 600 Arbeitsplätze wegfallen.

Presswerk Ford-Werke Chicago

Ohne Zweifel hat der neue UAW-Präsident, Rory Gamble, den Entlassungen bereits zugestimmt. Er ist seit langem im UAW-Vorstand für Ford zuständig.

Die Erklärung des lokalen Gewerkschaftssekretärs George Pearson, dass „die genaue Zahl“ der Entlassungen noch nicht feststehe, weist darauf hin, dass die UAW nichts gegen den Stellenabbau unternimmt und mit der Unternehmensleitung zusammenarbeitet, um jeglichen Widerstand der einfachen Arbeiter zu verhindern.

Einen Tag nach Pearsons Mitteilung über bevorstehende Entlassungen informierte Coby Millender die Ford-Arbeiter über unmittelbar drohende Kurzarbeit. Millender vertritt als Vorsitzender der UAW-Zweigstelle 551 insgesamt mehr als 5.500 Beschäftigte in den Autowerken Ford Chicago. Millender klopfte sich selbst auf die Schulter, weil er „hinter den Kulissen gekämpft habe“, um die Entlassungen durch Ford zu verhindern. Stattdessen hatte sich die UAW offenbar zu Kurzarbeit mit entsprechender Lohnkürzung bereiterklärt. Dies wird verheerende Auswirkungen haben, vor allem für die schlechter bezahlten Beschäftigten und die Zeitarbeiter, einschließlich der vielen Alleinerziehenden, die in der Fabrik arbeiten.

Millender erinnerte die Beschäftigten daran, „dass das Unternehmen das Recht hat, jeden Tag Kurzarbeit anzuordnen, um Entlassungen zu vermeiden“. Er stellte klar, dass Entlassungen nicht vom Tisch seien, und kündigte an, Genaueres mitzuteilen, „wenn es auf März zugeht“. Dann werde er kommunizieren, „wo wir in diesem Monat in Bezug auf mögliche Entlassungen stehen, ob wir vorankommen oder auch nicht“.

Information von Coby Millender (UAW), dass die Entlassungen im Februar zugunsten willkürlicher Kurzarbeit ausgesetzt würden, und dass er selbst jetzt im Urlaub sei.

Die enge Zusammenarbeit der Zweigstelle 551 mit Ford entlarvt die Rolle so genannter Gewerkschaftsdissidenten wie Scott Houldieson, dem ehemaligen Vizepräsidenten dieser Ortsgruppe. Houldieson, der von der Zeitschrift Labor Notes unterstützt wird, behauptet, dass die UAW durch eine Direktwahl von Gewerkschaftsfunktionären reformiert werden könne.

Während die Arbeiter natürlich gegen die völlig undemokratische Ernennung von Gewerkschaftspräsidenten sind, ist die Umwandlung der UAW in ein bestechliches Instrument der Unternehmensleitung nicht das Produkt dieses oder jenes korrupten Funktionärs. Vielmehr ist sie das Ergebnis ihres nationalistischen und pro-kapitalistischen Programms und der jahrzehntelangen Zusammenarbeit zwischen Firmenbossen und Gewerkschaftsvertretern. Das ist es, was zur Zerstörung von Hunderttausenden von Arbeitsplätzen geführt hat.

Seit 2004 hat Ford die Zahl der Arbeiter von fast 90.000 auf etwa 55.000 reduziert. Im vergangenen Jahr kündigte das Unternehmen an, 12.000 Arbeiter bis Ende 2020 abzubauen und sechs seiner 24 Werke in Europa zu schließen oder zu verkaufen. Ford baute auch 7.000 Angestelltenstellen ab, darunter mindestens 2.300 in den USA. Dies ist Teil einer globalen Umstrukturierung der Automobilindustrie, und auch VW, Nissan und andere Autohersteller haben die Streichung von zehntausenden von Arbeitsplätzen angekündigt.

Die Entlassungen bei Ford entlarven die betrügerische Behauptung der UAW, sie habe Tausenden von Zeitarbeitern einen „Weg“ zur Vollzeitbeschäftigung geöffnet. In dem Labyrinth-artigen neuen Tarifvertrag können im Jahr 2020 nur „befristete Vollzeitbeschäftigte“, nicht aber „befristete Teilzeitbeschäftigte“ in eine unbefristete Vollzeitbeschäftigung wechseln, und nur dann, wenn sie seit über drei Jahren ununterbrochen arbeiten, ohne länger als 30 Tagen ausgesetzt zu haben. Der neue Stellenabbau wird weiter Druck auf die Zeitarbeiter ausüben, die dreijährige Tretmühle in Gang zu setzen, um den Vollzeitstatus zu erreichen.

Die Entlassungen haben die Wut der Arbeiter über die UAW nur noch verstärkt. „Die Arbeiter haben das Gefühl, dass sie weder dem Unternehmen noch der Gewerkschaft vertrauen können“, sagte ein Ford-Presswerker. „Vom Unternehmen erfahren wir eher über Kürzungen, und die UAW streitet alles ab und verschleiert es. Die Lage ist angespannt, alles ist ungewiss, und das ist gefährlich in einem Werk, in dem man möglicherweise getötet werden kann, wenn man nicht aufmerksam bei der Sache ist.“

Kurz vor den Entlassungen bei Ford wurde bereits das GM-Montagewerk Lordstown (Ohio) geschlossen. Das GM-Werk in Detroit-Hamtramck (D-Ham) soll vorübergehend stillgelegt werden, und in den GM-Montagewerken in Fort Wayne (Indiana) werden die Zeitarbeiter entlassen. Noch im Februar beginnen im D-Ham-Werk die Entlassungen und der Abbau von 814 Arbeitern, was zu Hunderten von Versetzungen in das Montagewerk Flint und in andere Werke führen wird. Das wird wiederum Hunderte von Zeitarbeitern in die Arbeitslosigkeit treiben.

Vor einer Woche hat Fiat-Chrysler (FCA) neue Entlassungen in seinem Montagewerk Belvidere (Nord-Illinois) angekündigt. Das ist das dritte betroffene FCA-Werk im letzten halben Jahr. Über den Einsatz von Zeitarbeitern bei der FCA und ihre mögliche Umwandlung in Festangestellte sagte ein Belvidere-Arbeiter gegenüber dem Autoworker-Newsletter der WSWS: „So wie dieser Vertrag für die Großen Drei jetzt abgefasst ist, können sie jeden, der sich dem Vollzeit-Flip-Datum [d.h. seiner Übernahme] nähert, aufs Kreuz legen.“

Im Februar 2019 eliminierte Fiat-Chrysler die dritte, d.h. die „C“-Schicht bei Belvidere, was einem Verlust von 1.371 Arbeitsplätzen entspricht.

Die UAW hat nichts getan und wird nichts tun, um den Stellenabbau und die Entlassungen zu stoppen. Die UAW arbeitet mit legalen und illegalen Mitteln im Namen der Autofirmen, und ihr jüngster Tarifvertrag ist auf die Bedürfnisse von Ford und der Wall Street, nicht auf die der Arbeiter, zugeschnitten. Der amtierende UAW-Präsident Rory Gamble und zwei frühere Präsidenten sind in einen Korruptionsskandal verwickelt, bei dem es um die Annahme von Bestechungsgeldern in Millionenhöhe, für welche sie Verträge im Interesse der Konzerne unterzeichnet haben, und um die Veruntreuung von Gewerkschaftsgeldern geht.

Ein Kampf gegen den Stellenabbau ist nur möglich, wenn die Beschäftigten die Initiative ergreifen und Aktionskomitees aufbauen, die unabhängig von der korrupten UAW arbeiten. Diese Komitees müssen die Forderung nach Stellenabbau und Kurzarbeit mit Lohnverzicht prinzipiell zurückweisen. Die Beschäftigten sind nicht für die wachsende Wirtschaftskrise und die rücksichtslosen Entscheidungen der Konzernleitungen verantwortlich, die darauf abzielen, die Aktionäre und die Unternehmensleitung zu bereichern.

Auch müssen die Aktionskomitees die Autoarbeiter in den USA, Mexiko, Kanada und der ganzen Welt zusammenbringen. Die einzige Antwort auf den globalen Angriff der transnationalen Konzerne besteht darin, den Nationalismus der UAW zurückzuweisen und sich über die Grenzen hinweg zusammenzuschließen, um die Arbeitsplätze und den Lebensstandard aller Arbeiter zu verteidigen.

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