Sanders erklärt seine Bereitschaft zum Einsatz des US-Militärs

Einer der wichtigsten Aspekte von Bernie Sanders' Auftritt in der CBS-Sendung „60 Minutes“ war ein Abschnitt des Interviews, den der Sender zwar nicht ausstrahlte, der aber dennoch auf der Website veröffentlicht wurde. Die Medien berichteten später umfassend darüber.

Der demokratische Präsidentschaftskandidat Senator Bernie Sanders spricht am 3. Februar in Des Moines (Iowa) vor Unterstützern [Quelle: AP Photo/Pablo Martinez Monsivais]

In dem Interview hatte Sanders mit Moderator Anderson Cooper über die Frage amerikanischer Kriegsführung diskutiert. Der Spitzenkandidat der Demokraten bei der Wahl des Präsidentschaftskandidaten erläuterte, unter welchen Umständen er einen Militärschlag anordnen würde.

Als Cooper Sanders nach seiner früheren vorgeblichen Ablehnung gegenüber US-Militärinterventionen im Ausland fragte, antwortete Sanders zuerst: „Wir haben das beste Militär der Welt.“ Als er die Umstände schildern sollte, unter denen er als Präsident US-Truppen in den Krieg schicken würde, erklärte er: „Natürlich als Reaktion auf Gefahren für die amerikanische Bevölkerung und für unsere Verbündeten. Ich glaube an die Nato. Ich glaube, dass die USA – bei sonst gleichen Voraussetzungen – mit anderen Ländern im Bündnis zusammenarbeiten sollten, statt es alleine zu machen.“

Cooper fragte, ob Sanders einen Militäreinsatz anordnen würde, falls China Taiwan angreift – die Insel wird von den USA offiziell als chinesisches Staatsgebiet anerkannt. Darauf antwortete Sanders: „Ja. Ich meine, ich glaube, wir müssen allen Ländern auf der Welt absolut deutlich machen, dass wir bei einer Invasion nicht tatenlos zusehen werden.“

In den letzten 30 Jahren haben die USA fast alle ihre Angriffskriege mit solchen Vorwänden gerechtfertigt. Deshalb sollten die Arbeitern und Jugendlichen, die Sanders im Vorwahlkampf unterstützen, weil sie ihn für einen Kriegsgegner halten, seine Antwort als Warnung auffassen.

Präsident George H.W. Bush benutzte 1991 den Einmarsch des irakischen Präsidenten Saddam Hussein in Kuwait als Vorwand, um den Golfkrieg zu beginnen. Bill Clinton benutzte Aggressionen von serbischen Streitkräften gegen bosnische Muslime und Kosovaren als Vorwand für Luftangriffe auf serbische Ziele in Bosnien und später in Serbien.

George W. Bush stellte den Einmarsch in Afghanistan als notwendige Reaktion auf die Terroranschläge gegen die USA vom 11. September 2001 dar. Der gleiche Vorwand, wenn auch auf einer noch fadenscheinigeren und verlogeneren Basis, diente auch als Rechtfertigung für den Einmarsch im Irak 2003, obwohl der Irak nichts mit den Anschlägen vom 11. September zu tun hatte.

Die Obama-Regierung hat in ihrer achtjährigen Amtszeit durchgehend Kriege geführt: in Afghanistan, dem Irak und unter Einsatz von Drohnen und Stellvertretertruppen in Syrien, dem Jemen und vielen weiteren Ländern. Man sollte auch daran erinnern, dass Sanders bei seiner ersten Präsidentschaftskandidatur auf die Frage, ob er im „Krieg gegen den Terror“ Drohnen und Spezialkräfte einsetzen würde, geantwortet hatte: „All das und mehr“.

Das Kriterium „Gefahren für unsere Verbündeten“ könnte als Rechtfertigung für eine US-Militärintervention gegen Russland benutzt werden, falls es zu weiteren Grenzzusammenstößen mit der Ukraine oder einem Konflikt zwischen Moskau und den erbittert anti-russischen rechten Regimes in den baltischen Staaten kommt. Bei weiteren Zusammenstößen zwischen türkischen und syrischen Regierungstruppen könnten auch russische Streitkräfte beteiligt sein, was zu einem militärischen Konflikt zwischen Russland und dem Nato-Mitglied Türkei führen könnte.

Falls es zu Konflikten der Seestreitkräfte von China und Japan oder Südkorea wegen umstrittener Inseln kommt, oder mit südostasiatischen Ländern, die Chinas Ansprüche auf Teile des Südchinesischen Meeres in Frage stellen, könnten die USA nach Sanders' Kriterien einen Krieg gegen eine weitere rivalisierende Atommacht beginnen.

Bezeichnenderweise äußerte Sanders in dem Interview auf „60 Minutes“ nicht ein einziges Mal Kritik an den aggressiven Drohungen der Trump-Regierung gegen den Iran, Venezuela oder andere Länder, die Opfer von Washingtons imperialistischen Einschüchterungsversuchen sind. Er kritisierte Trumps freundschaftliche Annäherungsversuche an Nordkorea, schloss aber selbst ein Treffen mit dem nordkoreanischen Diktator Kim Jong-un nicht aus.

Zuvor hatte Sanders als Reaktion auf einen Artikel der New York Times über die demokratischen Kandidaten erklärt, er würde einen Präventivschlag gegen einen iranischen oder nordkoreanischen Atom- oder Raketentest in Erwägung ziehen.

Sanders versuchte, seine allgemein im „Mainstream“ verortete Herangehensweise an die imperialistische Außenpolitik mit einer linken Pose in Bezug auf Kuba zu verbinden. Als Reaktion auf eine Frage Coopers nach seinen früheren Sympathien für das Sandinista-Regime in Nicaragua und seinen Widerstand gegen US-Sanktionen gegen Kuba erklärte er: „Wir lehnen den autoritären Charakter Kubas klar ab, aber es ist nicht fair, einfach zu sagen, dort sei alles schlecht. Wissen Sie, was Fidel Castro nach seiner Amtsübernahme getan hat? Er führte ein massives Alphabetisierungsprogramm durch. Ist das schlecht? Auch wenn es von Fidel Castro kommt?“

Als präventive Reaktion auf die Versuche der Republikaner und Exilkubaner in Süd-Florida, Sanders als „Roten“ darzustellen, stimmte selbst in die antikommunistische Hetze ein. Er erklärte, Trump habe angesichts seiner „Liebesbriefe“ an Kim Jong-un kein Recht, ihm Nachgiebigkeit gegenüber Castro vorzuwerfen.

Es gibt noch einen weiteren Vorfall, der Fragen zu Sanders' Behauptungen aufwirft, er lehne die „endlosen Kriege“ des US-Imperialismus ab. Er wurde nach einem Artikel in der Washington Post vom letzten Freitag gefragt, laut dem er von den US-Geheimdiensten über angebliche Versuche Russlands unterrichtet wurde, zu seinen Gunsten in die amerikanische Wahl einzugreifen. Daraufhin erklärte er, man habe ihm dies „vor etwa einem Monat“ mitgeteilt.

Auf die Frage, warum er nichts über das Gespräch oder dessen Thema erwähnt habe, antwortete Sanders: „Weil ich zu vielen Geheimdienstbesprechungen gehe, über die ich nicht öffentlich rede.“

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