Coronavirus zwanzigmal tödlicher als saisonale Grippe

Wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) am Dienstag bekannt gab, ist die Sterblichkeitsrate bei nachgewiesenen Fällen des Coronavirus COVID-19 auf 3,4 Prozent gestiegen. Dieser Wert basiert auf der aktuellen Zahl der Toten durch das Virus unter bestätigten Infektionen. Zum Zeitpunkt der Mitteilung gab es 95.184 bestätigte Infektionen und 3.254 Todesfälle.

Damit ist die Zahl der Todesfälle laut Daten der US Centers for Disease Control and Prevention (CDC) zwanzigmal höher als bei einer saisonalen Grippe. Die Daten vermitteln eine Vorstellung von den Gefahren, die der Weltbevölkerung durch das neue Coronavirus drohen.

Zuvor war die WHO von einer Sterblichkeitsrate von knapp über zwei Prozent ausgegangen. Der Anstieg spiegelt die Ausbreitung des Coronavirus auf 83 Länder und Gebiete außerhalb von China wider. Die Todesfallrate ist seit dem 25. Februar relativ konstant geblieben, obwohl neue Fälle und neue Todesfälle bestätigt wurden. Es ist noch unklar, ob die derzeitige Sterblichkeitsrate in den kommenden Tagen gleich bleiben oder sich ändern wird.

Einer der vielen Gründe für die Ausbreitung von COVID-19 ist die Tatsache, dass Arbeiter sich nicht krank schreiben können, obwohl sie Symptome der Infektion aufweisen. In New York protestierten die Beschäftigten der Schnellrestaurantkette Chipotle am Mittwoch gegen die Unternehmenspolitik, sie auch im Krankheitsfall zur Weiterarbeit zu zwingen - vor allem angesichts der Ausbreitung des Coronavirus im Bundesstaat. Sie enthüllten die Vergeltungsmaßnahmen des Unternehmens gegen Beschäftigte, die sich trotz der Anweisung der Managements krankmelden, um die Ausbreitung der Krankheit zu verhindern.

Es ist zudem fraglich, ob ein Impfstoff die Auswirkungen der Krankheit eindämmen wird, vor allem wenn er nicht frei verteilt wird. US-Gesundheitsminister Alex Azar, der zuvor im Vorstand eines Pharmakonzerns saß, erklärte letzte Woche bei einer Anhörung vor dem Kongress, wenn ein Impfstoff gegen den Virus entwickelt werden sollte, würde er nicht allgemein verfügbar sein: „Wir würden gerne sicherstellen, dass er für alle bezahlbar ist“, erklärte Azar. „Wir können den Preis jedoch nicht kontrollieren, weil wir die Investitionen aus der Privatwirtschaft brauchen. Preiskontrollen werden uns nicht weiterbringen.“

Angesichts der weiteren Ausbreitung des Coronavirus ist die WHO äußerst besorgt, dass die Bestände an medizinischen Versorgungsgütern, die für die Bekämpfung der Krankheit benötigt werden, bald aufgebraucht sind. Am 3. März warnte die Organisation, die Vorräte würden „rapide zur Neige“ gehen. Weiter hieß es, die Pharmaindustrie müsse die Produktion um 40 Prozent zu erhöhen, um den Bedarf der internationalen Gesundheitsinfrastruktur durch die Pandemie zu decken.

In nackten Zahlen ausgedrückt, werden weltweit 89 Millionen medizinische Gesichtsmasken benötigt, 76 Millionen Untersuchungshandschuhe, 30 Millionen Kittel, 1,6 Millionen Schutzbrillen und 2,9 Millionen Liter Handdesinfektionsmittel pro Monat, bis die Pandemie eingedämmt ist. Die WHO hat außerdem den „rationalen und angemessenen Einsatz von persönlicher Schutzausrüstung im Gesundheitsbereich und ein effektives Management der Lieferketten“ gefordert. Die Preise für Kittel haben sich mittlerweile verdoppelt, die Preise für Atemgeräte verdreifacht und die Preise für Gesichtsmasken versechsfacht.

Dieser Mangel ist vor allem in Regionen gefährlich, in denen es mehr Todesfälle gibt oder wo die Zahl der Coronavirus-Fälle ansteigt. Während die Zahl der Fälle in China auf 119 am Mittwoch gesunken ist, meldeten Südkorea, Italien und der Iran jeweils 435, 587 und 586 neue Fälle. Darüber hinaus meldeten diese Länder auch 3, 28 und 15 neue Todesfälle. Diese Entwicklung weckt Bedenken, dass das Coronavirus aufgrund seiner zweiwöchigen Inkubationszeit bereits große Teile dieser Länder infiziert hat.

In den USA herrscht auch die Besorgnis, dass sich das Virus weiter ausgebreitet haben könnte als derzeit gemeldet wird. Bisher endeten elf der 154 bekannten Fälle mit dem Tod des Patienten. Wenn die durchschnittliche Sterblichkeitsrate tatsächlich bei 3,4 Prozent liegt, müsste es demnach 324 Coronavirus-Fälle im Land geben, von denen dann 170 unbekannt wären.

Es gibt zwar viele Gründe, warum ein COVID-19-Fall unerkannt bleiben könnte, doch der wichtigste ist der, dass Arztbesuche für Amerikaner sehr teuer sind. Personen, die auf den Coronavirus getestet wurden, mussten Berichten zufolge bis zu 3.200 Dollar zahlen.

Zudem war die Reaktion der staatlichen, bundesstaatlichen und lokalen Regierungen bestenfalls improvisiert und desorganisiert. Die CDC konnten nicht im großen Stil Test-Sets an Krankenhäuser im ganzen Land verschicken. Bisher wurden in den USA nur 472 Tests für COVID-19 durchgeführt, in Italien waren es 23.345, in Südkorea 109.591, in China Dutzende Millionen. Die CDC beharren darauf, dass Krankenhäuser und Labors in den USA ihre eigenen Verfahren und Ausrüstungen für entsprechende Tests benutzen statt derjenigen der Weltgesundheitsorganisation. Diese Vorgabe hat die Fähigkeit der Mediziner in den USA, das Coronavirus zu entdecken und ihre Patienten – und sich selbst – zu schützen, praktisch vollkommen gelähmt.

Typisch für die Kommentare in den sozialen Medien in den USA war die Äußerung des Twitter-Nutzers Matt Stoller: „Habe gerade mit Arzt in Notaufnahme gesprochen, der Fälle sieht, in denen er sich zu 99 Prozent sicher ist, dass sie #Coronavirus sind. Negativ für Grippe, Reisen in jüngerer Vergangenheit, arbeitet an Flughäfen. Test nicht erlaubt. Patienten gehen weiter zur Arbeit, weil sie sich ohne klare Diagnose nicht krankschreiben lassen können. Andere Notfallärzten berichten das gleiche.“

Abgesehen von der Ausbreitung gibt es inzwischen Beweise, dass sich das Virus zu unterschiedlichen Typen entwickelt hat. Am Dienstag erschien in der Fachzeitschrift National Science Review eine Studie, laut der genetische Marker darauf hindeuten, dass sich eine Untergruppe des Virus‘ in Wuhan aus einem weniger aggressiven s-CoV- zu einem leichter übertragbaren und tödlichen l-CoV-Stamm entwickelt hat. Die Ausbreitung des l-CoV-Stamms wurde durch die Quarantäne in der Provinz Hubei größtenteils eingedämmt.

Das ist jedoch nur ein schwacher Trost. Wenn es einmal zu Mutationen kam, kann das wieder passieren. Angesichts der weltweiten Ausbreitung des Coronavirus könnte eine noch aggressivere Variante Millionen Menschen infizieren und hunderttausende Todesopfer fordern.

Gegen diese Pandemie müssen umgehend sämtliche Ressourcen der Welt in Bewegung gesetzt werden, um die Kranken zu behandeln und Menschenleben zu retten.

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