Bild-Zeitung hetzt gegen Virologen Drosten

In einer gezielten Schmutzkampagne versucht die Bild-Zeitung, den weltbekannten Virologen Christian Drosten zu verleumden. Wider besseres Wissen denunziert das Boulevard-Blatt Drostens Arbeit, um das politische Wettrennen um die Lockerung der Corona-Maßnahmen zu rechtfertigen und in der breiten Bevölkerung größtmögliche Verwirrung zu stiften.

Am Montagabend, den 25. Mai publizierte Bild folgende Zeilen im Internet: „Fragwürdige Methoden. Drosten-Studie über ansteckende Kinder grob falsch. Wie lange weiß der Star-Virologe schon davon?“ Dies als Einleitung zu einem Video, das angeblich die Kritik mehrerer Wissenschaftler zitierte und behauptete: „Drosten lag bei seiner wichtigsten Studie komplett daneben.“

Im Besonderen nahm die Bild-Zeitung eine Studie Drostens aufs Korn, in der der Virologe nachgewiesen hatte, dass Kinder genauso ansteckend sein könnten wie Erwachsene. Drostens Studie deckt sich weltweit mit bekannten Forschungsergebnissen und weist nach, was sich schon in Wuhan und seither auf der ganzen Welt tragisch erwiesen hat: Auch bei Kindern treten große Virenlasten auf. Sie können infolgedessen das Virus leicht weitergeben und auch selbst schwer daran erkranken. Laut Bild habe jedoch „der Charité-Forscher unsauber gearbeitet“. Die Studie sei „fehlerhaft“ und komme „zu falschen Erkenntnissen“.

Bild-Reporter Philipp Piatov wies ferner darauf hin, dass Drosten „ein sehr respektierter Virologe“ sei, „der ein sehr offenes Ohr bei Politikern, auch bei der Kanzlerin persönlich, findet, d.h. er hat einen großen politischen Einfluss“. Die Politik müsse jetzt „die Frage beantworten, ob und in wie fern sie auf diese Studie der Charité gehört hat, ob sie sich mit diesen Zweifeln befasst und … ob die Schulpolitik der letzten Monate auf den Prüfstand gestellt wird.“

Im Versuch, Drosten die Pistole auf die Brust zu setzen, schickte Piatov ihm noch am Montagnachmittag um 15 Uhr eine Mail, in der er ihn mit vier aus dem Zusammenhang gerissenen Sätzen verschiedener Wissenschaftler konfrontierte. Innerhalb einer Stunde („bis 16:00 Uhr“) sollte der Virologe dazu Stellung nehmen und seine Studie rechtfertigen.

Vollkommen zu Recht weigerte sich Drosten, in diesem schmutzigen Spiel die ihm zugedachte Rolle einzunehmen. Er publizierte die Mail aus dem Politik-Ressort der Bild-Zeitung auf Twitter und versah sie mit dem Kommentar: „Interessant: die #Bild plant eine tendenziöse Beichterstattung über unsere Vorpublikation zu Viruslasten und bemüht dabei Zitatfetzen von Wissenschaftlern ohne Zusammenhang. Ich soll innerhalb von einer Stunde Stellung nehmen. Ich habe Besseres zu tun.“

Die Wissenschaftler, auf die sich die Bild-Zeitung berief, waren die Statistik-Professoren Dominik Liebl (Uni Bonn) und Christoph Rothe (Uni Mannheim), Professor Leonhard Held (Institut für Epidemiologie, Zürich) und Joerg Stoye, Professor für Wirtschaft an der Cornell University (New York).

Tatsächlich distanzierten sich alle vier Wissenschaftler noch am Montagabend innerhalb kürzester Zeit von dem Bild-Bericht. Christoph Rothe schrieb: „Niemand von #Bild hat mit mir gesprochen, und ich distanziere mich ausdrücklich von dieser Art der Berichterstattung.“

Joerg Hoye schrieb: „Ich will nicht Teil einer Anti-Drosten-Kampagne sein. Ich stand und stehe in keinerlei Kontakt zu Bild. Natürlich habe ich höchsten Respekt vor @c_drosten. Deutschland kann froh sein, ihn und sein Team zu haben.“

Auch Dominik Liebl twitterte: „Ich wusste nichts von der Anfrage der BILD und distanziere mich von dieser Art, Menschen unter Druck zu setzen, auf das Schärfste. Wir können uns [viel]mehr glücklich schätzen, @c_drosten und sein Team im Wissenschaftsstandort Deutschland zu haben. They saved lifes!“

Alle diese Dementis hinderten die Bild-Zeitung nicht daran, am Dienstag die Printausgabe mit der fetten Schlagzeile herauszubringen: „Schulen und Kitas wegen falscher Corona-Studie dicht.“ Das allein zeigt schon, dass es sich dabei um gezielte Diffamierung handelt. Die Bild-Zeitung kümmert sich nicht um Wahr oder Falsch, sondern verfolgt mit ihrer Hetze sehr konkrete politische Ziele.

Mit dem Angriff auf Drosten will die Zeitung jeden einschüchtern, der es wagt, den immer weitergehenden Lockerungen mit wissenschaftlichen Fakten und Vernunft entgegenzutreten. Die Bereicherung der Reichen soll nicht durch Warnungen vor Massensterben und Todesgefahr geschmälert werden.

Das auflagenstarke Boulevard-Blatt gehört der Verlagsgruppe Axel Springer, die aufs Engste mit den Chefetagen von Wirtschaft und Staatspolitik vernetzt ist. Die Deutsche Bank hält ein großes Aktienpaket an Springer, und Verlagserbin Friede Springer ist mit Bundeskanzlerin Angela Merkel befreundet. Stets versammelt der Axel-Springer-Verlag auf seinen Empfängen die Crème de la crème aus Regierung, Parteien, Wirtschaft, Showbusiness und Sport.

Mit der Bild-Zeitung betreibt Springer seit Jahrzehnten ein nützliches Propaganda-Millionenblatt, um die Inhalte von AfD, Pegida und Co. in breiteren Schichten populär zu machen. Schon in der Nachkriegszeit verleumdete Bild demokratisch engagierte Intellektuelle als „Linksmob“, „Eiterbeule“, „akademische Gamler“, „Pöbel“ und „Neurotiker“. Ihre aggressive Hetze gegen die Studentenbewegung führte zum Attentat auf Rudi Dutschke.

Als jüngere Beispiele für das ständige Bemühen des Blatts, im Interesse der Herrschenden Rückständigkeit zu schüren und das Klima zu vergiften, wären der erfundene Sex-Mob“ einer Silvesternacht oder die brutale Kriegshetze gegen Syrien zu nennen. Unter Chefredakteur Julian Reichelt hat sich diese üble Tendenz noch verstärkt. Erst vor kurzem stellte er sich mit Bild an die Spitze der Hetzkampagne gegen China, wie die WSWS im Artikel „Bild hetzt gegen China“ aufzeigte.

Mit der jüngsten gezielten Kampagne gegen Drosten trägt die Bild-Zeitung nun dazu bei, gegen die Wissenschaft zu hetzen und einen gefährlichen Mob gegen ihren zurzeit bekanntesten Vertreter, Christian Drosten, anzustacheln.

Gestern teilte Drosten auf Twitter mit, er und der Gesundheitsexperte der SPD Karl Lauterbach hätten ein Paket mit einem Fläschchen „CoV-Positiv“ erhalten, mit der anonymen Botschaft: „Trink das – dann wirst du immun.“ Schon Ende April hatte Drosten im Interview mit dem britischen Guardian berichtet, dass er wegen seiner Rolle in der Coronakrise Todesdrohungen erhalten hatte.

In den sozialen Medien wird Christian Drosten hingegen von der großen Mehrheit verteidigt. „Bild ist unterirdisch“, heißt es da, oder: „Das ist kein Journalismus, sondern ein Ruf-Meuchel-Kommando.“ In den Umfragen lehnen die meisten Menschen die schnellen Lockerungen der Corona-Maßnahmen deutlich ab.

In wachsendem Maß werden Wissenschaftler wie Drosten in der Bevölkerung geschätzt und geachtet. Sie versorgen die Öffentlichkeit seit Pandemiebeginn mit wissenschaftlich fundierter Aufklärung. In einer Situation, in der Wirtschaft und Politik über Leichen gehen, wird das in wachsendem Maß als lebensnotwendig empfunden.

Wie die Sozialistische Gleichheitspartei und die World Socialist Web Site in ihrer jüngsten Erklärung zur Corona-Pandemie betonen, ist „die Aufrechterhaltung einer sicheren Arbeitsumgebung eine immens komplexe Aufgabe, die nur durch einen wissenschaftlichen und rationalen Plan und in aktiver Absprache mit Gesundheitsexperten an jedem Arbeitsplatz erfüllt werden kann“. Die Kosten dafür „müssen von den Unternehmen und der kapitalistischen herrschenden Elite getragen werden“.

Drosten selbst erläuterte am Dienstag im NDR-Postcast Coronavirus-Update noch einmal, dass es jetzt unabdingbar darauf ankomme, systematisch auch Lehrer und Erzieher zu testen und alle Vorgaben zur Pandemiebekämpfung zu beachten.

Zu der zentralen Aussage seiner von Bild kritisierten Studie sagte der Virologe: „Die Aussage ist einfach klar: Es gibt auch bei Kindern sehr hohe Viruslasten. Das ist nur das, was wir sagen wollten. Man hätte es im Prinzip auch ohne jede statistische Analyse veröffentlichen können.“ So klar und eindeutig war das Ergebnis der Untersuchung. Aus seiner gesamten Forschung ergebe sich „überdeutlich“ der Schluss: „Kinder haben die gleiche Viruskonzentration wie die anderen Altersgruppen auch. Da gibt’s nichts dran zu kritisieren.“

Gerade diese Klarheit ist der herrschenden Klasse ein Dorn im Auge. Die kapitalistische Wirtschaft soll rasch wieder brummen, koste es was es wolle. Um die Lockerung der Pandemiemaßnahmen im Interesse der Reichen, der Banken und der Aktionäre rücksichtslos durchzusetzen, werden Autoarbeiter, Krankenpfleger, Busfahrer, Lehrer, Verkäufer, Erntehelfer, Schlachtereiarbeiter etc. ohne zureichenden Schutz in unsichere Arbeitsverhältnisse zurück gezwungen.

Diesem Ziel – und nicht der Information – dient die jüngste, gegen Christian Drosten gerichtete Verleumdungskampagne der Bild-Zeitung.

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