Erste Online-Wahlversammlung der sri-lankischen Trotzkisten

Die Socialist Equality Party (SEP) von Sri Lanka und die International Youth and Students for Social Equality (IYSSE) luden am 28. Juni zu ihrer ersten Online-Wahlversammlung ein, die über ihre Facebook-Seite zu sehen war. Zu den nationalen Parlamentswahlen 2020 stellt die SEP insgesamt 43 Kandidaten in den Distrikten Colombo, Jaffna und Nuwara Eliya auf. Die Wahlen sollen am 5. August 2020 stattfinden.

Bei dem Meeting traten der Generalsekretär der SEP, Wije Dias, führende Wahlkandidaten und ein Mitglied der IYSSE als Sprecher auf. Rund 100 Personen aus Sri Lanka und international nahmen an der Veranstaltung teil. Etwa 2.000 haben sich seitdem das Video angesehen, und viele haben Grüße und eigene Kommentare hinzugefügt.

Screenshot der Online-Versammlung

Die Leitung hatte Vilani Peiris, ein langjähriges Mitglied der SEP und Leiterin des Ortsverbands Colombo. Sie erklärte, dass Präsident Gotabhaya Rajapakse mit seiner Partei Sri Lanka Podujana Peramuna (SLPP) auf eine Zweidrittelmehrheit im Parlament spekuliere, um die Verfassung umzuschreiben und sich eine diktatorische Machtfülle anzueignen.

Die offiziellen Oppositionsparteien hätten nur geringe taktische Differenzen mit Rajapakse, sagte Peiris, und sie wies darauf hin, dass die pseudolinken Organisationen den kapitalistischen Parteien Hilfestellung leisteten.

„Der Parteichef der Nava Sama Samaja Party [NSSP], Wickremabahu Karunaratne, tritt unter dem Banner der pro-imperialistischen United National Party [UNP] zur Wahl an. Die Frontline Socialist Party hat sich bereit erklärt, mit 'progressiven Elementen' in rechten Parteien zusammenzuarbeiten, angeblich um 'die Demokratie zu verteidigen'. Die SEP tritt in ihrem Wahlkampf all diesen Parteien entgegen und kämpft für die politische Unabhängigkeit der Arbeiterklasse und für eine sozialistische Politik.“

W.A. Sunil, Mitglied des Politischen Komitees der SEP und Kandidat im Bezirk Colombo, berichtete über massive Stellenstreichungen und Lohnkürzungen, die das Großkapital mit Unterstützung der Regierung Rajapakse vornimmt, um die wirtschaftliche Last der Pandemie der arbeitenden Bevölkerung aufzuerlegen. Er erläuterte, dass die Gewerkschaften bei diesem Angriff aktive Partner seien.

M. Thevarajah, Mitglied der SEP-Führung, kandidiert an der Spitze der SEP-Liste im Bezirk Nuwara Eliya (Zentralprovinz). Er erzählte, dass die Regierung und die Unternehmen die Beschäftigten jetzt ohne vernünftigen Covid-19-Schutz zurück an die Arbeit drängten.

Über die Arbeit in den Teeplantagen sagte er: „Die Plantagenbesitzer haben mit Unterstützung der Gewerkschaften die Löhne gesenkt und die Arbeitsbelastung erhöht. Deshalb kommt es immer wieder zu spontanen Streiks.“ Er berichtete über den Versuch von Beschäftigten einer Teeplantage in Maskeliya, ein Aktionskomitee zur Verteidigung ihrer Löhne und Arbeitsbedingungen aufzubauen.

Im Namen der IYSSE sprach Prageeth Aravinda über die überstürzte Wiederöffnung der Wirtschaft, die das Leben junger Menschen auf der ganzen Welt bedroht.

„Junge Arbeiter sehen sich aufgrund von Arbeitsplatzkürzungen inmitten von Covid-19 mit einer wirtschaftlichen Katastrophe konfrontiert", sagte er und fügte hinzu, dass die Entscheidung der Regierung, Schulen wieder zu öffnen, ohne einen angemessenen Coronavirus-Schutz zu bieten, sowohl Schüler als auch Lehrer in Gefahr bringe. „Jugendliche und Studierende können ihr Recht auf Bildung und angemessenen Gesundheitsschutz nur verteidigen, wenn sie am Kampf zur Entwicklung einer unabhängigen politischen Bewegung der Arbeiterklasse teilnehmen“, sagte er.

Die Schlussrede hielt Wije Dias, der Generalsekretär der srilankischen SEP. Wie er sagte, hat Covid-19 den Massen in allen Ländern vor Augen geführt, wie bösartig das internationale kapitalistische System sich entwickelt hat. Im Jahr 2008 ist mit dem internationalen Banken- und Finanzcrash eine kapitalistische Weltkrise ausgebrochen, die jetzt mit der Pandemie ein nie dagewesenes Ausmaß erreicht hat.

Dias wies darauf hin, dass die internationale Arbeiterklasse begonnen habe, sich den Regierungen und den Unternehmern zu widersetzen, welche die Gefahren ignorieren, die von Covid-19 ausgehen, und die Arbeiter zwingen, an die Arbeit zurückzukehren.

Breite Teile der Arbeiterklasse, insbesondere in der US-amerikanischen Autoindustrie, erkennen jetzt, dass weder die Gewerkschaften noch irgendeine bürgerliche Partei ihnen in dieser lebensbedrohlichen Situation zu Hilfe kommen werden. Um ihre Arbeitsplätze und ihr Leben zu verteidigen, haben Arbeiter die Initiative ergriffen und begonnen, unabhängige Aktionskomitees zu organisieren.

Dias erklärte, mit dem zunehmenden Widerstand der Arbeiter verstärke Präsident Donald Trump seine konterrevolutionären Maßnahmen im Inland und seine Kriegspolitik auf der ganzen Welt.

„In diesem politischen Gesamtkontext stehen die Wahlen in Sri Lanka. Unter solchen Bedingungen, ohne dass ein demokratisches Umfeld existiert, ist eine faire Wahl nicht möglich. Unter Ausnutzung der Pandemie hat die Regierung von Präsident Rajapakse ihre Schritte in Richtung einer Präsidialdiktatur beschleunigt“, sagte Dias.

Er erklärte, dass Rajapakse die Präsidentschaftswahlen gewonnen habe, weil er von dem Zorn der breiten Bevölkerung gegen die „Good-Governance“-Regierung von Sirisena und Wickremesinghe habe profitieren können. Rajapakse hatte eine „disziplinierte und effiziente“ Herrschaft versprochen. Die ersten sechs Monate seiner Regierungsführung hätten jedoch gezeigt, dass dies alles falsche Versprechen gewesen waren.

„Die herrschende Klasse Sri Lankas ist sich sehr wohl bewusst, dass sie vor unüberwindlichen politischen Herausforderungen steht. An erster Stelle ist der breite Widerstand zu nennen, der sich unter der Arbeiterklasse, den Armen auf dem Land und der Jugend entwickelt. Das Sparprogramm, das die Regierung in den kommenden Monaten umsetzen will, kommt hinzu. Um sich auf diese Entwicklung vorzubereiten, hat Rajapakse Militäroffiziere in fast allen wichtigen Machtzentren platziert, und jetzt will er bei diesen nationalen Wahlen eine Zweidrittelmehrheit im Parlament erreichen.“

Dias wies auf die Gefahren hin, die vor der Arbeiterklasse und der SEP stehen, und er sagte: „Die wahre Bedeutung der 'Effizienz', die das Rajapakse-Regime angekündigt hatte, ist deutlich geworden, als wir dem Sekretär des Verteidigungsministeriums, Generalmajor Kamal Gunaratne a.D., mehrere Fragen darüber vorlegten, dass drei unserer SEP-Kandidaten im Distrikt Jaffna vom Militär schikaniert worden sind.

Bei drei verschiedenen Gelegenheiten haben Agenten des militärischen Nachrichtendienstes unsere Genossen zuhause aufgesucht und sie aufgefordert, persönliche Informationen über sich und ihre Familien zu geben.“

Wie Dias erklärte, hat die SEP am 20. Juni ihren ersten Brief an den Verteidigungsminister geschickt und eine sofortige Antwort verlangt.

„Wir haben keine Antwort bekommen, nicht einmal eine Bestätigung, geschweige denn eine Erklärung für die illegale Intervention des Militärs gegen die verfassungsmäßig garantierten Rechte der SEP. Die Lehre daraus lautet, dass die 'Effizienz' von Rajapakse nur dazu dient, demokratische Rechte zu unterdrücken.

Die militärischen Schikanen und die Hexenjagd gegen die SEP sind darauf zurückzuführen, dass die herrschende Elite weiß, dass sie die einzige Partei ist, die sich der fortgesetzten militärischen Besetzung des Nordens und Ostens widersetzt. Die SEP ist auch die einzige Partei, die für die Freilassung aller politischen Gefangenen kämpft und sich dafür einsetzt, dass Rechenschaft über alle Fälle abgelegt werden muss, in denen während des Bürgerkriegs Menschen verschwunden und gewaltsam entführt worden sind“, sagte er.

Der Redner ging auf die politische Rolle der Pseudolinken und insbesondere der Führer der Frontline Socialist Party (FSP) ein, die versuchen, die arbeitende Bevölkerung und die Jugend zu täuschen. „Sie fordern im Namen der Verteidigung der demokratischen Rechte eine gemeinsame Plattform aller Kräfte, die angeblich an Demokratie interessiert seien. Dies gleicht der reaktionären und betrügerischen Kampagne, welche die Nava Sama Samaja Party und die UNP geführt hatten, als es um die Morde während des früheren Mahinda Rajapakse-Regimes ging. Diese Organisationen richteten eine ‚Plattform der Freiheit‘ ein und nutzten sie, um den rechtsgerichteten Ranil Wickremesinghe [UNP-Führer] als Freiheits-Vertreter hinzustellen und zu unterstützen. So ebneten sie ihm im Jahr 2015 den Weg zum Premierminister (…)

Wessen Freiheit sie verteidigen, das haben sie nie verraten (…) Auch die FSP spricht dies in ihrer Demokratie-Kampagne nicht an. Ihre abstrakten Parolen für Freiheit oder Demokratie sind für die arbeitende Bevölkerung und die Jugend eine politische Falle.

Das Thema der demokratischen Rechte für die Bevölkerung Sri Lankas ist eine brennende Frage. Das liegt daran, dass es ein kapitalistisches Land mit einer historisch verspäteten Entwicklung ist; daher hat es viele ungelöste demokratische Probleme. Wir von der Vierten Internationale, die wir uns auf Trotzkis Theorie der Permanenten Revolution stützen, bestehen darauf, dass diese demokratischen Probleme unter kapitalistischer Herrschaft keine Lösung finden können.

Nur eine Diktatur der Arbeiterklasse hat eine Lösung für diese Fragen“, erklärte Dias. Er erklärte, dass die Reformisten, die Pseudolinken und die Gewerkschaftsbürokratien, die der einen oder anderen bürgerlichen Partei hinterherlaufen, diesen Weg blockierten.

„Dreißig Jahre Krieg in Sri Lanka haben den unterdrückten tamilischen Communities im Norden und Osten neue demokratische Probleme beschert. Das Militär hat große landwirtschaftliche Flächen eingenommen, die seit vielen Generationen von den Tamilen bestellt worden sind. Jetzt werden sie unter militärischer Kontrolle ausgebeutet. Andere Flächen werden für Militärlager genutzt. Nur eine Arbeiter- und Bauernregierung kann diese demokratischen Fragen anpacken.“

Dias forderte die Zuhörer auf, das internationale sozialistische Programm der SEP zu lesen und zu diskutieren. „Wir schlagen die Gründung von Aktionskomitees an jedem Arbeitsplatz und in allen Agrarbetrieben, sowie im Bildungs- und Kultursektor vor, um in jedem Sektor für die grundlegenden Forderungen im Kampf für ein sozialistisches Programm zu kämpfen.“

Dias schloss seine Rede mit dem Hinweis, dass die SEP vier verschiedene Newsletters herausgibt, jeweils einen für die Beschäftigten in der Bekleidungsindustrie, im Gesundheits- und im Bildungssektor und im Bereich der Immigration. Er forderte alle Beschäftigten in diesen Bereichen auf, sich für ihren jeweiligen Newsletter zu registrieren.

„Die SEP widmet sich dem Kampf für eine internationale sozialistische Perspektive in der Arbeiterklasse Sri Lankas und Südasiens, und wir laden alle Zuhörer ein, sich uns in diesem Kampf anzuschließen.“

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