Perspektive

Kundgebung in Michigan: Trump droht immer lauter mit Gewalt und Diktatur

Bei einer Wahlkampfkundgebung in Muskegon (Michigan) hat Trump am Samstag erneut zu Gewalt gegen seine politischen Gegner aufgerufen und damit gedroht, auf unbestimmte Zeit im Amt zu bleiben. Es war sein erster Besuch in diesem Bundesstaat seit der Verhaftung von 14 Rechtsextremisten, die sich zur Entführung und Ermordung der demokratischen Gouverneurin verschworen hatten.

Trump hielt seine Hetzrede nur 10 Tage, nachdem diese Bande von Faschisten aufgeflogen war, gerade als sie letzte Vorbereitungen für den Mord an Gretchen Whitmer trafen. Doch Trump hetzte nur noch lauter gegen Whitmer: „Bringt die Gouverneurin dazu, euren Bundesstaat zu öffnen“, forderte er die Zuhörer auf. Dabei hat Whitmer die Öffnung so gut wie aller größeren Unternehmen, einschließlich der großen Autofabriken, trotz bedrohlich steigender Corona-Zahlen genehmigt.

„Ich schätze, man sagt, dass sie bedroht wurde, richtig? Und sie gab mir die Schuld“, sagte Trump und gab sich erstaunt darüber. Die Menge reagierte wie erwartet mit Sprechchören: „Sperrt sie ein, sperrt sie ein“, und Trump dehnte die Forderung gleich auf alle seine politischen Gegner aus: „Sperrt sie alle ein“, rief er sichtlich erfreut.

Präsident Donald Trump bei seiner Wahlkampfrede auf dem Flughafen von Muskegon County, Samstag, 17. Oktober 2020, in Norton Shores, Michigan. (Foto: AP/Alex Brandon)

Weiter bekräftigte er einmal mehr seine Entschlossenheit, „vier Jahre, acht Jahre, 12 Jahre, 16 Jahre“ im Amt zu bleiben, weit über die verfassungsmäßige Grenze von zwei Amtszeiten hinaus. Er machte sich über seine Medienkritiker lustig und sagte: „Damit macht man sie wirklich wütend, wenn man auch noch '12 Jahre' sagt. Dann sagen sie, er ist ein Faschist.“ Die Menge, die mehrere Tausend Menschen zählte, grölte im Chor: „12 more years, 12 more years“ (12 weitere Jahre). Trump fügte hinzu: „Bestimmt kommt jetzt die Story mit den Fake-News: 'Er ist ein Faschist'!“

In Wirklichkeit weigern sich die bürgerlichen Medien, Trump mit dem Etikett „faschistisch“ zu versehen, obwohl er sich immer offener bemüht, eine bewaffnete, gewalttätige, antidemokratische Bewegung aufzubauen, in deren Mittelpunkt er selbst und seine Familie stehen. Weder seine demokratischen Gegner bei den Wahlen vom 3. November, Joe Biden und Kamala Harris, noch die Kongressdemokraten in Washington haben es bisher gewagt, diesen Begriff zu verwenden. Dabei ist nicht zu bestreiten, dass der ganze Verlauf des Trump-Wahlkampfs und der Republikanischen Partei insgesamt in diese Richtung weisen.

Gouverneurin Whitmer hat gegen Trumps Sprache bei der Kundgebung in Muskegon protestiert. In einem Auftritt am Sonntag in der NBC-Sendung „Meet the Press“ sagte sie: „Unglaublich beunruhigend ist, dass der Präsident der Vereinigten Staaten mich schon zehn Tage, nachdem ein Komplott, mich zu entführen und umzubringen, aufgedeckt wurde, bereits wieder dabei ist, diese Art Terrorismus im eigenen Land anzustacheln, zu befeuern und zu inspirieren.“

Aber andere führende Demokraten und die ihnen nahestehenden Journalisten versuchen, das Thema herunterzuspielen oder ganz totzuschweigen. Als die Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, am Sonntagmorgen auf ABC ein Interview gab, antwortete sie nur ausweichend auf eine direkte Frage zur Muskegon-Kundgebung. Zwar nannte sie Trumps Rhetorik „unverantwortlich“, ging jedoch nicht weiter auf das Komplott ein, das der Gouverneurin nach dem Leben getrachtet hatte, und erwähnte nicht einmal Whitmers Namen. Pelosi sagte: „Das beste Gegengift gegen sein Gift ist, wählen zu gehen“. Dabei hat Trump wiederholt angekündigt, dass er den Ausgang der Wahl nicht respektieren und auf unbestimmte Zeit im Amt bleiben will.

Auch der ehemalige Vizepräsident Biden erwähnte das Komplott zur Ermordung Whitmers nicht, als er am Sonntag in Durham (North Carolina) seine einzige Wahlkampfrede vom Wochenende hielt. Zwar zitierte er Trumps Aussage nach dem Neonazi-Aufmarsch in Charlottesville (Virginia) im Jahr 2017: Unter den Fackel-schwingenden Faschisten befänden sich „sehr feine Leute“, so Trump damals. Aber Biden zog daraus keine Schlüsse für den gegenwärtigen politischen Kurs des Präsidenten. Er sagte überhaupt nichts über Trumps Besuch in Muskegon, im selben Bundesstaat, in dem mehr als ein Dutzend faschistische Gewalttäter die Forderungen des Präsidenten, Michigan zu „befreien“, in die Tat umsetzen wollten.

In der politischen Geschichte der USA gibt es keinen Präzedenzfall dafür, dass sich ein Präsident der Vereinigten Staaten so verhalten hätte. Die Demokraten klagen Trump unter einem künstlichen Vorwand an, der für das amerikanische Volk unerheblich ist und ihrer verlogenen Anti-Russland-Kampagne entstammt. Aber wenn der Präsident einen Mob aufhetzt und versucht, eine gewalttätige faschistische Bewegung aufzubauen, rühren sie keinen Finger.

Letzte Woche, während seines Auftritts in der Bürgerversammlung bei NBC, ließ sich Trump nur widerwillig herbei, einen Satz gegen das Konzept der white supremacy, der Vorherrschaft der Weißen, auszusprechen. Gleichzeitig begrüßte er die faschistische Verschwörungstheorie von QAnon und wies darauf hin, er teile deren angebliches Ziel, die „Pädophilie“ zu bekämpfen. Die QAnon-Kampagne behauptet im Wesentlichen, dass die Demokratische Partei von satanischen Pädophilen geführt sei. Trump werde sie in einem kommenden „Sturm“ zusammentreiben und vernichten. In diesem Zusammenhang ist die Parole Trumps, „Sperrt sie alle ein“, besonders beunruhigend.

Während die amerikanischen Medien QAnon im Allgemeinen als Wahnvorstellung einiger Irrer ohne wirkliche Folgen für das politische Leben abtun, hat die Washington Post am Sonntag einen beunruhigenden Bericht dazu gebracht. Darin geht es darum, dass die Anhänger eines republikanischen Kongress-Kandidaten in einem Wahlbezirk von Georgia dessen demokratischen Gegner offen mit Gewalt bedrohten. Der Republikaner-Kandidat ist ein bekannter Verteidiger von QAnon. Niemand im Staat oder in der Demokratischen Partei hat den bedrohten Kandidaten verteidigt, worauf dieser seine Kandidatur niederlegte und aus dem Staat wegzog.

Im Fall von Michigan gibt es reichlich Beweise dafür, dass diejenigen, die die Entführung und Ermordung von Gouverneurin Whitmer planten, Unterstützung von Anhängern der Republikaner, die beim Bundesstaat beschäftigt sind, genossen und Verbindungen zu politischen Agenten hatten, die direkt mit dem Weißen Haus in Verbindung stehen. Nach Ansicht des Generalstaatsanwalts ist dieses Komplott nur „die Spitze des Eisbergs“. Viele andere demokratische Gouverneure sind das Ziel ähnlicher Verschwörergruppen.

Weder die Medien noch die Demokratische Partei weisen auf den Zusammenhang hin, der zwischen dem gewalttätigen Komplott gegen Whitmer und den geplanten Angriffen auf das Wahlrecht bei der Wahl 2020 besteht: Als in Michigan vor kurzem das offene Tragen von Schusswaffen im Umkreis von 30 Metern um ein Wahllokal oder eine Stelle, an der Briefwahlzettel ausgezählt werden, erlassen wurde, da meldeten sich republikanische Beamte bezeichnenderweise sofort zu Wort. Sie kritisierten die Beschränkung und drohten, sie würden Klage einreichen. Auf diese Weise wollen sie die Rechte der Schläger unter den Trump-Anhängern durchsetzen, die sich darauf vorbereiten, am Wahltag Wähler in den demokratisch geprägten Wahlbezirken einzuschüchtern.

Die Socialist Equality Party verurteilt das gewaltsame Komplott gegen Gouverneurin Whitmer und andere Funktionäre der Demokratischen Partei. Wir sind politische Gegner der Demokratischen Partei und von Whitmer selbst, aber wir sind keineswegs gleichgültig, was die Gewaltandrohung angeht. Sie richtet sich gegen eine gewählte Gouverneur, die noch im November 2018 mehr als 2,2 Millionen Stimmen erhalten hatte.

Die Gefahr faschistischer und staatlicher Gewalt, die von der höchsten Ebene ausgeht, ist sehr groß. Erst letzte Woche wurde enthüllt, dass eine Todesschwadron der Polizei den antifaschistischen Aktivisten Michael Reinoehl ohne Vorwarnung niederschoss, als er auf einem Parkplatz im Bundesstaat Washington gerade in sein Auto einsteigen wollte. Er starb im Kugelhagel der Polizei, die als Teil einer Task Force des US-Marschalls Service handelte, die unter direktem Befehl von Trump und seinem Generalstaatsanwalt William Barr steht.

Die Entwicklung von Diktatur und faschistischer Gewalt entspringt den tiefen sozialen Widersprüchen in Amerika: Zwischen den Superreichen und dem Rest der Bevölkerung klafft ein gähnender sozialer Abgrund, und die Corona-Pandemie hat ihn noch verschärft. Die herrschende Klasse reagiert darauf mit Krieg im Ausland und Repression im Innern. Die Demokratische Partei kann sich diesem Trend nicht widersetzen, weil die gleichen Klasseninteressen ihre eigene Politik bestimmen.

Die einzige Möglichkeit, diese Gefahr zu bekämpfen, besteht darin, dass Millionen Arbeiter und junge Menschen mit der Demokratischen Partei brechen und eine echte sozialistische Massenbewegung aufbauen, die die gesamte Arbeiterklasse vereint. Die antisozialistische Hysterie von Trump und seinen faschistischen Anhängern ist ihre Reaktion auf die wachsende Militanz der Arbeiterklasse. Diese äußert sich derzeit im Widerstand tausender Arbeiter gegen die Zwangsrückkehr an unsichere Arbeitsplätze, wie auch im Widerstand der Jugendlichen gegen den ebenso tödlichen Zwang in den Präsenzunterricht.

Mit der Wahl wird der Ruf nach Gewalt nicht verschwinden. Er ist unabhängig vom Wahlausgang. Ganz im Gegenteil wird Trump bei einer Niederlage am 3. November – sollte er gezwungen sein, das Ergebnis zu akzeptieren – zusammen mit seinen Anhängern seine Bemühungen nur noch verstärken. Wie Pelosis und Bidens Kommentare zeigen, wäre eine Biden-Administration weit mehr über den Widerstand der Arbeiterklasse gegen die rechte Politik der Demokraten besorgt als über die faschistische Bedrohung.

Diese Tatsache unterstreicht die Bedeutung des Wahlkampfs der Sozialistischen Gleichheitspartei bei dieser Präsidentschaftswahl. Zwei Wochen vor der Wahl 2020 erneuern wir unseren Aufruf an die Arbeiter und Jugendlichen, unsere Kandidaten Joseph Kishore als Präsidenten und Norissa Santa Cruz als Vizepräsidentin in denjenigen Staaten zu wählen, in denen dies möglich ist, und in allen anderen Staaten ihre Namen auf dem Stimmzettel von Hand einzutragen.

Die entscheidende Frage ist jedoch die Vorbereitung auf die Krisenbedingungen, die unabhängig vom Ausgang der Wahlen auf sie folgen werden. Die Arbeiterklasse muss eine unabhängige politische Massenbewegung aufbauen, die für sozialistische Politik und gegen alle Parteien und Vertreter des kapitalistischen Profitsystems kämpft. Das bedeutet, der SEP und unserer Jugendbewegung, den International Youth and Students for Social Equality, beizutreten und sie mit aufzubauen.

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