Linkspartei umarmt Schwedens mörderische Politik der „Herdenimmunität“

Am vergangenen Donnerstag pries der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow in der Talkshow „Maybrit Illner“ das „schwedische Modell“ der Corona-Politik. Ramelow unterstrich damit, dass die Politik der „Herdenimmunität“, d.h. die mörderische Durchseuchung der Bevölkerung mit dem Coronavirus, nicht nur von offen rechten Regierungen wie der Trump-Administration in den USA, sondern auch von pseudolinken Kräften wie der Linkspartei oder Podemos in Spanien verfolgt wird.

Bodo Ramelow (Foto pro / flickr)

In der Diskussion, die sich vor allem darum drehte, wie ein zweiter Lockdown in Deutschland verhindert werden kann, prahlte Ramelow, dass er am Tag vor dem Corona-Gipfel am vergangenen Mittwoch in Berlin den schwedischen Botschafter Per Thöresson in Erfurt empfangen habe. „Ich habe vorgestern den ganzen Tag mit dem schwedischen Botschafter verbringen dürfen. Das war interessant, weil da haben wir versucht, das schwedische Modell und unsere Situation abzugleichen,“ erklärte Ramelow.

Dann lobte er die schwedische Corona-Politik über den grünen Klee. In dem Land werde „das, was die Volksgesundheitsbehörde empfiehlt, von den Schweden eingehalten“. Die offiziellen Empfehlungen hätten „schon fast einen Verordnungscharakter“, während man in Deutschland erstmal „nach der Strafe, nach dem Ordnungsgeld und nach der Kontrolle“ frage. Er fände „es spannend, wenn wir mal ganz ruhig vergleichen würden, wie hat die schwedische Entwicklung sich entwickelt und wie ist unsere daneben“.

Welche mörderische Strategie Ramelow damit umarmt, führte er nicht weiter aus. Spätestens seit dem Bekanntwerden von E-Mails des schwedischen Chef-Epidemiologen und Leiters der Volksgesundheitsbehörde, Anders Tegnell, ist jedoch bekannt, dass die schwedische Regierung eine Politik der „Herdenimmunität“ verfolgt hat. Als das Virus im März Schweden erreichte, lehnten die Behörden im Gegensatz zu anderen Ländern die Verhängung eines Lockdowns ab. Alle Geschäfte blieben geöffnet, und der Präsenzunterricht an den Schulen ging weiter – mit dem erklärten Ziel, die Ausbreitung des Coronavirus zu beschleunigen.

Gleichzeitig arbeitete die schwedische Regierung hinter den Kulissen daran, andere europäische Regierungen vom eingeschlagenen Kurs zu überzeugen. In einer E-Mail an seinen finnischen Amtskollegen Mika Salminen vom 14. März schrieb Tegnell: „Ein Punkt, der dafür spricht, die Schulen offenzulassen, wäre, die Herdenimmunität schneller zu erreichen.“ Als Salminen antwortete, dass die finnischen Behörden diese Idee ablehnten, weil auch Kinder das Virus verbreiten würden, antwortete Tegnell: „Richtig, aber wahrscheinlich hauptsächlich untereinander wegen der extrem altersstratifizierten Kontaktstruktur, die wir haben.“

Das Ergebnis der mörderischen Durchseuchungspolitik war eine Todesrate, die zu den höchsten Europas und weltweit gehört. Bei etwa 10,3 Millionen Einwohnern gab es in Schweden bisher mehr als 5900 Corona-Tote und über 103.000 Infizierte. Im Vergleich dazu verzeichnen die skandinavischen Nachbarländer, die Schweden von der sozialen und Bevölkerungsstruktur her am meisten ähneln, wesentlich geringere Fallzahlen. Finnland, meldete bei einer Bevölkerung von etwa 5,5 Millionen bislang lediglich 13.555 Infektionen und 351 Tote; und Norwegen bei knapp 5,4 Millionen Einwohnern 16.539 Infektionen und 278 Tote.

Die Tatsache, dass weltweit immer mehr Regierungen die Politik der Herdenimmunität umarmen und sich trotz explodierender Fallzahlen weigern, notwendige Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus zu treffen, haben Gesundheitsexperten in den letzten Tagen scharf verurteilt. In einer Erklärung der WHO vom 15. Oktober heißt es: „Versuche, eine ‚Herdenimmunität‘ zu erreichen, indem man Menschen einem Virus aussetzt, sind wissenschaftlich problematisch und unethisch. Die Verbreitung von Covid-19 in Bevölkerungsgruppen jeden Alters und Gesundheitszustandes führt zu unnötigen Infektionen, Leiden und Tod.“

Die renommierte medizinische Fachzeitschrift The Lancet veröffentlichte ebenfalls am 15. Oktober einen Beitrag, der die Politik der „Herdenimmunität“ als „einen gefährlichen Trugschluss“ bezeichnet, „der wissenschaftlich nicht belegt ist“. Man habe „das Experiment der Herdenimmunität in Schweden scheitern sehen“, das „die höchste Sterblichkeitsrate in den nordischen Ländern“ aufweise. Einzig „die kontrollierte Eindämmung von Covid-19 in der Bevölkerung“ stelle „einen sicheren Weg dar, die Gesellschaft und Volkswirtschaften zu schützen, bis in den kommenden Monaten ein sicherer und wirksamer Impfstoff zur Verfügung steht und entsprechende Medikamente entwickelt werden konnten.“

Das Kriterium der Linkspartei und ihrer europäischen Schwesterparteien sind nicht wissenschaftliche Erkenntnisse und das Leben und die Gesundheit der Bevölkerung, sondern die Interessen der Wirtschaft. Als die Moderatorin Maybrit Illner bemerkte, dass der „wirtschaftliche Schaden“ in Deutschland auf Grund des Lockdowns „wesentlich größer“ gewesen sei als in Schweden, pflichtete ihr Ramelow bei und erklärte im weiteren Verlauf der Diskussion: „Ich hoffe, dass wir jetzt endlich verstehen, dass wir nicht immer einheitlich einen Lockdown für ganz Deutschland beschließen müssen.“

Mit ihrer vehementen Opposition gegen einen zweiten Lockdown zur Eindämmung des Virus setzt die Linkspartei ihre Politik im Interesse des deutschen Kapitals fort. Bereits Ende März hatte sie im Bundestag für die milliardenschweren „Corona-Notpaketegestimmt, die im Wesentlichen den Großunternehmen, Banken und Superreichen zu Gute kamen. Anschließend forcierte sie überall dort wo sie (mit)regiert – in Bremen, Thüringen und Berlin – die offizielle Öffnungspolitik der Großen Koalition und der Europäischen Union, um die gigantischen Summen wieder aus der Arbeiterklasse herauszupressen.

Unter Bedingungen, unter denen die katastrophalen Konsequenzen dieser Politik immer deutlicher werden – in Europa infizieren sich momentan etwa 130.000 Menschen täglich und über tausend sterben; Berlin und Bremen gelten als Corona-Hotspots und auch in Thüringen haben sich die Fallzahlen in den letzten Tagen verzehnfacht –, stellt Die Linke wie alle anderen Bundestagsparteien klar, dass sie nichts tun wird, um die Ausbreitung des Virus zu stoppen.

„Ich stelle mich darauf ein, dass wir mit Corona lernen müssen zu leben“, erklärte Ramelow am Ende der Sendung. Man solle „einfach auch akzeptieren, dass das Virus ein Lebensrisiko bedeutet… Wenn wir Auto fahren, ist das auch ein Lebensrisiko. Und die anderen Erkrankungen sind alles immer noch vorhandene Lebensrisiken. Und diese Lebensrisiken akzeptieren wir. Und bei Corona sind wir völlig neben der Spur.“

Arbeiter und Jugendliche müssen aus dieser Mischung aus Rücksichtlosigkeit und Dummheit die notwendigen Schlussfolgerungen ziehen. Im Kampf gegen die Pandemie stehen die Linkspartei und die pseudolinken Gruppierungen in ihrem Umfeld – ebenso wie im Kampf gegen Krieg und soziale Ungleichheit – auf der anderen Seite der Barrikaden.

Während Die Linke selbst die elementarsten Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie ablehnt – gar nicht zu sprechen von einem sozialistischen Programm zur Enteignung der Vermögen, um die notwendigen medizinischen und gesellschaftlichen Maßnahmen zu finanzieren –, trommeln ihre führenden Vertreter für die Aufrüstung des staatlichen Unterdrückungsapparats. „Ordnungsämter müssen fit gemacht werden. Polizei muss eingesetzt werden. Bundespolizei muss eingesetzt werden“, forderte Ramelow bei „Maybrit Illner“. Innenminister Horst Seehofer (CSU) habe ihm sogar „angeboten, die Bundeswehr zur Verstärkung einzusetzen“, wofür er „sehr dankbar“ sei.

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