Führender Wissenschaftler ermordet: Kriegsprovokation der USA und Israels gegen den Iran

Der brutale Mord an dem führenden iranischen Kernphysiker Mohsen Fachridaseh am Freitag ist eine deutliche Eskalation der Versuche der USA und Israels, in den verbleibenden weniger als zwei Monaten von Donald Trumps Präsidentschaft einen Krieg mit dem Iran zu provozieren.

Am Freitagmorgen lauerte eine Gruppe von Attentätern in Absard, einem östlichen Vorort von Teheran, dem iranischen Wissenschaftler auf. Sie beschossen sein Auto zuerst mit automatischen Waffen, danach explodierte direkt neben dem Auto ein Kleinlaster voller Sprengstoff, der unter Holz versteckt war.

Im Internet erschienen Bilder des Tatorts, auf dem das beschädigte Fahrzeug, Glasscherben, Holzstücke, Autoteile und eine Blutlache zu sehen sind.

Schauplatz des Mords an dem iranischen Wissenschaftler Mohsen Fachrisadeh (Fars via AP)

Berichten zufolge wurden bei dem Vorfall drei oder vier der Terroristen getötet. Fachrisadeh und seine verwundeten Personenschützer wurden in ein nahegelegenes Krankenhaus gebracht. Die Ärzte konnten ihn jedoch nicht retten.

Der iranische Außenminister Mohammed Dschawad Sarif erklärte auf Twitter zu dem Mord: „Heute haben Terroristen einen bedeutenden iranischen Wissenschaftler ermordet. Diese feige Tat, bei der es deutliche Hinweise auf die Mitschuld Israels gibt, ist eine verzweifelte Kriegshetze. Der Iran ruft die internationale Staatengemeinschaft – vor allem die EU – dazu auf, ihre schändliche Doppelmoral abzulegen und diesen Akt des Staatsterrorismus zu verurteilen.“

Vertreter der israelischen und der US-Regierung verweigerten zwar jeden Kommentar zu dem Mord, doch die Reaktion der beiden Staaten ließ wenig Zweifel an ihrer Verantwortung für diesen außergewöhnlichen Akt internationaler Gesetzlosigkeit. Trump teilte triumphierend einen Kommentar eines israelischen Journalisten, der Mord sei „ein schwerer psychologischer und professioneller Schlag für den Iran“.

Die israelische Jerusalem Post, ein Sprachrohr der rechten Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, bezeichnete die Ermordung als „deutliches Signal, dass Israel und die USA nicht aufhören werden, das Land am Erwerb solcher Waffen zu hindern. Die Botschaft ist klar: Denkt daran, kein Atomwissenschaftler ist sicher.“

Die New York Times meldete derweil: „Ein amerikanischer Regierungsvertreter und zwei Geheimdienstler erklärten, Israel stecke hinter dem Anschlag auf den Wissenschaftler. ... Es war noch unklar, wie viel die USA im Voraus von der Operation wussten, doch die beiden Staaten sind engste Verbündete und tauschen seit Langem Geheimdienstinformationen über den Iran aus.“

Fachrisadeh (63) war Physikprofessor an der Imam-Hussein-Universität in Teheran, Experte für Nukleartechnologie und Raketenbau und ehemaliger Leiter des iranischen Forschungszentrums für Physik (PHRC). Daneben war er Leiter eines früheren iranischen Atomprogramms namens Amad (Hoffnung), das im Jahr 2003 eingestellt wurde. Israel und die USA behaupten, das Programm sollte feststellen, ob es dem Iran möglich sei, eigene Atomwaffen zu entwickeln. Teheran erklärte jedoch, das Programm diene nur zivilen Zwecken, wie alle seine nukleartechnologischen Aktivitäten.

Der iranische Verteidigungsminister Brigadegeneral Amir Hatami erklärte, Fachrisadeh sei neben seiner Arbeit in den Bereichen Nuklear- und Militärtechnologie auch Leiter des Teams gewesen, das die ersten iranischen Diagnose-Kits für das Coronavirus entwickelt hat.

Im Jahr 2018 zeigte Netanjahu während einer Präsentation von Nukleardokumenten, die angeblich aus einem Lagerhaus in Teheran gestohlen wurden, ein Dia von Fachrisadeh. Dabei behauptete er ohne Beweise, der Wissenschaftler sei an einer verdeckten Operation beteiligt, deren Ziel der Bau einer iranischen Atomwaffe sei. Er erklärte, Fachrisadeh sei „jemand, den man nicht vergessen darf“ – was einer eindeutigen Morddrohung gleichkam.

Ausschnitt aus einem Video von 2018, in dem Netanjahu andeutet, dass ein Anschlag auf Fachrisadeh geplant sei

Teheran hatte die Anfragen der Internationale Atomenergieagentur (IAEA) nach einem Interview mit Fachrisadeh zurückgewiesen, weil es befürchtete, sie würde Informationen an Tel Aviv weiterleiten, die es bei den Plänen zu seiner Ermordung verwenden könnte.

In der Periode vor der Unterzeichnung des Gemeinsamen Umfassenden Aktionsplans (JCPOA), des Atomabkommens zwischen den Großmächten und Teheran, hatte Tel Aviv Mordanschläge auf zahlreiche bekannte iranische Wissenschaftler durchgeführt. Fünf von ihnen wurden getötet, mehrere weitere verwundet.

Daneben gab es eine Reihe von Sabotageakten, darunter ein Anschlag der USA und Israels mit dem Computerwurm „Stuxnet“ im Jahr 2010, bei dem etwa 1000 der 5.000 Zentrifugen der wichtigsten iranischen Atomanlage bei Natanz zerstört wurden.

Im Juli dieses Jahres wurde die Atomanlage Natanz bei einem Großbrand schwer beschädigt, vor allem die Werkstätten und Labore, in denen neu entwickelte Zentrifugen zur Urananreicherung gebaut und getestet werden. Israelische Geheimdienstler erklärten unter dem Deckmantel der Anonymität, das Feuer sei durch eine eingeschmuggelte Bombe ausgelöst worden.

Diese Angriffe gingen einher mit der Kampagne des „maximalen Drucks“ der Trump-Regierung, die im Jahr 2018 das Atomabkommen einseitig aufgekündigt hatte. Dieses Regime immer schärferer Wirtschaftssanktionen kommt einem Kriegszustand gleich. Es hatte verheerende Ausirkungen auf die iranische Wirtschaft und verurteilte Millionen Iraner dazu, an Hunger und Krankheiten zu sterben. Zudem wurde durch die Sanktionen inmitten der Corona-Pandemie die Versorgung mit wichtigen Medikamenten und medizinischen Gütern unterbunden.

Fachrisadehs Ermordung ist der schwerste Angriff auf den Iran seit dem Mord an dem iranischen General Qassem Suleimani, der zu den höchsten Regierungsvertretern gehörte. Er wurde am 3. Januar nach seiner Ankunft zu einem offiziellen Staatsbesuch auf dem internationalen Flughafen von Bagdad von einer US-Drohne getötet.

Vor einer Woche haben sich Ministerpräsident Netanjahu und US-Außenminister Mike Pompeo bei einer halb geheimen Reise in der saudischen Stadt Neom mit dem saudischen De-facto-Herrscher, Kronprinz Mohammed bin Salman, getroffen. Das Hauptthema bei diesem Treffen war der Iran. Bin Salman soll von der Idee eines Militärschlags gegen den Iran alles andere als begeistert gewesen sein – zweifellos aus Angst vor wahrscheinlichen Vergeltungsschlägen auf saudische Ölraffinerien. Netanjahu und Trump dagegen sollen sich für eine Konfrontation stark gemacht haben.

Zweifellos wurde der jüngste Mordanschlag mit Pompeo und der Trump-Regierung diskutiert und von ihr genehmigt. Es handelt sich um die jüngste und schwerwiegendste Provokation der Regierungen der USA und Israels mit dem Ziel, einen Krieg zu entfesseln.

Abgesehen von dem jüngsten Mordanschlag greift Tel Aviv immer aggressiver und offener den Iran und mit dem Iran verbündete Ziele in Syrien aus der Luft an. Allein in der letzten Woche erfolgten drei Luftangriffe. Bei dem jüngsten, am letzten Freitag, wurden in der umkämpften ostsyrischen Region Deir ez-Zor mindestens 19 Menschen getötet.

Die Trump-Regierung hat angekündigt, sie werde in den nächsten zwei Monaten im Wochentakt neue Sanktionen gegen den Iran verhängen, um den wirtschaftlichen Würgegriff um das Land zu verstärken.

Gleichzeitig hat das Pentagon seine Offensivkräfte im Persischen Golf stetig ausgebaut und u.a. B-52-Bomber und eine Staffel F-16-Kampfflugzeuge in die Region entsandt. Auch die Flugzeugträger-Kampfgruppe um die USS Nimitz befindet sich weiterhin im Golf.

Laut der New York Times und Reuters hat sich Trump am 12. November mit seinem nationalen Sicherheitskabinett getroffen, um über mögliche Luftangriffe auf die Atomanlage Natanz zu diskutieren. Das wäre ein Kriegsverbrechen, das Tausende Todesopfer fordern könnte. Berichten zufolge haben Trumps oberste Berater ihm zwar einen derartigen Angriff ausgeredet, allerdings wachsen die Befürchtungen, dass eine Militäraktion vorbereitet wird. Pompeo und seine Berater betonten während der Reise durch den Nahen Osten, die Option sei „weiterhin auf dem Tisch“.

Der israelische Journalist Barak Ravid erklärte in einem Artikel in Axios unter Berufung auf anonyme israelische Regierungsvertreter: „Die israelischen Verteidigungskräfte wurden in den letzten Wochen angewiesen, sich auf die Möglichkeit vorzubereiten, dass die USA vor der Amtsübergabe von Präsident Trump einen Militärschlag gegen den Iran führen werden.“ Zweifellos gehört zu diesen Vorbereitungen auch eine Eskalation von Israels eigenen Plänen für einen Angriff auf den Iran.

Warum sollte die Trump-Regierung einen Angriff auf den Iran durchführen, der im Persischen Golf möglicherweise katastrophale Folgen für die ganze Welt haben wird, wenn er angeblich nur noch wenige Wochen im Amt ist?

Bürgerliche Außenpolitik-Analysten haben angedeutet, dass er alle Versuche der künftigen Biden-Regierung sabotieren will, dem Atomabkommen wieder beizutreten und die Sanktionen gegen den Iran aufzuheben.

Biden hatte sich zwar in diese Richtung geäußert, allerdings auch klare Bedingungen gestellt und drauf hingewiesen, er erwarte beträchtliche zusätzliche Zugeständnisse Teherans. Allerdings sieht ein Flügel des herrschenden Establishments in einem sofortigen Krieg das einzige Mittel für die USA, seine Hegemonie im Nahen Osten herzustellen und dem wichtigsten Rivalen des US-Kapitalismus, China, den Zugang zu den dortigen strategisch wichtigen Energievorkommen zu versperren.

Da Trump sich noch immer weigert, seine Wahlniederlage anzuerkennen, würden ein Krieg und möglicherweise massive Verluste von US-Soldaten im Nahen Osten noch einem weiteren Zweck dienen – so wie nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001. Sie wären ein Vorwand für die Ausrufung des Ausnahmezustands, die Verhängung des Kriegsrechts und die Annullierung der Machtübergabe.

Die Gefahr von Krieg und Diktatur wird weiter steigen, egal wie die Wahl 2020 ausgeht. Sie kann nur abgewehrt werden, wenn die Arbeiterklasse im Kampf gegen die Wirtschafts- und Finanzoligarchie die Kontrolle über die Gesellschaft übernimmt und die Wirtschaft auf sozialistischer Grundlage neu organisiert.

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