Tragischer Tod von Dr. Susan Moore

New York Times macht Krankenhauspersonal zum Sündenbock

Am 20. Dezember verstarb Dr. Susan Moore in einem Krankenhaus in Indianapolis, der Hauptstadt des US-Bundesstaats Indiana. Moore ist eine von fast 350.000 Frauen und Männern, die durch die Corona-Pandemie in den Vereinigten Staaten gestorben sind.

Die New York Times benutzt nun den tragischen Tod von Dr. Moore, um ihr rassistisches Narrativ über die amerikanische Gesellschaft und die Corona-Pandemie zu fördern.

Am 23. Dezember veröffentlichte die Times einen Artikel von John Eligon unter der Überschrift „Black Doctor Dies of Covid-19 After Complaining of Racist Treatment“ (dt. „Schwarze Ärztin stirbt an Covid-19, nachdem sie gegen rassistische Behandlung protestierte“). Ohne die Umstände des Falles auch nur im Ansatz zu untersuchen, versuchte die Times, den Tod von Dr. Moore als beispielhafte Folge einer bösartigen Form des Rassismus darzustellen, von dem das Gesundheitswesen heimgesucht wird.

„In einem Krankenhausbett liegend, mit einem Sauerstoffschlauch um ihre Nasenlöcher“, beginnt Eligon seinen Artikel, „starrte die schwarze Patientin in ihr Smartphone und klagte mit angestrengter Stimme über eine Erfahrung, die für Schwarze in Amerika allzu bekannt ist.“

Die Times nimmt nicht nur von vornherein an, dass der behandelnde Arzt, Dr. Eric Bannec, rassistisch ist - ohne irgendwelche Indizien dafür anzuführen. Sie legt zudem nahe, dass Dr. Bannec lediglich für ein Gesundheitssystem steht, das insgesamt von Rassismus durchdrungen ist.

Die Washington Post geht noch weiter als die New York Times. In einem Kommentar vergleicht sie den Tod von Dr. Moore mit dem von George Floyd, der im Mai in Minneapolis von dem Polizisten Derek Chauvin ermordet wurde. Mit der Schlagzeile „Say Her Name: Dr. Susan Moore“ knüpfte die Post an einen Protestrufder Demonstrationen gegen Polizeigewalt an, die im letzten Jahr stattfanden.

„Ganz gleich, wie gut die Vorsätze unseres Gesundheitssystems sind“, schreiben die Autoren, „es hat die falsche Vorstellung, dass sich der Wert eines Menschen nach seiner Hautfarbe bemisst und es eine entsprechende Hierarchie gibt, nicht beseitigt – ebenso wenig die noch falschere Vorstellung, dass ‚weiße‘ Menschen, würde es eine solche Hierarchie geben, an der Spitze stehen würden.“

Der Polizist Derek Chauvin hat George Floyd vorsätzlich erdrosselt, indem er sein Knie neun Minuten auf dessen Hals drückte, während Umstehende ihn anflehten, dass er aufhören soll. Ein Vergleich zwischen dem Handeln der Ärzte, die jeden Tag zur Arbeit erscheinen, um in einem über ein ganzes Jahr andauernden Ereignis mit massenhaften Verlusten Leben zu retten, mit den Handlungen mordender Polizeibeamter ist derart absurd, dass er kaum einer Widerlegung würdig ist.

Die Story der Times und andere Kommentare in den Medien beruhen vollständig auf der aufgezeichneten Aussage von Dr. Moore, die in den sozialen Medien veröffentlicht wurde. „Ich sage und ich bestehe darauf: wenn ich weiß wäre, würde ich das jetzt nicht durchmachen müssen“, sagte sie. „So kommen schwarze Menschen ums Leben: wenn man sie nach Hause schickt und sie nicht wissen, wie sie für sich selbst kämpfen sollen.“

Dr. Moore mag geglaubt haben, dass ihre Behandlung von Rassismus beeinflusst war. Aber die Akte ihres Falles liefert keine medizinischen Beweise dafür, dass sie das Opfer eines Kunstfehlers war oder dass ihre Behandlung durch Rassismus, der ihrem behandelnden Arzt vorgeworfen wird, beeinflusst war.

Nicht an einer einzigen Stelle bietet der Artikel der Times irgendeine faktische Grundlage für die Behauptungen von Dr. Moore. Es gibt keine Interviews mit Ärzten. Es wurde kein Versuch unternommen, auf der Grundlage der verfügbaren Fakten festzustellen, ob sich die tatsächliche medizinische Behandlung von Susan Moore von derjenigen unterscheidet, die weiße Patienten erhalten. Es wurde nicht erklärt, inwiefern sich die medizinischen Entscheidungen, die Dr. Bannec bei der Behandlung von Dr. Moore traf, von dem unterschieden, was allgemein als angemessene Behandlung für stationär behandelte Covid-19-Patienten angesehen wird. Die Times hat sich nicht einmal die Mühe gemacht, die Zahl der Fälle von Covid-19 im Krankenhaus zu ermitteln, während Dr. Moore dort Patientin war, was eine wichtiger Aspekt bei der Beurteilung der Handlungen ihres Arztes ist.

Seit der Veröffentlichung ihres ersten Artikels hat die Times keinen einzigen Folgeartikel veröffentlicht, der die Details des Falles untersucht.

Die objektiven Fakten, die zur Verfügung stehen, bestätigen, dass Dr. Moore während des Anstiegs der Covid-19-Fälle in Indiana am 29. November positiv auf Covid-19 getestet wurde. Sie wurde ins Krankenhaus Indiana University Health North eingeliefert, weil sie kurzatmig war, einen schnellen Herzschlag hatte und hohes Fieber bekam. Am 4. Dezember veröffentlichte sie ein Video, in dem sie über ihre Behandlung berichtet. Sie verurteilte das angeblich suboptimale Niveau der Pflege, die sie vom Personal des Krankenhauses erhalten hatte, und sagte, dass ihre Bedenken wiederholt abgetan worden seien.

Sie merkte an, dass Dr. Bannec, ein Arzt für innere Medizin, der seit 28 Jahren im betreffenden Bundesstaat praktiziert, ihre starken Nackenschmerzen nicht beachtet und sich geweigert habe, ihr weitere Schmerzmittel zu geben. „Ich war am Boden zerstört“, sagt sie. „Er gab mir das Gefühl, ich wäre eine Drogensüchtige.“ Sie behauptet, dass Bannec ihr weder Remdesivir verabreichen noch eine CT-Untersuchung ihrer Brust veranlassen wollte. Sie beschwerte sich zudem, dass er sie nicht untersucht oder ihre Lunge abgehört habe.

Nachdem sie eine formelle Beschwerde beim Chefarzt des Krankenhauses eingereicht hatte, konnte sie ein CT-Scan des Brustkorbs erwirken, der Lungeninfiltrate und vergrößerte Lymphknoten zeigte, wie sie bei Covid-19-Patienten zu beobachten sind. Dr. Moore wurde daraufhin auf Remdesivir umgestellt und sie erhielt orale Narkotika gegen ihre Schmerzen. In späteren Beiträgen erklärte sie, dass sie Dexamethason erhalte – ein Steroid, das Patienten mit schwerer Covid-19-Infektion verabreicht wird und von dem bekannt ist, dass es das Sterberisiko verringert.

Vor ihrer Entlassung am 7. Dezember schrieb sie: „Kein Fieber heute Morgen. Sauerstoffsättigung weit runter auf 89 Prozent. Blutdruck leicht erhöht, aber stabil. Die Herzfrequenz ist im normalen Bereich. Ich fühle mich kurzatmig, nehme aber keinen Sauerstoff mehr. Ich nehme jetzt nur noch Decadron [Dexamethason]. Und höchstwahrscheinlich werde ich heute nach Hause gehen.“ In ihrem Video drückte sie ernsthafte Bedenken aus, nach Hause zu gehen, da sie sich zum Verlassen des Krankenhauses noch nicht bereit fühle.

Zwölf Stunden nach ihrer Entlassung entwickelte sie Fieber mit über 39 Grad und ihr Blutdruck fiel ab. Sie wurde in ein anderes Krankenhaus (Ascension-St. Vincent) eingeliefert, das sich ebenfalls in der Gegend von Indianapolis nahe des IU Health North befindet. In einem Folgebeitrag sagt Moore: „Diese Leute haben versucht, mich zu töten. Es kann niemand bestreiten, dass sie mich offensichtlich viel zu früh entlassen haben. Ich werde jetzt wegen bakterieller Lungenentzündung und Covid-Lungenentzündung behandelt.“ Ihr letztes Update lautete: „Am BiPap [Intensiv-Beatmung]; auf die Intensivstation verlegt.“ Am 10. Dezember wurde sie intubiert. Ihr Zustand verschlechterte sich jedoch weiter. Am 20. Dezember starb Dr. Moore und hinterließ ihren 19-jährigen Sohn sowie ihre Eltern, die an Demenz erkrankt sind.

Es ist von wesentlicher Bedeutung, diese Ereignisse in den richtigen Zusammenhang der Pandemie in Indiana und den Vereinigten Staaten insgesamt zu stellen. Ende November sah sich Indiana mit einer Welle neuer Fälle konfrontiert, in der die Zahl von 5.000 Infektionen pro Tag überschritten wurde. Die Zahl der Todesfälle erreichte Mitte Dezember ihren Höhepunkt und lag bei fast 150 pro Tag. Auf nationaler Ebene näherte sich die Zahl der täglichen Neuinfektionen der 200.000er-Marke und fast alle Bundesstaaten meldeten neue Höchststände. Die Zahl der Todesfälle durch Covid-19 begann, die Marke von 3.000 pro Tag zu überschreiten, als Dr. Moore starb. In den USA hatten sich mehr als 18 Millionen Menschen infiziert und 325.000 waren gestorben.

Im vergangenen Monat schlugen die Krankenhäuser Alarm, dass sie sich hinsichtlich der Intensivbetten in schnellem Tempo ihrer Kapazitätsgrenze näherten und forderten Einschränkungen, um die wachsende Flut neuer Fälle einzudämmen und den Pflegekräften und Ärzten die dringend benötigte Entlastung zu verschaffen. Wie schon im Frühjahr stapelten sich die Leichen in den mobilen Leichenhallen und die Patienten wurden in den Fluren zurückgelassen oder in behelfsmäßige Feldkrankenhäuser verlegt. An keiner einzigen Stellen werden diese Probleme von der Times berücksichtigt oder auch nur angesprochen.

Abgesehen von Dr. Moores persönlicher Einschätzung stellen sich aus medizinischer Sicht folgende zentrale Fragen: 1) Dr. Bannecs Zögern, ihr zusätzliche Opioid-Medikamente zu verschreiben, und Herabminderung der Schwere ihrer Nackenschmerzen, 2) seine mangelnde Bereitschaft, Remdesivir zu verschreiben oder einen CT-Scan der Brust zu veranlassen, und 3) seine Entscheidung, sie zu entlassen, bevor sie bereit war, das Krankenhaus zu verlassen. Die Times muss sich fragen, ob diese Faktoren für die Feststellung ausreichen, dass Moores Tod das Ergebnis krimineller Fahrlässigkeit oder gar vorsätzlichen, rassistisch motivierten Fehlverhaltens war.

Das Thema der Verschreibung von Opioiden ist voller Komplexität. Ärzte versuchen abzuwägen zwischen der Bereitstellung eines angemessenen Maßes an Schmerzlinderung einerseits – vorausgesetzt, dass andere Medikamente zur Verfügung stehen, die keine Opioide enthalten – und der potenziell schädlichen und süchtig machenden Folgen dieser Narkotika andererseits. Mehr als 100.000 Menschen sind in den Vereinigten Staaten an einer Überdosis Opioide gestorben, wovon ein erheblicher Teil letztlich auf die massenhafte Überverschreibung von opioidhaltigen Schmerzmitteln in den 1990er und 2000er Jahren zurückzuführen war.

Was Remdesivir betrifft, so hat es zwar die FDA-Zulassung für den Einsatz im Rahmen stationärer Behandlungen erhalten, doch haben randomisierte Studien keinen eindeutig signifikanten Nutzen des Medikaments gezeigt. Höchstens bei Patienten mit schwerer Erkrankung, die mit wenig Sauerstoff versorgt werden, könne es die Zeit bis zur Genesung verkürzen. Basierend auf den Ergebnissen von Studien zur Genesung, die keinen Nutzen in Bezug auf die 28-Tage-Sterblichkeit zeigten, empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation den Einsatz nicht.

Was die Frage der Thorax-CT-Scans betrifft, so wurden sie im chinesischen Wuhan häufig eingesetzt, um die Diagnose von Covid-19 zu erleichtern, da es keine Covid-19-Testkapazität gab. Im US-Gesundheitssystem werden sie nicht routinemäßig eingesetzt, es sei denn, dies würde die klinische Entscheidungsfindung verändern. Röntgenaufnahmen des Brustkorbs, die im Zimmer des Patienten gemacht werden, werden bevorzugt. Der Transport eines Patienten mit aktivem Covid-19 durch das Krankenhaus führt zu Schwierigkeiten bei der Infektionskontrolle. Es bleibt ungewiss, inwiefern die Befunde aus dem CT-Scan von Dr. Moore dazu beigetragen haben, ihre Behandlung zu ändern. Sie erhielt bereits Steroide und eine unterstützende Behandlung mit Sauerstoff.

Was schließlich ihre Entlassung nach Hause betrifft, so schließt die Notwendigkeit von Sauerstoff angesichts der begrenzten Bettenkapazität und der Klassifizierungen der Krankenhäuser hinsichtlich der Pflegebedürftigkeit von Patienten eine Entlassung nicht aus. Viele Patienten werden nach Hause entlassen, um ihre Genesung fortzusetzen, während sie zusätzlichen Sauerstoff benötigen. Wenn sie Dexamethason und Remdesivir erhielten, würden diese Medikamente vor der Entlassung abgesetzt werden. Im Fall von Dr. Moore stellte sie fest, dass sie vor ihrer Entlassung vom Sauerstoff entwöhnt worden war. Laut der Times rief das Krankenhaus mehrmals bei ihr an. Als sie nicht antwortete, wurde ein Krankenwagen zu ihrem Haus geschickt.

Der Tod von Dr. Moore ist eine Tragödie – eine, die sich jeden Tag in Amerika tausendfach wiederholt. Die Verantwortung für diese tragischen Todesfälle liegt nicht bei den Ärzten, die versuchen, Leben zu retten, sondern bei den Politikern, die die verfrühte Wiederöffnung von Schulen und Arbeitsplätzen und den Verzicht auf Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie forderten – zusammen mit ihren Komplizen in den Medien.

Am 22. März veröffentlichte der Kolumnist der New York Times, Thomas Friedman, einen Meinungsartikel, in dem er erklärte: „Die Heilung darf nicht schlimmer sein als die Krankheit“, und plädierte für die verfrühte Wiederöffnung von Schulen und Betrieben. Folgt man der Logik der Times, so müsste man zu dem Schluss kommen, dass Friedman und die Times selbst sich des Rassismus schuldig machen, weil sie eine Politik fördern, die zu Massensterben geführt hat – wozu auch der tragische Tod von Moore gehört.

Was die Politik des gesamten politischen Establishments in den Vereinigten Staaten angetrieben hat, sind natürlich Klasseninteressen – die Interessen der Finanzoligarchie, die sich enorm bereichert hat, während Hunderttausende aller Hautfarben und Nationalitäten starben und Millionen in die Armut geworfen wurden.

Es sind dieselben Interessen, die hinter der Förderung des rassistischen Narrativs stehen. Der Versuch, den tragischen Tod von Dr. Moore auszunutzen, um zu behaupten, dass die Krise in den Vereinigten Staaten auf den systemischen Rassismus des amerikanischen Gesundheitssystems und der Beschäftigten im Gesundheitswesen zurückzuführen sei, zielt darauf ab, Rassenkonflikte zu schüren und die wahren Ursachen für Amerikas massive Zahl von Covid-19-Todesfällen zu verschleiern.

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