Laschet übernimmt Führung der CDU

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Arnim Laschet ist neuer Vorsitzender der CDU. Ein Online-Parteitag wählte den 59-Jährigen am Samstag im zweiten Wahlgang an die Spitze der Regierungspartei.

Laschet galt als Favorit von Bundeskanzlerin Angela Merkel, die ihr Amt nach der Bundestagswahl im September aufgibt. Am Ende konnte er 521 Delegiertenstimmen auf sich vereinen, sein Gegenkandidat Friedrich Merz 466. Im ersten Wahlgang hatte Laschet noch fünf Stimmen weniger erhalten als Merz. Da aber 224 Stimmen auf den Drittplatzierten Norbert Röttgen entfielen, war eine Stichwahl erforderlich, die Laschet für sich entschied.

In zahlreichen Interviews nach dem Parteitag stellte Laschet klar, dass die CDU unter seiner Führung den rechten Regierungskurs der letzten Jahre fortsetzen und verschärfen wird. In der ZDF-Sendung „Was nun?“ sprach er sich gegen ein „hartes Herunterfahren der Wirtschaft“ und damit für eine Fortsetzung der „Profite vor Leben“-Politik in der Pandemie aus, die allein in Deutschland bereits mehr als 46.000 Menschenleben gekostet hat.

Im gleichen Atemzug pries Laschet seinen notorisch rechten Widersacher Merz, der als CEO des deutschen Ablegers von BlackRock wie kaum ein zweiter die Interessen der Finanzoligarchie verkörpert. Für dessen Offerte, umgehend als Finanzminister in die Regierung einzutreten, sehe er zwar momentan keine Grundlage, aber er „schätze ihn als Wirtschaftspersönlichkeit sehr“ und plane eng mit ihm zusammenzuarbeiten.

Laschet und Merz auf dem Online-Parteitag der CDU (AP Photo/Markus Schreiber)

In Bezug auf die Außen- und Militärpolitik stellte Laschet klar, dass er alles daran setzen werde, das „Zwei-Prozent-Ziel“ – d.h. die Erhöhung des Militäretats auf jährlich mehr als 90 Milliarden Euro – möglichst zügig zu erreichen. „Deutschland hat das bereits zugesagt und zwar gegenüber dem Präsidenten Obama. Und zwar nicht nur gegenüber dem Präsidenten, sondern der gesamten Nato und an diese Zusage sind wir gebunden.“

Laschets knapper Sieg über Merz, der die Unterstützung des offen rechten Parteiflügels mit engen Verbindungen zur rechtsextremen AfD genießt, hat nichts mit einer Ablehnung von dessen Standpunkten zu tun. Vielmehr hofft die Mehrheit der Partei, ihren arbeiterfeindlichen und militaristischen Kurs unter dem NRW-Regierungschef besser und effektiver gegen den wachsenden Widerstand in der Bevölkerung durchzusetzen. Ähnlich wie Merkel versteht er sich darauf, die rechteste Politik mit einigen abgedroschenen Phrasen und einem zynischen Lächeln im Gesicht zu begleiten.

In seiner Rede auf dem Parteitag erklärte Laschet die Vorzüge seiner Methode: „Man muss das Handwerkszeug einer Politik der Mitte beherrschen. Die Fähigkeit zur Einigung. Was heißt das? Wenn alle abstrakt davon reden Ökonomie und Ökologie zusammenzubringen, dann denke ich an den Kohleausstieg. An nächtliche Runden im Kanzleramt, wo wir verhandelt haben aber auch an den Tag danach, als ich bei der Betriebsversammlung den Bergleuten erklären musste, eurer Kraftwerk wird bald geschlossen und ihr geht in den Vorruhestand.“

Auch die Politik der Polizeistaatsaufrüstung versprach Laschet effektiver voranzutreiben als seine Kontrahenten. „Während alle von innerer Sicherheit reden, setzen wir Null Toleranz gegen Rechtsbruch und Kriminalität durch. Tag für Tag, Nacht für Nacht. Wenn Worte und Taten zusammenpassen, dann entsteht Vertrauen.“

Zu den katastrophalen Auswirkungen der Pandemie sagte Laschet so gut wie nichts. Der Grund ist offensichtlich. Wie kaum ein anderer Ministerpräsident steht er für die rücksichtslose Öffnungspolitik, die Deutschland in den letzten Monaten zu einem Epizentrum der Pandemie und des Massensterbens in Europa gemacht hat. Dabei gingen er und die von ihm geführte schwarz-gelbe Landesregierung in NRW von Anfang an über Leichen.

So erklärte Laschets verhasste Bildungsministerin Yvonne Gebauer (FDP) bereits auf dem Höhepunkt der ersten Welle der Pandemie im April: „Es wird… Schulgemeinschaften geben, die den Tod von Lehrkräften, Schulleitungen oder Familienangehörigen zu beklagen haben, die das schulische Leben und den schulischen Alltag mitunter nachhaltig beeinflussen können.“

Und Laschet machte sich zur gleichen Zeit in einem Focus-Kommentar mit dem Titel „Wir müssen noch lange mit dem Virus leben“ für „immer weniger Reglementierung“ und ein zügiges Ende der Corona-Maßnahmen stark. Dabei stellte er sich explizit hinter die im Kern faschistische These seines Parteikollegen, Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU), die Würde des Menschen schließe das Recht auf Leben nicht ein und sei damit auch nicht „absolut“ vom Grundgesetz geschützt.

In seiner Bewerbungsrede war Laschet bemüht, sich und seine Partei von den rechtsextremen Entwicklungen in Deutschland und international zu distanzieren. Er erwähnte die „zerbrochenen Fensterscheiben“ im US-Kapitol, „die Reichskriegsflaggen auf den Treppen des Reichstagsgebäudes“ und die Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke (CDU) und rief den Delegierten zu: „Um es klipp und klar zu sagen: wir lassen uns unser Land von Rechtsterroristen und geistigen Brandstiftern nicht kaputt machen.“

Das sind nichts als leere Worte. Tatsächlich ist die Große Koalition vollständig verantwortlich für die gefährliche Rechtsentwicklung in Deutschland, die nun unter seiner Ägide als CDU-Chef weiter vorangetrieben wird.

Bereits nach der Bundestagswahl 2017 haben SPD und CDU/CSU mit der Fortsetzung der Großen Koalition die AfD zur offiziellen Oppositionsführerin im Bundestag gemacht und sie gezielt in die parlamentarische Arbeit integriert. Seitdem haben alle etablierten Parteien die Hetze und die Politik der AfD übernommen und damit das ideologische und politische Klima für die „Rechtsterroristen“ geschaffen.

Zu den führenden „geistigen Brandstiftern“ des Landes gehören neben ehemaligen CDU-Mitgliedern in der AfD (darunter Alexander Gauland) vor allem auch aktive Spitzenpolitiker der Union. So erklärte etwa Innenminister Horst Seehofer (CSU) nach den rechtsradikalen Aufmärschen in Chemnitz 2018, er wäre selbst mitmarschiert, wenn er nicht Minister wäre. Anschließend bezeichnete er die „Migrationsfrage“ als „Mutter aller politischen Probleme“ und betonte: „Der Islam gehört nicht zu Deutschland.“

Auch Laschet verbreitete während der Pandemie ausländerfeindliche Hetze. Als es zu Masseninfektionen in den Tönnies-Schlachtbetrieben kam, kritisierte er nicht etwa die sklavenähnlichen Arbeitsbedingungen, sondern behauptete „Rumänen und Bulgaren“ hätten die Viren aus ihrer Heimat eingeschleppt.

Die von Laschet favorisierte Politik der inneren und äußeren Aufrüstung, der sozialen Ungleichheit und der „Herdenimmunität“ wird nicht nur die rechtesten Elemente der CDU, sondern auch die AfD und die rechtsextremen Terrorstrukturen in Armee, Polizei und Geheimdiensten weiter stärken. Obwohl sie Todeslisten mit mehreren tausend Zielpersonen führen und sich auf einen „Tag X“ vorbereiten, lässt die Regierung sie auch nach dem Lübcke-Mord und den Terroranschlägen in Halle und Hanau nahezu unbehelligt operieren. Führende Rechtsterroristen wir Franco A. oder Andre S. befinden sich auf freiem Fuß.

Von den nominell linken Bundestagsparteien ist keine Opposition gegen diese gefährliche Entwicklung zu erwarten. Sie sind selbst ein integraler Bestandteil des Staats- und Regierungsapparats und bieten sich an, die reaktionäre Agenda der herrschenden Klasse gegen den wachsenden Widerstand in der Bevölkerung durchzusetzen.

Die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock, die erklärtermaßen eine schwarz-grüne Regierung nach den Bundestagswahlen anstrebt, gratulierte Laschet auf Twitter „zur erfolgreichen Wahl als Parteivorsitzender“. Es werde „ein spannender politischer Wettbewerb um die Frage, welche Kraft unser Land mutig, entschlossen, mit neuem Schwung aus der Krise führt.“

Der Fraktionsvorsitzende der Linkspartei Dietmar Bartsch, der von einer rot-rot-grünen Koalitionsregierung träumt, schrieb ebenfalls: „Ich gratuliere dem neuen CDU-Vorsitzenden Armin Laschet“. Gleichzeitig versuchte er die scharfe Rechtswende innerhalb der CDU und der gesamten herrschenden Klasse herunterzuspielen. „Gut, dass sich eine Verwässerung nach Rechts in der Union nicht durchgesetzt hat“, jubelte er auf Twitter.

Arbeiter und Jugendliche dürfen sich von derartigen Statements nicht einlullen lassen, sondern müssen der Realität ins Auge sehen und die notwendigen Schlussfolgerungen ziehen. Der faschistische Putschversuch in den USA ist genauso wie die scharfe Rechtsentwicklung in Deutschland und ganz Europa und das Massensterben weltweit eine ernste Warnung. Wie in den 1930er Jahren setzt die herrschende Klasse zunehmend auf Faschismus, Militarismus und Diktatur, um ihre Interessen nach innen und außen durchzusetzen. Der Kampf dagegen erfordert die Mobilisierung der Arbeiterklasse auf der Grundlage eines internationalen sozialistischen Programms.

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