Perspektive

Stoppt den Angriff auf die Anerkennung politischer Parteien in Australien!

Die Socialist Equality Party wird in der gesamten Arbeiterklasse eine Kampagne gegen die zutiefst antidemokratischen Wahlgesetze führen, die letzte Woche in Rekordtempo durch das australische Parlament gepeitscht wurden.

Hinter dem Rücken der Bevölkerung – und unter dem Mantel des Schweigens der bürgerlichen Medien – hat die Labor Party gemeinsam mit den Parteien der liberal-nationalen Koalition die Gesetzentwürfe in etwas mehr als 24 Stunden durch beide Häuser des Parlaments gebracht.

Wählerinnen und Wähler geben ihre Stimme ab. Samstag, 18. Mai 2019, Rathaus von Sydney (Australien) (AP Photo/Rick Rycroft) [AP Photo/Rick Rycroft]

Inmitten der eskalierenden Covid-19-Pandemie sind die Gesetze Teil der weltweiten Angriffe auf demokratische Grundrechte und der Hinwendung zu autoritären Herrschaftsformen. Dies geschieht vor dem Hintergrund wachsender Opposition in der Arbeiterklasse gegen die Öffnungspolitik der kapitalistischen Regierungen, mit der die Profite auf Kosten von Millionen Menschenleben gesteigert werden.

Die Gesetze sind ein Versuch, die Opposition gegen das zunehmend diskreditierte politische Establishment mundtot zu machen. Dieses ist entschlossen, die derzeitigen begrenzten Corona-Maßnahmen mit der Begründung aufzuheben, dass die Bevölkerung „mit dem Virus leben muss“, während sich das Virus in Australien wieder ausbreitet und zunehmend außer Kontrolle gerät.

Die Gesetze zielen darauf ab, all jenen politischen Parteien, die derzeit nicht im Parlament vertreten sind – darunter die Socialist Equality Party (SEP) – die Parteieigenschaft abzuerkennen, indem die Zahl der für eine offizielle Zulassung erforderlichen Mitglieder von 500 auf 1.500 verdreifacht wird.

Die Parteien müssen der australischen Wahlkommission innerhalb von drei Monaten neue, erweiterte Mitgliederlisten vorlegen – ein Vorgang, der selbst eine direkte Verletzung der politischen Privatsphäre darstellt – und das in einer Zeit, in der umfassende Kontaktbeschränkungen gelten und spätestens im kommenden Mai bundesweite Wahlen anstehen.

Die Anforderung der Parteizulassung mit der ehemaligen 500-Mitglieder-Regel war selbst eine antidemokratische Bestimmung, die erstmals 1984 unter der Hawke-Labor-Regierung eingeführt wurde, um das Zweiparteien-Duopol von Labor und Coalition zu stützen.

Die SEP hat sich immer vehement gegen diese Parteizulassungsgesetze gewandt, die dem kapitalistischen Staatsapparat die Macht geben, politische Parteien zu überwachen und darüber zu entscheiden, welche Parteien angeblich Unterstützung in der Bevölkerung haben. Dies setzt die Funktion der Wahlen selbst außer Kraft, die das Ausmaß politischer Unterstützung bestimmen sollen. Darüber hinaus zwingen die Gesetze die Parteien dazu, die Daten ihrer Mitglieder herauszugeben, wodurch sie Überwachung und Schikane ausgesetzt sind.

Die SEP hat jedoch – unter Protest – für jede Wahl rechtzeitig und anforderungsgemäß die Namen von 500 Wahlmitgliedern eingereicht, um unser elementares Recht auszuüben, bei Wahlen unter unserem Parteinamen zu kandidieren.

Ohne Parteizulassung können Kandidaten auf den Stimmzetteln nicht ihre politische Zugehörigkeit vermerken lassen. Sie werden gezwungen, ohne Parteinamen oder als nicht näher erläuterte „Unabhängige“ anzutreten. Damit wird den Wählern das grundlegende Recht verweigert, das politische Programm der Kandidaten zu kennen.

Die SEP ruft zu einer konzertierten Kampagne auf, um die Aufhebung dieser Gesetze und aller Einschränkungen des demokratischen Wahlrechts von Parteien und Einzelpersonen zu verlangen. Zugleich appellieren wir an alle unsere Unterstützer und Leser: Werdet Wahlmitglied der SEP, um uns zu helfen, unsere Zulassung zu behalten und diesen Angriff abzuwehren.

Am selben Tag – dem 26. August –, an dem die Gesetzentwürfe im Eiltempo durch den Senat gebracht wurden, gab die Koalitionsregierung in New South Wales (NSW), dem bevölkerungsreichsten Bundesstaat des Landes, bekannt, dass die Zahl der täglichen Covid-19-Fälle zum ersten Mal in einem australischen Bundesland die Marke von 1.000 überschritten hat.

Obwohl dieses Niveau immer noch weit unter dem der USA, des Vereinigten Königreichs und Deutschlands liegt, hat dies den Mythos zerstört, dass Australien von der globalen Pandemie ausgenommen wäre.

Die Zahl der Opfer steigt weiter an und die Pandemie breitet sich auf andere Teile des Landes aus. Public-Health-Experten, Mediziner und Pfleger warnen, dass die chronisch unterbesetzten öffentlichen Krankenhäuser schon jetzt nicht mehr in der Lage sind, die wachsende Zahl von Patienten zu bewältigen.

Wenn die Arbeiterklasse nicht einschreitet, wird sich diese Krise in den kommenden Monaten weiter verschärfen und zu einem Zusammenbruch des Gesundheitswesens führen, wie er in anderen Ländern stattgefunden hat – von den USA und dem Vereinigten Königreich bis nach Indien und Indonesien.

So wie Australien nicht von der Covid-19-Katastrophe ausgenommen ist, so ist es auch von den weltweiten Angriffen auf demokratische Rechte und der Kultivierung faschistischer Kräfte nicht ausgenommen, die von den USA über Deutschland bis Brasilien darauf abzielen, die wachsenden globalen Kämpfe der Arbeiterklasse gegen die katastrophale Politik der herrschenden Klassen zu unterdrücken.

Die durch das Parlament gepeitschten Wahlgesetze sind vergleichbar mit den Gesetzen, die in den US-Bundesstaaten verabschiedet wurden und Wählern aus der Arbeiterklasse ihre Stimmabgabe erschweren sollen. Die Krise der kapitalistischen Herrschaft in Australien ist nicht weniger akut als diejenige, die durch Donald Trumps Komplott offenbart wurde, am 6. Januar die US-Präsidentschaftswahlen im Zuge eines faschistischen Putschversuchs zu kippen.

Wie in den 1930er Jahren brechen die Normen der Demokratie unter dem Druck von geostrategischen und Klassenspannungen weltweit erneut zusammen. In dieser Hinsicht ist Australien bereits weiter gegangen als andere westliche Länder. Labor Party und Coalition haben 2017–18 inmitten einer eskalierenden Anti-China-Kampagne eine nationalistische Hexenjagd orchestriert, um Abgeordnete aus dem Parlament zu vertreiben, die als nicht ganz und gar „loyal“ gegenüber dem Land angesehen wurden, weil sie zu einer doppelten Staatsbürgerschaft berechtigt waren. Damit wurden rund sechs Millionen Menschen mit Migrationshintergrund von der Möglichkeit ausgeschlossen, sich für die Wahl zum Parlament aufstellen zu lassen.

Es darf nie vergessen werden, dass im Jahr 1975 – in der letzten Periode des weltweiten Aufschwungs der Arbeiterklasse – die Fassade der Demokratie in Australien zerrissen wurde, als der Generalgouverneur die gewählte Whitlam-Labor-Regierung auflöste.

Arbeiter protestieren in Melbourne gegen die Aufhebung der Labor-Regierung von Whitlam, 1975 (Foto: WSWS)

Medienumfragen in Australien geben einen Einblick in die Feindseligkeit der Öffentlichkeit gegenüber dem politischen Establishment und seiner Pandemiepolitik. Eine Essential-Umfrage von dieser Woche hat ergeben, dass nur 12 Prozent der Befragten mit einer Öffnungspolitik einverstanden wären, die zu mehr Todesfällen und Hospitalisierungen führt.

Die aktuelle Newspoll-Umfrage ergab einen Rückgang der Unterstützung für die regierende Coalition von Premierminister Scott Morrison auf 36 Prozent, was eine erdrutschartige Wahlniederlage bedeuten würde. Während die Labor Party einige Zugewinne verzeichnete und die Unterstützung für die Grünen und die rechtsextreme One Nation stagniert, ist die Unterstützung für die nicht genannten „anderen“ Parteien auf 11 Prozent angestiegen. Diesen Parteien droht nun aufgrund der neuen Gesetze die Aberkennung ihres Parteistatus.

Die Opposition gegen Coalition und Labor ist in den letzten drei Jahrzehnten gewachsen, weil ihr gemeinsames konzernfreundliches Programm Arbeitsplätze, Löhne und Arbeitsbedingungen der Arbeiterklasse dezimiert, Sozialleistungen abgebaut und zu einer wachsenden sozialen Ungleichheit geführt hat. Die Unzufriedenheit wurde durch die Beteiligung Australiens an verbrecherischen, von den USA geführten Kriegen wie denen in Afghanistan und im Irak noch verstärkt. Bei den Wahlen von 2019 haben rund 25 Prozent der Wähler ihre Stimme anderen Parteien als der Labor Party und den Liberal-Nationalen gegeben.

Die Covid-19-Pandemie hat den Widerstand und die Wut in der Arbeiterklasse gegenüber den beiden Parteien des Großkapitals – Coalition und Labor Party –, die den Profit über die Gesundheit und das Leben stellen, nur noch weiter verstärkt. In den herrschenden Kreisen ist man besorgt, dass sich diese Feindseligkeit bei den nächsten Wahlen in Stimmen für andere politische Parteien niederschlagen und das Zweiparteiensystem, auf das sich die Kapitalistenklasse seit langem verlässt, weiter destabilisieren wird.

Während derzeit viele der kleineren Parteien einen rechten Charakter haben, besteht die eigentliche Angst des politischen Establishments darin, dass sich die Opposition, insbesondere unter den Bedingungen der aufkommenden Kämpfe der Arbeiterklasse, deutlich nach links in Richtung einer sozialistischen Alternative bewegen wird.

Morrisons fragile Koalitionsregierung verlässt sich darauf, dass die Labor Party die Offensive gegen demokratische Rechte anführt. Im Parlament haben die Abgeordneten der Labour Party am vehementesten versucht, abweichende Meinungen zu unterdrücken. Ein Parlamentsmitglied verurteilte „Leute, die über diesen Wandel jammern und klagen – so genannte Anhänger der Freiheit und der Demokratie“.

Die Rolle der Labor Party ist mit der „konstruktiven“ Unterstützung verbunden, mit der sie und die Gewerkschaften die Pandemiepolitik von Unternehmen und Regierungen begleiten. Diese parteiübergreifende Front ist im „nationalen Kabinett“ verwurzelt, das sich aus führenden Vertretern der Bundes-, Landes- und Territorialregierungen zusammensetzt, die wiederum überwiegend der Labor Party angehören. Dieses nicht gewählte Gremium, das hinter verschlossenen Türen tagt und unter dem Schleier des Geheimschutzes liegt, hat ein regelrechtes „Kriegskabinett“ gebildet und regiert das Land per Dekret.

Die SEP hat zusammen mit ihren Schwesterparteien des Internationalen Komitees der Vierten Internationale (IKVI) Arbeiter und Jugendliche dazu aufgerufen, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen, indem sie in den Betrieben und Wohnvierteln Komitees bilden, um für die notwendigen Maßnahmen zum Schutz der arbeitenden Bevölkerung zu kämpfen. Zur Bekämpfung der Pandemie ist eine internationale Strategie erforderlich. Das IKVI tritt für die Bildung einer Internationalen Arbeiterallianz der Aktionskomitees ein, um diesen Kampf weltweit voranzutreiben.

Vor allem muss die Arbeiterklasse eine politische Stimme haben, die die herrschende Klasse mit ihrer jüngsten Gesetzgebung zu unterdrücken versucht. Der Widerstand gegen das Diktat des Großkapitals und seiner politischen Diener muss von einem sozialistischen Programm geleitet werden, das die sozialen Bedürfnisse der arbeitenden Menschen – vor allem ihre Gesundheit und ihr Leben – über die privaten Profite der wenigen Reichen stellt. Allein die SEP kämpft für diese Perspektive.

Wir appellieren an alle unsere bisherigen Wahlmitglieder, an unsere Leser, an die Mitglieder der Aktionskomitees und an alle Arbeiter, Studenten und Jugendlichen: Helft uns, die zusätzlichen 1.000 Wahlmitglieder zu gewinnen, die wir benötigen, um unsere Parteizulassung zu erhalten.

Wir rufen Euch zudem auf, unsere Grundsatzerklärung zu studieren und eine Vollmitgliedschaft in der SEP zu beantragen und so die internationale revolutionäre Führung mit aufzubauen, die nötig ist, um die gesamte kapitalistische Ordnung zu stürzen.

Um diesen Kampf zu diskutieren und voranzutreiben, rufen wir unsere Leser dringend auf, die SEP über unsere Website oder auf Facebook oder Twitter zu kontaktieren. Die Grundsatzerklärung der SGP, der Schwesterpartei der SEP in Deutschland, findet ihr hier.

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