Französischer Präsident Macron fordert Austerität und Durchseuchung

Inmitten des rapiden Anwachsens der Covid-19-Pandemie in ganz Europa hielt der französische Präsident Emmanuel Macron am Dienstagabend zur besten Sendezeit eine Rede, die die mörderische Arroganz des „Präsidenten der Reichen“ verdeutlicht. Während in Europa täglich über 3.000 Menschen an Covid-19 sterben und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) vor 500.000 Covid-Toten bis Februar warnt, brachte er neue Angriffe auf die Renten- und Arbeitslosenversicherung ins Spiel und verlangte von der französischen Bevölkerung, „mit dem Virus zu leben“.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron (Ludovic Marin, Pool via AP)

Macron ist zwar derart besorgt über seine eigene Unbeliebtheit, dass er noch nicht offiziell bekannt gegeben hat, im April für seine Wiederwahl zu kandidieren – doch die Rede markierte faktisch den Beginn seiner Wiederwahlkampagne. Der Wahlkampf wird derzeit von Macron und den neofaschistischen Kandidaten Eric Zemmour und Marine Le Pen dominiert und ist politisch vergiftet. Macrons Rede zielte in erster Linie darauf ab, den Banken zu versichern, dass er der beste Kandidat ist, um ihre Profite auf Kosten des Lebens und des Auskommens der Arbeiter zu garantieren – indem er sicherstellt, dass keine wirksamen Maßnahmen ergriffen werden, um die Pandemie zu stoppen.

Angesichts der Tatsache, dass in Frankreich täglich mehr als 10.000 Menschen an Covid-19 erkranken und Dutzende daran sterben, begann Macron mit einer völlig falschen Darstellung seiner Bilanz in Bezug auf die Pandemie:

Unsere Entscheidungen beruhten stets auf wissenschaftlichen Erkenntnissen, der Notwendigkeit, uns zu schützen, unserem Willen, angemessen zu handeln, und der Überzeugung, dass unsere größte Stärke die individuelle und kollektive Verantwortung ist. So haben wir zweimal, im Frühjahr und im Herbst 2020, Lockdowns beschlossen, als sie notwendig waren. Dann haben wir uns zu Beginn dieses Jahres, 2021, auf eine Ausgangssperre und angemessene Regeln für jede Region beschränkt, zu einem Zeitpunkt, als viele unserer Nachbarn alles geschlossen haben.

Macron lehnte weitere Lockdowns oder Distanzunterricht für Schüler ab und schlug stattdessen eine dritte Impfdosis für Menschen über 65 Jahre vor – sowie ab Dezember für alle über 50 Jahre – um die Zahl der Todesopfer zu begrenzen, während das Virus weiter um sich greift. Er schloss mit den Worten: „Wir wissen, dass wir mit dem Virus und seinen Varianten leben müssen, bis die gesamte Weltbevölkerung geimpft ist.“

Diese Position verurteilt in Europa Hunderttausende und weltweit Millionen Menschen dazu, unnötigerweise an dem Virus zu sterben. Macron imitiert damit die berüchtigte Forderung des britischen Premierministers Boris Johnson: „Keine verdammten Lockdowns mehr, sollen sich doch die Leichen zu Tausenden auftürmen.“ Da das Virus weit verbreitet ist und hunderte Millionen Menschen nicht geimpft sind oder ihre Immunität aufgrund einer länger zurückliegenden Impfung nachlässt, wird diese Politik zum Auftreten weiterer neuer Varianten und zu Massenansteckungen und Tod führen.

Aus diesem Grund wird es in Europa in diesem Monat voraussichtlich 100.000 Covid-19-Todesfälle geben, obwohl ein Großteil der Bevölkerung geimpft ist. In Deutschland, wo ein ähnlich hoher Anteil der Bevölkerung geimpft ist wie in Frankreich, gibt es täglich über 45.000 Fälle und 150 bis 250 Todesfälle.

Macrons Behauptung, er stütze seine Politik auf die Wissenschaft, ist falsch. Seit Beginn der Pandemie hat seine Regierung Lügen über das Virus verbreitet und wissenschaftliche Ratschläge mit Füßen getreten. Die frühere Gesundheitsministerin Agnès Buzyn, die jetzt wegen ihres Umgangs mit der Pandemie vor Gericht steht, tat Covid-19 öffentlich als „kleine Grippe“ ab, während sie Macrons Kabinett insgeheim davor warnte, dass das Virus in China ein Massensterben verursacht. Die französische Regierung vernichte zudem zunächst große Mengen an Masken, weil sie fälschlicherweise behauptete, sie seien für die Bekämpfung des Virus unbrauchbar.

Der Lockdown im Frühjahr 2020 wurde nicht von Macron beschlossen, sondern von einer Streikwelle erzwungen, die sich von Italien über weite Teile Europas ausbreitete. Die Unternehmen „können ihren Betrieb aufgrund des Drucks der Arbeiter nicht aufrechterhalten“, sagte damals der Vizepräsident der französischen Unternehmerbewegung (Medef), Patrick Martin, und beklagte „eine extrem brutale Änderung der Haltung der Arbeiter“. Dieser strikte Lockdown brachte die täglichen Infektionszahlen in Frankreich auf einen Wert unter 500 und setzte der massiven Todeswelle mit etwa 27.000 Opfern in Frankreich und 200.000 in Europa vorübergehend ein Ende.

Wenn die Zahl der Covid-19-Toten jetzt in Europa mehr als 1,3 Millionen und in Frankreich 118.000 beträgt, so liegt das daran, dass die Macron-Regierung und andere EU-Regierungen sich geweigert haben, die Ermittlung von Kontaktpersonen einzuleiten, um das erneute Anwachsen der Fälle zu stoppen, und es zugleich ausgeschlossen haben, jemals wieder einen strikten Lockdown zu verhängen. Seitdem haben sie sich ausschließlich darauf konzentriert, Schulen und Arbeitsplätze offen zu halten, um den Superreichen weiterhin Gewinne zu sichern. Unabhängig davon, was an „Lockdowns“ verfügt wurde: Sie waren nicht konsequent, sondern sahen vor, dass nicht lebensnotwendige Betriebe offen und die Kinder in der Schule bleiben, damit ihre Eltern zur Arbeit gehen konnten.

Der Kontrast zu China – wo eine Zero-Covid-Politik die Zahl der Todesopfer auf weniger als 5.000 begrenzte und die Lebensgrundlage von Arbeitern und Kleinunternehmen weit weniger beeinträchtigte – ist ein erschütterndes Armutszeugnis für die Macron-Regierung, die Profiten Vorrang vor Menschenleben gegeben hat.

Während Millionen Menschen in Europa starben, druckte die Europäische Zentralbank 1,25 Billionen Euro an Bankenrettungsgeldern und die Europäische Union (EU) legte ein Rettungsprogramm für Unternehmen und Staaten in Höhe von 750 Milliarden Euro auf, von denen Macron für Frankreich 100 Milliarden Euro ankündigte.

Die Macron-Regierung und die herrschende Klasse in ganz Europa beabsichtigen, dass diese massiven Summen öffentlicher Gelder weiterhin direkt in die Taschen der Finanzaristokratie fließen. Macron wirft Arbeitern einige Beruhigungspillen vor, wie z. B. die vorübergehende Deckelung der Erdgaspreise in Reaktion auf die steigende Inflation, sowie die Verteilung von 100-Euro-Schecks an Arbeiter, die weniger als 2.000 Euro im Monat verdienen. Das eigentliche Geld geht jedoch an die Milliardäre, die in Europa während der Pandemie ihr Nettovermögen um eine Billion Dollar erhöht haben.

Nach Angaben des Magazins Challenges besitzen die 500 reichsten Familien Frankreichs inzwischen knapp eine Billion Euro, ein Anstieg um 30 Prozent in nur einem Jahr. Der Eigentümer des Luxusgüterkonzerns LVMH, Bernard Arnault, besitzt 157 Milliarden Euro und damit 57 Prozent mehr als 2020; die Familie Hermès 81,5 Milliarden Euro und damit 47 Prozent mehr; die L'Oréal-Erbin Françoise Bettencourt-Meyers 71,4 Milliarden Euro und damit 40 Prozent mehr; der Wertheimer-Clan von Chanel 67 Milliarden Euro und damit 26 Prozent mehr; François Pinault vom Luxuskonzern Kering 41,5 Milliarden Euro und damit 30 Prozent mehr. Gleichzeitig schrumpfte Frankreichs Wirtschaft aufgrund der Pandemie um 8 Prozent.

Der Rest von Macrons Rede war der Propagierung von Sparmaßnahmen gewidmet, die den Reichtum seiner wohlhabenden Unterstützer weiter steigern werden. Er versprach, die Arbeitslosenversicherung „in den kommenden Wochen“ zusammenzustreichen, indem er eine große Zahl von Arbeitslosen aus dem Register streicht: „Arbeitssuchenden, die nicht aktiv nach Arbeit suchen, werden die Zahlungen eingestellt.“

Macron sagte auch, dass er plane, das offizielle Renteneintrittsalter von 62 auf 65 Jahre anzuheben und andere Maßnahmen zu ergreifen, um die Renten effektiv zu kürzen. Bezeichnenderweise sagte er, er werde nicht sofort handeln, aus Angst, eine soziale Explosion zu provozieren: „Die gesundheitliche Situation, mit der wir konfrontiert sind und die sich in ganz Europa verschlechtert, der gemeinsame Wunsch der Unternehmen und der Gewerkschaftsverbände, sich auf die Wiederbelebung der Wirtschaft zu konzentrieren, und das Bedürfnis unserer Nation nach sozialem Frieden bedeuten, dass die Bedingungen nicht angemessen sind, um heute auf dieses Thema zurückzukommen.“

Er erklärte sich auch bereit, die Rentenkürzung, die er letztes Jahr angesichts der Massenstreiks beschlossen hatte und die bereits in Kraft getreten ist, nicht zu verkünden. Es ist jedoch nur eine Frage der Zeit, bis Macron oder sein Nachfolger die öffentlichen Renten in Frankreich kürzen wird.

Macrons Rede verdeutlichte einen wesentlichen Punkt: Die Haupthindernisse für die Beendigung der Pandemie und für die Gewährleistung angemessener Löhne und Lebensstandards sind nicht technologischer, sondern politischer Natur, und ihnen liegt die obszöne und kriminelle Selbstbereicherung der herrschenden Klasse zugrunde. Da die herrschende Elite Frankreichs entweder Neofaschisten oder Macron – samt dessen faschistoider Regierungsbilanz – als Hauptkandidaten für die Präsidentschaftswahlen aufstellt, wird es immer offensichtlicher, dass die Wahlen keinerlei Lösung herbeiführen werden.

Die entscheidende Frage ist der Aufbau einer sozialistischen Bewegung in der europäischen und internationalen Arbeiterklasse, die den unrechtmäßig erworbenen Reichtum der herrschenden Eliten enteignet und diesen Reichtum verwendet, um die Pandemie zu beenden und soziale Gleichheit und Wohlstand für alle zu gewährleisten.

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