US-Regierung schafft tägliche Meldepflicht der Krankenhäuser für Covid-19-Todesfälle ab

Laut den neuen Richtlinien des US-Gesundheitsministeriums müssen Krankenhäuser der Bundesregierung nicht mehr mitteilen, wie viele Menschen pro Tag an Covid-19 sterben.

Am 6. Januar veröffentlichte das Gesundheitsministerium aktualisierte Richtlinien darüber, welche Informationen die Krankenhäuser ihm liefern müssen. Zu den „Bereichen, die nicht mehr länger gemeldet werden müssen“, gehören die „Covid-19-Todesfälle vom Vortag“.

In den Richtlinien heißt es: „Die staatliche Datensammlung in diesem Bereich wurde eingestellt. Krankenhäuser müssen diese Datenelemente der Bundesregierung nicht mehr melden“. Die Änderung tritt ab dem 2. Februar in Kraft.

US-Präsident Joe Biden bei einer Rede im Weißen Haus (AP Photo/Andrew Harnik)

Die Entscheidung der Biden-Regierung, das Melden von Covid-19-Todesfällen zurückzufahren, geht auf Maßnahmen der Trump-Regierung zurück. Der Unterausschuss des Repräsentantenhauses zu Covid-19 erklärte in seinem Jahresabschlussbericht von 2021: „Vertreter der Trump-Regierung haben im August 2020 vorsätzlich die Richtlinien der CDC für Covid-19-Tests geschwächt, um die schnelle Ausbreitung des Virus im Land zu vertuschen.“

Laut einem Dokument des US-Gesundheitsministeriums vom 6. Januar müssen Krankenhäuser der Bundesregierung ab dem 2. Februar nicht mehr mitteilen, wie viele Menschen täglich an Covid-19 sterben.

Obwohl die neuen Richtlinien des Gesundheitsministeriums bereits am 6. Januar erlassen wurden, hat die Öffentlichkeit erst von ihnen erfahren, als der Arzt und klinische Dozent der Universität Stanford, Dr. Jorge A. Caballero, sie auf Twitter veröffentlichte.

Am Freitagabend schrieb Dr. Caballero: „Ich würde gerne verstehen, warum die Bundesregierung ab dem 2. Februar von den Krankenhäusern nicht mehr erfahren will, wie viele Menschen täglich an Covid-19 sterben.“

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Caballero retweetete eine Antwort des Verfassers dieses Artikels. Darin wurde festgestellt, dass Dr. Ezekiel Emanuel, ein ehemalige Berater der Biden-Regierung zu Covid-19 und Eugenik-Befürworter, einen Artikel im Journal of the American Medical Association veröffentlicht hat, in dem er die Regierungen aufforderte, die Meldungen der Todeszahlen durch Covid-19 einzustellen“. Der Artikel war am selben Tag erschienen, an dem das Gesundheitsministerium die neuen Richtlinien bekanntgegeben hatte.

Die Washington Post reagierte in einem Leitartikel mit Begeisterung auf Emanuels Forderung nach einer „neuen Normalität“. Außerdem wurde Emanuel mit einem Interview in der NBC-Sendung Meet the Press bedacht, der bekanntesten Sonntags-Talkshow in Amerika.

Obwohl die Krankenhäuser weiterhin die Zahlen an die staatlichen Behörden übermitteln und diese sie an die Centers for Disease Control and Prevention (CDC) weitergeben, gehen viele Bundesstaaten – allen voran Florida und dessen republikanischer Gouverneur Ron DeSantis – selbst dazu über, die tägliche Meldung der Corona-Zahlen zurückzufahren, oder haben es bereits getan.

Laut einem Bericht der New York Times vom 30. Dezember diskutiert das CDC mit dem Council of State and Territorial Epidemiologists über eine Direktive, die „Bundesstaaten dazu anweisen würde, die täglichen Meldungen der Fallzahlen zu begrenzen“.

Die Bundesstaaten, die von rechtsextremen Republikanern regiert werden, haben bereits den Umfang der Testungen und die Häufigkeit der Berichte reduziert.

Tennessee, dessen rechtsextremer Gouverneur Bill Lee den Wahlsieg von US-Präsident Joe Biden nicht anerkennt, hat die tägliche Übermittlung der Fallzahlen bereits eingestellt und übermittelt nur noch einmal pro Woche Testergebnisse.

Der Gesundheitsminister von Florida, Joseph Ladapo, erklärte letzten Monat, der Bundesstaat wolle von der „Testmentalität“ abrücken. Ladapo untersteht dem rechten Ideologen DeSantis, der sich ebenfalls geweigert hat, das Ergebnis der Wahl von 2020 anzuerkennen.

Die Leiterin des Council of State and Territorial Epidemiologists Marcelle Layton erklärte gegenüber der Times, dass weitere Bundesstaaten die tägliche Übermittlung der Fallzahlen einstellen wollen. Darunter sind viele, die „im Moment noch täglich berichten, das aber in den kommenden Monaten unbedingt ändern wollen“.

Nachdem Reporter der WSWS bestätigen konnten, dass Caballero die Richtlinien des Gesundheitsministeriums korrekt zusammengefasst hat, wurde unser Bericht über die Zusammenfassung seiner Ergebnisse auf Twitter mehr als 6.000-mal geteilt und von mehr als zwei Millionen Menschen angesehen.

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Die Kommentatoren reagierten mit Empörung. Chris Richards schrieb: „Die US-Regierung will nicht wissen, wie viele von uns sterben.“ Sein Kommentar erhielt 1.500 Likes. Tausende weitere Kommentatoren äußerten ihre Empörung darüber, dass Biden statt „der Wissenschaft zu folgen“ einen Kurs eingeschlagen hat, der an die Versuche der Trump-Regierung erinnert, die Pandemie zu vertuschen.

Einen Tag zuvor wurde die Sprecherin des Weißen Hauses Jen Psaki gefragt, ob sich „angesichts der Infektionsrekorde“ „etwas ändern“ müsse. Darauf antwortete sie: „Wir könnten sicherlich Gesetze vorschlagen, um herauszufinden, ob die Menschen Häschen und Eiscreme mögen, aber das wäre nicht sehr sinnvoll für die amerikanische Bevölkerung.“ Diese Gleichgültigkeit der Biden-Regierung gegenüber dem Massensterben löste große Empörung aus.

Vize-Gesundheitsministerin Sarah Lovenheim erklärte als Reaktion auf Caballeros Tweet: „Die Sterblichkeitsdaten zu Covid-19 sind weiterhin öffentlich einsehbar. Die Daten bleiben hier öffentlich einsehbar, und alle neuen Analysen werden ebenfalls öffentlich einsehbar.“ Der Tweet enthielt einen Link zu Daten, die das CDC aus den Berichten der Bundesstaaten zusammengestellt hat.

Dr. Caballero antwortete darauf: „Es gibt keine andere Quelle für tägliche Hospitalisierungs- und Todeszahlen auf bundesstaatlicher/nationaler Ebene. Alle anderen Datenquellen beruhen auf *diesem* spezifischen Datenfeld. Dieses Datenfeld findet sich *nicht* in irgendeinem anderen öffentlich verfügbaren Datensatz. Dieses Datenfeld wird benutzt, um die Gesamtzahl der Toten durch Covid-19 und vieles mehr abzuschätzen.“

Die Journalistin Erin Kissane vom Magazin The Atlantic, eine Mitbegründerin des Covid Tracking Project, das am 7. März 2021 eingestellt wurde, erklärte zu den Behauptungen von Dr. Caballero und der WSWS: „Wenn die Krankenhäuser nicht mehr täglich Covid-Todesfälle ans Gesundheitsministerium übermitteln, bedeutet das nicht, dass die Todesfälle nicht mehr an die lokalen und bundesstaatlichen Gesundheitsbehörden gemeldet werden müssen, die sie der CDC melden. Wir zählen die Toten weiterhin.“

Die Nachrichtenagentur BNO Newsroom twitterte: „Anders als es in einigen Tweets heißt, stellen die USA die Meldung der täglichen Todesfälle durch Covid-19 nicht ein. Die Gesundheitsbehörden liefern weiterhin wie üblich Updates.“ BNO bestätigte dem Verfasser dieses Textes, dass dies eine Antwort auf unseren Tweet ist, gab aber keine weiteren Antworten auf unsere Fragen.

Caballero schrieb als Reaktion auf diese und andere Behauptungen: „Angesichts von Bundesstaaten mit einer skrupellosen Politik und mit zweifelhaftem Datenmanagement während der letzten 20 Monate hätte ich jedenfalls gerne eine zweite Datenquelle, mit der ich die Angaben zu Todesfällen durch Covid-19 überprüfen kann.“

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Ungeachtet der Behauptungen von Kissane und BNO sind die Berichte von Caballero und der WSWS zutreffend. Ab dem 2. Februar müssen Krankenhäuser die Zahlen der neuen Covid-19-Todesfälle nicht mehr direkt an die Bundesregierung melden. Diese Daten kommen dann von Bundesstaaten, die dabei sind, die Meldungen einzustellen.

Gesundheitspolitisch gibt es keine Rechtfertigung dafür, inmitten der Pandemie und von Rekordwerten bei Infektionen und Hospitalisierungen die Übermittlung von Daten zu begrenzen. Genau wie unter Trump sind die Bestrebungen der Behörden auf Bundes- und Bundesstaatsebene, die Berichte über Covid-19 zu begrenzen, von der politischen Absicht motiviert, Durchseuchung und Massensterben zu vertuschen.

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