USA und Nato vergrößern Militäraufgebot gegen Russland

US-Außenminister Antony Blinken (links) und sein russischer Amtskollege Sergei Lawrow vor ihrem Treffen am 21. Januar 2022 im schweizerischen Genf. (AP Photo/Alex Brandon, Pool)

Vor dem Hintergrund des Treffens zwischen US-Außenminister Antony Blinken und seinem russischen Amtskollege Sergei Lawrow am letzten Freitag in Genf haben die USA und die Nato ihr Militäraufgebot an und nahe der russischen Grenze rapide ausgebaut. Während Blinken die Gespräche am Freitag als „offen und substanziell“ bezeichnete und Lawrow von einer Einigung auf „einen vernünftigen Dialog“ sprach, unternehmen das Weiße Haus und das transatlantische Bündnis weiterhin einen provokanten Schritt nach dem anderen.

Gestern Abend kündigten US-Beamte Pläne an, Tausende oder Zehntausende von Soldaten an die Grenzen Russlands und der Ukraine zu verlegen. Einem Bericht der New York Times zufolge erörterte US-Präsident Joe Biden offenbar mit Pentagon-Strategen Pläne zur Entsendung von 1.000 bis 5.000 Soldaten nach Rumänien und in die baltischen Republiken Estland, Lettland und Litauen. Diese Zahl könnte auf das Zehnfache erhöht werden.

Heute beginnt die NATO im Mittelmeer das Militärmanöver „Neptune Strike 22“. Die Übung wird bis zum 4. Februar dauern und vom Flugzeugträger USS Harry Truman geführt. In den Wochen folgen weitere massive Militärmanöver die immer deutlicher die Form von Kriegsvorbereitungen gegen Russland annehmen. Allein an der Übung „Cold Response 2022“ in Norwegen im März werden 35.000 Soldaten aus 26 Nationen teilnehmen.

Gleichzeitig rüsten die Nato-Staaten die Ukraine auf. Der britische Verteidigungsminister Ben Wallace erklärte letzte Woche, London werde seine Unterstützung für das ukrainische Militär durch die Lieferung von Verteidigungswaffen an Kiew ausweiten. Zusätzlich zu den 2.000 hochmodernen Panzerabwehrraketen sollen 30 britische Elitesoldaten als Ausbilder in die Ukraine entsandt werden. Laut Sky News berichteten Beobachter von einer deutlichen Zunahme der Überwachungsflüge britischer Flugzeuge über der Region seit letztem Montag.

Zudem trifft Großbritannien derzeit Vorbereitungen dafür, der Ukraine 1,6 Milliarden Dollar für die Modernisierung ihrer Marine und den Bau eines Hafens in Berdjansk am Asowschen Meer zu leihen. Moskau betrachtet das Asowsche Meer als Teil seines Staatsgebiets und kontrolliert mit der Straße von Kertsch die einzige Verbindung zum Schwarzen Meer.

Die USA haben mittlerweile den baltischen Staaten grünes Licht gegeben, Stinger-Flugabwehrraketen an die Ukraine zu schicken und dem Land weitere Militärhilfen in Höhe von 200 Millionen Dollar zur Verfügung zu stellen – zusätzlich zu den 450 Millionen Dollar im letzten Jahr. Angesichts dessen, dass jeder irgendwie geartete russische Überfall mit Bodentruppen erfolgen würde, hat die Bereitstellung von Luftabwehrkapazitäten an Kiew wohl kaum einen anderen Zweck, als irgendeine Provokation zu inszenieren, um Russland zu einem Eindringen zu bewegen. Ein weiteres mögliches Motiv wäre, die Ukraine in das nächste Afghanistan zu verwandeln, wie es der ehemalige Viersterne-Admiral der US Navy James Stavridis und der republikanische Senator Mitt Romney formulierten.

Der Vorsitzende des Außenpolitikausschusses des Senats, Bob Menendez (Demokraten, New Jersey), drängt auf die Verabschiedung des „Defending Ukraine Sovereignity Act of 2022“. Damit würden „vernichtende Sanktionen gegen den russischen Bankensektor sowie hohe Vertreter des Militärs und der Regierung“ verhängt, „Transaktionen mit primären und sekundären Staatsschulden“ verboten, „Sanktionen gegen Russlands Rohstoffindustrie und die Anbieter von spezialisierten Zahlungsverkehrsdiensten wie SWIFT“ genehmigt, das Verteidigungs- und Außenministerium angewiesen, „die Weitergabe von Verteidigungsgütern zu beschleunigen, um die Verteidigungskapazitäten der Ukraine zu beschleunigen“, und die Bereitstellung von „500 Millionen Dollar zusätzliche Sicherheits-Notfallunterstützung an die Ukraine“ angeordnet.

An Putins Adresse gerichtet, erklärte Menendez letzten Freitag in einem Interview mit MSNBC News, falls Russland die Ukraine überfalle, „werden Ihnen und der russischen Wirtschaft nicht nur verheerende Sanktionen drohen, sondern Sie werden auch auf eine viel stärker befestigte Ukraine stoßen. Wenn Sie also russische Söhne in die Schlacht schicken, können Sie damit rechnen, dass viele davon in Leichensäcken zurückkommen.“ Eine derartige Drohung an die russische Bevölkerung sprengt den Rahmen des Gewöhnlichen. Hitler-Deutschland hat 27 Millionen Einwohner Russlands in Leichensäcke gepackt.

Unterdessen haben Spanien, Dänemark und Kanada allesamt ihre Solidarität mit Kiew erklärt. Nach einem Treffen mit Blinken am letzten Dienstag entsandte die spanische Regierung Kriegsschiffe ins Schwarze Meer, darunter einen Minenräumer und eine Fregatte, sowie Kampfflugzeuge nach Bulgarien. Dort sind bereits niederländische Flugzeuge stationiert und Amsterdam kündigte die Entsendung von F-35-Kampfflugzeugen in den Staat am Schwarzen Meer an.

Kanada hat seit dem Jahr 2020 Spezialkräfte als Ausbilder für ukrainische Spezialeinheiten im Land stationiert. Die kanadische Regierung hat nun weitere Soldaten geschickt, erwägt Lieferungen von Kriegsgerät und hat Wirtschaftshilfen in Höhe von 120 Millionen Dollar versprochen. Dänemark hat eine Fregatte ins Baltikum geschickt und Frankreich schickt Truppen nach Rumänien.

In der Ukraine selbst ist die Kriegshysterie ungebrochen. Der Pressesprecher des ukrainischen Präsidenten erklärte am Freitag, russische Truppen könnten bis nach Charkow vorrücken, einer Großstadt im Norden des Landes, die nur 340 Kilometer westlich der abtrünnigen pro-russischen Republiken im Osten liegt. Dies würde bedeuten, dass Russland einen Großteil des Landes besetzen würde. Dieser Vorwurf, für den keinerlei stützende Beweise vorgelegt wurden, soll die ukrainischen Nationalisten aufhetzen und die Bevölkerung so weit wie möglich in einen Zustand der Angst versetzen. Ein Großteil der ukrainischen Bevölkerung besteht aus ethnischen Russen, deren Muttersprache Russisch ist und die sich mit der russischen Kultur und Bevölkerung identifizieren. Solche Äußerungen haben das Potenzial, in der Ukraine ein ethnisches Blutbad auszulösen, zumal das ukrainische Militär von offenen Faschisten kontrolliert wird.

Letzte Woche machten die USA deutlich, dass sie bereit sind, die Ukraine jederzeit in ein Kriegsgebiet zu verwandeln. Sie behaupteten, sie hätten Beweise dafür, dass der Kreml eine „False Flag“-Operation (Operation unter falscher Flagge) in der Ukraine vorbereitet, die eine russische Invasion rechtfertigen würde. Damit kann das Weiße Haus – der Großmeister der „False Flag“-Operationen – jetzt jeden Angriff, beispielsweise auf russische Staatsbürger in der Ukraine, als Werk Russlands darstellen, auf das die USA und die Nato reagieren müssen.

Als Antwort auf diese eskalierenden Drohungen verlegt die russische Regierung weitere 140 Kriegsschiffe ins Schwarze Meer und 10.000 Soldaten sowie 1.000 Einheiten Kriegsgerät an die Küste. Sie schickt außerdem Amphibienfahrzeuge ins Baltikum. Im Laufe des Januars und Februars führt die russische Marine in „allen Zonen“ Übungen durch, u. a. in allen an Russland angrenzenden Ozeanen und allen global bedeutenden Meeren, darunter dem Mittelmeer, der Nordsee, dem Ochotskischen Meer, dem Nordatlantik und dem Pazifik. Im südlichen Militärbezirk sind taktische Bataillonsgruppen an aktiven Übungen beteiligt.

Das russische Parlament ist dabei, einen formellen Antrag an Präsident Putin mit dem Ziel zu verfassen, dass die abtrünnigen ostukrainischen Regionen Donbass und Lugansk von Russland als unabhängige Republiken anerkannt werden. Die Staatsduma verlangt vom Kreml-Chef außerdem die Ankündigung von Maßnahmen zur Verteidigung russischer Staatsbürger in dieser Region.

Im Anschluss an die Diskussion zwischen Blinken und Lawrow am Freitag erklärte Blinken, die USA würden nächste Woche eine schriftliche Antwort auf Russlands Forderungen vorlegen. Zu diesen Forderungen gehört die nach einer Garantie, dass die Ukraine nicht in die Nato aufgenommen wird, nach dem Rückzug des Nato-Kriegsgeräts und ihrer Soldaten sowie nach einer Einstellung der massiven anti-russischen Nato-Militärübungen.

Da die USA bisher signalisiert haben, auf keine dieser Forderungen einzugehen, wird die Antwort der USA, die Moskau nächste Woche vorgelegt wird, vermutlich alle Forderungen des Kreml zurückweisen und stattdessen eine Liste von Ultimaten enthalten, denen Russland nicht zustimmen kann. Washington und Brüssel haben Moskau wiederholt aufgefordert, seine Streitkräfte von der Grenze zur Ukraine abzuziehen und die Ukraine nicht zu überfallen. Doch egal wie oft der Kreml die Vorbereitung eines Überfalls auf die Ukraine bestritten hat, die USA und die Nato haben sich in diesem Punkt nicht beschwichtigen lassen. Räumte Moskau Washington und Brüssel das Recht ein, Russland zu diktieren, wo es auf seinem eigenen Staatsgebiet Truppen stationieren darf, würde der Kreml faktisch die Souveränität über sein eigenes Territorium aufgeben.

Angesichts der nicht enden wollenden Pandemie, die weltweit Millionen Menschen tötet und auf die die westlichen Regierungen reagieren, indem sie nahezu alle Schutzmaßnahmen aufheben, hat der rücksichtslose und wahnsinnige Kriegskurs gegen Russland in der amerikanischen Bevölkerung keinen Rückhalt.

Newsweek veröffentlichte vor kurzem eine Umfrage der Convention of States Action und der Trafalgar Group, laut der in den USA „nur 15,3 Prozent der Wahlberechtigten der Meinung sind, dass die USA im Falle eines russischen Überfalls auf die Ukraine Bodentruppen in die Ukraine schicken sollten“. Ein Drittel der Befragten erklärte, man solle ausschließlich diplomatisch intervenieren.

Loading