Omikron wütet in Kliniken und Pflegeheimen

Die rasant steigenden Infektionszahlen haben immer gravierendere Auswirkungen auf die Situation in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen.

Während sich alleine am Freitag über 206.000 Menschen in Deutschland infizierten und 196 verstarben, bereitet die Bundesregierung die Aufhebung der noch verbliebenen, ohnehin völlig unzureichenden, Schutzmaßnahmen vor. Wie alle Regierungen in Europa nimmt die Ampel-Koalition unter Kanzler Olaf Scholz (SPD) damit massenhafte Erkrankungen und Todesfälle bewusst in Kauf.

Protest für bessere Pflege vor der Berliner Senatsverwaltung am 29. Mai 2020 (Bild: Leonhard Lenz/CC0 1.0)

Schon jetzt sind massive Ausbrüche an der Tagesordnung. In einem Pflegeheim in Heidelberg sind jüngst 34 Bewohner und zwei Beschäftigte positiv auf das Coronavirus getestet worden. In einer Pflegeeinrichtung im bayerischen Lichtenfels haben sich 75 Menschen infiziert. Neben 42 Bewohnern sind 33 Beschäftigte positiv getestet worden, wie der Träger mitteilte.

In Schleswig-Holstein wurde in der Gemeinde Tarp ein Corona-Ausbruch in einem Seniorenheim gemeldet, bei dem sich 65 Bewohner und 19 Mitarbeiter infizierten. In einer Einrichtung in Wahlstedt wurden zuletzt 54 der 89 Bewohner und 30 von 39 Beschäftigten infiziert. Hier wurde der Ausbruch durch die deutlich ansteckendere Sub-Variante BA.2 ausgelöst. Laut Robert-Koch-Institut (RKI) sind bereits 20 Prozent der Infektionen in Deutschland auf diese Variante zurückzuführen.

In einer Pflegeeinrichtung in Horb (Baden-Württemberg) haben sich bei einem erneuten Ausbruch 15 Bewohner und zehn Mitarbeiter angesteckt. Bereits vor wenigen Wochen, kamen nach einem Ausbruch neun Bewohner ums Leben. Die Liste ließe sich seitenweise fortsetzen.

Die zahlreichen Infektionen führen zu einem enormen Personalausfall, was die seit Jahren grassierende Personalnot in Pflegeberufen noch weiter verschärft. Noch gilt für das Pflegepersonal in Altenhilfeeinrichtungen eine Fachkraftquote von 50-Prozent.

In Thüringen wird dies nach Angaben des Sozialministeriums in 40 Prozent der Einrichtungen nicht mehr erreicht. In 129 der 328 Heime liegt die Quote unter 50 Prozent, wie die Deutschen Presse-Agentur mitteilte. Darunter sind 49 Einrichtungen, die sogar nur zwischen 30 und 45 Prozent Fachpersonal beschäftigen. Viele Einrichtungen nehmen aus Personalmangel keine neuen Bewohner auf. Laut rbb haben dies mehrere Einrichtungen im brandenburgischen Cottbus und Umgebung bereits getan.

Ähnlich ist die Lage in den Krankenhäusern. Am Bonhoeffer-Klinikum in Neubrandenburg fällt beispielsweise jeder zehnte Mitarbeiter wegen einer Corona-Infektion oder der notwendigen Quarantäne aus. Hier werden aktuell nur noch dringende Notfälle aufgenommen. Im Rostocker Südstadtklinikum sind so viele Ärzte und Pflegekräfte aufgrund von Corona-Infektionen ausgefallen, dass bereits eine Station geschlossen wurde. Nach Angaben des ärztlichen Direktors ist geplant, eine weitere Station zu schließen.

Ebenso dramatisch ist die Lage in Berlin. Hier liegt die Hospitalisierungsinzidenz über 25. Damit stieg sie innerhalb einer Woche um fünf Punkte. Verbunden damit ist ein starker Anstieg der Belegung auf den Normalstationen. Die landeseigenen Vivantes-Kliniken versorgen mit 331 derzeit 53 Covid-Patienten mehr als vor einer Woche (Stand Freitag). Gleichzeitig ist der Krankenstand unter den Mitarbeitern doppelt so hoch wie gewöhnlich.

Ähnlich ist das Bild in der Charité, die den Großteil der wegen Corona in Behandlung befindlichen Patienten der Hauptstadt versorgt. Auch Kliniken des DRK erwarten nach eigenen Angaben kurzfristig keine Entspannung der Situation.

Trotzdem prescht der rot-rot-grüne Senat mit dem Öffnungskurs weiter voran. So haben SPD, Grüne und Linke großzügige Lockerungen für Großveranstaltungen beschlossen, die am Samstag in Kraft traten. Weitere sollen ab 19. Februar folgen.

Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) erklärte, der Senat berate derzeit gemeinsam mit dem Virologen Christian Drosten über eine „Exit-Strategie“ aus den Corona-Maßnahmen. Drosten hatte zuletzt den skrupellosen Durchseuchungskurs der Bundes- und Landesregierungen als alternativlos dargestellt.

Während die Regierungsparteien die Durchseuchung weiter vorantreiben, werden selbst die bestehenden Impfmöglichkeiten aus Kostengründen zurückgefahren. Derzeit werden Pläne diskutiert, fünf landeseigene Impfzentren zu schließen. Damit würde die Kapazität in Impfzentren oder Impfstellen von bisher 17.000 auf nur noch 3.600 Impfungen sinken. Von den bisher 23 mobilen Impfteams sollen nur 12 erhalten bleiben.

Vor diesem Hintergrund muss auch die aufkommende Diskussion über eine berufsbezogene Impflicht für Medizin- und Pflegeberufe gesehen werden. Immer mehr Politiker und Medien laufen Sturm gegen die beschlossene Impfpflicht, wonach ab dem 15. März Beschäftigte in Kliniken und Pflegeheimen vollständig geimpft sein müssen und andernfalls nicht mehr an ihren Arbeitsplatz dürfen.

Es ist zwar nicht möglich, alleine durch Impfungen die Pandemie zu stoppen. Dennoch sind Massenimpfungen zwingend erforderlich, besonders im Gesundheitsbereich. Wie Ausbrüche immer wieder zeigen, kann es katastrophale Folgen haben, wenn eine infizierte Person mit alten oder kranken Menschen in einem Heim oder einem Krankenhaus arbeitet. Deshalb ist die Anforderung, dass sie geimpft sein muss, legitim und notwendig. Wer sich trotz Zugangs zu einem Impfstoff weigert, sich impfen zu lassen, wird zwangsläufig nicht in diesen Bereichen arbeiten dürfen.

Nun argumentieren zahlreiche Medien und Politiker, die Impfpflicht würde zu massenhaften Kündigungen in Pflegeheimen führen und die Personallage weiter verschärfen. Bayerns Regierungschef Markus Söder (CSU) hatte angekündigt, es werde „großzügigste Übergangsregelungen“ geben, was einer Weigerung gleichkommt, das Gesetz umzusetzen.

Auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat für eine Verschiebung der Impfpflicht plädiert. Die Gewerkschaften vertreten in großen Teilen ebenfalls diesen Kurs. So hatte Verdi-Chef Frank Werneke schon im letzten Jahr vor einer Stigmatisierung von Nichtgeimpften in diesem Zusammenhang gewarnt.

Diese Argumentation ist verlogen und reaktionär. Tatsächlich sind Beschäftigte in Medizin und Pflege bereits zu über 85 Prozent vollständig geimpft und liegen damit deutlich über der allgemeinen Impfquote. In Rheinland-Pfalz sind es über 92 Prozent, in einigen Städten liegt der Anteil über 95 Prozent.

Dass es unter Pflegekräften und Medizinern einen nennenswerten Anteil an Impfskeptikern gebe, ist schlichtweg nicht wahr. Dass noch immer Beschäftigte nicht geimpft sind, liegt in der Regel daran, dass es keine systematische Impfkampagne gibt. Viele Hilfskräfte im Pflegebereich kommen aus prekären Verhältnissen, haben Migrationshintergrund und fehlende Sprachkenntnisse für ausreichende Informationen.

Darüber hinaus kommt es nicht wegen einer Impfpflicht zu Kündigungen, sondern genau das Gegenteil ist der Fall. Die völlige Untätigkeit der Verantwortlichen hat in den letzten zwei Jahren zu Tausenden von Kündigungen und Berufswechseln von Pflegekräften geführt. Seit Jahrzehnten wird die öffentliche Gesundheitsversorgung privatisiert und kaputtgespart. Die Pandemie hat der Mischung aus schlechter Bezahlung und miserablen Arbeitsbedingungen noch die ständige Gefahr einer Ansteckung und der möglichen Folgen hinzugefügt.

Beschäftigte im Gesundheitswesen müssen die rechte Kampagne gegen eine Impfpflicht zurückweisen. Um einen Kollaps des Gesundheitswesens und die dauerhafte Überbelastung der Beschäftigten zu beenden, ist es darüber hinaus notwendig, sich der Durchseuchungspolitik der etablierten Parteien entgegenzustellen.

Loading