Regierungswechsel in Slowenien

Die Freiheitsbewegung (GS) des Wirtschaftsmanagers Robert Golob hat die slowenische Parlamentswahl vom 24. April deutlich gewonnen.

Die vier Monate alte Partei erzielte aus dem Stand 34 Prozent der Stimmen und gewann 40 der 90 Parlamentsmandate. Dies ist der höchste Wert, den eine Partei seit der Unabhängigkeit des Landes vor 31 Jahren erreicht hat. Der bisherige Premierminister Janez Jansa und seine national-konservative Demokratische Partei (SDS) kamen auf 24 Prozent der Stimmen und 28 Mandate. Die Wahlbeteiligung erreichte mit 68 Prozent den höchsten Wert seit 22 Jahren.

Sloweniens Wahlsieger Robert Golob (Foto: Barbara Jakse Jersic/CC BY-SA 4.0/Wikimedia)

Golob hat eine rasche Regierungsbildung angekündigt. Er will mit den Sozialdemokraten (SD), die 7 Prozent der Stimmen erhielten, und der Linkspartei Levica, die mit 4 Prozent nur knapp ins Parlament einzog, Koalitionsverhandlungen aufnehmen. Levica ist aus einem Bündnis abgehalfterter Sozialdemokraten, Gewerkschaftsbürokraten und pseudolinker Kräfte hervorgegangen.

Auch die konservative Partei Neues Slowenien (Nsi), die mit 7 Prozent ins Parlament einzog, wäre bereit, Golobs Regierung zu unterstützen. Das Parlament soll am 13. Mai zur konstitutiven Sitzung zusammenkommen.

Golob hat seinen Wahlsieg der Tatsache zu verdanken, dass Janez Jansa zutiefst verhasst und diskreditiert ist. Jansa war drei Mal slowenischer Regierungschef – von 2004 bis 2008, von 2012 bis 2013 und von 2020 bis heute. Dazwischen musste er wegen Korruptionsvorwürfen zurücktreten.

Seit 2020 hat Jansa die Pressefreiheit im Land empfindlich eingeschränkt und die Unabhängigkeit der Justiz beschnitten. Er traf keine Maßnahmen, um die Bevölkerung vor den Folgen der Pandemie zu schützen, so dass in dem zwei Millionen Einwohner zählenden Land fast 6600 Menschen an den Folgen einer Covid-Infektion gestorben sind. Er soldarisierte sich mit Donald Trump und mit dem autoritären ungarischen Regierungschef Victor Orbán, zu dem er enge Beziehungen unterhält.

Golob stilisierte sich als Gegenentwurf zu Jansa. Er konnte vor allem junge Wähler in den größeren Städten mobilisieren. Er versprach mehr Demokratie, eine klimagerechte Wirtschaftspolitik und eine Abkehr von fossilen Rohstoffen. Zentral war jedoch, dass er es vermied, Stellung zum Krieg in der Ukraine zu beziehen, während Jansa unmittelbar nach Ausbruch des Krieges Waffenlieferungen an die Ukraine forderte und anti-russischen Chauvinismus schürte.

In der Bevölkerung sind Angst und Sorge über den Ukraine-Krieg und vor allem über die Rolle der USA und der NATO stark ausgeprägt. In den 1990er Jahren hatten die Westmächte das Aufbrechen Jugoslawiens forciert, einen verheerenden Bürgerkrieg ausgelöst und Serbien bombardiert. Seither ist die gesamte Region ein Pulverfass, geprägt von ethnischen, politischen, sozialen und wirtschaftlichen Spannungen.

Nach seinem Wahlerfolg versprach Golob „Normalität“ und „Veränderung“. Vor der Wahl hatte er seine Politik als „ein bisschen links und ein bisschen rechts“ beschrieben, tatsächlich ist sie ausschließlich rechts. Seine Wahl wird weder Demokratie bringen, noch andere drängende Probleme in der ehemaligen jugoslawischen Teilrepublik lösen. Der angebliche Quereinsteiger ist ein gewiefter politischer Akteur und Geschäftsmann, der eine ähnlich rechte Politik vertritt wie sein Vorgänger.

Bereits von 1999 bis 2002 war Golob Staatssekretär für Energie im slowenischen Umweltministerium. Ab 2006 wurde er dann Chef des halbstaatlichen Stromversorgungsunternehmens Gen-I, was ihm ein beträchtliches Vermögen einbrachte. Politisch schloss er sich der Partei Positives Slowenien (PS) an, die 2011 ebenfalls kurz nach ihrer Gründung die Parlamentswahl gewann, aber mangels Koalitionspartner erst zwei Jahre später eine Regierung unter Alenka Bratušek bilden konnte.

Als sich Bratušek 2014 mit Parteigründer Zoran Janković überwarf, wurde Golob stellvertretender Vorsitzender ihrer neuen Partei Bündnis Alenka Bratušek. Bratušek trat kurz darauf als Ministerpräsidentin zurück und wurde bei der folgenden Wahl wegen ihrer strikten Sparpolitik abgestraft.

Ähnlich wie jetzt Golob, erzielte damals Miro Cerar mit einer neugegründeten Partei einen Erdrutschsieg. Obwohl sich Cerar als „grün-liberal“ bezeichnete, verfolgte er eine rechte Politik, die schließlich dem diskreditierten Jansa den Weg zurück an die Macht ebnete.

Golob wurde politisch wieder aktiv, nachdem sein Vertrag beim Stromlieferanten Gen-I (vermutlich auf Betreiben Jansas) Ende letzten Jahren nicht verlängert wurde. Er setzte sich an die Spitze einer unbedeutenden grünen Partei, benannte sie in Freiheitsbewegung (GS) um und gewann vier Monate später die Parlamentswahl.

Wo Golob politisch tatsächlich steht, machte auch sein überschwängliches Lob für den „Präsidenten der Reichen“ Emmanuel Macron deutlich. Er freue sich, sagte er am Wahlabend, dass „die Liberalen heute nicht nur in Slowenien gewonnen haben, sondern auch in Frankreich“.

Er versprach, als Regierungschef den erprobten Prinzipien aus seiner Management-Karriere treu zu bleiben. Der von ihm geführte Stromkonzern habe „die höchsten Kapitalerträge“ zu bieten, ebenso „die niedrigsten Preise, die höchsten Löhne und null Schulden“. Dies alles solle jetzt auch für Slowenien gelten.

Golobs Freiheitsbewegung will in der zukünftigen Regierung das Finanz- und das Gesundheitsressort übernehmen. Da es in den eigenen Reihen kaum erfahrenes Personal gebe, werde man auf die Beratung von Experten zurückgreifen, erklärte Golob.

Die neue Regierung wird auch die von Jansa begonnene Aufrüstung fortsetzen und Waffen an die Ukraine liefern. Slowenien wird 30 bis 40 T-72-Panzer sowjetischer Bauart an die Ukraine übergeben. Zur Kompensation erhält das Land Schützenpanzer vom Typ Marder aus deutscher Produktion, wie die F.A.Z. gestützt auf Informationen aus Regierungskreisen meldete. Dem Bericht zufolge will Slowenien auch deutsche Kampfpanzer vom Typ Leopard 2, Radpanzer Boxer und Schützenpanzer Puma erwerben.

Noch Ende April schloss das slowenische Verteidigungsministerium einen Vertrag über die Lieferung von 45 gepanzerten Transportfahrzeugen Boxer ab. Der Kaufvertrag hat ein Volumen von 343 Millionen Euro. Die erste Lieferung soll im nächsten Jahr stattfinden. Slowenien will mit den neuen Fahrzeugen einen mittleren Gefechtsverband in Bataillonsstärke aufstellen.

Die Kosten der Aufrüstung werden auf die Bevölkerung abgewälzt, was zu Konflikten führen wird. Unter der hohen Inflation von fast sieben Prozent leiden vor allem ärmere Familien, die kaum noch über die Runden kommen.

In der Bevölkerung wächst der Widerstand dagegen. Im Februar streikten 50.000 Beschäftigte aus dem Gesundheits- und Sozialwesen. Auslöser waren erfolglose Verhandlungen über Lohnerhöhungen und verbesserte Arbeitsbedingungen. Während der Pandemie waren die Kliniken kurz vor dem Kollaps. Die Versorgung konnte nur durch die Opferbereitschaft von Ärzten und Pflegepersonal aufrechterhalten werden.

Nur ein Teil der Beschäftigten im öffentlichen Gesundheits- und Sozialwesen erhielt im vergangenen Jahr eine Prämie. Der Großteil ging leer aus. Durch die enge Zusammenarbeit von Gewerkschaften und Regierung ist das Gesundheitswesen völlig ausgeblutet. Für die Beschäftigten sind schlechte Bezahlung und miserable Arbeitsbedingungen die neue Normalität.

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