Ford: IG Metall-Betriebsräte organisieren Arbeitsplatzvernichtung und Lohnkürzungen

Am Mittwoch fand bei Ford Saarlouis eine Betriebsversammlung statt, auf der die Betriebsräte der IG Metall eigentlich über den Stand des Bieterwettbewerbs zwischen ihrem Werk und dem Standort in Almussafes (Valencia) informieren wollten. Tatsächlich erhielten die Beschäftigten keinerlei echte Informationen, sondern wurden mit Phrasen und Parolen abgespeist, die allerdings mehr als deutlich machten, dass Ford Saarlouis vor dem Aus steht und zudem empfindliche Kürzungen an allen europäischen Standorten geplant sind.

Schichtwechsel bei Ford Saarlouis (Foto: WSWS)

Wenn der Kölner und Gesamt-Betriebsratsvorsitzende Benjamin Gruschka, der Betriebsratsvorsitzende in Saarlouis Markus Thal und die Vorsitzende des Europäischen Ford-Betriebsrats Katharina von Hebel einen „heißen Sommer“ oder „Herbst“ (Thal) mit Protesten ankündigten, verfolgten sie das durchsichtige Ziel, die Arbeiter zu vertrösten. Man könne aktuell noch keine Proteste ausrufen, weil noch keine Entscheidung gefällt sei, behaupteten sie. Im Herbst werden sie dann erklären, dass es nun zu spät für einen Kampf sei.

Dabei ist es äußerst zweifelhaft, dass noch keine Entscheidung für einen Standort getroffen worden ist. Schon vor den Versammlungen hatte sich abgezeichnet, dass Ford Saarlouis den Zuschlag für die Produktion der E-Modelle nicht erhalten wird. Auf der Betriebsversammlung verbreitete Thal jetzt die Mär, dass eine solche Entscheidung nicht die Schließung des Werks bedeuten müsse.

Er wiederholt damit, was der Ford-Europa-Chef Stuart Rowley und die deutsche Konzernleitung am Tag zuvor in Mitteilungen an die Beschäftigten behauptet hatten. „Es geht vielmehr darum, innerhalb unserer Zukunftsstrategie aktiv nach anderen Möglichkeiten für diesen Standort zu suchen“, schrieb die Geschäftsführung von Ford Deutschland. Rowley schrieb, dazu müssten „viele unterschiedliche Interessengruppen beteiligt“ werden, „einschließlich lokaler und nationaler Regierungen“.

Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) hatte dies bereits unterstützt und nun nochmals ihre Bereitschaft zur Kooperation bekräftigt. Sie habe in einem Brief deutlich gemacht, dass auch die neue Landesregierung die volle Unterstützung für den Standort zusichere. Sie würde dazu auch in die Deutschlandzentrale in Köln oder an den Konzernsitz im amerikanischen Detroit kommen.

Das Vorgehen, das sich abzeichnet, ist bekannt. Genauso sind IG Metall und Opel-Konzern gegen die Kollegen in Bochum vorgegangen.

Dort hatten Gewerkschaft und Betriebsräte über Jahrzehnte Arbeitsplatzabbau und Lohnkürzungen zugestimmt. Jede dieser Kürzungen wurde verkauft als „Beitrag der Arbeitnehmer“ zur Standortsicherung. Nach dem von einst 20.000 Beschäftigten nur noch 3000 übrig waren, schloss der Konzern das Werk und riss es ab. Der Standort wurde „gesichert“ durch den Bau eines neuen Warenverteilzentrums. Dort war lediglich einigen hundert Arbeitern ein Job angeboten worden, die anderen wurden über eine Transfergesellschaft in Rente, Arbeitslosigkeit oder Niedriglohnjob verschoben. Die verbliebene Opel-Belegschaft sieht sich nun ständig der Bedrohung ausgesetzt, ihren Metall-Tarif zu verlieren und in den Logistik-Tarifvertrag mit Niedriglöhnen zu fallen.

Thal selbst hat auf der Betriebsversammlung aufgezählt, was der von ihm geführte Betriebsrat seit 2018 den Beschäftigten in Saarlouis bereits an Opfern abverlangt hat: 2.600 Arbeitsplätze und Lohnverluste etwa durch die Streichung der Nacht- und Wochenendschichten.

Wenn Thal und seine Betriebsratskollegen jetzt die Versprechen der Konzernspitze aufgreifen, dass es auch ohne den Zuschlag eine Zukunft für das Werk in Saarlouis geben könne, halten sie den Beschäftigten lediglich die Karotte vor die Nase. Mit immer neuen Kürzungen und Entlassungen wird das Werk nicht gerettet, sondern abgewickelt. Die leeren Versprechungen dienen nur dazu, den Widerstand der Kollegen zu brechen.

Darüber hinaus sollen mit der angeblichen Rettung des Werks in Saarlouis massive Angriffe auf die Kollegen in Köln, Almussafes und den anderen europäischen Standorten durchgesetzt werden.

In seinem Brief an die Beschäftigten teilte Rowley mit, er gehe davon aus, „dass sowohl Saarlouis als auch Valencia ihre derzeitigen Strukturen anpassen werden müssen“. Was das bedeutet, ist klar. In Almussafes haben der UGT-Betriebsrat und der Konzern bereits Lohnsenkungen und Arbeitszeitverlängerungen vereinbart. Nun droht der Konzern mit einem Arbeitsplatzabbau in vierstelliger Höhe.

In Deutschland übernimmt die IG Metall die Aufgabe, nicht nur in Saarlouis die Jobs abzubauen und die Arbeitsbedingungen zu verschlechtern, sondern auch in Köln. Immer wieder betonte der Gesamtbetriebsrat, dass die deutschen Standorte gemeinsam in den Bieterwettbewerb gehen und auch die Arbeitsplätze in Köln zur Disposition stehen.

Das Ergebnis dieser Standort-Logik ist klar: es wird zu massiven Kürzungen an allen europäischen Standorten kommen, das Werk in Saarlouis wird aber trotzdem abgewickelt werden. Thal setzte die Kollegen weiter unter Druck, indem er erklärte, dass noch nicht einmal sicher sei, ob Ford überhaupt ein Elektroauto in Europa auf einer hauseigenen Plattform bauen werde. Die Hängepartie könne daher noch bis ins nächste Jahr verlängert werden, so Thal.

Mit all diesen Statements wollen die Betriebsräte nur erreichen, dass sich die Kolleginnen und Kollegen nicht gegen die massiven Angriffe zur Wehr setzen, die IG Metall und Ford gemeinsam ausarbeiten. Die IG Metall-Betriebsräte treffen sich laut Thal zweimal in der Woche mit der Konzernleitung und „durchleuchten“ dabei alle Dinge: „Personalkosten, Lieferketten, Produktionsstätten.“

Die Betriebsräte wissen also längst, was geplant ist, halten es aber geheim, um es besser durchsetzen zu können. Zentrales Ziel ist es, jeden Arbeitskampf zu unterdrücken, der Ford empfindlich treffen würde. Nicht umsonst erklärte Ford-Chef Rowley in seinem Brief an die Beschäftigten, es sei wichtig, „dass alle unsere Standorte ihre Produktion fortsetzen und wir uns weiter darauf konzentrieren, unsere Zusagen für das Jahr 2022 einzuhalten“. Dies sei „die Grundlage für die Finanzierung und den Aufbau eines profitablen Electric-Vehicle-Geschäfts in Europa und weltweit“, drohte er.

Die Kolleginnen und Kollegen aller europäischen Standorte müssen sich dieser Logik entgegenstellen und einen gemeinsamen Arbeitskampf organisieren, der sämtliche Kürzungen verhindert und alle Arbeitsplätze verteidigt. Sie müssen die Offenlegung der Geheimverhandlungen fordern und dem IG Metall-Betriebsrat das Verhandlungsmandat entziehen. Dazu muss das unabhängige Aktionskomitee der Ford-Arbeiter aufgebaut werden, das in einem Aufruf vom Dienstag erklärte:

„Wir wissen, dass der Kampf nicht leicht wird und dass IG Metall und Betriebsrat alles daransetzen werden, ihn zu sabotieren. Aber wir haben auch mächtige Verbündete. Überall auf der Welt wächst der Widerstand von Arbeitern gegen Preissteigerungen und Entlassungen, die aufgrund der Politik des Wirtschaftskriegs gegen Russland und der horrenden Aufrüstung rasant zunehmen. [...]

Wir sagen: Bis hierhin und nicht weiter. Wir sind nicht das nächste Ford Genk. Wir müssen wirklich kämpfen. Streiks und Arbeitskämpfe waren in der Vergangenheit siegreich und können auch heute gewonnen werden. Dazu muss jedoch eine Organisation in den Werken aufgebaut werden, die davor nicht zurückschreckt. Ford und die IG Metall sollten uns fürchten und nicht umgekehrt.“

Schickt eine Whatsapp-Nachricht an folgende Nummer, um mit dem Aktionskomitee in Kontakt zu treten: +491633378340

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