Biden-Regierung drängt auf Nato-Beitritt von Schweden und Finnland, Senat verabschiedet 40-Milliarden-Hilfspaket für die Ukraine

Nach der Niederlage der ukrainischen Armee am Dienstag in Mariupol, einer Stadt mit großer strategischer Bedeutung, unternimmt die amerikanische herrschende Klasse weitere Schritte, um den Stellvertreterkrieg mit Russland in Osteuropa zu verlängern und auszuweiten.

Am Donnerstag stimmte der US-Senat mit 86 zu 11 Stimmen für ein massives Hilfspaket für die Ukraine im Wert von 40 Milliarden Dollar. Alle Stimmen gegen den Gesetzentwurf stammten von der republikanischen Rechten. Damit steigt der Gesamtwert der US-Hilfen für die Ukraine auf 54 Milliarden Dollar innerhalb von zwei Monaten. Der Gesetzentwurf wurde vor allem von den Demokraten durchgedrückt, die allesamt die beispiellose Bewaffnung der ukrainischen Armee und faschistischer Kräfte sowie die Unterdrückung jeder öffentlichen Diskussion über die Auswirkungen dieser Bewaffnung unterstützen. Sobald US-Präsident Joe Biden den Gesetzentwurf unterzeichnet, wird er in Kraft treten.

Wenige Stunden vor der Abstimmung im Senat traf sich Biden zu einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem finnischen Präsidenten Sauli Niinistö und der schwedischen Ministerpräsidentin Magdalena Andersson, die beide gerade erst die Aufnahme in die Nato beantragt hatten. Auf der Pressekonferenz trug Biden erneut die außergewöhnliche Skrupellosigkeit und Arroganz zur Schau, die mittlerweile die höchsten Ebenen des amerikanischen Staats dominieren.

Nach Einwänden des Nato-Mitgliedsstaats Türkei gegen die Aufnahme Finnlands und Schwedens und den Warnungen des Kremls vor einer Reaktion Moskaus mit angemessenen „militärischen und technischen Maßnahmen“ erklärte Biden faktisch, die USA würden alles in ihrer Macht Stehende tun, um die schnellstmögliche Aufnahme beider Länder in das Militärbündnis zu gewährleisten.

Der US-Präsident betonte, beide Länder hätten die „vollständige, totale, uneingeschränkte Unterstützung“ der USA bei ihrem Mitgliedschaftsantrag. Er gab auch praktisch zu, dass Washington die wichtigste Triebkraft hinter den Entscheidungen Finnlands und Schwedens zum Nato-Beitritt war. Laut Biden fanden bereits im letzten Dezember Diskussionen mit dem finnischen Präsidenten Sauli Niinistö statt, sowie weitere Treffen in den Wochen vor Russlands Überfall auf die Ukraine und zuletzt im März: „Wir befanden uns zu jedem Zeitpunkt in engen Beratungen.“

Die Pläne für den Nato-Beitritt Schwedens und Finnlands sind eindeutig schon lange vor Russlands Überfall auf die Ukraine ausgearbeitet worden – ein Überfall, den die Nato jahrelang provoziert hat und jetzt als lange erhofften Vorwand benutzt, um die Pläne für eine massive Aufrüstung und eine direkte militärische Konfrontation mit Russland umzusetzen.

Biden bedankte sich bei der demokratischen Parteiführung für ihre Hilfe, um „dies so schnell wie möglich in den Senat zu bringen“, und kündigte an, das Weiße Haus werde dem Kongress später am gleichen Tag einen Antrag vorlegen, mit dem die Anträge von Schweden und Finnland bewilligt werden sollen.

Er bekräftigte außerdem das Eintreten der USA für Artikel 5 des Nato-Vertrags, das alle Nato-Staaten dazu verpflichtet, einem Mitgliedsstaat zu Hilfe zu kommen, falls dieser militärisch angegriffen wird. Biden erklärte, die USA werden „jeden Zoll des Nato-Territoriums verteidigen“ und betonte, Finnlands und Schwedens Antrag auf Nato-Mitgliedschaft zeige, dass „die Tür der Nato geöffnet bleibt.“

Die Ukraine hat jahrelang den Beitritt zu dem Bündnis angestrebt. Dass die Ukraine nicht in die Nato aufgenommen wird, war eine der zentralen Sicherheitsgarantien, die Putins Oligarchen-Regime vor dem Überfall auf die Ukraine erfolglos gefordert hatte.

Der finnische Präsident Sauli Niinistö wiederum erklärte, das finnische Militär sei „eines der stärksten in Europa“, und die schwedische Ministerpräsidentin Magdalena Andersson versprach, ihr Land werde „das Ziel von [Militärausgaben in Höhe von] zwei Prozent des BIP so schnell, wie es praktisch möglich ist, erreichen.“ Beide deuteten an, dass sie mit einer „schnellen“ Aufnahme ihrer Länder rechnen und erklärten, sie würden jetzt und in den kommenden Tagen mit allen Nato-Mitgliedern verhandeln, einschließlich der Türkei.

Die Abstimmung im Senat und die demonstrative Pressekonferenz am Donnerstag sind darauf ausgerichtet, den Nato-Stellvertreterkrieg in der Ukraine weiter zu eskalieren, nachdem Russland die strategisch wichtige Hafenstadt Mariupol im Südosten des Landes unter Kontrolle gebracht hat. Mariupol wurde fast drei Monate lang von den russischen Truppen belagert. Beide Seiten konzentrierten einen Großteil ihrer militärischen Kampfkraft darauf, die Kontrolle über die Stadt zu erlangen. Das neonazistische Asow-Bataillon, das vollständig in die ukrainischen Streitkräfte eingebunden wurde, spielte die zentrale Rolle bei den Kampfoperationen des ukrainischen Militärs gegen die russischen Truppen. Kämpfer des Asow-Bataillons waren auch die letzten, die sich in dem eingeschlossenen Stahlwerk Asowstal den russischen Truppen ergaben.

Mittlerweile haben sich laut russischen Presseberichten mehr als 1.800 Asow-Kämpfer ergeben. Das Putin-Regime, das selbst an rechtsextreme Kräfte und großrussischen Chauvinismus appelliert, schlachtet seinen Sieg in Mariupol für seine Kriegspropaganda aus, die den reaktionären Krieg des Kremls für Sicherheitsgarantien von den imperialistischen Mächten betrügerisch als Kampf gegen den Faschismus darstellt.

Der Sieg in Mariupol stärkt auch die militärische und strategische Position Russlands, nachdem das russische Militär drei Monate lang katastrophale militärische Verluste hinnehmen musste, darunter Tausende von Soldaten, mehrere Generäle und das Flaggschiff der Schwarzmeerflotte, die Moskwa. Durch die Kontrolle über Mariupol kann Russland eine Landbrücke in die Ostukraine aufbauen und eine Verbindung zwischen den noch immer umkämpften Gebieten um Donezk und Lugansk und der Krim herstellen. Russland hatte die Krim im März 2014 nach dem von den USA unterstützten Putsch vom Februar annektiert.

Vom militärischen, aber auch vom politischen Standpunkt aus ist der Verlust von Mariupol daher ein schwerer Schlag für das Kiewer Regime und seine Kriegsstrategie. Im Jahr 2020 gehörten etwa 104.000 Soldaten oder 40 Prozent der ukrainischen Armee rechtsextremen paramilitärischen Kräften an. Asow, das seit 2014 in Mariupol seinen Hauptsitz hatte, ist bei weitem die größte dieser Kräfte.

Das Asow-Bataillon spielte auch eine wichtige Rolle in der Propaganda des Regimes in Kiew und der imperialistischen Mächte, die sie ständig als „Helden“ und die besten Verteidiger der Ukraine dargestellt haben. Jetzt verschärfen die pro-imperialistischen Medien die Legitimierung dieser Faschisten und Hitler-Verehrer.

Die Washington Post veröffentlichte am Donnerstag einen Leitartikel, laut dem sich das Asow-Bataillon mittlerweile „reformiert“ hat und „die Anerkennung verdient, die es von der Regierung erhält.“ Tatsächlich ist die rechtsradikale Orientierung des Asow-Bataillons unstrittig. Es knüpft offen an die Traditionen der Nazi-Kollaborateure der Organisation Ukrainischer Nationalisten an, die im Zweiten Weltkrieg Zehntausende von Juden und Polen ermordet hat, und benutzt Symbole und Embleme, die auf Nazi-Gruppierungen wie die SS zurückgehen. Der Gründer des Asow-Bataillons, Andrei Biletzki, hat offen zu einem „Kreuzzug der weißen Nationen der Welt gegen die jüdischen Untermenschen“ aufgerufen.

Das Asow-Bataillon wurde vom ukrainischen Staat und den imperialistischen Mächten nicht etwa trotz seiner faschistischen Orientierung als Stoßtruppe im Krieg gegen Russland aufgebaut, sondern gerade deshalb. Faschisten aus der ganzen Welt wurden aufgerufen, dem Asow-Bataillon beizutreten, und ein Großteil der Waffen und Panzer im Wert von Milliarden Dollar, die die Nato dem ukrainischen Militär liefert, gehen letztlich an ihre Organisation.

Washington signalisiert mit dem Drängen auf die Aufnahme Schwedens und Finnlands in die Nato und dem Hilfspaket für die Ukraine im Wert von gigantischen 40 Milliarden Dollar unmissverständlich, dass der US-Imperialismus auf den militärischen Rückschlag in Mariupol nicht mit einer Rückkehr zu Verhandlungen, sondern mit einer weiteren Verschärfung des Stellvertreterkriegs gegen Russland reagiert.

Nikita Liponuv erklärte gegenüber Russia in Global Affairs, dem Magazin einer Kreml-Denkfabrik, über die Ausweitungen der Nato-Erweiterung in Skandinavien, der Kreml habe Finnland und Schweden „viele Jahre lang öffentlich und privat vor den militärisch-politischen Folgen eines Beitritts zum Bündnis gewarnt.“

Liponuv warnte, mit Finnland und Schweden in der Nato stehe die Ostsee faktisch unter der Kontrolle der Nato. Die Grenze des Bündnisses mit Russland würde sich größenmäßig verdoppeln und „die ganze Region ein weiterer Schauplatz der Konfrontation zwischen Russland und dem Westen werden... Längerfristig können wir den Gedanken an ein atomwaffenfreies Nordeuropa vergessen.“

Er fuhr fort: „Die Aufnahme der beiden nordischen Staaten in das Bündnis wird nicht nur die politisch-militärische Lage in Europa beeinflussen, sondern auch in der Arktis. Sieben der acht ständigen Mitglieder des Arktischen Rates werden die Nato repräsentieren. Der Trend unter den westlichen Arktismächten, ihre Militärausgaben zu erhöhen und ihr Militär im hohen Norden aufzurüsten, der bereits vor der Eskalation der Ukrainekrise begann, wird sich fortsetzen und möglicherweise verschärfen.“

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