Offener Brief an das Präsidium der Humboldt-Universität zu Berlin

Stoppt rechte Gewalt gegen kritische Studierende! Schluss mit der Unterstützung des rechtsradikalen Professors Baberowski!

An das Präsidium der Humboldt-Universität zu Berlin und den kommissarischen Präsidenten der Humboldt-Universität Dr. Peter Frensch

Sehr geehrter Herr Frensch,

als Mitglied des Studierendenparlaments und im Namen der Fraktion der IYSSE fordere ich Sie auf, endlich ihre Unterstützung des rechtsradikalen und kriminellen Professors Jörg Baberowski zu beenden und ein Disziplinarverfahren gegen ihn einzuleiten. Sein tätlicher Angriff auf mich, für den ihn das Amtsgericht bereits zur Zahlung von 4.000 Euro verpflichtet hat, ist völlig inakzeptabel. Wenn kritische Studierende bei den Wahlen zum StuPa mit Gewalt von Professoren rechnen müssen, kann von einer freien Wahl keine Rede sein.

Anlässlich der Vorstellung einer Broschüre zur Rolle der Humboldt-Universität bei der Ausarbeitung des Generalplan Ost und der Durchführung des Vernichtungskriegs der Nazis, betonten Sie in der letzten Woche zu Recht die „Verantwortung der Wissenschaftler und der Universität“, sich „glaubwürdig gegen Antisemitismus, gegen Rassismus zu positionieren“. Vor diesem Hintergrund appellierten Sie an „ethisch-moralische Normierungen“, um sicherzustellen, dass Forschung für verbrecherische Zwecke „nicht mehr geschieht“.

Doch das Verhalten des Präsidiums der Humboldt-Universität, dem sie kommissarisch vorstehen, ist diesen Zielen seit Jahren direkt entgegengesetzt. Es ist für ein Klima der Gewalt und der Einschüchterung gegen Studierende verantwortlich, die sich gegen die Rückkehr von Militarismus und Rechtsextremismus einsetzen.

Schon am 5. Februar 2020 hatte ich das Präsidium der HU darüber informiert, dass mich der rechtsradikale Professor Jörg Baberowski auf dem Campus tätlich angegriffen und vulgär bedroht hat. Als ich ihn dabei ertappte, wie er rechtmäßig angebrachte Wahlplakate der IYSSE zu den StuPa-Wahlen von einem schwarzen Brett entfernte und vernichtete, schlug er mir das Telefon aus der Hand und drohte: „Soll ich Dir was in die Fresse hauen?“ All das ist auf einem Video dokumentiert, das ich Ihnen zur Verfügung stellte.

Die Dienstaufsichtsbeschwerde, die ich am gleichen Tag eingereicht hatte, wurde von Ihnen bis heute nicht beschieden, obwohl Sie dazu gesetzlich verpflichtet sind. Stattdessen hatte sich Ihre Vorgängerin Sabine Kunst auf einer Sitzung des Akademischen Senats vom 11. Februar 2020 sogar hinter Baberowski gestellt und seinen Gewaltakt als „menschlich verständlich“ verteidigt.

In der Zwischenzeit hatte die Staatsanwaltschaft ein Strafverfahren gegen Baberowski wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung eingeleitet, das vom Gericht erst gegen die Zahlung von 4.000 Euro eingestellt wurde. Dass Baberowski diese Summe zahlte, um der mündlichen Verhandlung zu entgehen, muss als eindeutiges Schuldeingeständnis gewertet werden.

Doch auch dieser eindeutige Ausgang des Verfahrens bewegte Sie nicht dazu, von Ihrer Unterstützung des rechtsradikalen Professors Abstand zu nehmen. Bis heute deckt das Präsidium einen Professor, der 4.000 Euro zahlen musste, weil er einen Studierenden tätlich angegriffen hat, um ihn an der Ausübung seiner demokratischen Rechte innerhalb der studentischen Selbstverwaltung zu hindern!

Die Universitätsleitung stellt sich damit gegen den erklärten Willen der großen Mehrheit der Studierenden. Ein Beschluss des Studierendenparlaments vom Juni 2020 verurteilte den „schwerwiegenden und gewaltsamen Eingriff in die diesjährigen Wahlen“ und rief das HU-Präsidium dazu auf, seine „Unterstützung für den rechtsextremen Professor zu beenden und Baberowski zur Rechenschaft zu ziehen“.

Bei Baberowski handelt es sich um den bekanntesten Akademiker der extremen Rechten. Im Jahr 2015 gründete er den „Salon Baberowski“ (Die Zeit), in dem sich mindestens halbjährlich alles trifft, was in der neu-rechten Szene Rang und Namen hat. Er selbst hetzt regelmäßig gegen Flüchtlinge, trommelt für brutale Kriege und verharmlost vor allem die Verbrechen der Nazis.

Im Januar 2020 wiederholte Baberowski gegenüber der FAZ die zentrale Lüge vieler Holocaust-Leugner, dass Hitler „nichts von Auschwitz habe wissen wollen“. Damit versuchte er seine frühere Aussage zu rechtfertigen, dass Hitler „nicht grausam“ gewesen sei. Die Verharmlosung der Nazi-Verbrechen zieht sich wie ein roter Faden durch sein akademisches Werk.

Dass dieser rechtsextreme Ideologe nun dazu übergegangen ist, als rechtsradikaler Aktivist selbst über den Campus zu ziehen, studentische Wahlwerbung zu zerstören und Studierende tätlich anzugreifen, ist auch die Verantwortung des Präsidiums der HU. Es hat die rechtsradikalen Strukturen, die sich an Baberowskis Lehrstuhl für osteuropäische Geschichte herausgebildet haben, seit Jahren unterstützt und verteidigt.

Schon als ich das Präsidium am 12. Februar 2017 darüber informierte, dass Herr Baberowski mich in einer offiziellen Vorlesung vulgär beleidigte und Studierende aufrief, die Veranstaltungen der IYSSE zu stören, verteidigte es den rechtsradikalen Professor und bezeichnete „mediale Angriffe“ auf ihn als „inakzeptabel“. Auch als Baberowski dazu überging, andere Professoren der Humboldt-Universität zu beleidigen und zu bedrohen, weil sie eine rechte Petition kritisiert hatten, stellte sich die damalige Präsidentin Kunst hinter ihn.

Im Dezember 2018 folgten dann etwa zwei Dutzend Rechtsextremisten einem Aufruf Baberowskis, eine Veranstaltung der IYSSE an der Humboldt-Universität zu stören. Die anwesenden AfD-Funktionäre unterbrachen die Vortragenden, bedrohten Anwesende und versuchten das Deutschlandlied anzustimmen. Während das Studierendenparlament diesen rechtsextremen Angriff auf eine studentische Veranstaltung an der HU einstimmig verurteilte, weigerte sich Kunst erneut, gegen diese Umtriebe Stellung zu beziehen.

Als Baberowski die beiden Senatorinnen Bafta Sarbo und Juliane Ziegler auf seiner Facebook-Seite als „unfassbar dumm“ und als „linksextreme Fanatiker“ beleidigte, weil diese ein von ihm geplantes Diktaturen-Zentrum kritisiert hatten, weigerte sich Frau Kunst widerrechtlich, eine Dienstaufsichtsbeschwerde der beiden Studentinnen zu bescheiden, geschweige denn gegen den ausfälligen Professor vorzugehen.

Ende 2020 informierte ich das Präsidium schließlich darüber, dass ein enger Mitarbeiter Baberowskis in seiner Jugend ein in Hannover stadtbekannter Neonazi war, der unter anderem zusammen mit Rechtsterroristen auf einer Demonstration gegen die Wehrmachtsausstellung teilgenommen hatte. Die Pressestelle der Universität antwortete mir einsilbig, dass sie sich zu Personalangelegenheiten öffentlich nicht äußern könnte. Das Präsidium unternahm nicht das Geringste, um uns Studierende vor solchen Lehrenden zu schützen.

Es gibt für diese eindeutige Chronologie keine harmlose Erklärung. Das Präsidium hat die wiederholte verbale und physische Gewalt Baberowskis gegen Studierende systematisch gedeckt und notwendige Kritik an dem rechtsradikalen Professor unterdrückt. Es ist damit für ein Klima der Einschüchterung verantwortlich, in dem Studierende gehindert werden sollen, die rechten Ansichten von Professoren zu kritisieren. Das ist mit einer demokratischen Universität nicht vereinbar.

Am 12. Juli finden die nächsten Wahlen zum Studierendenparlament statt, bei denen Studierende das Recht haben müssen, ohne Einschüchterungen und Drohungen für ihre Listen zu werben und ihre Positionen zu vertreten. Ich fordere Sie deshalb auf, endlich ein Disziplinarverfahren gegen Baberowski einzuleiten und sicherzustellen, dass die Wahlen ohne Störungen ablaufen.

Mit freundlichen Grüßen

Sven Wurm

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