Historischer Fortschritt im Kampf für den Trotzkismus:

Das Internationale Komitee der Vierten Internationale akzeptiert den Antrag der Sosyalist Eşitlik Grubu zur Aufnahme als türkische Sektion

Das Internationale Komitee der Vierten Internationale (IKVI) hat auf seiner Sitzung am 19. Juni einstimmig den Antrag der Sosyalist Eşitlik Grubu (Sozialistische Gleichheitsgruppe, SEG) für deren Aufnahme als türkische Sektion des IKVI angenommen.

Die Genossen von Sosyalist Eşitlik haben mit dem Internationalen Komitee bei der Veröffentlichung einer türkischsprachigen Ausgabe der World Socialist Web Site und bei der Übersetzung und Verbreitung ihrer Literatur bereits eng zusammengearbeitet. Die führenden Genossen der SEG haben sich ein umfassendes Wissen über die Geschichte, die Grundsätze und das Programm des IKVI angeeignet und sind damit bestens vertraut.

Der Entscheidung vom 19. Juni gingen ausführliche Diskussionen mit Vertretern des Internationalen Komitees in Istanbul über die Entwicklung des Kampfs für den Trotzkismus in der Türkei sowie der Ägäis- und Schwarzmeerregion voraus.

Mit der Annahme des Antrags der Sosyalist Eşitlik Grubu würdigte das Internationale Komitee das Andenken an den Genossen Halil Celik (1961-2018), der in den Jahren vor seinem frühen Tod unermüdlich für den Trotzkismus gekämpft und den Grundstein für die Gründung einer Sektion des IKVI in der Türkei gelegt hatte.

Die Sosyalist Eşitlik Grubu wird nun mit der Vorbereitung ihres Gründungsparteitags fortfahren.

Nachfolgend veröffentlichen wir die Resolution, die von der Führung der Sosyalist Eşitlik Grubu am 15. Juni 2022 einstimmig angenommen wurde, und mit der sie ihre Aufnahme als Sektion des IKVI beantragt.

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1. Die Sosyalist Eşitlik Grubu hat mit der Verabschiedung dieser Resolution beschlossen, die Aufnahme in das Internationale Komitee der Vierten Internationale (IKVI) zu beantragen, dessen politische Autorität sie anerkennt und mit dem sie in engster politischer Kooperation zusammenarbeitet.

2. Dies ist ein wesentlicher Bestandteil des Beschlusses, die Sosyalist Eşitlik Partisi (Sozialistische Gleichheitspartei, SEP) als türkische Sektion des IKVI zu gründen. Beide Beschlüsse beruhen nicht auf konjunkturellen oder nationalen Erwägungen, sondern auf der Übereinstimmung der SEG mit dem IKVI in Fragen der Geschichte, der Prinzipien und des Programms. In jedem Land ist der Aufbau einer revolutionären Partei nur auf der Grundlage einer internationalen Perspektive, Programmatik und Partei möglich. Die einzige Lösung für die wesentlichen Probleme in der Türkei, die sich hinsichtlich der globalen Geopolitik und des Klassenkampfs in einer kritischen Lage befindet, ist die internationale sozialistische Revolution. Die Gründung der SEP in der Türkei wird Ausdruck der globalen Ausdehnung des IKVI sein. Das IKVI ist die einzige politische Tendenz, die sich der Aufgabe widmet, die großen historischen Probleme zu lösen.

3. Wie Leo Trotzki 1928 in seiner Kritik des Programmentwurfs der Kommunistischen Internationale schrieb:

In unserer Epoche, welche die Epoche des Imperialismus, d.h. der Weltwirtschaft und der Weltpolitik unter der Herrschaft des Finanzkapitals ist, vermag keine einzige kommunistische Partei ihr Programm lediglich oder vorwiegend aus den Bedingungen und Entwicklungstendenzen ihres eigenen Landes abzuleiten. Dasselbe gilt in vollem Umfang auch für die Partei, die innerhalb der UdSSR die Staatsmacht ausübt. Am 4. August 1914 hatte den nationalen Programmen unwiderruflich die letzte Stunde geschlagen. Die revolutionäre Partei des Proletariats kann sich nur auf ein internationales Programm stützen, welches dem Charakter der gegenwärtigen Epoche, der Epoche des Höhepunkts und Zusammenbruchs des Kapitalismus entspricht.

Ein internationales kommunistisches Programm ist auf keinen Fall eine Summe nationaler Programme oder eine Zusammenstellung deren allgemeiner Züge. Ein internationales Programm muss unmittelbar aus der Analyse der Bedingungen und Tendenzen der Weltwirtschaft und des politischen Weltsystems als Ganzem hervorgehen, mit all ihren Verbindungen und Widersprüchen, d.h. mit der gegenseitigen antagonistischen Abhängigkeit ihrer einzelnen Teile. In der gegenwärtigen Epoche muss und kann die nationale Orientierung des Proletariats in noch viel größerem Maße als in der Vergangenheit nur aus der internationalen Orientierung hervorgehen und nicht umgekehrt. Darin besteht der grundlegende und ursächliche Unterschied zwischen der kommunistischen Internationale und allen Abarten des nationalen Sozialismus.

4. Nur das IKVI repräsentiert die politische Kontinuität der marxistischen/trotzkistischen Weltbewegung. Diese Kontinuität geht auf die Linke Opposition zurück, die im Jahr 1923 unter der Führung von Leo Trotzki gegründet wurde, um die Strategie und das Programm der sozialistischen Weltrevolution gegen die nationalistische, stalinistische Degeneration zu verteidigen. Diese Strategie und dieses Programm dienten schon in der Oktoberrevolution von 1917 in Russland als Richtschnur, als die bolschewistische Partei, die die Revolution führte, noch unter der Führung von Wladimir Lenin und Leo Trotzki stand.

5. Die Gründung der Vierten Internationale im Jahr 1938 unter Führung von Trotzki nach dem Zusammenbruch der Kommunistischen Internationale, der den Weg für die Machtübernahme der Nazis in Deutschland 1933 ebnete; die Gründung des Internationalen Komitees 1953 durch orthodoxe Trotzkisten unter Führung von James P. Cannon von der Socialist Workers Party (SWP) in den USA, gegen die revisionistische und liquidatorische Tendenz von Michel Pablo und Ernest Mandel; der politische Kampf der britischen Trotzkisten unter Führung von Gerry Healy gegen die prinzipienlose Wiedervereinigung mit den Pablisten im Jahr 1963; der Kampf der amerikanischen Trotzkisten unter der Führung von David North in den Jahren 1982-1986 gegen die nationalistische und opportunistische Degeneration der Workers Revolutionary Party (WRP) in Großbritannien und das Wiedererlangen der Kontrolle über das IKVI durch orthodoxe Trotzkisten - das alles waren entscheidende Wendepunkte in dieser politischen Kontinuität.

6. In diesem Zusammenhang betont die Sozialistische Gleichheitsgruppe, dass sie mit den „Historischen und internationalen Grundlagen“ der Sozialistischen Gleichheitsparteien, die dem IKVI angehören, voll übereinstimmt. Sie stützt sich auf diese historischen und internationalen Grundlagen.

7. Trotzki schrieb 1938:

Eine revolutionäre politische Gruppierung von ernstzunehmender Bedeutung kann nur auf der Grundlage großer Prinzipien erhalten und entwickelt werden. Nur die Vierte Internationale verkörpert und repräsentiert diese Prinzipien. Eine nationale Gruppe kann nur dann einen beständigen revolutionären Kurs einhalten, wenn sie mit ihren Gesinnungsgenossen auf der ganzen Welt fest in einer Organisation verbunden ist und ständig politisch und theoretisch mit ihnen zusammenarbeitet. Nur die Vierte Internationale ist eine solche Organisation. Alle rein nationalen Gruppierungen, all diejenigen, die internationale Organisation, Kontrolle und Disziplin ablehnen, sind ihrem Wesen nach reaktionär.

Ausgehend von diesem Standpunkt hat die SEG beschlossen, dem IKVI beizutreten.

8. Die Resolution der SEG für den Beitritt zum IKVI ist eine sehr bewusste politische Entscheidung. Sie reflektiert die schrittweise Integration in das Internationale Komitee, die unsere Gruppe in den letzten Jahren in Fragen der Prinzipien und der Geschichte vollzogen hat. Diesen Punkt zu erreichen, ist von internationaler politischer und historischer Bedeutung. Eine entscheidende Rolle spielte dabei Genosse Halil Çelik, der Ende 2018 verstorben ist.

9. Die politische Orientierung am IKVI, die schon die Vorgängergruppe der heutigen SEG charakterisierte, reicht bis in die frühen 2000er Jahre zurück. Im November 2007 schrieb Halils Gruppe an das damalige IKVI:

Ihr wisst, dass wir das IKVI in den letzten zwei Jahren über die WSWS aufmerksam verfolgt und einige seiner Dokumente – nach deren Übersetzung ins Türkische – intern diskutiert haben. Durch die Treffen und Diskussionen, die wir hatten, ist es uns gelungen, Antworten auf viele unserer Fragen zu finden. Kurz gesagt, die Diskussionen, die wir in Istanbul geführt haben, beschleunigten den Prozess des Verständnisses der grundlegenden Positionen des IKVI durch unsere Genossen und Sympathisanten.

Ein wichtiger Meilenstein war das Jahr 2007, als deutsche IKVI-Genossen Istanbul besuchten und sich die Diskussionen mit unserer Gruppe vertieften.

10. 2014 verabschiedete das IKVI-Plenum einstimmig eine Resolution, in der es hieß:

Das Plenum des Internationalen Komitees der Vierten Internationale nimmt den Antrag des Genossen H[alil] im Namen der Organisation Toplumsal Eşitlik (Gruppe für soziale Gleichheit) zur Aufnahme von Gesprächen mit dem Ziel der Gründung einer Sektion des Internationalen Komitees in der Türkei offiziell an. Das IK wird eng mit den türkischen Genossen zusammenarbeiten, um sie bei der politischen und theoretischen Vorbereitung einer Gründungskonferenz zu unterstützen.

11. Diese Resolution und die engere politische Zusammenarbeit mit dem IKVI prägten die politische Arbeit unserer Gruppe nach 2014. Als einen wichtigen Schritt in unserer politischen Integration mit dem IKVI änderten wir 2018 den Namen unserer Gruppe in „Sozialistische Gleichheit“ (SE) und erklärten in unserer Resolution:

Die SE nimmt einen Namen an, der mit dem aller offiziellen Sektionen des IKVI (Socialist Equality Party, Sozialistische Gleichheitspartei, Parti de l'égalité socialiste) übereinstimmt und unterstreicht damit ihre Entschlossenheit, die türkische Sektion der Vierten Internationale zu werden.

12. Die Gründung des Verlags Mehring Yayıncılık am Ende des Jahres 2017 und die Veröffentlichung mehrerer Schlüsselwerke des IKVI in türkischer Sprache stellten einen bedeutenden Schritt im Aufbau einer Sozialistischen Gleichheitspartei in der Türkei dar. Die Vorhersage von Genosse Halil hat sich bestätigt:

Die Publikation aktueller marxistischer Literatur der trotzkistischen Bewegung in türkischer Sprache ist ein bedeutender Schritt, um die theoretischen und politischen Grundlagen für den Aufbau einer türkischen Sektion des IKVI zu schaffen.

13. Die Entscheidung der Sosyalist Eşitlik Grubu im Jahr 2020, sich der vollen Kontrolle der internationalen Redaktion der World Socialist Web Site (WSWS) zu unterstellen und ihre Publikationen fortan ausschließlich auf der WSWS zu veröffentlichen, war ein weiterer wichtiger Schritt zum Aufbau einer türkischen Sektion der Weltpartei.

14. Das letzte entscheidende Treffen im Hinblick auf den Beschluss, die Sozialistische Gleichheitspartei (Türkei) zu gründen und den Beitritt zum IKVI zu beantragen, war der Besuch der Delegation des Internationalen Komitees in Istanbul Anfang Juni 2022.

15. In den historischen Sitzungen, die während dieses Besuchs stattfanden, wurde einstimmig befürwortet, dass sowohl aufgrund der Reife der objektiven Weltsituation als auch der Übereinstimmung der SEG mit dem IKVI in Fragen von Programm, Prinzipien und Geschichte die Gründung der SEP (Türkiye) als Ausdruck der internationalen Expansion des IKVI nicht länger aufgeschoben werden kann. Die Gründung der SEP (Türkiye) wird die Gründung neuer Sektionen des IKVI im Nahen Osten und in der ganzen Welt begünstigen.

16. Während die Corona-Pandemie, die die Krise des Weltkapitalismus verschärft hat, in eine neue Phase eintritt, droht der Stellvertreterkrieg der Nato gegen Russland in der Ukraine in einen atomaren dritten Weltkrieg zu münden. Die weltweite Nahrungsmittelkrise und die Krise bei den Lebenshaltungskosten werden von einem sich beschleunigenden Zusammenbruch demokratischer Herrschaftsformen in allen Ländern begleitet. Die inneren Widersprüche des Kapitalismus, die zu diesen Krisen führen, bereiten jedoch gleichzeitig den Boden für die Entwicklung der sozialistischen Weltrevolution. Die kapitalistische Globalisierung und die Kommunikationstechnologien, die damit einhergehen, haben die Weltwirtschaft und die Arbeiterklasse objektiv in enormem Maße integriert. Der Klassenkampf nimmt einen internationaleren Charakter an als jemals zuvor. Die wachsende Bewegung der internationalen Arbeiterklasse läuft zunehmend mit der bewussten politischen Tätigkeit des IKVI zusammen. Nur das IKVI verfügt über ein globales revolutionäres Programm für die Lösung der großen historischen Probleme, vor denen die internationale Arbeiterklasse steht.

17. Alle objektiven Entwicklungen der Weltlage bestätigen die Analyse und Vorhersage, die das IKVI zu Beginn des Jahres 2020 vorgenommen und getroffen hat: „Das Jahrzehnt der sozialistischen Revolution ist angebrochen“. In dieser Erklärung heißt es: „Die spontanen Kämpfe der Arbeiter und ihr instinktives Streben nach Sozialismus an sich reichen jedoch nicht aus. Um zu einer bewussten Bewegung für den Sozialismus zu werden, braucht der Klassenkampf eine politische Führung.“ Die Entscheidung der SEG, die SEP (Türkiye) zu gründen und den Beitritt zum IKVI zu beantragen, ist Teil des Kampfs, diese Frage der politischen Führung zu lösen.

18. Indem sie auf dieser Grundlage eine Resolution für den Beitritt zum IKVI verabschiedet, beschließt die SEG, dem Internationalen Komitee (IK) ihre Gründungsdokumente „Grundsatzerklärung“ und „Historische und politische Perspektiven“ zur Annahme vorzulegen. Die offizielle Gründung der Partei wird nach diesem Prozess der Vorbereitung und Diskussion sowie der Zustimmung durch das IK stattfinden.

19. Gleichzeitig unterstützt die SEG mit Begeisterung den Vorschlag, die türkische Ausgabe der WSWS in täglicher praktischer Zusammenarbeit mit internationalen Genossen zu entwickeln. Die WSWS ist das entscheidende politische Instrument für den Aufbau des IKVI auf der ganzen Welt und damit für die Entwicklung der sozialistischen Weltrevolution.

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