US-Wirtschaft auf dem Weg in die Rezession

Die Wirtschaft der USA hat einen weiteren deutlichen Schritt in Richtung Rezession gemacht. Die US-Wirtschaftsleistung ist das zweite Quartal in Folge gesunken, was oft als „technische Rezession“ bezeichnet wird.

Die Ergebnisse des ersten Quartals wurden bei ihrer Veröffentlichung allgemein als unbedeutend und als Ergebnis einer statistischen Abweichung abgetan. Die jüngsten Daten zeigen jedoch, dass sie der Beginn eines Trends waren.

Das Straßenschild der Wall Street, eingerahmt von amerikanischen Flaggen vor der New Yorker Börse im Bankenviertel am 14. Januar 2022 (AP Photo/Mary Altaffer) [AP Photo/Mary Altaffer]

In den USA ist das National Bureau of Economic Research (NBER) dafür zuständig, eine Rezession offiziell festzustellen, was allerdings einige Zeit dauert, bis es zu einer Entscheidung kommt. Doch unabhängig von der Entscheidung des NBER weisen die Daten der letzten zwei Quartale auf eine deutliche Abschwächung in den letzten sechs Monaten hin. Im Dezember-Quartal 2021 wuchs die amerikanische Wirtschaft mit einer auf das Jahr umgerechneten Rate von 6,9 Prozent.

Eine Aufschlüsselung der Daten zeigt, dass mehrere Ergebnisse auf tiefergehende Trends hindeuten. Die Verbraucherausgaben, die etwa zwei Drittel der gesamten Wirtschaftsleistung ausmachen, stiegen in diesem Quartal nur um ein Prozent, im ersten waren es noch 1,8 Prozent. Der Anstieg der Verbraucherausgaben liegt nun auf dem niedrigsten Stand seit Beginn der Pandemie.

Die Reallöhne sinken, sodass das verfügbare Einkommen im zweiten Quartal um 0,5 Prozent zurückging. Das ist bereits der fünfte vierteljährliche Rückgang in Folge.

Die größte Wachstumsbremse war der Rückgang bei den Unternehmensbeständen, der das Gesamtergebnis um zwei Prozent senkte. Zuvor hatte Walmart, die größte Einzelhandelskette Amerikas, die Preise gesenkt, um Warenbestände loszuwerden, die sich aufgrund der sinkenden Nachfrage angehäuft hatten. Auch die Unternehmensinvestitionen waren rückläufig.

Es findet ein konzertierter Versuch statt, die beginnende Rezession zu leugnen. Anfang der Woche hatte US-Finanzministerin Janet Yellen erklärt, die Wirtschaft befinde sich nicht in einer Rezession und sie wäre „erstaunt“, wenn das NBER etwas Derartiges erklären würde.

Eine der Grundlagen für solche Behauptungen ist die mit 3,6 Prozent niedrige Arbeitslosenquote. Wie kann es eine Rezession geben, wenn die Arbeitslosenquote auf dem niedrigsten Stand seit 50 Jahren liegt? Diese Behauptung ignoriert, dass die großen Konzerne allmählich die Neueinstellungen zurückfahren und dass steigende Arbeitslosigkeit in der Regel eines der letzten Anzeichen für einen Abwärtstrend ist.

Zudem scheint sich das Drehbuch von Covid-19 zu wiederholen: Man leugnet die Realität, indem man auf die niedrige Arbeitslosenquote verweist, und irgendwie werden die tieferen Ursachen einfach verschwinden.

Doch ein entscheidender Faktor in dem, was ständig als „angespannter Arbeitsmarkt“ bezeichnet wird, ist der Tod von mehr als einer Million Menschen – viele von ihnen im Erwerbsalter – und die Millionen, die wegen einer unmittelbaren Infektion mit Covid-19 zeitweise nicht arbeiten können. Dazu kommen weitere, die aus dem Erwerbsleben aussteigen, um sich um Familienmitglieder und Angehörige zu kümmern, sowie die zunehmenden Auswirkungen von Long Covid, die zur Verringerung der verfügbaren Arbeitskräfte führen.

Erklärungen, welche die Situation vertuschen sollen, sind das eine. Die objektive Realität ist jedoch etwas ganz anderes.

Grep Ip vom Wall Street Journal wies darauf hin, dass unabhängig davon, ob schließlich eine Rezession ausgerufen wird, „die Botschaft der jüngsten Wirtschaftsdaten ernüchternd ist: Der Aufschwung ist faktisch vorbei.“

Er wies darauf hin, dass „Schlüsselindikatoren der wirtschaftlichen Aktivität zum Stillstand gekommen sind.“

„Die Gesamtausgaben von Haushalten und Unternehmen sind im zweiten Quartal nicht mehr gestiegen, nachdem sie in den sechs vorangegangenen Quartalen durchschnittlich um sechs Prozent auf Jahresbasis gewachsen waren.“

In einem anderen Artikel zitierte das WSJ Äußerungen von James Knightley vom Finanzkonzern ING, laut dem ein Abschwung „wirklich nur eine Frage der Zeit“ sei. Als Gründe nannte er den Druck auf die Haushalte durch die Inflation und die Lage auf den Aktienmärkten, wo „der Abschwung auf dem Immobilienmarkt jetzt wirklich Fahrt aufnimmt.“

Die Biden-Regierung ist führend bei der Kampagne, die wirtschaftliche Realität zu leugnen, genauso wie sie es mit Covid-19 tut. Yellen erklärte bei einer Pressekonferenz nach der Bekanntgabe der BIP-Zahlen, Ökonomen und die meisten Amerikaner würden eine Rezession so definieren, dass Arbeitsplätze verloren gehen, es zu Massenentlassungen kommt, die Aktivität in der Privatwirtschaft beträchtlich zurückgeht und „Familienhaushalte unter immenser Belastung stehen... und das ist nicht, was wir momentan erleben.“

In welcher Welt lebt Yellen, in der die Familienhaushalte nicht „unter immenser Belastung stehen“?

Präsident Biden erklärte kurz nach der Veröffentlichung der Daten, es sei keine Überraschung, „dass sich die Wirtschaft verlangsamt, während die Federal Reserve versucht, die Inflation zu senken.“

Die Fed führt tatsächlich bewusst einen Abschwung und eine Rezession herbei, jedoch nicht um die Inflation zu senken – ihre Maßnahmen werden die Preise für Lebensmittel und Treibstoff nicht senken und auch die globalen Lieferketten nicht entwirren. Vielmehr sollen die zunehmenden Forderungen der Arbeiterklasse nach höheren Löhnen unterdrückt werden.

Dass die Fed dieses Ziel verfolgt, ist in den herrschenden wirtschaftlichen und politischen Kreisen allgemein bekannt, es wird aber unter dem Deckmantel der Inflationsbekämpfung verheimlicht. Die Bekanntgabe ihrer tatsächlichen Ziele würde die wachsende Wut der Arbeiterklasse noch weiter anheizen.

Senatorin Elizabeth Warren versuchte letzte Woche, ihr „linkes“ Image bei Teilen der Demokraten aufzupolieren und veröffentlichte eine Kolumne im WSJ, die teilweise enthüllte, was wirklich vor sich geht.

Sie wies darauf hin, dass die aggressiven Zinserhöhungen der Fed kaum etwas gegen den Inflationsschub bewirken, und warnte, sie zielten eher darauf ab, „die Nachfrage zu dämpfen.“ Wenn die Fed die Zinsen zu stark oder zu abrupt erhöht, „werden Millionen Menschen durch die daraus resultierende Rezession... weniger oder gar kein Einkommen mehr erhalten.“

Warren verwies auf die Äußerungen des ehemaligen demokratischen Finanzministers Lawrence Summers, der vor kurzem gegenüber der London School of Economics erklärt hatte: „Wir brauchen fünf Jahre mit Arbeitslosigkeit von über 5 Prozent, um die Inflation einzudämmen. Mit anderen Worten, wir brauchen zwei Jahre mit 7,5 Prozent Arbeitslosigkeit oder fünf Jahre mit 6 Prozent Arbeitslosigkeit oder ein Jahr mit 10 Prozent Arbeitslosigkeit.“

Doch da Warren auch darauf bedacht ist, die Arbeiterklasse im Korsett der Demokratischen Partei zu halten, lobte sie das Vorgehen der Biden-Regierung und erklärte, diese habe erkannt, dass die USA „viele Instrumente zum Kampf gegen die Inflation haben, die die Wirtschaft nicht zum Schrumpfen bringen und die Amerikaner nicht ärmer machen.“

Solche Behauptungen ignorieren zwei Tatsachen. Erstens werden die beschränkten Maßnahmen der Regierung wenig oder nichts gegen die steigenden Preise bewirken, und zweitens hat Biden bereits erklärt, er stehe uneingeschränkt hinter dem Vorgehen der Fed.

Nur wenige Tage bevor die BIP-Zahlen der USA, der größten Volkswirtschaft der Welt, bekannt gegeben wurden, hatte der Internationale Währungsfonds seine Wachstumsprognose nach unten korrigiert und gewarnt, die Weltwirtschaft stehe am Rande einer Rezession.

In China, der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt, betrug das Wachstum im Juni-Quartal nur 0,4 Prozent, d.h. ein Schrumpfen wurde knapp vermieden. Die Wachstumsprognosen für die nächsten Monate wurden bereits nach unten korrigiert.

Die dritte wichtige Triebkraft der Weltwirtschaft, die Eurozone, befindet sich am Rande einer Rezession. Es wird vor einem starken Abschwung ihrer führenden Volkswirtschaft, Deutschland, zum Ende des Jahres gewarnt, da die russischen Gaslieferungen infolge des von den USA angeführten Kriegs in der Ukraine reduziert wurden.

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