Vertreter der USA haben der Ukraine öffentlich grünes Licht für Angriff auf die Kertsch-Brücke gegeben

Am Freitag organisierten ukrainische Spezialkräfte einen Selbstmordanschlag auf die Kertsch-Brücke, die die Krim mit dem russischen Festland verbindet. Dabei wurden drei Menschen getötet und die Hälfte eines Brückenstrangs zum Einsturz gebracht.

Die ukrainischen Spezialkräfte haben sich gegenüber der New York Times sofort zu dem Anschlag bekannt. Vertreter der ukrainischen Regierung lobten den Terroranschlag und gaben nur wenige Minuten nach dem Anschlag sogar eine Gedenkbriefmarke heraus.

Ehemalige Vertreter der US-Regierung lobten den terroristischen Selbstmordanschlag. Der ehemalige Direktor für Europäische Angelegenheiten des Nationalen Sicherheitsrats, Alexander Vindman, twitterte zu einem Bild der brennenden Brücke: „Ich habe von diesem Moment geträumt.“

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Die US-Medien taten so, als ob noch nicht feststünde, wer für den Anschlag verantwortlich ist. Diese Haltung ist beispielhaft für den vollendeten Zynismus, der alle Aspekte der US-Berichterstattung über den Krieg in der Ukraine prägt.

Sie schrieben, Putin habe das ukrainische Militär „beschuldigt“ und „behauptet“, dass der Selbstmordanschlag auf Zivilisten und zivile Infrastruktur ein „Terroranschlag“ war – als wäre das nicht offensichtlich.

Die New York Times, die Washington Post und das Wall Street Journal übergingen in ihren Darstellungen völlig, dass hochrangige Vertreter der US-Regierung den Angriff nicht nur öffentlich genehmigt hatten, sondern dass ein ehemaliger Vertreter der US-Regierung sogar öffentlich dazu aufgerufen hatte.

Die Times of London hatte am 7. Juli unter dem Titel „Ukraine drängt: bombardiert Russlands Brücke zur Krim“ einen Artikel über die Äußerungen von US-General Philip Breedlove veröffentlicht, dem ehemaligen Supreme Allied Commander Europe.

In seinem Interview mit der Zeitung erklärte Breedlove: „Die Kertsch-Brücke ist ein legitimes Ziel.“

Breedlove erklärte gegenüber der Times of London: „Ich habe mit mehreren Personen gesprochen, die gesagt haben, es wäre ein schwerer Schlag für Russland, wenn die Kertsch-Brücke zerstört würde. Die Kertsch-Brücke ist ein legitimes Ziel.“

Weiter erklärte er: „Ich bin ausgebildeter Bauingenieur und kenne mich mit Brückenbau aus. Alle Brücken haben Schwachstellen, und wenn man an der richtigen Stelle angreift, könnte die Kertsch-Brücke für eine gewisse Zeit unbenutzbar bleiben. Aber wenn sie die Brücke ganz zerstören wollen, wäre ein gezielterer Bombenangriff notwendig.

Ich höre, dass viele Leute fragen, ob es richtig ist, dass die Ukraine so aggressiv vorgeht, und ob der Westen dies unterstützt, aber dieses Argument kann ich nicht verstehen.“

Am nächsten Tag, dem 8. Juli, fragte ein Reporter, der sich nur als „Howard“ identifiziert wurde, bei einer Hintergrundbesprechung im Pentagon – eindeutig mit Blick auf Breedloves Äußerungen: „Können Sie irgendetwas dazu sagen, ob etwas ausgeschlossen ist? Wäre die Kertsch-Brücke als potenzielles Ziel nicht ausgeschlossen?“

Der Pentagon-Sprecher erklärte: „Wie bereits gesagt, sind mir keine Einschränkungen für die Ukrainer bekannt, auf ihrem eigenen Hoheitsgebiet gegen Russland zu kämpfen.“

Nur fünf Tage vor dem Terroranschlag wurde die stellvertretende Verteidigungsministerin Laura K. Cooper gefragt, ob es „gegenüber den USA Zusicherungen der Ukrainer in Bezug auf die Wahl von Zielen“ gäbe, d.h. ob Angriffe auf russisches Staatsgebiet ausgeschlossen würden. Cooper antwortete daraufhin: „Wir glauben, sie können die große Mehrheit ihrer Ziele erreichen, einschließlich der Krim. Und um es klarzustellen: Die Krim ist Teil der Ukraine.“

Mit anderen Worten: Amtierende Vertreter der US-Regierung haben der Ukraine bei zwei unterschiedlichen Gelegenheiten grünes Licht für Angriffe auf Ziele auf der Krim gegeben. Bei einer davon wurde sogar ausdrücklich gefragt, ob die Kertsch-Brücke ein autorisiertes Ziel sei. Und diese Äußerungen bezogen sich auf die offenen und öffentlichen Aufrufe eines ehemaligen hochrangigen US-Militärs, die Brücke anzugreifen.

Bezeichnenderweise ereignete sich der Terroranschlag einen Tag nachdem Biden bei einer Spendenveranstaltung öffentlich davor gewarnt hatte, der Ukraine-Konflikt könnte ein nukleares „Armageddon“ auslösen. Er erklärte: „Seit Kennedy und der Kubakrise waren wir nicht mehr mit der Aussicht auf ein Armageddon konfrontiert.“

Biden sagte, es gäbe „keine Möglichkeit, ohne weiteres eine taktische Atomwaffe einzusetzen, und dabei nicht gleichzeitig in einem Armageddon zu enden“.

Angesichts von Bidens Äußerungen einen Tag zuvor war der Anschlag doppelt bedeutsam.

Die Financial Times veröffentlichte am 15. Mai eine vielgelesene, aber kaum zitierte Kolumne von Malcolm Chalmers, dem Generaldirektor der Denkfabrik Royal United Services. Darin warnte dieser, ein Angriff auf die Kertsch-Brücke könne einen Atomkrieg zwischen den USA und Russland auslösen.

Sollte es jedoch nicht zu einem Waffenstillstand kommen, wird den ukrainischen Streitkräften daran gelegen sein, zu verhindern, dass die Krim ein Zufluchtsort wird, von dem aus der Kreml seine Truppen im Rest der Ukraine versorgen kann. Lieferungen von Langstreckenwaffensystemen aus westlichen Staaten eröffnen neue Ziel-Möglichkeiten für Angriffe. Die Kertsch-Brücke könnte ein ebenso verlockendes Ziel sein wie der russische Marinestützpunkt in Sewastopol.

Wenn Angriffe auf diese Ziele als Vorbereitung einer umfassenden Invasion der Krim angesehen werden, könnten sie die Gefahr einer nuklearen Eskalation erhöhen. Das ist eines der beunruhigendsten Szenarien. Putin gab sich große Mühe, in den Monaten vor Kriegsbeginn auf diese Gefahr hinzuweisen.

Putins fadenscheinige atomare Drohungen der letzten Monate haben allmählich an Nachdruck verloren. Um wieder Glaubwürdigkeit zu erlangen, müsste Russland deutlich machen, dass eine Invasion der Krim eine rote Linie darstellt. Angesichts eines möglichen Verlustes der Krim könnte Putin das als ein lohnendes Risiko betrachten, da er glaubt, dass die Ukraine (mit Ermutigung durch den Westen) zuerst nachgeben würde. Das wäre ein extrem gefährlicher Moment.

Der jüngste Angriff auf die Krim erfolgte trotz Bidens ausdrücklicher öffentlicher Zusage, die USA würden ihrem Nato-Stellvertreter keine Angriffe auf russisches Staatsgebiet erlauben. Als er im Mai die Lieferung der HIMARS-Raketenwerfer an die Ukraine bekanntgab, hatte Biden geschrieben: „Wir ermutigen die Ukraine nicht und ermöglichen es ihr nicht, Ziele jenseits ihrer Grenzen anzugreifen.“

Mittlerweile ist klar geworden, dass dies – genau wie alles andere, was die USA über Grenzen ihrer Beteiligung an dem Krieg gesagt haben – ganz einfach gelogen war. Indem sie die Ukraine mit hochmodernen Waffensystemen ausgerüstet und mit der vollen Macht des militärisch-industriellen Komplexes der Nato unterstützt haben, haben die USA ihrem Nato-Stellvertreter eine Reihe von Vorstößen auf dem Schlachtfeld ermöglicht, die die Bedingungen für den jüngsten Terroranschlag geschaffen haben.

Mit anderen Worten: Trotz Bidens Warnungen vor einem „nuklearen Armageddon“ haben die USA offensichtlich einen Kurs eingeschlagen, der zu einer katastrophalen Eskalation der gegenwärtigen Krise führen könnte.

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