Neue schwedische Regierung mit Unterstützung der rechtsextremen Schwedendemokraten ins Amt gewählt

In Schweden hat die rechte Moderate Sammlungspartei vier Wochen nach den Wahlen vom 11. September die Regierung übernommen. Mit Unterstützung der rechtsextremen Schwedendemokraten hat das Parlament am Montag den Vorsitzenden der Moderaten, Ulf Kristersson, mit 176 zu 173 Stimmen zum Ministerpräsidenten gewählt. Nach einer Zeremonie beim schwedischen König wurde Kristersson am Dienstag offiziell zum Ministerpräsidenten ernannt.

Ulf Kristersson auf dem Weg zum Präsidenten des Riksdag am 12. Oktober 2022 [Photo by Frankie Fouganthin / CC BY-NC-SA 4.0]

Kristersson ist der erste schwedische Ministerpräsident, der für seine Wahl auf die Stimmen einer rechtsextremen Partei mit neofaschistischen Wurzeln angewiesen ist. Die Schwedendemokraten wurden in den 1980er Jahren von Neonazis gegründet, die damit eine parlamentsfähige Partei schaffen wollten. Es ist ihnen gelungen, aus der sinkenden Popularität aller anderen kapitalistischen Parteien Kapital zu schlagen. Dies gilt besonders für die Sozialdemokraten, die den schwedischen Wohlfahrtsstaat abgebaut, Steuersenkungen für die Reichen durchgesetzt und das Militär massiv aufgerüstet haben. Die Schwedendemokraten profitieren davon und haben bei den Wahlen am 11. September mehr als 20 Prozent der Stimmen erhalten. Sie sind im Parlament nach den Sozialdemokraten jetzt die zweitgrößte Fraktion.

Kristerssons Koalition besteht aus drei rechten Parteien: den Moderaten, den Christdemokraten und den Liberalen. Die Schwedendemokraten (SD) werden jedoch erheblichen Einfluss auf die Koalition ausüben. In dem politischen Dokument der neuen Regierung, dem so genannten Tidö-Agreement, konnten die Schwedendemokraten die meisten ihrer Forderungen nach „Law and Order“ und gegen Einwanderer durchsetzen. Außerdem haben sie dafür gesorgt, dass ihre Partei in allen Ministerien vertreten ist, um die Arbeit der neuen Regierung zu überwachen.

Der Vorsitzende der Schwedendemokraten, Jimmie Åkesson, bezeichnete die neue Regierung als einen „Paradigmenwechsel“. Zuvor hatten Faschisten und Neonazis der ganzen Welt nach der Wahl feierliche Kommentare abgegeben. Darunter waren auch enge Verbündete des faschistisch gesonnenen ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump.

Die erklärte Politik der neuen Regierung enthält folgende Punkte:

  • Die Einrichtung besonderer Zonen in Arbeiter- und Migrantenvierteln, in denen die Polizei wahllos Menschen durchsuchen darf, ohne einen Grund oder Durchsuchungsbefehl vorzuweisen.
  • Verdreifachung des erforderlichen Mindesteinkommens für die Arbeitsmigration, wodurch ärmere Einwanderer disqualifiziert werden.
  • Die Entwicklung von Plänen, das Betteln im ganzen Land zu kriminalisieren.
  • Erhebliche Aufstockung der Mittel für die Polizei und Überwachungskameras im ganzen Land.
  • Die Abschaffung des Dauerasyls für Flüchtlinge und eine Verringerung der Zahl der jährlich zugelassenen Flüchtlinge um mehr als vier Fünftel.
  • Alle Bewerber um eine Aufenthaltsgenehmigung müssen DNA-Proben für ein landesweites DNA-Ausländerregister abgeben.
  • Weitere Steuersenkungen für Unternehmen.
  • Jeder, der nicht die schwedische Staatsbürgerschaft besitzt und verdächtigt wird, Mitglied einer Bande zu sein, kann abgeschoben werden, ohne dass ein Gericht ihn eines Verbrechens für schuldig befinden muss.
  • Generelle Verschärfung und Verlängerung von Strafen, einschließlich der Behandlung straffällig gewordener Jugendlicher im Strafvollzug, und Verschärfung des Strafmaßes für Personen, die wegen mehrerer Straftaten verurteilt wurden.
  • Es wird geprüft, ob EU-Bürger, die länger als drei Monate im Land bleiben, registriert werden sollen.
  • Mögliche Einführung von Asyl-„Transitzonen“, d.h. Auffanglagern für asylsuchende Migranten.
  • Mögliche Verlängerung der Frist für das Erlangen der schwedischen Staatsbürgerschaft auf mehr als das Doppelte (auf acht Jahre), sowie höhere Anforderungen an die Sprach- und Kulturkenntnisse. Auch ein neuer Loyalitätseid auf den schwedischen Staat könnte dazu gehören.

Die vorgeschlagene Agenda der neuen Regierung macht deutlich, dass sich die schwedische herrschende Klasse immer offener autoritären und faschistischen Formen der Herrschaft zuwendet. Diese Entwicklung lässt sich nur durch eine schwindelerregende Zunahme der sozialen Ungleichheit erklären. Um ihren Reichtum und ihre Privilegien zu verteidigen, muss die herrschende Klasse zu aggressiveren Methoden greifen. Gleichzeitig wird Schweden in einen Frontstaat im Krieg der USA und der Nato gegen Russland verwandelt.

Mit dem Antrag auf Nato-Beitritt und der enormen Aufstockung der Streitkräfte seit 2014 hat die schwedische herrschende Elite die letzten Reste ihrer historischen Neutralitätspolitik aufgegeben. Die Regierung in Stockholm ist bereit, enorme finanzielle und materielle Ressourcen für die Kampagne aufzuwenden, die unter der Führung der USA Russland auf den Status einer Halbkolonie niederwerfen soll. Diese Summen können nur mit den brutalen Methoden der extremen Rechten aus der Arbeiterklasse herausgepresst werden.

In den letzten 30 Jahren haben mehrere Regierungen, vor allem unter sozialdemokratischen Ministerpräsidenten, den relativ großzügigen schwedischen Wohlfahrtsstaat ausgehöhlt, die Renten untergraben und den öffentlichen Dienst privatisiert. Von der daraus folgenden Wut auf das politische Establishment profitieren die Schwedendemokraten, die die sozialen Probleme auf die Einwanderer schieben.

Zwar haben die Schwedendemokraten in der Frage des Chauvinismus Pionierarbeit geleistet, aber die Sozialdemokraten haben ihre Positionen praktisch übernommen. Unmittelbar vor der Wahl erklärte die scheidende sozialdemokratische Ministerpräsidentin Magdalena Andersson in klagendem Ton, sie wolle keine „somalischen Städte“ in Schweden.

Was die faschistischen Schwedendemokraten unter „Bandengewalt“ verstehen, sind Auswüchse sozialer Probleme, unter denen zahlreiche Einwanderer in Schweden leiden. Diese Probleme sind untrennbar mit dem allgemeinen Angriff auf Arbeiterrechte und öffentliche Dienstleistungen seit den 1990er Jahren verbunden. In den letzten zehn Jahren wies Schweden eine der höchsten Geflüchtetenraten der EU auf. Etwa ein Viertel aller schwedischen Einwohner sind im Ausland geboren. Die Staatseinnahmen sind infolge der Steuervergünstigungen für Großunternehmen und Wohlhabende systematisch gekürzt worden, und das Gesundheitswesen, das Bildungswesen und andere wichtige öffentliche Einrichtungen sind für den privaten Profit geöffnet worden. Infolgedessen werden viele Neuankömmlinge der Leistungen beraubt, die sie zur Sicherung eines angemessenen Lebensstandards benötigen.

Die Lockerung der arbeitsrechtlichen Bestimmungen hat dazu geführt, dass zahlreiche schlecht bezahlte, unsichere Arbeitsplätze, nicht zuletzt im Bereich der Gesundheits- und Altenpflege, entstanden sind. Viele Einwanderer leben in Großstadtvierteln von Stockholm oder Malmö, wo die Arbeitslosen- und Armutsquote deutlich über dem schwedischen Durchschnitt liegt.

In einem kürzlich erschienenen Oxfam-Bericht über globale Ungleichheit wurde festgestellt: „In den letzten zehn Jahren hat die Ungleichheit in Schweden erheblich zugenommen.“ Suzanne Standfast, die Generalsekretärin von Oxfam Schweden, erklärte: „Schweden ist eines der OECD-Länder, in denen die wirtschaftliche Ungleichheit in den letzten Jahrzehnten am stärksten zugenommen hat.“ Sie fuhr fort: „Wir haben zwar eine hohe Steuerbelastung, aber das Vermögen wird in Schweden deutlich niedriger besteuert als in vielen anderen Ländern. Das bedeutet, dass Menschen mit einem niedrigen Einkommen manchmal einen höheren Prozentsatz an Steuern zahlen als Menschen mit einem größeren Vermögen.“

Die schwedische Hauptstadt Stockholm ist der Sitz des zweitgrößten Technologiestandorts der Welt – nur übertroffen vom Silicon Valley in Kalifornien. Schweden hat die höchste Anzahl von Milliardären pro Kopf in allen großen EU-Ländern.

Die Sozialdemokraten haben in dieser Entwicklung eine Schlüsselrolle gespielt, und die Linkspartei und die Grünen haben sie dabei unterstützt. Die ehemals stalinistische Linkspartei (Vänsterpartiet) unterstützte die scheidende sozialdemokratische Regierung während ihrer achtjährigen Amtszeit, als diese eine enorme Erhöhung der Militärausgaben als Teil eines von den Rechten diktierten Haushalts durchsetzte.

Als sich im Jahr 2020 weltweit Corona ausbreitete, spielten die Sozialdemokraten und die Linkspartei eine kriminelle Rolle. Sie unterstützten die falsche Vorstellung, dass man mit einer Durchseuchung der Bevölkerung „Herdenimmunität“ erreichen könne, und setzten eine Politik der Masseninfektion um, die in Schweden dazu geführt hat, dass viel mehr Menschen als in den nordischen Nachbarländern gestorben sind. Die schwedische „Herdenimmunitäts“-Politik wurde von den reaktionärsten politischen Persönlichkeiten auf der ganzen Welt, einschließlich Trump, übernommen.

Die extreme Rechte in Schweden stellt eine große Gefahr für demokratische und soziale Grundrechte dar. Im Kampf dagegen ist es notwendig, sich der Arbeiterklasse und dem Sozialismus zuzuwenden. Der „Sozialismus“ der Sozialdemokraten und der Linkspartei hat nichts mit echter sozialistischer Politik zu tun. Die Regierungen, die von diesen Parteien geführt und unterstützt wurden, haben brutale Sparmaßnahmen durchgesetzt, sie haben den Nationalismus geschürt und Schweden zu einem Garnisonsstaat der Nato gemacht.

Die einzig gangbare Alternative zu dieser arbeiterfeindlichen Politik besteht darin, die Kämpfe der schwedischen Arbeiter mit denen ihrer Klassenbrüder und -schwestern in ganz Europa und weltweit auf der Grundlage eines sozialistischen und internationalistischen Programms zu vereinen.

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