Neuer britischer Premier Sunak präsentiert Spar- und Kriegskabinett

Der neue konservative Premierminister Großbritanniens und Multimillionär Rishi Sunak stellte in seiner Antrittsrede klar, dass er den Diktaten der Finanzoligarchie, die er selbst verkörpert, folgen wird.

 Er erklärte: „Ich stehe hier als Ihr neuer Premierminister. Momentan befindet sich unser Land in einer tiefen Wirtschaftskrise. Die Nachwirkungen von Covid sind noch immer spürbar. Putins Krieg in der Ukraine hat die Energiemärkte und Lieferketten weltweit destabilisiert.“

Der britische Premierminister Rishi Sunak bei seiner Rede in der Downing Street in London am 25. Oktober [Photo by Lauren Hurley/No 10 Downing Street/Flickr / CC BY-NC-ND 2.0]

Seine Vorgängerin Liz Truss habe „einige Fehler gemacht... Ich werde wirtschaftliche Stabilität und Vertrauen in den Mittelpunkt der Agenda dieser Regierung stellen. Das wird schwierige Entscheidungen mit sich bringen.“

Sunak führte als Qualifikation die Rolle an, die er als Schatzkanzler bei der milliardenschweren Rettungsaktion für die Konzerne zu Beginn der Pandemie gespielt hat.

Mit „schwierigen Entscheidungen“ meint er die Durchsetzung der bisher brutalsten Sparmaßnahmen gegen die Arbeiterklasse, die von den Märkten gefordert werden. Weil Truss nicht bereit war, eine solche Offensive sofort zu beginnen, wurde sie von den Märkten zu Fall gebracht. Die Finanzelite bestand darauf, dass Jeremy Hunt unbedingt als Nachfolger von Kwasi Kwarteng als Schatzkanzler eingesetzt wird, um die ungedeckten Steuergeschenke an das Großkapital zurückzunehmen und durch „schmerzhaft“ brutale Austerität zu ersetzen.

Sunak hat inzwischen elf von Truss’ Ministern abgesetzt, aber dafür gesorgt, dass Hunt seine Stelle als Schatzkanzler behält. In weniger als einer Woche, am 31. Oktober, wird Hunt einen finanzpolitischen Notfallplan vorlegen, in dessen Fokus die Verschärfung des Sparkurses gegen die Arbeiterklasse stehen wird, wie es die globale Finanzaristokratie fordert.

Die öffentlichen Ausgaben werden nicht erhöht, während gleichzeitig weitere Milliarden zur Finanzierung der Kriegsmaschinerie umverteilt werden sollen. Als Priorität nannte Sunak „Rückhalt für unsere Streitkräfte“, um „einen schrecklichen Krieg unterstützen zu können, der erfolgreich zu Ende geführt werden muss“.

Deshalb behielt er Ben Wallace als Verteidigungsminister. Dieser war letzte Woche, noch während Truss aus dem Amt gedrängt wurde, nach Washington gereist, um der Biden-Regierung Großbritanniens volle Unterstützung für den Nato-Krieg gegen Russland in der Ukraine zu versichern. Biden gratulierte Sunak am Dienstag auf Twitter mit den Worten: „Ich freue mich darauf, unsere Zusammenarbeit in den für die globale Sicherheit und den Wohlstand entscheidenden Fragen zu verbessern, einschließlich unserer weiteren nachdrücklichen Unterstützung für die Ukraine.“

Als Sunak in die Downing Street einzog, führte die britische Armee gerade mit fast 3.500 Soldaten und bis zu 800 Fahrzeugen ihren größten Einsatz auf dem europäischen Festland seit zehn Jahren durch. Die britische Militärübung „Cerberus 22“ fand auf dem Truppenübungsplatz Senne bei Paderborn statt. In einer Erklärung der britischen Armee, die als Drohung gegenüber Russland gedacht war, hieß es: „Die Übung, die zuvor auf dem britischen Truppenübungsplatz Salisbury Plain abgehalten wurde“, finde nun an „einem neuen mitteleuropäischen Standort statt, um die Fähigkeit zu testen, Militärpersonal und Ausrüstung im großen Stil zu verlegen und unter Bedingungen einer Expedition zu operieren, statt in der Nähe der Heimat.“

Colonel Owain Luke, der Stabschef des Hauptquartiers der 3. Division des Vereinigten Königreichs, die die Übung leitet, erklärte: „Abgesehen von britischen Brigaden wird an der Übung auch das 3rd Brigade Combat Team der amerikanischen 1. Kavalleriedivision teilnehmen. Bei dieser Übung geht es auch um den Aufbau unserer Fähigkeit zu gemeinsamen Operationen mit US-Streitkräften sowie die Angleichung von Nato-Verfahren und die Arbeit unter dem Hauptquartier des Allied Rapid Reaction Corps.“

Im Unterschied zu Truss hat Sunak sich zwar noch nicht dazu verpflichtet, die Militärausgaben bis zum Ende des Jahrzehnts auf drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (d.h. um 157 Milliarden Pfund) zu erhöhen, aber Washington wird ihn unmissverständlich auffordern, das zu tun.

Eines der wenigen Mitglieder der Truss-Regierung, die ihre Posten behalten durften, ist Außenminister James Cleverly. Er kam erst im Jahr 2015 ins Parlament, hat sich aber als führender Kriegstreiber gegen China positioniert. Im Sommer erklärte er im Einklang mit der Konfrontation des US-Imperialismus mit China und den immer provokanteren Manövern Großbritanniens: „Wir müssen uns mit Chinas Einfluss befassen, nicht nur auf der Weltbühne, sondern auch hier in Großbritannien.“

Dominic Raab, der unter Boris Johnson diente, kehrt als stellvertretender Premierminister und Justizminister zurück. Bevor er im Sommer von Truss ins Abseits gestellt wurde, hatte er im Parlament eine Bill of Rights vorgelegt, die wichtige Teile des Human Rights Act ersetzen und aushöhlen sollte.

Suella Braverman, eine extreme Vertreterin des rechten Flügels, war letzte Woche aus Truss’ Regierung zurückgetreten, nachdem sie den Verhaltenskodex für Minister gebrochen und Truss vorgeworfen hatte, sie unternehme nicht genug gegen Zuwanderung. Sie wurde von Sunak erneut zur Innenministerin ernannt. Sie hat die Aufgabe, Großbritannien von den Fesseln der Europäischen Menschenrechtskonvention zu befreien, nachdem die Anwälte von Asylsuchenden diese benutzt hatten, um einen Abschiebeflug nach Ruanda zu verhindern, der gemäß dem Nationality and Borders Act sanktioniert wurde. Im Juli schrieb sie in der Parlamentszeitschrift: „Der Austritt aus der Europäischen Menschenrechtskonvention ist die einzige Lösung für dieses Problem.“ Dies sei „völlig im Einklang mit dem Völkerrecht“.

Die Finanzmärkte reagierten sofort optimistisch auf Sunaks Ernennungen und Zusagen. Das Pfund erreichte den höchsten Stand seit Truss’ und Kwartengs Mini-Haushalt. Auch die Kosten für die staatlichen Kreditaufnahmen sanken wieder auf das Niveau, auf dem sie vor dem Mini-Haushalt waren.

Doch das ist nur die Ruhe vor dem Sturm, der Sunaks Pläne zum Scheitern bringen wird. Er steuert direkt auf einen Konflikt mit der Arbeiterklasse zu. Sunak muss unter Bedingungen in die Offensive gehen, in denen jahrzehntelange Angriffe die Arbeiter zur Gegenwehr gezwungen haben, wie in der Streikwelle in diesem Sommer. Während sich Millionen von Arbeitern wegen der riesigen jährlichen Rechnungen, die bis nächsten April auf über 4.300 Pfund ansteigen sollen, nicht einmal trauen, die Heizung einzuschalten, wird das Land von einem Premierminister regiert, der voraussichtlich 14.000 Pfund ausgeben wird, nur um den Swimmingpool in einem seiner vier Anwesen zu heizen.

Obwohl die Gewerkschaftsbürokratie alles in ihrer Macht Stehende tut, um die Bewegung zu schwächen, fanden bisher Streiks im Eisenbahn- und Busverkehr, bei der Post, der Müllabfuhr, in den Häfen und unter Anwälten statt. In den nächsten Wochen und Monaten stehen weitere Streiks mit bis zu zwei Millionen Teilnehmern im öffentlichen Dienst an. Diese Woche stimmten 70.000 Dozenten, Bibliothekare und Verwaltungsangestellte von 150 Universitäten für einen Streik für bessere Bezahlung und Arbeitsbedingungen sowie zur Verteidigung ihrer Pensionsansprüche.

Sunak steht vor Aufgaben, die selbst einen Herkules überfordern würden. Die Financial Times warnte im Vorfeld der Kabinettsbildung in einem Leitartikel vor „Rishi Sunaks hartem Kampf um die Wiederherstellung der Stabilität Großbritanniens... Der ehemalige Schatzkanzler als neuer konservativer Premier ist das kleinere Übel.“

Weiter hieß es: „Die Partei hat zum zweiten Mal mitten in der Amtszeit durch einen zutiefst undemokratischen Prozess den Vorsitzenden gewechselt, den sie selbst bestimmt hat... Wenn Sunak nicht schnell für Stabilität sorgen kann, werden Neuwahlen unvermeidlich.“

Zudem „erbt er eine zutiefst zerstrittene Partei, die Entscheidungen über Themen wie Staatsausgaben und Zuwanderung treffen muss, die die Konflikte weiter verschärfen werden. Vom rechten Flügel wird Sunak unter Druck gesetzt, um die nach dem Brexit gültigen Handelsregeln mit Nordirland aufzuheben, was die Beziehungen zur EU vergiften wird.“

Der schändliche Machtwechsel, mit dem erneut ein nicht gewählter Tory-Premierminister an die Macht kommen konnte, war nur möglich, weil Labour und die Gewerkschaftsbürokratie die Regierung in den letzten sieben Jahren trotz der tiefen Krise des britischen Imperialismus gestützt haben.

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Dass Labour ein erbitterter Feind der Arbeiterklasse ist, zeigte ein Tweet von Parteichef Sir Keir Starmer vom Dienstag. Er hatte zu Neuwahlen aufgerufen, die Labour und Teile der herrschenden Klasse als entscheidend für die Rettung des britischen Kapitalismus ansehen. Doch als ein weiterer erbitterter Feind der Arbeiterklasse in die Downing Street einzog, war seine erste Botschaft: „Glückwunsch, Rishi Sunak, zur Ernennung zum Premierminister und dass du als erster britisch-asiatischer Premierminister Geschichte geschrieben hast.“

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