Trumps faschistische Rede und Gewaltdrohungen vor den Zwischenwahlen in den USA

Ex-Präsident Donald Trump (links) während einer Rede des Kandidaten für den Senat von Ohio, J.D. Vance. Wahlkampfveranstaltung vom 7. November 2022 in Vandalia, Ohio [AP Photo/Michael Conroy]

Mehrere Millionen Amerikaner beteiligen sich an den sogenannten Zwischenwahlen, die am Mittwochmorgen deutscher Zeit enden. Die Wahlen entscheiden, wer das Repräsentantenhaus und den Senat kontrolliert, und das Resultat entscheidet auch über die Regierung von fast drei Dutzend US-Bundesstaaten. Mehr als 40 Millionen Stimmen wurden bereits im Vorfeld per Briefwahl oder durch vorzeitige Stimmabgabe abgegeben.

Am Montagabend hielt Trump in Ohio eine faschistische Rede, in der er den „Kommunismus“ verurteilte und Gewalt gegen politische Gegner androhte. Die Rede wurde zur Unterstützung des republikanischen Senatskandidaten J.D. Vance gehalten.

„Morgen müsst ihr die Kommunisten an den Wahlurnen vernichten“, erklärte Trump. Er forderte außerdem, Personen, die des Drogenhandels beschuldigt werden, auf der Stelle hinzurichten und die Kugeln an ihre Familien zu schicken.

Nachdem er Einwanderer bösartig angegriffen hatte, bezog sich Trump auf die Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi von der Demokratischen Partei, und sagte: „Sie ist auch ein Tier.“ Seit einem beinahe tödlichen Mordanschlag auf Pelosis Ehemann haben die Republikaner ihre Angriffe verschärft. Letzte Woche erklärte Trump bei einer Kundgebung in Iowa: „Wir werden die politische Karriere der verrückten Nancy Pelosi ein für alle Mal beenden.“

Ohne offiziell zu sagen, dass er 2024 kandidieren wird, rief Trump zur Mobilisierung seiner Anhänger auf, um das Weiße Haus „zurückzuerobern“.

Zum Abschluss seiner faschistischen Rede erklärte Trump: „Wir werden Bidens Grenzkatastrophe beenden, unsere starke ‚Bleibt in Mexiko‘-Politik wieder einführen und die Patrioten (...) in den Reihen der [Einwanderungsbehörde] ICE und Border Patrol stärken (...) Wir werden unserer Polizei die Macht geben, die wir brauchen, und den Respekt, den sie verdient (...) Wir werden ‚Recht und Ordnung‘ in Amerika wiederherstellen. Wir werden China dafür zur Rechenschaft ziehen, dass es das [Covid-19] Virus auf die Welt losgelassen hat (...) Wir werden alle Covid-Beschränkungen und Lockdowns abschaffen (...) Wir werden die jüdisch-christlichen Werte als Grundlage unserer Nation mit Stolz hochhalten.“

Fast zwei Jahre sind seit Trumps faschistischem Putschversuch vom 6. Januar 2021 vergangen. Er und die Republikaner versuchen, die reaktionäre und bankrotte Politik der Demokratischen Partei auszunutzen, um bei aktuellen Wahlen möglichst die Kontrolle über das Repräsentantenhaus und den Senat zu übernehmen.

Gleichzeitig wird eine beispiellose Zahl von Gewaltandrohungen gegen Wahlhelfer registriert. Es gibt schon jetzt Bestrebungen, Tausende von vorzeitig abgegbenen Stimmen zu ignorieren oder zu unterdrücken. Dies geht von Faschisten und sogenannten Election Deniers aus, die mit Trump und den Republikanern sympathisieren. (Election Deniers sind nicht bereit, bei den Wahlen die eigene Niederlage zu akzeptieren.)

In Arizona, wohl Epizentrum der faschistischen Agitation und Trumps großer Lüge von einer „gestohlenen Wahl“ im Jahr 2020, haben bewaffnete Männer Wähler bedroht, die ihre Briefwahlstimmen in offiziellen Einwurfkästen in Maricopa County abgeben wollten – einem Ballungsraum, in dem 62 Prozent der Einwohner im Bundesstaat leben.

Blick in ein Wahllokal der Frank McCourt High School in der Upper West Side von Manhattan, New York City, am Dienstag, 1. November 2022 [AP Photo]

Alle Republikanischen Kandidaten in Arizona sind Election Denier, wobei Kari Lake, die Kandidatin für das Gouverneursamt, und Mark Finchem, der Kandidat für das Amt der Außenvertretung, die prominentesten Rollen spielen.

Einem Bericht von Reuters zufolge, der sich mit Drohungen und Angriffen gegen Wahlhelfer beschäftigt, gab es allein zwischen dem 11. Juli und dem 22. August 140 offizielle Berichte über entsprechende Vorfälle. Diese Zahl ist in den vergangenen zehn Wochen zweifellos in die Höhe geschnellt. Es gab darüber hinaus zahlreiche Morddrohungen in Kommentarspalten rechtsgerichteter Medienbeiträge.

Drohungen, über die Reuters aus Maricopa County berichtet, lauten: „Ihr werdet alle hingerichtet“, sowie „Draht um die Beine legen, am Auto festmachen und losfahren“. Einige Wahlhelfer haben sich nach der Vorwahl am 2. August zurückgezogen, so der Bezirkswahlleiter Stephen Richer gegenüber Reuters, nachdem selbsternannte „First Amendment Auditors“ die Helfer und die Nummernschilder ihrer Autos fotografiert hatten.

Lokale Wahlbüros haben mindestens eine Übung abgehalten, bei der bewaffnete Angriffe auf Wahllokale mit mehreren Todesopfern simuliert wurden. Richer selbst erhielt eine Drohung, dass er „als Verräter gehängt“ würde. Der Absender der anonymen E-Mail fügte hinzu: „Ich hätte gerne ein Schwarz-Weiß-Poster in meinem Büro, auf dem Sie an einem Seilende baumeln.“

Diese Lynchmob-Atmosphäre wurde von den Spitzenkandidaten der Republikanischen Partei im Bundesstaat angeheizt. Finchem ist Mitglied der paramilitärischen Gruppe Oathkeepers und nahm an der von Trump für den 6. Januar 2021 einberufenen Kundgebung am Weißen Haus teil. Er behauptet, beim anschließenden gewaltsamen Angriff auf den Kongress nicht zugegen gewesen zu sein.

In einem Spendenaufruf in der vergangenen Woche warnte Finchem vor möglichem Wahlbetrug und behauptete in mehreren Beiträgen in den sozialen Medien, sein Demokratischer Gegner Adrian Fontes, der in den Umfragen leicht vorne liegt, sei Mitglied der Kommunistischen Partei Chinas und ein „Kartellverbrecher“.

In einem kaum verhüllten antisemitischen Appell behauptet er, dass Fontes von den Milliardären (und Juden) George Soros und Michael Bloomberg „finanziert“ werde und dass diese „unsere Wahlen und Wählerlisten manipulieren“ wollten.

In North Carolina, wo der Gouverneur ein Demokrat ist, und die Legislative von den Republikanern kontrolliert wird, hat die Regierung des Bundesstaates mehr als ein Dutzend Fälle von potenzieller Einschüchterung oder Beeinträchtigung von Wählern und Wahlhelfern registriert, so ein weiterer Bericht von Reuters.

Die Nachrichtenagentur berichtet, dass die staatliche Wahlbehörde von North Carolina „acht Fälle der potenziellen Einschüchterung von Wählern, einen Fall der potenziellen Beeinflussung von Wählern und fünf Fälle der potenziellen Beeinflussung von Wahlhelfern während der vorzeitigen Stimmabgabe verfolgt. Die mutmaßlichen Vorfälle verteilen sich auf neun Bezirke und umfassen sowohl große Ballungsgebiete wie Mecklenburg County, wo Charlotte liegt, als auch ländlichere Gegenden.“

Bei den Vorfällen handelte es sich hauptsächlich um Belästigungen, einschließlich des Fotografierens von Wahlhelfern oder Wählern sowie der Nummernschilder ihrer Autos, aber in einigen Fällen auch um körperlich aggressives Verhalten.

Aus vielen Bundesstaaten gibt es vereinzelte Berichte über verbale Drohungen, entweder per Telefon oder über soziale Medien, die sich vor allem gegen Wahlbeamte sowie gegen Wähler richten, die ihre Briefwahlunterlagen in Briefkästen abgeben.

Trump hat auf seinen Wahlkampfveranstaltungen die Briefwahl angegriffen und alle Republikanischen Wähler aufgefordert, ihre Stimme am 8. November abzugeben und keine vorzeitige Stimmabgabe zu nutzen. Mit diesen Aufrufen soll die Illusion eines republikanischen Sieges erzeugt werden, da die meisten US-Bundesstaaten am Wahltag eine vorläufige Auszählung der abgegebenen Stimmen vornehmen und sich erst später der zeitaufwändigeren Aufgabe der Auszählung der Briefwahlstimmen zuwenden, von denen viele nicht durch die Auszählungsmaschinen laufen können, weil sie beim Transport beschädigt worden sind.

Die Androhung von Gewalt und Einschüchterung geht mit Gerichtsverfahren einher, die darauf abzielen, bereits per Post abgegebene Stimmen als ungültig zu deklarieren und zu unterdrücken. In mindestens drei der am stärksten umkämpften US-Bundesstaaten, Pennsylvania, Michigan und Wisconsin, haben sich Funktionäre oder Kandidaten der Republikanischen Partei an die Gerichte gewandt, um die Stimmzettel annullieren zu lassen.

In Pennsylvania erwirkte das Republican National Committee (RNC) beim Obersten Gerichtshof des Bundesstaates eine Entscheidung, wonach die von den Wählern eingesandten Stimmzettel ohne das vorgeschriebene Datum auf dem äußeren Umschlag nicht gezählt werden dürfen, obwohl die Stimmzettel lange vor dem Wahltag eintrafen und somit rechtmäßig abgegeben wurden.

Der RNC ging sogar noch weiter und beantragte eine gerichtliche Verfügung, um die Bezirke daran zu hindern, die Wähler über ihren kleinen Fehler zu benachrichtigen, so dass sie eine Korrektur vornehmen und ihre Stimmen zählen lassen konnten. Das war zu viel für die Richter, die den Bezirken zwar erlaubten, aber nicht vorschrieben, Benachrichtigungen zu verschicken.

Da bisher 7.000 Stimmzettel mit diesem technischen Fehler gefunden wurden, darunter 2.000 aus dem mehrheitlich Demokratischen Philadelphia, könnte die Unterdrückung dieser Stimmen das Ergebnis einer knappen Wahl beeinflussen.

In Michigan reichte die Republikanische Kandidatin für das Amt der Außenvertretung im Bundesstaat, Kristina Kamaro, Klage ein, um Tausende von in Detroit abgegebenen Briefwahlstimmen zu unterdrücken. Sie behauptet, dass diese wegen „Korruption“ in der Stadt aussortiert werden müssten, legt dafür aber keine Beweise vor. Ihr Anwalt kann nicht erklären, warum Karamo dieses Rechtsmittel nur in der stark Demokratisch geprägten Stadt und nirgendwo sonst im Bundesstaat anstrebte.

In Wisconsin gelang es den Republikanern, die Briefwahlstimmen wegen eines anderen technischen Fehlers als in Pennsylvania zu verwerfen. In diesem US-Bundesstaat müssen Briefwahlstimmen bezeugt werden, und der Zeuge muss den Stimmzettel unterschreiben und seine Adresse angeben. Jeder Stimmzettel wird verworfen, bei dem der Zeuge seine Adresse nicht angegeben hat – üblicherweise passiert dies bei Ehepaaren, die die Stimmabgabe des anderen bezeugen und dieselbe Adresse haben.

Der Wahlkampf neigt sich dem Ende zu, nachdem die beiden großen Parteien und ihre milliardenschweren Unterstützer im Laufe eines scheinbar endlosen Wahlkampfes mehr als 16 Milliarden Dollar ausgegeben haben. Der Wahlkampf gipfelte in den vergangenen zwei Wochen in einer Art Sturmfeuer, in der praktisch jede Minute der Fernsehwerbung für Schlammschlachten und Lügen der einen oder anderen Partei in Anspruch genommen wurde.

Zwischen den kapitalistischen Politikern und den arbeitenden Menschen, die die Mehrheit der US-Bevölkerung ausmachen, besteht eine große soziale Distanz. Keine der beiden Parteien bietet eine Lösung für die katastrophale wirtschaftliche Lage der arbeitenden Menschen an, die mit unkontrollierten Preissteigerungen für grundlegende Güter konfrontiert sind, während gleichzeitig ihre Arbeitsplätze durch eine drohende Rezession bedroht werden.

Die Demokraten wollen endlos Finanzmittel für den Krieg mit Russland in der Ukraine aufbringen, während die Republikaner weitere milliardenschwere Steuersenkungen für Wohlhabende und Großkonzerne versprechen.

In der vergangenen Woche, seit der Rede von US-Präsident Biden am vergangenen Mittwoch in Washington, hat die Demokratische Partei damit begonnen, die Bedrohung der Demokratie durch die Wahlgegner und regelrechten Faschisten, die jetzt die Republikanische Partei beherrschen, zur Sprache zu bringen. Doch diese Bemühungen sind halbherzig, verspätet und im Grunde unaufrichtig.

Die Demokratische Partei hat weitaus mehr Angst vor dem sich entwickelnden Klassenkampf als vor einer von Trump angeführten faschistischen Diktatur. Sie ist bereit, selbst autoritäre Methoden gegen die Arbeiterklasse einzusetzen, angefangen bei den Eisenbahnarbeitern, die sich gegen die Gewerkschaftsfunktionäre und die von Bidens Presidential Emergency Board ausgearbeitete Regelung auflehnen. Dieser faule Deal soll Streiks verhindern und durch eine vom Kongress erzwungene Gesetzgebung zur Wiederaufnahme der Arbeit durchgesetzt werden - unabhängig davon, welche Partei nach dem 8. November die Schalthebel der Macht in der Hand hält.

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