Rede zur IYSSE-Kundgebung gegen Krieg, 10. Dezember 2022

Der Krieg, die soziale Krise und die Aufgaben der jungen Generation in Südasien

Dies ist der Beitrag von Kapila Fernando auf der Online-Kundgebung „Für eine Massenbewegung von Jugendlichen und Studierenden gegen den Krieg in der Ukraine!“ die am 10. Dezember 2022 von den International Youth and Students for Social Equality organisiert wurde.

Fernando sprach für die IYSSE in Sri Lanka. Weitere Informationen, wie ihr bei den IYSSE mitmachen könnt, findet ihr unter iysse.de.

Kapila Fernando | Beitrag zur Antikriegskundgebung der IYSSE

Die katastrophale Lage, der Arbeiter aufgrund der Coronapandemie und des Kriegs der USA und der Nato gegen Russland in der Ukraine ausgesetzt sind, macht sich in Sri Lanka, Indien und ganz Asien besonders deutlich bemerkbar.

In der gesamten asiatischen Region werden die Arbeiterklasse, die Landbevölkerung und die junge Generation in einem Ausmaß in Armut und Arbeitslosigkeit gestürzt, wie es bislang ohne Beispiel war. Die Regierungen bürden ihnen die gesamte Last der Wirtschaftskrise auf und verhängen harte Sparmaßnahmen.

Sri Lanka und Afghanistan gehören zu den Ländern mit der höchsten Inflation und größten Armut der Welt. Die Preise für Lebensmittel sind in diesem Jahr um mehr als 100 Prozent gestiegen.

Nach Angaben der Weltbank liegt die Arbeitslosigkeit unter Jugendlichen zwischen 15 und 24 Jahren in Südasien bei 24,1 Prozent. In Indien sind es sogar 28,3 Prozent und in Sri Lanka mehr als 26 Prozent. Die Zahl der Kinder, die an „Lernarmut“ leiden, d.h. bis zum Alter von zehn Jahren nicht in der Lage sind, einen einfachen Text zu lesen und zu verstehen, ist in Südasien von 60 Prozent vor der Pandemie auf heute 78 Prozent gestiegen.

In Südasien und im asiatisch-pazifischen Raum werden die Arbeiter wie überall in den Strudel des imperialistischen Kriegs hineingezogen, der die ganze Welt mit nuklearer Vernichtung bedroht.

Während die USA den Krieg gegen Russland in der Ukraine eskalieren, intensivieren sie zusammen mit ihren Nato-Verbündeten zugleich die Kriegsvorbereitungen gegen China.

Die wichtigsten Verbündeten der USA im asiatisch-pazifischen Raum – Japan, Australien und Indien – sind Bestandteil der „Quad“, einer quasi-militärischen Allianz gegen China.

An der jüngsten Runde der „Malabar“-Militärübungen, die ursprünglich 1992 von den USA und Indien ins Leben gerufen wurden, nahmen sämtliche Quad-Mitglieder teil. Die Manöver fanden vom 8. bis 15. November im Ostchinesischen Meer statt.

Indien hat sich unter der Regierung des faschistisch gesinnten Premierministers Narendra Modi in einen Frontstaat der USA gegen China verwandelt. Im Anschluss an die „Malabar“-Manöver hielt Indien vom 15. November bis 1. Dezember seine jährlichen Kriegsspiele mit den USA ab, die als „Yudh Abhyas“ bekannt sind. Sie fanden hoch in den Bergen in einem Gebiet statt, das nur 100 km von der Line of Actual Control (LAC) entfernt ist – der umstrittenen Grenze zwischen Indien und China, entlang derer sich beide Länder seit Mai 2020 in einem militärischen Patt gegenüberstehen.

Der Indische Ozean, dessen Seewege für Chinas Außenhandel von entscheidender Bedeutung sind, wird zum Schlachtfeld zwischen Washington und Peking.

Die gesamte Erfahrung der mehr als siebzigjährigen Schein-„Unabhängigkeit“ Südasiens hat eindrücklich die Theorie der permanenten Revolution bestätigt, die von Leo Trotzki entwickelt wurde, dem neben Lenin wichtigsten Führer der russischen Oktoberrevolution von 1917.

Wie Trotzki erklärte, ist die nationale Bourgeoisie in Ländern mit verspäteter kapitalistischer Entwicklung nicht in der Lage, der Bevölkerung grundlegende soziale und demokratische Rechte zu verschaffen. Nur die Arbeiterklasse, die andere unterdrückte Massen, insbesondere die arme Bauernschaft, auf ihre Seite gewinnt, kann die sozialen und demokratischen Rechte der Massen sichern, indem sie in einer sozialistischen Revolution selbst die Macht übernimmt.

Bis in die späten 1940er Jahre stand der größte Teil des asiatischen Kontinents unter jahrhundertelanger Kolonialherrschaft. Was hat die so genannte Unabhängigkeit von dieser Herrschaft im Rahmen des Kapitalismus und Imperialismus den Milliarden von Arbeitern, Jugendlichen und Landarbeitern in diesen Ländern gebracht? Nichts als Armut, Arbeitslosigkeit, Bürgerkriege durch kommunalistische Spaltungen, die Unterdrückung demokratischer Rechte und nun die wachsende Gefahr eines Atomkriegs.

Aber die Arbeiterklasse hat begonnen zu kämpfen. Im vergangenen Jahr wurde Sri Lanka von einem riesigen Volksaufstand erschüttert. Arbeiter, Jugendliche und Landarbeiter erhoben sich gegen die Regierung des damaligen Präsidenten Gotabaya Rajapaksa.

Die unerträglichen Bedingungen, die Knappheit und extreme Verteuerung lebenswichtiger Güter wie Lebensmittel, Treibstoff und Medikamente sowie die stundenlangen täglichen Stromausfälle seit Anfang April haben die Arbeiter in den Kampf getrieben. Die soziale Krise in Sri Lanka wurde durch die Pandemie und den Krieg in der Ukraine noch erheblich verschärft.

Die Arbeiterklasse spielte bei den Aufständen in diesem Jahr eine entscheidende Rolle und beteiligte sich zu Millionen an den Generalstreiks am 28. April und 6. Mai. Diese mächtige Volksbewegung, in der sich singhalesische, tamilische und muslimische Arbeiter entgegen aller Spaltungsversuche der Herrschenden zusammenschlossen, zwang Rajapaksa im Juli zur Flucht außer Landes und zum Rücktritt.

Die Socialist Equality Party und die IYSSE in Sri Lanka kämpften in diesem Aufstand für eine unabhängige Mobilisierung der Arbeiterklasse auf der Grundlage eines revolutionären sozialistischen Programms und einer Perspektive, die sich gegen alle Parteien des bürgerlichen politischen Establishments richtete. Zu diesen Parteien gehören auch die angeblichen Oppositionsparteien: die Samagi Jana Balawegaya (SJB), die Tamil National Alliance (TNA) und die Janatha Vimukthi Peramuna (JVP), sowie ihre pseudolinken Anhängsel wie die Frontline Socialist Party (FSP) und die Gewerkschaftsvertreter.

Obwohl der Volksaufstand Rajapaksa zum Rücktritt zwang, ist keines der brennenden Probleme, die zu den Massenprotesten geführt haben, gelöst worden. Die neue Regierung unter Präsident Ranil Wickremesinghe, die von einem weithin diskreditierten Parlament eingesetzt wurde, setzt ihre Angriffe auf die sozialen und demokratischen Rechte der Arbeiter und der Landbevölkerung fort, indem sie die IWF diktierten Sparmaßnahmen umsetzt.

Obwohl die neue Regierung behauptet, sich aus dem Großmachtkonflikt im Indischen Ozean herauszuhalten, stellt sich Wickremesinghe hinter den Kriegskurs der USA gegen China. Er hat eine lange Geschichte als offener und zuverlässiger Handlanger der USA und beugt sich dem zunehmenden Druck aus Washington und Neu-Delhi.

In ganz Südasien führt die herrschende Klasse harte Sparmaßnahmen durch, um die Last der Wirtschaftskrise auf die arbeitende Bevölkerung in Stadt und Land abzuwälzen.

Wir rufen die Arbeiter und Jugendlichen in Südasien einschließlich Indien und Sri Lanka auf, sich der SEP und der IYSSE anzuschließen, um gegen Atomkrieg und die Verelendungspolitik der Regierungen in aller Welt eine internationale Bewegung aufzubauen, die von der Arbeiterklasse angeführt wird und auf einem internationalen sozialistischen Programm basiert.

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