Die Folge der kriminellen Abkehr von Zero-Covid:

Etwa 250 Millionen Chinesen mit Covid-19 infiziert

Ein soziales Verbrechen ungeheuren Ausmaßes hat ganz China erfasst. Als Folge der Abkehr der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) von ihrer Zero-Covid-Politik haben sich allein in den ersten 20 Tagen des Dezembers rund 250 Millionen Menschen mit Corona infiziert. Dies geht aus einem vertraulichen Bericht des stellvertretenden Direktors des Chinesischen Zentrums für Seuchenkontrolle und -prävention, Sun Yang, hervor, der am 21. Dezember durchsickerte.

Die gigantische Zahl von Infektionen entspricht 18 Prozent der 1,4 Milliarden Einwohner Chinas. Sie steht in krassem Gegensatz zu den offiziellen Zahlen der Nationalen Gesundheitskommission (NHC). Diese offizielle Gesundheitsbehörde hat für denselben Zeitraum von 20 Tagen im Ganzen 62.592 symptomatische Fälle gemeldet. Dagegen schätzt Sun, dass sich an einem einzigen Tag, nämlich am Dienstag, dem 20. Dezember, etwa 37 Millionen Menschen angesteckt hätten.

Suns inoffizielle Schätzung deckt sich mit öffentlichen Schätzungen, die zwei Städte, Qingdao und Dongguan, letzte Woche bekanntgegeben haben. Der Leiter der Gesundheitsbehörde von Qingdao, Bo Tao, schätzt die Zahl der Neuinfektionen in der Stadt seit Freitag auf 490.000 bis 530.000 pro Tag, wobei seine Modellierung einen Anstieg um 10 Prozent am Samstag und Sonntag nahelegt.

Patient vor der Fieberklinik eines Krankenhauses in Peking, Montag, 19. Dezember 2022 (AP Photo/Andy Wong)

In Dongguan haben Experten und die Stadtverwaltung mit Hilfe von Computermodellen am Freitag berechnet, dass es in der gesamten Stadt derzeit etwa 250.000 bis 300.000 Infektionen pro Tag gebe. Aufgrund der chinesischen Feiertage zum Mondneujahr wird erwartet, dass die Infektionszahlen im ganzen Land in den kommenden Wochen noch einmal massiv ansteigen.

Der Verzicht auf regelmäßige Tests und sogar darauf, dass das NHC die Zahlen regelmäßig bekannt gibt, hat zu einer gewaltigen Untererfassung der Infektionen und Todesfälle geführt. Das veranlasst die imperialistischen Mächte und andere Länder zu scheinheiligen Reaktionen, obwohl sie selbst während der gesamten Pandemie eine Durchseuchungspolitik betrieben haben.

In einem Telefonat, das US-Außenminister Antony Blinken kürzlich mit dem chinesischen Außenminister Wang Yi führte, betonte Blinken die Notwendigkeit von „Transparenz“ in Bezug auf Corona. Auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und führende Politiker in Indien haben ihre Besorgnis über Pekings ungenaue Fallmeldungen zum Ausdruck gebracht.

Um die Scheinheiligkeit zu erkennen, muss man sich nur an die eklatante Verzerrung der Infektionsdaten durch die amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention (CDC) erinnern, die schon im Februar letzten Jahres vom Maskentragen abgeraten hatten. Oder an die Massenbegräbnisse in Indien während des verheerenden Ausbruchs der Delta-Variante im vergangenen Jahr.

Die KP China wiederholt im Grunde das Vorgehen der Vereinigten Staaten, Indiens und anderer Länder. Sie spielen die Auswirkungen von Corona herunter, manipulieren die Kriterien der Todesursache, weigern sich, die Fälle korrekt zu erfassen, und entfesseln eine üble Medienpropaganda.

Die von Ärzten, Krankenschwestern und Patienten geschilderten Szenen in den chinesischen Krankenhäusern zeigen, dass die Zahl der Fälle in die Höhe schießt. Dies gilt besonders für diejenigen Großstädte, wo die meisten der 267 Millionen über-60jährigen Chinesen leben. Die Krankenhäuser sind von älteren Patienten überschwemmt. Schon fehlen Sauerstoffgeräte und transportable Betten, sowie generell Unterbringungsmöglichkeiten für die Kranken. Viele Ärzte sind selbst zu krank, um weiterzuarbeiten, während andere noch arbeiten, obwohl sie sich angesteckt haben.

Eine Neurologin, die am Beijing Friendship Hospital arbeitet, sagte kürzlich in einem Interview mit der Financial Times: „Alle Ärzte liegen flach, aber wir können die Patienten nirgendwo anders hinschicken, weil andere Abteilungen auch zu wenig Ärzte haben. Die Notaufnahme ist mit Patienten überfüllt. Wir brauchen jetzt viel länger, um sie zu verlegen.“ Die Neurologin erholte sich selbst gerade von Covid-19 und hustete hörbar in ihre Gesichtsmaske.

Die Ambulanzen sind überlastet und können die Patienten, die sie transportieren, nicht mehr an die Kliniken übergeben. In der Stadt Hangzhou werden freiwillige Fahrer rekrutiert, um den Bedarf an Rettungssanitätern zu decken. Es gibt so viele Verstorbene, dass die staatlichen Bestattungsinstitute viele Leichenwagen abweisen müssen. Besondere Notfalleinrichtungen wie die Beijing Chaoyang Integrative Medicine haben eigene Räume zu behelfsmäßigen Leichenhallen umfunktioniert.

Vieles deutet darauf hin, dass die Menschen in großer Zahl zu Hause sterben. Die Nachfrage nach Sauerstoffgeräten für den Hausgebrauch steigt sprunghaft an. An Hustenmitteln und anderen Medikamenten herrscht akuter Mangel. In Yunnan haben die Behörden den Verkauf von Ibuprofen auf eine Schachtel pro Käufer und den Verkauf von Antigentests auf sechs Tests pro Woche pro Person beschränkt. Der Verkauf von Oximetern, Geräten zur Messung der Pulsfrequenz und der Sauerstoffsättigung, ist sprunghaft angestiegen. Die Herstellung dieser Geräte, mit denen sich die Gesundheit von Herz und Lunge feststellen lässt, wird jetzt angekurbelt, um die Nachfrage zu decken.

Nur wenige Tage, nachdem Sun Yangs Bericht durchgesickert war, gab der NHS am Sonntag eine Erklärung ab, in der es heißt, dass die Zahl der Coronafälle nicht mehr gemeldet würden. Provokativ hat die Behörde auch die Definition für einen Coronatod auf „Atemversagen“ eingeengt, andere damit zusammenhängende Probleme jedoch ausgeschlossen. Das unterstreicht, dass die offiziellen Zahlen von Infektionen und Todesfällen mittlerweile vollkommen willkürlich sind.

In jüngster Zeit sind in Peking mindestens drei prominente Todesfälle mit großer Wahrscheinlichkeit auf Covid-19 zurückzuführen. Ein Betroffener ist der 67-jährige Wu Guanying, der Designer des Maskottchens der Olympischen Spiele 2008 in Peking. Seinen Tod haben die Medien als Folge einer „schweren Erkältung“ gemeldet, was in den sozialen Medien zu Widerspruch führte. Auch der Fußballspieler Wang Ruoji von der Mannschaft Shenyang Jinde ist verstorben, und zwar im Alter von 37 Jahren, angeblich an „Diabetes–Komplikationen“. Die Vermutung liegt nahe, dass diese durch eine Corona-Infektion ausgelöst wurden. Außerdem ist die Opernsängerin Chu Lanlan mit 40 Jahren verstorben, kurz nachdem sie sich an dem Virus angesteckt hatte.

Die derzeit in China vorherrschende Variante ist die Untervariante Omikron BF.7. Sie ist aufgrund ihrer hohen Ansteckungsfähigkeit für die Bevölkerung, die zumeist noch nie mit dem Virus in Berührung gekommen ist, ganz besonders gefährlich. Die Gesamtimpfungsrate liegt bei über 90 Prozent, aber nur 57,9 Prozent der Erwachsenen haben eine Auffrischungsimpfung erhalten, und bei den über 80-Jährigen beträgt die Auffrischungsrate sogar nur 42,3 Prozent.

Die niedrigen Impfquoten allein sind jedoch nicht die Ursache für die Katastrophe, die sich hier anbahnt. Es ist die Tatsache, dass die KPCh dem unausgesetzten Druck der imperialistischen Mächte nachgegeben und ihre Zero-Covid-Eliminierungsstrategie aufgegeben hat, was nun Millionen chinesischer Bürger gefährdet.

im November haben große Unternehmen wie Nike und Apple damit gedroht, ihre Geschäfte in andere Länder zu verlagern, wenn es weiterhin zu Engpässen bei den Lieferketten und unter den Arbeitskräften käme. Dies war der unmittelbare Anlass für eine rasche Aufhebung der Zero-Covid-Strategie. Von China wird erwartet, dass es seiner Rolle als Ausbeuter billiger Arbeitskräfte für die globale Wirtschaft gerecht werde. Und so zwingt die KP China die Arbeiterklasse dazu, unter gefährlichen Bedingungen, die zu Krankheit, Behinderung und Tod führen, weiter zu schuften.

Mit dem herannahenden Neujahrsfest stellt die Lockerung der Reisebeschränkungen auch für die ländlichen Provinzen eine große Bedrohung dar. Voraussichtlich werden in den kommenden Wochen Hunderte Millionen Arbeiter reisen. Da die KP China nun die Politik von „Corona auf ewig“ angenommen hat, setzt sie alles daran, das Land zu öffnen und alle Einschränkungen, sowohl bei öffentlichen Versammlungen, als auch an den Grenzen fallen zu lassen.

Am Samstag hat das Bildungsministerium dafür gesorgt, dass 4,74 Millionen Studierende an bestimmten nationalen Zulassungsprüfungen persönlich teilnahmen. Auch diejenigen, die positiv auf Covid-19 getestet waren, mussten die Prüfungen persönlich ablegen, nur in einem anderen Raum als die anderen, die negativ Getesteten.

Diese Maßnahmen führen dazu, dass sich Corona rasend schnell ausbreitet. Und das rasche Übergreifen dieser hochinfektiösen Krankheit auf eine so große Bevölkerungsgruppe ohne jeglichen Versuch, die Menschen zu isolieren oder zu schützen, beschleunigt außerdem erheblich die Entwicklung neuer und potenziell gefährlicherer Varianten.

In einem kürzlich in Nature erschienenen Artikel wird gewarnt: „China wird wahrscheinlich feststellen, was andere Länder, die sich dem Virus bisher nur in begrenztem Umfang aussetzten, im vergangenen Jahr erfahren haben: Es gibt im Zusammenhang mit der Aufhebung der Pandemie-Beschränkungen keine einzige ‚Exit‘-Welle. Dagegen werden wahrscheinlich weitere Infektions- und Todeswellen folgen, entweder infolge neuer Varianten, die in der Bevölkerung entstehen, oder durch Varianten, die importiert werden, wenn das Land seine Grenzen für Besucher öffnet.“

Die Abschaffung von Zero-Covid ist ebenso kurzsichtig wie kriminell. Sie hat ihre Ursache in den Klasseninteressen der nationalen Bourgeoisie Chinas unter dem Druck des globalen Finanzkapitals. Weltweit gibt es zahlreiche Beispiele dafür, welche Auswirkungen sie auf die Bevölkerung hat, doch die chinesische herrschende Klasse hat sie geflissentlich ignoriert. Einer Schätzung von Airfinity, einem Unternehmen im Gesundheitsbereich, zufolge könnten in China 1,3 bis 2,1 Millionen Menschen allein durch den aktuellen Anstieg sterben.

Zwar hat die Bourgeoisie in den imperialistischen Staaten und in China die Zero-Covid-Politik in dem pragmatischen Versuch aufgehoben, die kapitalistische Produktion vollständig wiederaufzunehmen und die Stabilität der globalen Versorgungsketten wiederherzustellen. Aber in Wirklichkeit wird diese rücksichtslose Durchseuchungspolitik die gesamte Weltwirtschaft weiter destabilisieren.

Kurzfristig wird eine massive soziale Krise dieses Zentrum der Weltproduktion mit Krankheit und Tod heimsuchen. Langfristig werden sich möglicherweise Dutzende von Millionen chinesischer Arbeiter in die Reihen derjenigen einreihen, die durch Long Covid auf lange Sicht behindert sind. Allein in den USA sind schätzungsweise 4 Millionen Menschen durch Long Covid so stark beeinträchtigt, dass sie aus dem Erwerbsleben ausscheiden mussten.

Die Lügen und Vertuschungen der Infektions- und Todesfälle durch die KP China werden aufgedeckt werden, und die chinesische Arbeiterklasse wird den kriminellen Charakter des globalen Kapitalismus erkennen. Die Reaktion der chinesischen und internationalen Arbeiterklasse auf dieses soziale Verbrechen wird gewaltig sein. Sie muss jedoch bewusst organisiert werden. Auf der ganzen Welt müssen die Arbeiter ihre Kämpfe vereinen, um eine sozialistische Politik durchzusetzen. Diese wird der absichtlichen Durchseuchung mit vermeidbaren Krankheiten ein Ende setzen. Sie wird eine Politik einführen, die auf der Wissenschaft und der Erhaltung der Menschheit basiert.

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