Scholz und Ampel verschärfen deutsche Kriegspolitik

Die Ampel-Koalition verschärft die deutsche Kriegspolitik. Im Zentrum der Regierungserklärung von Bundeskanzler Olaf Scholz am Donnerstag stand die Nato-Kriegsoffensive gegen Russland. Obwohl diese zu einem direkten Zusammenstoß der Atommächte führt – am Mittwoch verursachten russische Kampfflugzeuge den Absturz einer US-Drohne – sprach sich Scholz erneut für weitere Waffenlieferungen an Kiew aus, um Russland in der Ukraine militärisch zu besiegen.

Was er „hierzu vor zwei Wochen hier im Deutschen Bundestag gesagt“ habe, gelte „unverändert: Wir unterstützen die Ukraine in ihrem Kampf um Freiheit, um Selbstbestimmung, um territoriale Integrität – politisch, finanziell, humanitär und auch mit Waffen.“ Und man werde die Unterstützung „so lange fortsetzen, wie es notwendig ist“.

Die Phrasen von „Freiheit“ und „Selbstbestimmung“ sind die bekannte Propaganda. Tatsächlich haben die Nato-Mächte den reaktionären Einmarsch Russlands in die Ukraine provoziert. Nun eskalieren sie den Krieg immer weiter, um das Land zu unterwerfen. Die herrschende Klasse Deutschlands nutzt den Konflikt darüber hinaus, um sich nach zwei verlorenen Weltkriegen wieder als führende Militärmacht in Europa zu etablieren.

Aktuell läuft eine aggressive Kampagne, um die Aufrüstung noch schneller voranzutreiben. Am Dienstag stellte die Wehrbeauftragte des Bundestags Eva Högl (SPD) den neuen Wehrbericht vor und zeichnete das absurde Bild einer maroden und völlig kaputt gesparten Armee. Die Bundeswehr sei „nicht voll einsatzfähig“ und habe „von allem zu wenig“. Die Medien stimmen ein ähnliches Lamento an. Die „Führungsmacht“ Deutschland gehe „auf dem Zahnfleisch“, klagt die FAZ. Und die Süddeutsche Zeitung behauptet: „Militärisch bleibt Deutschland ein Entwicklungsland.“

Mit der Propagandaoffensive verfolgt die herrschende Klasse zwei miteinander verbundene Ziele. Zum einen sollen die jährlichen Militärausgaben und das im vergangenen Jahr verabschiedete „Sondervermögen Bundeswehr“ über 100 Milliarden weiter erhöht werden. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) verlangte bereits vor Beginn der Haushaltsdebatte im Bundestag pro Jahr zehn Milliarden mehr, und Högl hat für das Sondervermögen die Summe von 300 Milliarden ins Spiel gebracht – das entspräche mehr als dem Sechsfachen des Betrags, den die Regierung aktuell für die Bereiche Gesundheit und Bildung ausgibt.

Zum anderen geht es darum, die Kriegsunterstützung für die ukrainische Armee, die im Donbas zunehmend in die Defensive gerät und schreckliche Verluste erleidet, weiter zu erhöhen. Die Summen, die Deutschland bereits jetzt für Kiew bereitgestellt hat, sind enorm. In den „zurückliegenden zwölf Monaten“ habe Deutschland „die Ukraine und ihre Bürgerinnen und Bürger bilateral mit mehr als 14 Milliarden Euro unterstützt – ein sehr erheblicher und unserem Land auch angemessener Beitrag“, prahlte Scholz im Bundestag. Hinzu komme „der deutsche Anteil“ an der europäischen Unterstützung, „die sich allein für dieses Jahr auf insgesamt 18 Milliarden Euro“ belaufe.

Scholz’ Botschaft lautete, diesen Kurs fortzusetzen. Gemeinsam mit den „europäischen Partnern“ werde seine Regierung „weiter dafür sorgen, dass die Ukraine Waffen und Ausrüstung erhält, um durchzuhalten und sich zu verteidigen“. Ganz besonders wichtig sei dabei, „die Ukraine rasch mit der nötigen Munition zu versorgen“. Beim anstehenden EU-Gipfel in der nächsten Woche werde man „gemeinsam mit unseren EU-Partnern weitere Maßnahmen beschließen, um eine noch bessere kontinuierliche Versorgung zu erreichen“.

Bereits auf ihrem letzten Treffen hatten sich die EU-Verteidigungsminister darauf verständigt, die Munitionsproduktion massiv hochzufahren und in ganz Europa eine regelrechte Kriegswirtschaft zu organisieren. Berichten zufolge will allein Deutschland in den nächsten Jahren 20 Milliarden Euro für Munition aufwenden. Die gleichen Rüstungskonzerne, die Hitlers Wehrmacht hochgerüstet haben, errichten neue Produktionsstätten in Deutschland und planen – wie Rheinmetall – sogar die Errichtung einer Panzerfabrik direkt in der Ukraine.

Scholz ließ in seiner Regierungserklärung am reaktionären und arbeiterfeindlichen Charakter der Kriegs- und Aufrüstungspolitik keinen Zweifel. Es geht eben nicht um „Freiheit“, „Menschenrechte“ und „Demokratie“, sondern um räuberische imperialistische Interessen. Und es ist die Arbeiterklasse, die die Zeche für den militaristischen Wahnsinn zahlen soll.

Man werde die „Wirtschaftsbeziehungen diversifizieren, gerade mit Blick auf den Bezug von Rohstoffen“, verkündete Scholz. Und man werde sich „sehr intensiv mit der Wettbewerbsfähigkeit der EU beschäftigen“. Diese sei „die Voraussetzung für wirtschaftlichen Erfolg, und unsere Wettbewerbsfähigkeit ist die Voraussetzung für Europas Zukunft als geopolitischer Akteur“. „Wettbewerbsfähig“ könne man „auf Dauer nur auf der Grundlage stabiler Haushalte in ganz Europa sein“.

„Wettbewerbsfähigkeit“ und „stabile Haushalte“ sind Codewörter für die Zerschlagung der sozialen Sicherungssysteme und aller verbliebenen Errungenschaften der Arbeiterklasse. In ganz Europa und weltweit organisieren die kapitalistischen Regierungen – mit aktiver Unterstützung der Gewerkschaften – historische Angriffe auf den Lebensstandard der Arbeiterklasse und greifen dabei zunehmend zu diktatorischen Methoden.

Am Donnerstag verkündete die französische Macron-Regierung, den undemokratischen Artikel 49.3 der französischen Verfassung anzuwenden, um die verhasste Rentenreform am Parlament vorbei und gegen den erklärten Willen der Bevölkerung durchzusetzen. Seit Wochen streiken und protestieren in Frankreich – wie in vielen anderen europäischen Ländern – Millionen, um ihrer Wut gegen die geplanten Angriffe und die Kriegspolitik Ausdruck zu verleihen. Die Antwort der herrschenden Klasse heißt Gewalt. Gestern attackierte die Polizei in Paris streikende Müllarbeiter mit Tränengas und Schlagstöcken. Zuvor hatte die Regierung angekündigt, die Arbeiter zwangsweise zu verpflichten. In der Nacht zum Freitag attackierte die Polizei protestierende Arbeiter im ganzen Land.

Auch in Deutschland wächst der Widerstand, und die herrschende Klasse reagiert darauf wie in der Vergangenheit mit einer Verstärkung des Militarismus auch nach innen. Am Donnerstag löste Generalleutnant Carsten Breuer General Eberhard Zorn als Generalinspekteur der Bundeswehr ab. Breuer ist der Befehlshaber des erst im vergangenen Herbst neu aufgestellten Territorialen Führungskommandos der Bundeswehr und hatte zuvor den Corona-Krisenstab der Bundesregierung geleitetet. In seiner neuen Funktion als Generalinspekteur wird er nicht nur die von Zorn eingeleitete Rückkehr zur „Landes- und Bündnisverteidigung“ – ein Euphemismus für die Vorbereitung auf umfassende Kriege – forcieren, sondern auch das Militär als Unterdrückungsinstrument im Inneren stärken.

Um die Gefahr von Diktatur und Weltkrieg zu stoppen, müssen Arbeiter ihre Kämpfe europaweit und international vernetzen und unabhängig von den Gewerkschaften und etablierten Parteien auf der Grundlage eines sozialistischen Programms führen. Das erfordert die Gründung unabhängiger Aktionskomitees und den Aufbau der Sozialistischen Gleichheitspartei und der Vierten Internationale als neue politische Führung der Arbeiterklasse.

Alle kapitalistischen Parteien unterstützen den rechten und militaristischen Kurs der Regierung. Bezeichnenderweise applaudierten bei Scholz’ Rede nicht nur die Abgeordneten der Regierungsparteien SPD, FDP und Grüne, sondern laut Protokoll auch Vertreter von CDU/CSU und Die Linke.

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