Interview mit Roger Stahl über seinen Dokumentarfilm „Theaters of War“

Die World Socialist Web Site sprach mit Roger Stahl, dem Autor des Dokumentarfilms „Theaters of War: How the Pentagon and CIA Took Hollywood“ („Theater des Krieges: Wie das Pentagon Hollywood einnahm“).

Stahl ist Professor für Kommunikationswissenschaften an der University of Georgia und Autor von „Militainment, Inc.“ und anderen Büchern über die Militarisierung der Medien. Von ihm stammen auch die Werke „Returning Fire” und „Through the Crosshairs”. Der folgende Text ist eine bearbeitete Version des Gesprächs, das Ende 2022 stattfand.

Roger Stahl

Richard Phillips: Die Beteiligung des Militärs an Hollywood-Filmproduktionen hat eine lange Geschichte. Wie hat das alles angefangen?

Roger Stahl: Das geht auf Filme wie „The Birth of a Nation“ („Geburt einer Nation“) zurück. Die Armee unterstützte den Film, wodurch sie einen gewissen Einfluss auf die Geschichte hatte. Dies war das frühe Modell für das, was schließlich zu einer massiven PR-Aktion wurde.

1927 warb das US-Militär für seine Luftstreitkräfte mit dem Erste-Weltkriegs-Film „Wings“ („Flügel aus Stahl“), in welchem es seine Rolle im Luftkrieg übertrieben darstellte. Das Militär steuerte eine enorme Menge an militärischer Ausrüstung von mehreren Stützpunkten aus bei: Mehr als 3.000 Infanteristen und Hunderte von Flugzeugen nahmen teil, und es kam zu zahlreichen Unfällen und Verletzungen.

Um Ihnen ein Gefühl für den Umfang des militärischen Engagements zu vermitteln: Als ein Kadett bei einem der vielen inszenierten Flugzeugabstürze ums Leben kam, entschied die Armee, dass er in Erfüllung seiner Pflicht getötet worden sei. Absurd, aber wahr. Der Film wurde später mit dem ersten überhaupt verliehenen Oscar ausgezeichnet, was sich für die militärische Öffentlichkeit auszahlte.

Diese Geschichte warb für die US-Luftmacht, obwohl die Air Force während des Ersten Weltkriegs gar nicht geflogen war. Tatsächlich war es ein frühes Beispiel dafür, was alles möglich werden sollte, und was man seither beim Verbindungsbüro für Unterhaltungsfragen des Verteidigungsministeriums oft erlebt. Es lässt eine Vision seiner selbst herstellen, die völlig falsch ist, obwohl [das Ministerium] behauptet, dass es nur in Hollywood involviere, um die Sache wahrheitsgetreu zu gestalten.

Plakat für Wings (William A. Wellman, 1927)

Während des Zweiten Weltkriegs hatte das Office of War Information, wie es damals genannt wurde, weitere Kontakte zu Hollywood geknüpft. Nach dem Krieg, im Jahr 1949, richtete das Militär offiziell das sogenannte Motion Picture Production Office ein, das alle einzelnen Zweige des Verteidigungsministeriums im Pentagon in Washington D.C. zusammenführte.

Wir könnten hier ins Detail gehen, aber das Unternehmen arbeitete hauptsächlich mit Hollywood-Filmproduzenten zusammen, bevor es in den 70er Jahren seine Tätigkeit auf das Fernsehen ausweitete. Die Zahl der Aufträge stieg in den 1990er und 2000er Jahren sprunghaft an; die meisten fielen wohl in die Zeit nach 2000. Das ist in groben Zügen die Geschichte der Operation. Wir können derzeit die Zusammenarbeit von Pentagon und CIA bei über 2.500 Filmen und Fernsehsendungen bestätigen. Das bedeutet Drehbuchkontrolle.

RP: Wie hoch ist das Budget des Amtes für Unterhaltungsmedien?

RS: Wenn wir nur über das Amt selbst sprechen, ist nicht viel Geld im Spiel, und in Bezug auf die Zahl der Mitarbeiter ist es keine große Operation. Aber das Amt hat enorm viel Material zur Verfügung: Zugang zu milliardenschwerer Ausrüstung, Militärbasen, Menschen und weiteres mehr, wobei es als Gatekeeper fungiert. Das verleiht ihm einen gewissen Einfluss.

Und dieser Einfluss wird ständig ausgeweitet. Die Produzenten sollen dafür bezahlen, was sie verbrauchen – eine Regel, die das Amt in öffentlichen Erklärungen immer wieder erwähnt. Was nicht erwähnt wird, ist, dass das Militär in der Vergangenheit immer wieder die Kosten heruntergeschraubt und reduziert hat. Sie wollen, dass die Produzenten immer wieder zurückkehren. Wenn sie könnten, würden sie alles umsonst geben.

In der Tat waren diese Dienst bis 1964 kostenlos, bis der Kongress sie zwang, Gebühren zu erheben. Es gab eine Kontroverse um die Produktion von „The Longest Day“ (Der längste Tag, 1962). Das Militär zog viele Leute von ihrem Stützpunkt in Deutschland ab, damit sie an den Stränden der Normandie als Statisten arbeiten konnten, was bedeutete, dass nicht mehr viele Soldaten für die Berlin-Krise, die sich gleichzeitig abspielte, zur Verfügung standen. Das ging durch die Presse, der Kongress sprach darüber und viel wurde darüber geschrieben, was der Steuerzahler alles für die Produktion von Hollywood-Filmen bezahle. Seither gilt also diese Regel, um die Öffentlichkeit zu beruhigen. Für den Steuerzahler müsste die Hilfe eigentlich kostenlos sein, aber die Unterhaltungsbranche sucht offenbar immer neue Wege, um diese Regel zu umgehen.

RP: „Theaters of War“ stützt sich auf Material aus dem Buch „Operation Hollywood“, aber Sie konnten zusätzlich Material über Anfragen nach dem Freedom of Information Act (FoIA) bekommen. Was waren die überraschendsten Dinge, die Sie dabei entdeckten? Übrigens fand ich die Animationen und Grafiken im Dokumentarfilm sehr gut.

RS: Danke. Es war eine Herausforderung, einen Film zu machen, der so dokumentenlastig ist. Ich hatte nicht das Budget, um die ganze Grafikarbeit zu bezahlen, also musste ich es selbst lernen. Es hat drei Jahre gedauert, bis ich es richtig hinbekommen habe.

Sie haben nach dem Buch „Operation Hollywood“ gefragt, das David Robb 2004 herausgebracht hatte. Das war eine große Inspiration für uns alle, die wir an diesem Projekt arbeiten, ein echtes Werk des investigativen Journalismus. Er hatte Zugang zu Dokumenten, die etwa 90 bis 100 Filme betrafen. Und da er für die Zeitung Variety arbeitete, konnte er Filmemacher interviewen, die verärgert darüber waren, dass das Pentagon ihre Drehbücher geändert oder verhindert hatte, dass ihre Filme gedreht wurden.

Robb übergab schließlich seine gesamte Dokumentation an mein Team und war froh, dass jemand anderes „die Fackel weitertragen“ konnte, wie er es ausdrückte. Sein Buch war bahnbrechend und erregte jedermanns Aufmerksamkeit, aber die Anzahl an Dokumenten, die ihm zur Verfügung standen, verblasst im Vergleich zu dem, was wir heute haben.

Robb arbeitete hauptsächlich in den 1970er, 80er und 90er Jahren, als sich das Entertainment Media Office hauptsächlich mit Spielfilmen befasste. Meine Kollegen Matt Alford und Tom Secker begannen, FoIA-Anfragen zu stellen, und sie erhielten etwa 10.000 bis 15.000 Seiten an Dokumenten – Notizen, Briefe, Anträge auf Drehbuchänderungen und so weiter, die verschiedene Produktionen von 2004 bis etwa 2016 abdeckten. Die Spielfilme wurden mehr und mehr von anderen Medienprojekten in den Schatten gestellt. Das gab den Anstoß für eine weitere Forschungswelle und das Buch „National Security Cinema“. Seitdem konnten wir diese Zahl durch neue FoIA-Anträge und den Zugang zu neuen Archiven auf etwa 40.000 erhöhen.

Eine Auswahl aus hunderten Filmen, die das Pentagon zurückgewiesen hatte [Photo: Theaters of War]

In den späten 2000er Jahren war das Amt für Unterhaltungsmedien vor allem in den Bereichen Reality-TV und Talkshows tätig, aber in den 2010er Jahren begann es, sich mit YouTube-Filmen, Spielen und allen möglichen anderen Medienplattformen zu beschäftigen.

Die größte Überraschung war, mit wie vielen verschiedenen Medien-Arten sie arbeiten. Das als Militär-Hollywood-Komplex zu bezeichnen, gibt wirklich ein falsches Bild, denn man hat es mit fast jeder Art von Medienaktivität zu tun: auch Sportereignisse und Paraden, eigentlich alles, was im Fernsehen erscheint, Videospiele, soziale Medien, was auch immer. Das Militär ist in Dinge involviert, die man nicht als militärische Produktionen bezeichnen würde. Sie befassen sich zum Beispiel mit einer erstaunlichen Anzahl an Koch- und Backshows.

All dies signalisierte eine Abkehr vom Kriegsfilm und eine Hinwendung zu einer Erzählweise, die auf etwas anderes abzielt. Es geht nicht nur darum, die Militärpolitik zu rechtfertigen, sondern auch darum, die Menschen emotional an die Anwesenheit von Militärpersonal, Militärbasen, Militäroperationen und Waffen zu gewöhnen. Sie führen diese Dinge in jede Ritze des täglichen Lebens ein, und die allgegenwärtige Präsenz des Militärs wird zur Normalität. Das ist die grundlegende Strategie. Es geht darum, die politische Einstellung der Amerikaner zu beeinflussen, damit die Finanzierung des Militärs weiter fließt.

RP: Ihr Dokumentarfilm enthüllt die enge Zusammenarbeit zwischen dem Entertainment Media Office und „Top Gun“ und „Top Gun: Maverick“ als Instrument für die militärische Rekrutierung. Könnten Sie etwas zu „Zero Dark Thirty“ sagen, den viele Kritiker als einen intelligenten Film gelobt haben, und der für sechs Oscars nominiert war?

RS: Ja, das war ein Film von Katherine Bigelow. Sie hatte zuvor mit „The Hurt Locker“ Beziehungen zum Entertainment Media Office angeknüpft. Bei dieser Produktion gab es einige Probleme, und das Militär zog seine Unterstützung zurück. Am Ende kostete es die Produzenten viel mehr und sie erreichten kaum die Gewinnzone. Bigelow zog daraus ihre Lehren und beschloss, mit dem Drehbuch für „Zero Dark Thirty“ auf das Militär zuzugehen, wie es sich gehört. So wurden das Pentagon, das Weiße Haus und die CIA schon früh in den Produktionsprozess involviert.

Zero Dark Thirty (2012)

Es gibt Anzeichen dafür, dass sich das Pentagon von der CIA übergangen fühlte und kein Interesse daran hatte, die zweite Geige zu spielen. Letztendlich wurde es ein Film der CIA und des Weißen Hauses. Die grundlegende Handlung ist die, dass die CIA in der Lage war, den Aufenthaltsort von Osama bin Laden zu ermitteln und durch den Einsatz erweiterter Verhörmethoden und Folter herauszufinden.

Für die CIA und das Weiße Haus war der Film insofern ein Coup, als er diese Techniken nicht als abscheulich, sondern als Rettung amerikanischer Leben und die Ausschaltung Osama bin Ladens darstellte. Dies war jedoch das genaue Gegenteil von dem, was tatsächlich geschah. Durch die so genannten erweiterten Verhörtechniken haben sie nichts über seinen Aufenthaltsort erfahren.

Es gab einen riesigen Aufschrei unter progressiven Amerikanern und Leuten wie Senator John McCain, der in Vietnam gefoltert worden war. Auch eingefleischte Republikaner, die der Obama-Regierung kritisch gegenüberstehen, hielten den Film für übertrieben und bezeichneten ihn als Propaganda. Sie waren nicht so sehr über die Darstellung von Folter besorgt, sondern vielmehr darüber, dass der Film den Ruf der Obama-Regierung stärken würde.

Also schlossen sich diese beiden sehr unterschiedlichen Gruppen zusammen und protestierten gegen den Film. Als der Film für den Oscar nominiert wurde, war er zu einem politisch heißen Eisen geworden, und schließlich gewann er nicht die Kategorie „Bester Film“. Aber Sie haben Recht, er wurde als respektabler, qualitativ hochwertiger und gut durchdachter Film präsentiert, der ohne die politische Kontroverse sehr gut hätte aufgenommen werden können.

Ein Nebenprodukt der Kontroverse war jedoch – und das ist nur selten passiert – dass sie gezwungen waren, die Existenz des Pentagon-Büros für die Unterhaltungsmedien offen einzuräumen.

RP: Könnten Sie über den Film „Godzilla“ sprechen und darüber, wie die ursprüngliche Version, die als Warnung vor den Gefahren eines Atomkriegs gedacht war, und die neueste Version dieses Films sich unterscheiden?

RS: Es ist sinnvoll, einen Schritt zurückzutreten und zu betrachten, wie die Verbreitung von Atomwaffen und die Lagerung von Atomwaffen im Laufe der Jahre von Hollywood und dem Pentagon normalisiert worden sind. „Godzilla“ ist ein gutes Beispiel dafür. Sie haben Recht, dass seit dem ersten Film in den 1950er Jahren die [militärischen] Partner bemängelten, dass er Kritik an der Bombe und der Verbreitung von Atomwaffen enthielt, was ein Grund dafür ist, dass es bis 2014 keine Unterstützung durch das Pentagon gegeben hat.

Godzilla (2014)

Das ist nicht der einzige Grund. Es gab eine Version aus dem Jahr 1998 mit Matthew Broderick in der Hauptrolle. In diesem Film kommen die Militärs ein bisschen wie die Keystone Cops daher. Sie feuern Raketen auf „Godzilla“, verfehlen ihn aber und zerstören das Chrysler Building. Das Militär sieht nicht gut aus, und deshalb hat das Unterhaltungsamt Einspruch erhoben und die Unterstützung verweigert.

Das Militär unterstützte jedoch die „Godzilla“-Version von 2014 voll und ganz, denn darin erschien es in einem heldenhaften Licht. Noch wichtiger ist jedoch, dass die Anti-Atomkraft-Darstellung auf den Kopf gestellt wurde. Das Militär hat die Anspielungen auf Hiroshima entfernt, und plötzlich sind Atomwaffen Teil der Lösung des Monsterproblems. Das war ein großer PR-Sieg für diejenigen, die uns alle für ein potentielles Armageddon in Geiselhaft nehmen wollen.

Das Militär verweigerte den Produzenten der nächsten Version des Films im Jahr 2019 die Unterstützung. Wir kennen den genauen Grund nicht – vielleicht war darin seine Rolle etwas weniger heldenhaft. Aber das Tragische dabei ist, dass das Narrativ „Atomwaffen retten den Tag“ bestehen blieb. Und das nach nur einer Intervention des Verteidigungsministeriums.

RP: Ich erinnere mich an die Dreharbeiten zu Stanley Kramers Anti-Atom-Film „On the Beach“ in Melbourne, in dem es um US-Matrosen geht, die nach einem verheerenden Atomkrieg zwischen den USA und der Sowjetunion in Australien stationiert sind. Wie hat das Verteidigungsministerium auf diesen Film reagiert?

RS: Wir haben uns in der Dokumentation nicht mit „On the Beach“ befasst, aber gut, dass Sie es erwähnen. Die Marine hatte kein Problem mit der Darstellung des Militärs oder des Offizierskorps an sich, aber sie verabscheute die Anspielung darauf, dass die USA kurz vor einem Atomkrieg stünden, für den sie wahrscheinlich selbst verantwortlich wären.

On the Beach (1959)

Das Militär wies ausdrücklich darauf hin, dass dieser Film die Unterstützung der Amerikaner für die atomare Aufrüstung ihres Landes schwächen würde. Wenn sie den Film unterstützen sollten, dann müsste klar sein, dass die Sowjets den Krieg begonnen hätten. Dagegen wehrten sich die Filmemacher, und so verweigerte das Verteidigungsministerium jede Unterstützung für „On the Beach“. Es gibt noch andere Filme dieser Art. Der Film „The Day After“ aus den 1980er Jahren: Dessen Unterstützung hat das Verteidigungsministerium aus fast genau denselben Gründen anlehnt.

RP: Wie hat das Verteidigungsministerium auf „Dr. Strangelove“ (Dr. Seltsam) reagiert?

RS: Kubrick und seine Produzenten haben sich nicht an das Pentagon gewandt, weil sie nicht davon ausgingen, dass sie Hilfe erhalten würden. Und sie hatten Recht. Das bedeutete, dass das Pentagon keinen Einfluss auf „Dr. Strangelove“ nahm. Als der Film allerdings fertig war, übte es erfolgreich Druck auf das Studio aus, um eine Distanzierungserklärung am Anfang des Films einzufügen. Sie erinnern sich vielleicht daran, dass zu Beginn des Films in weißer Schrift auf einem schwarzen Bildschirm der Satz erscheint, dass alle in diesem Film dargestellten Dinge fiktiv seien, und dass das Militär Sicherheitsvorkehrungen getroffen habe, um solche Ereignisse – einen unbeabsichtigten Atomkrieg – zu verhindern.

Stanley Kubrick hatte keine Ahnung davon und war nicht glücklich darüber, dass das Studio ihn damit über den Tisch gezogen hatte. Die Studios lassen sich auf so etwas ein, weil sie gute Beziehungen zum Militär aufrechterhalten wollen.

RP: In Ihrem Dokumentarfilm geht es auch um die Miniserie „The Long Road Home“. Können Sie darüber etwas sagen?

RS: Das ist eine relativ neue Sendung über einen Hinterhalt und die Rettung von US-Soldaten im Irak im Jahr 2004. Das Ganze wurde in Fort Hood gefilmt, mit viel Hilfe des Verteidigungsministeriums. Ich habe mich dafür interessiert, weil wir 400 Seiten interner E-Mails hatten, die wir über die FoIA einsehen konnten.

The Long Road Home (2017) [Photo: natgeotv.com]

Die E-Mails enthüllten, dass die Armee in Fort Hood mit dem Preis herunter gingen, um der Produktionsfirma das bestmögliche Angebot zu machen. Die ursprüngliche Rechnung belief sich auf 500.000 Dollar, was für den Anfang ein Klacks ist, wurde danach aber noch um mehr als 100.000 Dollar gekürzt. Der Text, den das Unterhaltungsbüro an die Leute in Fort Hood schickte, lautete: „Buchen Sie, wenn Sie können, alles unter Training ab.“ Das ist nicht ungewöhnlich. Das ist ein Aspekt, auf den wir in der Dokumentation nicht näher eingegangen sind.

In der Sendung geht es auch teilweise um die Friedensbewegung im eigenen Land, und darauf sind wir eingegangen. Und hier sehen Sie in den Dokumenten, dass das Verteidigungsministerium sogar jedes einzelne Plakat überprüft hat, das die in der Sendung dargestellten Kriegsgegner trugen. Eine Liste mit den Slogans wurde dem Verteidigungsministerium zur Genehmigung vorgelegt.

Als wir an diesen Dokumenten arbeiteten, bemerkte ich, dass Duncan Koebrich, ein Armeeveteran, der bei dem Hinterhalt in Sadr City verwundet worden war, in den sozialen Medien gepostet hatte, wie sehr er die Sendung hasse.

Ich habe mich mit ihm in Verbindung gesetzt und wollte wissen, warum. War es nur die Ästhetik, oder hatten sie die Geschichte vermasselt? Er brachte mich mit anderen Freunden aus der Einheit zusammen, die ebenfalls ähnliche Vorbehalte hatten. Einer von ihnen war Travis Walker. Ursprüngliche hoffte ich, dass wir alle zusammen den Drehort in Fort Hood besuchen könnten, wo die Serie gedreht worden war: eine umfunktionierte Anlage für urbanes Kampftraining. Verrückterweise war dies genau der Ort, an dem die Veteranen selbst trainiert worden waren, bevor man sie in den Irak abkommandiert hatte. Jetzt hatte man den Ort genutzt, um ihre Geschichte neu zu inszenieren. Aber leider ließ uns Fort Hood nicht hinein, ohne die Erlaubnis von – raten Sie mal, von wem? – dem Unterhaltungsbüros.

Veteranen aus dem Irakkrieg, Duncan Koebrich (links) and Travis Walker [Photo: Theaters of War]

Die Veteranen sagten, die Sache mit dem Hinterhalt [in Sadr City] stelle für die Führung seit Langem eine Blamage dar. Das war ein strategischer Fehler und auch ein Zeichen eklatanter Missachtung der eigenen Soldaten. Die Vorgesetzten trafen beispielsweise Entscheidungen, die die örtliche Bevölkerung verärgerten, und unternahmen gleichzeitig wenig, um die Soldaten mit einer Grundausstattung an Schutzwesten und gepanzerten Fahrzeugen auszustatten. Nach dem Überfall war die militärische Führung so besorgt über die öffentliche Reaktion in der Heimat, dass sie eine Kommunikationssperre verhängte. Verwundete und sterbende Soldaten konnten ihre Familien nicht anrufen.

Die Sendung ignoriert all dies und präsentiert stattdessen ihre eigene Gegendarstellung. Es gibt eine ganze Szene, in der verwundete Veteranen sofort ihre Angehörigen zu Hause anrufen. Das ist keine Diskrepanz, die wir in den Dokumentarfilm aufgenommen haben, aber es war für mich ein Hinweis darauf, dass hier einiges nicht stimmte.

In der Dokumentation wird die Geschichte von Oberstleutnant Gary Volesky erzählt. Er hatte das Kommando, als der Überfall geschah. Im wirklichen Leben blieb er im Hauptquartier. In der Serie ist er jedoch an der Front und kämpft heldenhaft für seine Männer. Die Veteranen konnten ihren Augen nicht trauen, als sie das im Fernsehen sahen. Einer von ihnen nannte es eine eklatante Beschönigung. Ich würde sagen, das ist so ähnlich, wie das Debakel in Somalia in dem Film „Black Hawk Down“ beschönigt wurde.

RP: Sie sagen in dem Dokumentarfilm, dass Tomas Young als schwach und feige usw. dargestellt werde, worüber Koebrich und Walker verärgert seien.

RS: Ja, Young war ihr Freund. Er wurde in der Schlacht verwundet und war danach gelähmt. Später engagierte er sich in der Antikriegsbewegung, zusammen mit Cindy Sheehan, deren Sohn bei demselben Vorfall getötet worden war. Beide nahmen an den Protesten vor Bushs Ranch in Texas teil und waren der Regierung ein Dorn im Auge.

Tomas Young im Capitol in Washington DC [Photo: Body of War (2007)]

Das ist also der andere Ansatz des Verteidigungsministeriums, um eine peinliche Episode zu vertuschen: die Friedensbewegung zu diskreditieren. Den Veteranen zufolge war Young ein cooler Typ, aber die Serie stellt ihn als eine Art Idioten dar, der eine Vision von Größe hatte, dem aber die Fähigkeit fehlte, sie auszubauen. Die Serie schiebt ihm selbst die Schuld daran in die Schuhe, dass er verwundet wurde: Weil er so ein Pazifist ist, kann er bei einem Angriff nicht abdrücken, um sich zu verteidigen. Dann ist er sein Leben lang wütend darüber. Den Kriegsveteranen zufolge war das ganz anders.

Youngs wahre Geschichte ist die eines Helden: Er wurde verwundet und überlebte trotz aller Widrigkeiten lang genug, um sein Leben dem Frieden zu widmen und dafür zu sorgen, dass sich Tragödien wie die seine nicht wiederholen. Für die Machthaber war seine Botschaft offensichtlich gefährlich. Die PR-Maschinerie machte aus seiner Geschichte eine Geschichte der Inkompetenz, des Ressentiments und der Verbitterung.

RP: Ihr Dokumentarfilm schließt mit einer eindringlichen Beschreibung der jahrzehntelangen imperialistischen Interventionen der USA in der Nachkriegszeit auf der ganzen Welt und der entsetzlichen menschlichen Kosten. Sie plädieren dann dafür, dass ein Warnhinweis zwingend vorgeschrieben sein soll, der das Publikum darüber informiert, wenn ein Film oder ein Unterhaltungsprodukt mit Unterstützung des Verteidigungsministeriums oder der CIA hergestellt worden ist. Wie soll das geschehen, da man es doch mit einem gewaltigen und rücksichtslosen Apparat zu tun hat?

RS: Gute Frage. Nun, abgesehen davon, das Amt [für Unterhaltungsmedien beim Verteidigungsministerium] ganz abzuschaffen, ist es das Mindeste, was wir tun können: Man muss die Filmemacher dazu verpflichten, einen solchen Hinweis an den Anfang des Films zu stellen. Und in unseren Träumen hätten wir gerne eine Politik, die die automatische Freigabe der Dokumente erzwingt.

Natürlich ist Ihre Skepsis gerechtfertigt. Selbst wenn der Kongress eine solche Politik beschließen würde, würden das Verteidigungsministerium und die CIA wahrscheinlich irgendein Schlupfloch oder einen Weg finden, um im Hinterzimmer zu verhandeln und nichts schriftlich festzuhalten. Damit haben Sie absolut Recht. Diese Leute wenden bereits juristische Tricks an, um sich selbst von der Pflicht zur Herausgabe der Dokumente zu befreien. Oft blockieren sie den Zugang, angeblich um Geschäftsgeheimnisse in der Film- und Fernsehindustrie zu schützen.

Einige Dinge könnten auf dem Rechtsweg geklärt werden. Mit einem guten Rechtsbeistand könnten wir gegen die Blockade vorgehen und mehr Dokumente in die Hände bekommen. Außerdem wäre es großartig, wenn jemand eine Klage gegen das Unterhaltungsbüro wegen Zensur oder Propaganda einreichen würde. Es gibt Bestimmungen im Verteidigungsministerium, die beides ausdrücklich untersagen. Sie könnten geprüft werden. Gibt es da draußen irgendwelche kostenlosen Anwälte, die sich der Sache annehmen wollen?

Wenn ich optimistisch klinge, dann deshalb, weil ich es bin. Was diejenigen unter uns, die sich mit dieser Thematik befassen, fasziniert, ist die Tatsache, wie hart das Amt über die Jahre hinweg daran gearbeitet hat, den Deckel darauf zu halten. Man sieht es an den Dokumenten. Und das bedeutet, dass schon ein kleiner Lichtstrahl eine große Veränderung auslösen kann.

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