Postbeschäftigte der britischen Royal Mail gründen ein Aktionskomitee

Auf einer Versammlung von Postbeschäftigten, zu der die Socialist Equality Party (UK) eingeladen hatte, wurde am Sonntagabend beschlossen, ein Aktionskomitee zu gründen. Die folgende Resolution wurde einstimmig angenommen:

Diese Versammlung unterstützt die Bildung eines Aktionskomitees der Postbeschäftigten. Ziel des Komitees wird es sein, die Beschäftigten gegen die Angriffe von Royal Mail zu mobilisieren und den Kampf für eine inflationsbrechende Lohnerhöhung zu führen, und es geht um die Verteidigung der Arbeitsbedingungen, das Ende aller Stellenstreichungen und die Abschaffung jeglicher Schikanen bei der Arbeit.

Uns ist klar, dass dieser Kampf nur in Opposition zur Führung und dem Apparat der Gewerkschaft Communication Workers Union (CWU) geführt werden kann, die als Partner von Royal Mail agiert. Dies ist die allgemeine Erfahrung von Arbeitern in allen Branchen auf der ganzen Welt, deren Gewerkschaften als Industriepolizei für das Management fungieren.

Millionen von Arbeitern führen im Vereinigten Königreich den gleichen Kampf in einer Streikwelle, die seit dem letzten Sommer andauert. Sie ist Teil eines internationalen Kampfs gegen globale Konzerne und Regierungen, die versuchen, der Arbeiterklasse die immensen Kosten der Corona-Hilfen für die Konzerne und der zügellosen Inflation aufzubürden.

Unsere Verbündeten sind die Arbeiterinnen und Arbeiter in Frankreich, die einen heldenhaften Kampf gegen den „Präsidenten der Reichen“ Emmanuel Macron führen, in Deutschland, ebenfalls im Konflikt mit der Deutschen Post DHL, sowie in ganz Europa und international.

Um sich mit unseren Klassenbrüdern und -schwestern zu vereinen, wird das Komitee die Mitgliedschaft in der Internationalen Arbeiterallianz der Aktionskomitees anstreben. Sie stellt das Instrument dar, mit dem Arbeiter weltweit einen gemeinsamen Kampfplan entwickeln können.

Der stellvertretende nationale SEP-Sekretär Tom Scripps, der die Sitzung leitete, erklärte, dass diese Versammlung einberufen worden sei, weil die Artikel der World Socialist Web Site über den Arbeitskampf bei Royal Mail auf eine „beispiellose Resonanz“ gestoßen seien. Hunderttausende hatten die WSWS-Berichterstattung gelesen, und weit mehr als 100 Postbeschäftigte hatten sich schriftlich registriert und der WSWS ihre Erfahrungen geschildert.

Streikposten vor der Postzentrale Royal Mail House, Cambridge

Am 22. März veröffentlichte die SEP eine Erklärung mit dem Titel „How to fight back at Royal Mail“ (Wie der Kampf gegen Royal Mail geführt werden kann). Darin schlug sie einen Aktionsplan für die Belegschaft vor und kündigte ein Treffen an, um eine „freie und geschützte Diskussion“ darüber zu ermöglichen, „wie der Kampf gegen Angriffe auf den Lebensstandard und die Arbeitsbedingungen und gegen das Schikanieren von Kollegen geführt werden kann“.

Tony Robson, ein führender WSWS-Autor, eröffnete die Diskussion. Er sagte: „In den letzten zwei Wochen hat die World Socialist Web Site  mit Postbeschäftigten von Verteilzentren und Zustellbüros im ganzen Land diskutiert, die sich an uns gewandt hatten, um die ausbeuterischen Praktiken der Royal Mail und die Komplizenschaft der CWU anzuprangern.“

Robson schilderte den wachsenden Widerstand gegen die Gewerkschaft, die versucht, den Kampf der Postarbeiter auszuverkaufen. Er sagte: „Um kämpfen zu können, benötigt diese Opposition eine Stimme, eine Organisation und eine Strategie.“ Und er erläuterte die Forderungen, die die SEP in ihrem Statement vom 22. März aufgestellt hatte. Diese lauten:

  • Schluss mit den Gesprächen, nehmt den Streik wieder auf!
  • Kampf für eine inflationsgerechte Lohnerhöhung
  • Offenlegung der Bücher von Royal Mail
  • Ein Ende aller Schikanen
  • Widerstand gegen jeden Einschüchterungsversuch des Unternehmens

Diese Forderungen, erklärte Robson, könnten „nur gegen die Sabotage der CWU-Führung durchgesetzt werden. Sie können nur durch die Einrichtung eines Aktionskomitees der Beschäftigten vorangebracht werden, mit dem Ziel, den Konflikt den CWU-Funktionären aus der Hand zu nehmen und die Kontrolle den Postbeschäftigten selbst zurückzugeben.“

Zu Beginn der Diskussion brachten Postbeschäftigte ihre Enttäuschung über das Vorgehen der CWU zum Ausdruck und schilderten, wie isoliert sie sich fühlten. Sie fragten, auf welcher Grundlage eine alternative Organisation zur Gewerkschaft gebildet werden könne.

Robson erklärte, dass Arbeiterinnen und Arbeiter über eine enorme kollektive Stärke verfügten, deren Freisetzung jedoch eine neue politische Perspektive erfordere. Diese basiere darauf, dass die Beschäftigten jede Vorstellung eines gemeinsamen Interesses mit den Managern und Aktionären von Royal Mail aufgeben müssten. Stattdessen müssten sie sich an ihre Verbündeten in der internationalen Arbeiterklasse wenden.

Seine Ausführungen wurden von Alex Lantier, dem Nationalsekretär der Parti de l'égalité socialiste (PES), bekräftigt, der aus dem Kampf in Frankreich gegen die Regierung von Emmanuel Macron, dem „Präsident der Reichen“, die Lehren zog.

Lantier betonte, dass in Frankreich eine „objektiv revolutionäre Situation“ entstanden sei, in der die Forderung nach einem Generalstreik, um Macron zu stürzen und seine Angriffe auf die Renten ein für alle Mal zu beenden, eine „überwältigende Unterstützung“ genieße. Dies sei nicht nur durch die Interviews der WSWS, sondern auch durch Umfragen der bürgerlichen Medien, bestätigt worden.

Aber selbst unter so günstigsten Kampfbedingungen setze die Gewerkschaftsbürokratie in Frankreich alles daran, die Bewegung aufzuhalten und auszuverkaufen.

In diesem Zusammenhang sei die Entscheidung der Postbeschäftigten im Vereinigten Königreich, ein Aktionskomitee zu gründen, äußerst wichtig. Die Anwesenden zeigten „den Weg vorwärts“: „Sie haben ein Forum geschaffen, in dem Arbeiter demokratische Diskussionen führen und sich unabhängig von den verräterischen Gewerkschaftsbürokratien organisieren können.“ Diese Bürokratien stünden den Kämpfen aus der Arbeiterklasse in jedem Land feindlich gegenüber.

Ein Arbeiter warf auf dem Treffen die Frage auf: „Wie können wir Aktionen international koordinieren?“

Auf diese „wichtige Frage“ antwortete Robson: „Die Socialist Equality Party und ihre internationalen Schwesterorganisationen helfen Arbeitern auf der ganzen Welt, diese neuen und demokratischen Kampforgane aufzubauen. Damit werden sie den Ausverkauf durch die Gewerkschaftsbürokratie bekämpfen und ihre Kämpfe gegen Unternehmer und Regierungen koordinieren. Dies geschieht über den Aufbau der Internationalen Arbeiterallianz der Aktionskomitees.“

Die Illustration dazu lieferten die Beiträge zweiter Teilnehmer, eines Postarbeiters von Australien und von Dietmar Gaisenkersting, stellvertretender Vorsitzender der Sozialistischen Gleichheitspartei (SGP) und Industrieredakteur der WSWS  in Deutschland.

Das Mitglied des Australia Postal Workers Rank-and-File Committee (Aktionskomitee der Postarbeiter von Australien) erklärte, dass er und seine Kollegen die Ereignisse bei Royal Mail „mit großer Aufmerksamkeit“ verfolgten, und dass sie eine „frappierende Ähnlichkeiten“ mit ihren eigenen Erfahrungen aufwiesen.

Er berichtete: „Die Pandemie wurde auf zynische Weise als Vorwand für die Einführung lang gehegter Pläne zur Umstrukturierung der Australia Post genutzt. Dazu gehörte auch die Abschaffung der täglichen Zustellung.“ Das habe „alle Postbeschäftigten dazu gezwungen, zwei volle Runden zu übernehmen“ und „einen massiven Anstieg von Paketen und Päckchen“ bedeutet. Dadurch sei die Zahl der Verletzungen erheblich angestiegen.

Die Gewerkschaft „tat alles in ihrer Macht Stehende, um sicherzustellen, dass wir gegen diese Veränderungen nicht streiken ... Hinter dem Rücken der Mitglieder haben sie eine Absichtserklärung mit der Unternehmensleitung unterzeichnet.“

Später hätten sie die Änderungen aufgrund des dadurch entstandenen Chaos wieder zurücknehmen müssen, aber kurz danach sei eine neue Version desselben Systems wieder eingeführt worden.

Der Postbeschäftigte fuhr fort: „Wir haben unser Aktionskomitee gegründet, um diese Angriffe zu bekämpfen und Informationen über die Vorgänge zu vermitteln, denn die Gewerkschaft sagt uns nichts. Sie schließen hinter unserem Rücken faule Deals mit dem Unternehmen ab ...

Unser Kampf ist international, aber die Gewerkschaftsführer tun, was sie können, um uns zu isolieren und zu spalten ... Mit diesen wirtschaftsfreundlichen Gewerkschaften kommen wir keinen Zentimeter weiter.“

Er versprach: „Unser Aktionskomitee Post wird alles in unserer Macht Stehende tun, um euren Kampf zu unterstützen und zu fördern.“

Gaisenkersting berichtete, dass er „daran beteiligt war, gemeinsam mit Post-Arbeitern ein Aktionskomitee in Deutschland zu gründen, um der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft Verdi entgegenzutreten und die sozialen Interessen der Arbeiter vor die Profitinteressen des Konzerns zu stellen“.

Während die Postbeschäftigten um ihr Gehalt kämpften, fuhr er fort, profitierten „die gutverdienenden Gewerkschaftsbürokraten … selbst von der Ausbeutung der Arbeiter.“ Sie säßen im Aufsichtsrat der Deutschen Post DHL und genehmigten „regelmäßig die Milliardenzahlungen an die Aktionäre“, allein 2,2 Milliarden Euro im vergangenen Jahr. „Weitere 2 Milliarden Euro sollen in Aktienrückkäufe gesteckt werden.“

Ende Februar hatten sich Postbeschäftigte in einer Urabstimmung mit 86 Prozent für einen unbefristeten Streik ausgesprochen, um die Durchsetzung einer Reallohnkürzung zu verhindern. Doch Verdi setzte sich über diesen Streikbeschluss hinweg und trat in neue Verhandlungen ein. Innerhalb von 48 Stunden legte die Gewerkschaftsführung ein neues Ergebnis vor, das sich kaum vom ersten Angebot unterschied, und sabotierte damit den bereits beschlossenen Streik.

Gaisenkersting zog darauf „nur eine Schlussfolgerung“, nämlich die Notwendigkeit, „nun in allen Niederlassungen Aktionskomitees zu gründen und eine Alternative zu Verdi aufzubauen. Unsere Interessen können nur in Konfrontation mit der Gewerkschaft durchgesetzt werden. Sie steht auf der Seite von Regierung und Post.“

Er fügte hinzu: „Wir haben von Beginn an betont, dass Postarbeiter sich als Teil der europäischen Arbeiterbewegung verstehen müssen.“ Und: „Nur wenn wir die Kontrolle des Gewerkschaftsapparats durchbrechen, können wir unsere wahre Kraft und Stärke entfalten.“

Mit der Gründung ihres eigenen Aktionskomitees sind die Postbeschäftigten im Vereinigten Königreich nun in der Lage, den gleichen Kampf zu führen.

Wer Interesse hat, sich am Aufbau von Aktionskomitees zu beteiligen, kann sich beim Aktionskomitee per Whatsapp-Nachricht an die Mobilnummer +491633378340 wenden. Oder registriert euch gleich hier über das folgende Formular.

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