Zinserhöhungen bedrohen Konjunktur und Arbeitsplätze, beflügeln Profite der Großbanken

Die Zinssatzerhöhungen der amerikanischen Zentralbank (Fed) haben zu Turbulenzen an den Finanzmärkten geführt, die Konsumausgaben gebremst, die Gefahr einer Rezession heraufbeschworen, und Millionen Menschen arbeitslos gemacht, den Erwerb von Wohneigentum verteuert und aufgrund ihrer internationalen Folgeeffekte die Schuldenlast der ärmeren und einkommensschwachen Länder in aller Welt erhöht.

Doch dafür schwimmen die US-Großbanken, die das amerikanische Finanzsystem dominieren, jetzt im Geld.

JPMorgan Chase, die größte Bank der USA, meldete letzte Woche Rekordeinnahmen und eine 52-prozentige Steigerung ihrer Gewinne im ersten Quartal. Auch andere Großbanken wie Citigroup und Wells Fargo meldeten höhere Profite und nutzten die Zinserhöhungen der Fed geschickt aus, die es ihnen ermöglichten, ihre Darlehenszinsen zu erhöhen.

Das Wall Street Journal berichtete:

Gemeinsam meldeten die drei Banken Gewinne in Höhe von mehr als 22 Milliarden Dollar, was einem Anstieg von mehr als einem Drittel gegenüber dem Vorjahr entspricht. Zusammengenommen beliefen sich die Erträge auf mehr als 80 Milliarden Dollar, 19 Prozent mehr als vor einem Jahr. Alle drei Banken übertrafen die Erwartungen der Wall Street hinsichtlich des Gewinns pro Aktie und des Umsatzes.

Der Nettozinsertrag von JPMorgan – also die Differenz zwischen dem, was die Bank mit Krediten verdient und dem, was sie den Einlegern auszahlen muss – stieg um 49 Prozent auf einen Rekordwert von 20,71 Milliarden Dollar. Bei Wells Fargo betrug der Anstieg 45 Prozent und bei Citigroup 23 Prozent.

Für das Jahr 2023 rechnet JPMorgan mit Nettozinserträgen in Höhe von 81 Milliarden Dollar, 7 Milliarden Dollar mehr als noch vor drei Monaten prognostiziert wurden.

Jamie Dimon auf der JPMorgan Healthcare Investment Conference [Photo by Steve Jurvetson / CC BY 2.0]

Die Bank of America (BofA) beteiligt sich ebenfalls an der Gewinnsause. Für das erste Quartal 2023 vermeldete sie einen Gewinn von 8,2 Milliarden Dollar, was einer Steigerung von 15 Prozent entspricht. Die BofA profitierte dabei sowohl vom Zinsanstieg als auch von der Handelszunahme insgesamt. Letztere ist auf die Turbulenzen auf den Finanzmärkten zurückzuführen, die mit dem Zusammenbruch der Silicon Valley Bank (SVB) ausgelöst wurden.

Doch obwohl die BofA ihre Markterwartungen bei weitem übertraf – ursprünglich war sogar ein Minus prognostiziert – will die Großbank noch mehr: Sie kündigte an, bis zu 4.000 Stellen zu streichen, was etwa 2 Prozent der Belegschaft entspricht und hauptsächlich erreicht werden soll, indem offene Stellen nicht nachbesetzt werden.

Ein weiterer Faktor für den Erfolg der Großbanken ist auch darauf zurückzuführen, dass sich die Einleger nach dem SVB-Kollaps von den kleineren und mittleren Banken getrennt haben. JPMorgan meldete, dass sie nach den Turbulenzen im März 50 Milliarden Dollar an neuen Einlagen hinzugewonnen hatte, während die Citigroup weitere 30 Milliarden Dollar einstrich.

Die Gewinnsteigerungen der Großbanken unterstreichen die Klassenkampf-Agenda, die den Zinserhöhungen der Fed zugrunde liegt.

Diese Zinserhöhungen wurden im Namen der Inflationsbekämpfung beschlossen. Doch ihr Schwerpunkt liegt lediglich auf einem einzigen Preis - den Löhnen. Sie zielt darauf ab, die wachsenden Lohnforderungen der Arbeiterklasse angesichts der anhaltenden Inflation zu unterdrücken.

Seit die Inflation vor zwei Jahren begann, Fahrt aufzunehmen, sind die Reallöhne kontinuierlich gesunken. Auslöser der Inflation war eine Krise in den Lieferketten, die wiederum aus der Weigerung von Regierungen in aller Welt resultierte, Maßnahmen zur Beseitigung von Covid-19 zu ergreifen.

Doch die Gewinnspannen sind gestiegen und haben laut einem Bericht der New York Times den höchsten Stand seit fast 70 Jahren erreicht. Untersuchungen des Economic Policy Institute haben ergeben, dass die Gewinnaufschläge im vierten Quartal des vergangenen Jahres rund ein Drittel der Preissteigerungen ausmachten. Im Jahr 2021 war es sogar noch mehr, nämlich die Hälfte, verglichen mit dem Normalniveau von 13 Prozent.

Diese von den Großkonzernen angeführte ungezügelte Gewinnabschöpfung wird in all den Verlautbarungen des Fed-Vorsitzenden Jerome Powell und anderer Finanzpolitiker, die einen angeblichen Kampf gegen die Inflation zu führen vorgeben, nicht einmal erwähnt.

In offiziellen Erklärungen, auf Pressekonferenzen und bei Anhörungen im Kongress ist vielmehr von einem „angespannten“ oder „sehr angespannten“ Arbeitsmarkt die Rede, von einem Überschuss an offenen Stellen gegenüber der Zahl der Arbeitssuchenden und von der Notwendigkeit, das Angebot an Arbeitskräften wieder mit der Nachfrage „ins Gleichgewicht“ zu bringen.

In der Praxis bedeutet dies eine Anhebung der Zinssätze, um die Wirtschaft zu bremsen, eine Rezession herbeizuführen und die Arbeitslosigkeit zu erhöhen. Natürlich kann die Fed nicht öffentlich erklären, dass dies ihr Ziel ist, denn dies würde ihre Behauptung, dass sie im Interesse des „amerikanischen Volkes“ handele, als Lüge entlarven und ihren Klassencharakter als Instrument der Konzern- und Finanzoligarchie offenbaren.

Trotz seines Eingeständnisses, dass die Löhne nicht „die Hauptursache für den Preisanstieg“ sind – eine Aussage, die er auf einer Pressekonferenz im November letzten Jahres traf – fokussiert sich Powell wie ein Laser auf den Arbeitsmarkt.

„Die Nachfrage nach Arbeitskräften übersteigt bei weitem das Angebot an verfügbaren Arbeitern, und die Nominallöhne [die weit unter der Inflationsrate liegen] sind in einem Tempo gewachsen, das weit über dem liegt, was mit einer Inflation von 2 Prozent im Laufe der Zeit vereinbar wäre“, sagte er in einer Rede Ende letzten Jahres.

Da die Zahl der verfügbaren Arbeitskräfte jedoch durch Covid-Erkrankungen, -Todesfälle und die anhaltenden Auswirkungen von Long Covid geschrumpft ist, besteht der wichtigste Hebel zur Erhöhung des Angebots darin, die Arbeitslosigkeit in die Höhe zu treiben.

Das ist die Grundlage für die Wirtschaftsprognosen der Fed, die für dieses Jahr einen Anstieg der Arbeitslosenquote um einen Prozentpunkt beziehungsweise einen Verlust von bis zu 2 Millionen Jobs erwarten. Wie verschiedene Kommentatoren feststellten, ist ein Anstieg der Arbeitslosenquote um einen Prozentpunkt jedoch nicht das Ende der Fahnenstange, sondern hat eine Sogwirkung, die unweigerlich zu weiteren Arbeitsplatzverlusten führt.

Wie die New York Times berichtet, haben Ökonomen der Cleveland Fed im Januar eine Studie veröffentlicht, wonach das Ziel einer zweiprozentigen Inflation bis Ende 2025 nur mit einer „tiefen Rezession“ mit einer Verdoppelung der Arbeitslosenquote erreicht werden kann.

Powell äußerte bei zahlreichen Gelegenheiten seine Bewunderung für den ehemaligen Fed-Vorsitzenden Paul Volcker, der in den 1980er Jahren die Zinssätze extrem anhob. Dadurch stieg die Arbeitslosigkeit auf ein Niveau, wie man es seit der Großen Depression nicht mehr gesehen hatte. Dies war Bestandteil des unter Reagan begonnenen Klassenkampfes, der mit der Massenentlassung von Fluglotsen im Jahr 1981 begann.

Der Anstieg der Bankengewinne und die sich verschärfenden Angriffe auf die Arbeiter, – erzwungen durch die Gewerkschaftsbürokratien, die tagein, tagaus die wachsende Bewegung für Lohnerhöhungen zu unterdrücken versuchen – sind zwei Seiten der gleichen Medaille.

Doch je deutlicher das wahre Antlitz der kapitalistischen Wirtschaft zutage tritt, desto mehr versuchen so genannte „linke“ und liberale Kräfte, den Arbeitern Sand in die Augen zu werfen.

Ein charakteristisches Beispiel dafür ist ein Artikel der New York Times, der Kommentare von Skanda Amarnath zitiert. Amarnath war ehemals Mitarbeiter der New Yorker Zentralbank und ist jetzt Geschäftsführer von Employ America, einer Gruppe, die sich für die Maximierung der Beschäftigung einsetzt.

Er erklärte, wer eine Drosselung des Beschäftigungs- und Lohnwachstums im Kampf gegen die Inflation für „einfallslos“ erachte, liege „genau richtig“.

Doch die Politik der Fed ist nicht das Ergebnis einer falschen Denkweise oder einer Fehldeutung der Situation. Sie ist Teil des skrupellosen und bewusst geführten Programms, den Arbeitern die Kosten der sich verschärfenden Krise des kapitalistischen Systems aufzubürden.

Folglich kann die Krise auch nicht durch einfache Appelle an die herrschende Kapitalistenklasse, ihre Vorstellungskraft besser zu nutzen, überwunden werden. Sie kann nur durch die Entwicklung eines ebenso bewusst ausgearbeiteten Programms besiegt werden, welches die Interessen der Arbeiter zum Ausdruck bringt. Die Ausarbeitung dieses internationalen sozialistischen Programms steht im Zentrum der Maikundgebung des Internationalen Komitees der Vierten Internationale am 30. April.

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