SEP weist Einladung der sri-lankischen Regierung zu Diskussion über die „Arbeitsrechtsreform“ zurück

Die Socialist Equality Party (SEP) in Sri Lanka erhielt am 26. Mai einen Brief von Arbeitsminister Manusha Nanayakkara, in dem sie um Vorschläge für Reformen des Arbeitsrechts gebeten und zur Diskussion darüber eingeladen wurde.

Beschäftigte des öffentlichen Dienstes protestieren am 8. Februar 2023 in Colombo gegen die Steuerpolitik von Präsident Ranil Wickremesinghe. (AP Photo/Eranga Jayawardena) [AP Photo/Eranga Jayawardena]

Ähnliche Briefe hatte Nanayakkara an alle anderen Parteien, Gewerkschaften und mehrere Bürgerorganisationen geschickt und bat um ihre Vorschläge, unter dem Vorwand, „alle Interessengruppen“ bei der Ausarbeitung der neuen Arbeitsgesetze zu konsultieren. Der neue Gesetzentwurf soll dem Nationalen Beratenden Arbeitsrat vorgelegt werden, einem dreiteiligen korporatistischen Gremium, dem der Arbeitsminister, die Arbeitgeber und die Gewerkschaften angehören.

SEP-Generalsekretär Deepal Jayasekera antwortete im Namen der Partei und erklärte:

„Die SEP lehnt Ihre Einladung ab, Ihrer Regierung Vorschläge für Arbeitsrechtsreformen vorzulegen und sich an Diskussionen mit Ihnen über dieses Thema zu beteiligen. Unsere Partei, welche die Interessen der großen Mehrheit der Bevölkerung – der Arbeiterklasse –repräsentiert und für ihre Interessen kämpft, wird mit Ihrer Regierung in keiner Frage zusammenarbeiten und sich nicht an ihren Aktivitäten beteiligen. Wir lehnen auch die Abschaffung der bestehenden Rechte der Arbeiter ab, selbst wenn sie begrenzt sind.“

Jayasekera fuhr fort: „Ihr Brief ist zynisch und unaufrichtig. Entgegen Ihren Behauptungen, Sie wollten das bestehende Arbeitsrecht ändern, um ,Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu schützen und abzusichern‘, werden die von Ihnen eingebrachten neuen Arbeitsgesetze die Arbeitgeber vor den Beschäftigten schützen. Ihre Regierung will neue Arbeitsgesetze durchsetzen, damit sri-lankische und ausländische Investoren die Arbeiter uneingeschränkt ausbeuten können.“

Die SEP, die sri-lankische Sektion des Internationalen Komitees der Vierten Internationale, wird sich den Bestrebungen des rechten Präsidenten Ranil Wickremesinghe und seines Regimes, das bestehende Arbeitsrecht abzuschaffen, nicht anschließen. Deshalb wird die SEP in keiner Weise mit diesem Regime oder jeder anderen kapitalistischen Regierung zusammenarbeiten. Unsere Partei kämpft für den Aufbau einer unabhängigen politischen Bewegung der Arbeiterklasse, welche die ländlichen Massen mobilisiert, um dieses verhasste Regime zu stürzen und eine Arbeiter- und Bauernregierung zu errichten, die im Rahmen des Kampfs für den internationalen Sozialismus einer sozialistischen Politik verpflichtet ist.

Es ist eine eklatante Lüge, wenn die Regierung behauptet, sie würde einen demokratischen Weg einschlagen, um die neuen Arbeitsgesetze durchzusetzen. Sie will damit die Unterstützung der anderen bürgerlichen Parteien, ihrer Anhänger und der Gewerkschaften gewinnen. Laut den etablierten Medien haben einige Organisationen, vor allem die Gewerkschaften, bereits ihre Vorschläge ans Arbeitsministerium geschickt, andere bereiten ihre Vorschläge noch vor.

Im Brief des Ministers heißt es: „In einem sich ständig verändernden Umfeld ist es unerlässlich, unsere Arbeitsgesetze zu prüfen und zu aktualisieren, um den entstehenden Veränderungen in der Arbeitswelt Rechnung zu tragen... die Corona-Pandemie und die darauf folgende Wirtschaftskrise haben die Dringlichkeit [dieser Veränderungen] zum Schutz und zur Wahrung der Interessen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer noch verstärkt.“

Mit einem „sich ständig verändernden Umfeld“ meint der Minister die beispiellose Wirtschaftskrise in Sri Lanka, die ein integraler Teil der zunehmenden Krise des Weltkapitalismus ist. In diesem Kontext kann der Verweis auf die „entstehenden Veränderungen in der Arbeitswelt“ nur bedeuten, die Forderungen der Konzerne und des parasitären internationalen Kapitals nach einem „flexiblen Arbeitsmarkt“ durchzusetzen, der es ermöglicht, nach Belieben einzustellen und zu entlassen, Löhne zu kürzen und brutale Arbeitsbedingungen zu schaffen, um größere Profite herauszuholen.

In seinem Brief erklärt er, die Änderungen des Arbeitsrechts seien notwendig, um die „gerechte und gleichberechtigte Behandlung der Arbeitnehmer“ und eine „harmonische Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer“ zu gewährleisten. Doch weder das eine noch das andere ist möglich, weil im Kapitalismus die Produktion und Verteilung darauf basiert, in Form von Profit Mehrwert aus der Arbeiterklasse zu extrahieren.

Bezeichnenderweise sind die vorgeschlagenen Änderungen des Arbeitsrechts Teil des Austeritätsprogramms, das vom Internationalen Währungsfonds (IWF) diktiert wird. Im IWF- Landesbericht vom März 2023 wird die Regierung angewiesen, die Arbeits-„Flexibilität“ zu gewährleisten, um die „Wettbewerbsfähigkeit“ von Privatunternehmen zu verbessern und „die Entwicklung stärkerer Beziehungen zwischen ausländischen und einheimischen Firmen zu unterstützen“.

Präsident Ranil Wickremesinghe, der auch Finanzminister ist, erklärte im November, als er dem Parlament seinen Haushaltsentwurf für 2023 vorlegte: „Das Arbeitsrecht muss für die Bedürfnisse einer exportorientierten Wirtschaft reformiert werden.“ Zudem solle „ein umfassendes Gesetz zur Regulierung der Arbeit“ eingeführt werden.

Der IWF, die Weltbank und das sri-lankische Großkapital fordern seit Jahrzehnten Änderungen am bestehenden Arbeitsrecht und sind angesichts der schweren Wirtschaftskrise des Landes entschlossen, sie durchzusetzen. Einige der Arbeitsgesetze Sri Lankas stammen noch aus der Zeit der britischen Kolonialherrschaft, die 1948 endete; andere wurden in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg eingeführt.

Die Regierung schlägt die Einführung eines einzigen Gesetzes vor, das 28 frühere Gesetze ersetzen soll, darunter die Wages Boards Ordinance von 1941, die Factories Ordinance von 1942, den Shop and Office Employees Act von 1954, die Gratuity Act and Maternity Benefit Ordinance und den Termination of Employment Act von 1971. Die bestehenden Gesetze enthalten wichtige, von den Arbeitern erkämpfte Rechte wie Arbeitsplatzsicherheit, ein festes Arbeitsverhältnis nach 180 Tagen Arbeit, bezahlter Urlaub und eine gewisse Gesundheitsversorgung sowie eine begrenzte Abfindung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Die Regierung und die Arbeitgeber wollen diese beschränkten Rechte abschaffen und die Arbeiter den kapitalistischen Profitinteressen unterordnen. Am 17. Mai fand ein Beratungstreffen zur Reform des Arbeitsrechts statt, an dem der Minister, die Arbeitgeberverbände, die Arbeitgeber und einige andere Gruppen wie die Anwaltskammer Sri Lankas teilnahmen.

Die Arbeitgeber forderten auf dem Treffen: „Ein Arbeitgeber sollte in der Lage sein, seinen Arbeitnehmer zu entlassen, wenn dessen Stelle wegen technologischer Fortschritte, Umstrukturierungen oder Verhandlungen zwischen Unternehmen, Vertragsbrüchen wie der Verbreitung vertraulicher Informationen oder Interessenkonflikten, schlechter Leistung oder aus disziplinarischen Gründen überflüssig wird.“ Über „schlechte Leistung“ entscheidet das Unternehmen, wenn ein Arbeiter die erhöhten Arbeitsziele nicht erreicht. Und jeder Widerstand gegen unerträgliche Arbeitsbedingungen oder Aktionen zur Verteidigung der Arbeiterrechte könnten als Verstoß gegen die Disziplin gewertet werden.

Das Großkapital will die Einschränkungen für die Beschäftigung von Frauen in Nachtschichten abschaffen, die genauso bezahlt werden wie Tagschichten, ohne dass es einen Zuschlag nach geltendem Recht gibt. Einige haben derartige Maßnahmen bereits eigenmächtig umgesetzt.

In der Bekleidungsindustrie wurden Tausende von Arbeitern entlassen, ohne eine Abfindung oder auch nur die ausstehenden Löhne und Überstundenzuschläge zu erhalten. Auch die Zahl der Arbeitstage, die Löhne und andere Zuwendungen und Boni wurden gekürzt. Die Arbeitgeber fordern außerdem, künftige Lohnerhöhungen nur noch bei einer Anwesenheitsquote von mindestens 75 Prozent und einer Erfüllung der täglichen Zielvorgaben um 90 Prozent zu zahlen.

Die Arbeitgeber beharren auch darauf, dass das Arbeitsrecht an die Anforderungen der sogenannten Gig Economy angepasst werden muss. Unternehmen solle erlaubt sein, Arbeiter nach Belieben einzustellen und zu entlassen, und sie sollten in die Lage versetzt werden, fest angestellte Arbeiter durch befristete oder Teilzeitkräfte ersetzen zu können.

Sollte das Arbeitsrecht entsprechend den Forderungen des Großkapitals geändert werden, so wird es keine Arbeitsplatzsicherheit mehr geben, und die Arbeitgeber werden Leistungen wie Renten, Gesundheitsversorgung und bezahlten Urlaub einkassieren.

Veränderungen dieser Art werden weltweit von den Regierungen durchgesetzt. In Indien hat die rechte BJP-Regierung letztes Jahr 29 Arbeitsgesetze abgeschafft und vier neue Gesetze eingeführt, die vom Großkapital gelobt wurden. Die Gesetze waren ein umfassender Angriff auf Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen, u.a. erlauben sie den Einsatz von Leiharbeit praktisch im gesamten öffentlichen und privaten Sektor.

In Europa haben die Regierungen Gesetze durchgesetzt, die Löhne und Renten kürzen, die Arbeitszeit verlängern und Entlassungen erleichtern. In den USA hat Präsident Joe Biden ein diktatorisches Gesetz unterzeichnet, um den Eisenbahnern einen landesweiten Tarifvertrag aufzuzwingen. Einige US-Bundesstaaten haben Gesetze zur Legalisierung von Kinderarbeit verabschiedet.

Die so genannten Arbeitsrechtsreformen in Sri Lanka sind Teil eines umfassenderen Angriffs auf die sozialen und demokratischen Rechte der Arbeiterklasse im Rahmen der weitreichenden Austeritätmaßnahmen des IWF, die vom Wickremesinghe-Regime eingeleitet wurden. Diese Maßnahmen umfassen die Privatisierung oder Umstrukturierung von 430 staatseigenen Unternehmen, einen massiven Arbeitsplatzabbau im öffentlichen Dienst, drastische Kürzungen im öffentlichen Gesundheits- und Bildungswesen, die Erhöhung und Ausweitung der Einkommenssteuer und eine Erhöhung der Mehrwertsteuer, die alle Waren und Dienstleistungen verteuert.

Vom neuen Arbeitsrecht werden mehr als acht Millionen Arbeiter in der Privatwirtschaft und in halbstaatlichen Einrichtungen betroffen sein. Zur Privatwirtschaft gehören u.a. die Freihandelszonen und 21 regionale Plantagenbetreiber, bei denen 1,5 Millionen Menschen beschäftigt sind.

Die Gewerkschaften, die eine entscheidende Rolle bei der Eindämmung und Unterdrückung der Kämpfe der Arbeiter gegen den Austeritätskurs des IWF gespielt haben, haben es auch abgelehnt, eine Kampagne gegen die Arbeitsrechtsreformen zu organisieren. Stattdessen äußerten sie ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit der Regierung sowohl bei der Vorbereitung als auch der Umsetzung der neuen Gesetze.

Etwa 30 Gewerkschaften des Privatsektors und der Staatsunternehmen erklärten bei einem Treffen am 25. Mai, sie lehnten die Arbeitsmarktreform nicht ab, sondern ergänzten lediglich, sie sollte „den Arbeitern nutzen“, obwohl dies offenkundig nicht der Fall ist. Zu den Gewerkschaften gehörten die Free Trade Zone General Services Workers Union (FTZGSWU), die Ceylon Bank Employees Union (CEBU), die Ceylon Mercantile Industrial and General Workers Union und die All Telecom Employees Union.

FTZGSU-Generalsekretär Anton Marcus ist sich des arbeiterfeindlichen Charakters der Arbeitsrechtsreform offensichtlich bewusst und äußerte die Befürchtung, das geplante Gesetz würde zur Abwanderung junger Arbeiter führen. Er schlug jedoch lediglich vor, einen „Expertenausschuss“ einzusetzen, der über „geeignete Gesetze“ diskutieren soll.

CBEU-Präsident Channa Disanayake erklärte demagogisch, es sollten Demonstrationen gegen die Gesetze organisiert werden. Im selben Atemzug erklärte er jedoch, wenn ausländische Investoren sagen, sie würden wegen der bestehenden Gesetze nicht in Sri Lanka investieren, „sind wir bereit, mit diesen Investoren zu reden... Wenn sie es erklären, werden wir es verstehen und [das Arbeitsrecht] entsprechend reformieren.“

Jeder Kampf der Arbeiter zur Verteidigung ihrer grundlegenden sozialen und demokratischen Rechte bedeutet eine direkte Konfrontation mit dem Profitsystem und dem kapitalistischen Staat, der die Interessen des Großkapitals und des globalen Finanzkapitals schützt.

Die Arbeiterklasse kann ihre Rechte nicht durch die Gewerkschaften verteidigen, die immer wieder ihre Bereitschaft bewiesen haben, mit der Regierung und dem Großkapital zusammenzuarbeiten, um das kapitalistische System auf Kosten der Arbeiter aufrechtzuerhalten. Die Gewerkschaften haben sich geweigert, eine Kampagne gegen den drakonischen Essential Public Services Act und die Notstandsverordnungen zu führen, die benutzt wurden, um Streiks zu verbieten.

Die SEP ruft die Arbeiter dazu auf, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen, indem sie von den Gewerkschaften und allen kapitalistischen Parteien unabhängige Aktionskomitees in allen Betrieben, Plantagen und Wohnvierteln aufbauen und einen vereinten Kampf der Arbeiterklasse gegen die Regierung und die gesamte, vom IWF diktierte Agenda organisieren.

Dazu muss die Arbeiterklasse die kapitalistische Herrschaft stürzen und eine Arbeiter- und Bauernregierung errichten, als Teil des umfassenderen Kampfs für den Sozialismus in Südasien und der Welt. Der Weg vorwärts führt über den Aufbau eines demokratischen und sozialistischen Kongresses der Arbeiter und ländlichen Massen, der sich auf Delegierte der Aktionskomitees der Arbeiter und ländlichen Massen stützt.

Nur die SEP kämpft für dieses Programm. Wir rufen Arbeiter und Jugendliche auf, sich an diesem Kampf zu beteiligen und unserer Partei als der notwendigen revolutionären Führung beizutreten und sie aufzubauen.

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