Spaniens Ministerpräsident verspricht in Kiew Unterstützung „so lange wie nötig“ im Nato-Krieg gegen Russland

Am Samstag unternahm der amtierende spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez als Auftakt der sechsmonatigen EU-Ratspräsidentschaft Madrids einen Besuch in Kiew, bei dem er die Unterstützung der EU für den Nato-Krieg gegen Russland in der Ukraine bekräftigte.

Wolodymyr Selenskyj (rechts) und der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez in Kiew, 1. Juli 2023 (AP Photo/Büro des ukrainischen Präsidenten) [AP Photo/Ukrainian Presidential Office]

Eine Woche vor Sánchez' Besuch in Kiew, dem dritten seit Beginn des Kriegs im Februar 2022, war in Russland ein Putschversuch gescheitert. Zeitgleich sind die USA und die europäischen Mächte dabei, der Ukraine immer mehr Waffen zu schicken, die zu einer weiteren Eskalation führen. Der Besuch ist Teil einer Kampagne mit dem Ziel, das Engagement in dem Konflikt massiv auszuweiten, was auch auf dem Nato-Gipfel im litauischen Vilnius am 11. und 12. Juli im Mittelpunkt stehen wird.

Während des Treffens mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj machte Sánchez deutlich, dass die EU uneingeschränkt hinter den Plänen der Nato steht, den Krieg gegen Russland massiv zu eskalieren. Sánchez versprach die Unterstützung der EU für die Ukraine „so lange sie nötig ist“ und „unabhängig davon, welcher Preis dafür gezahlt werden muss“. Er stellte ein Programm vor, das zum totalen Krieg gegen die atomar bewaffnete Großmacht Russland führt.

Nach dieser kriegslüsternen Erklärung versprach Sánchez, die Ukraine bei ihren Bestrebungen zu unterstützen, der Nato beizutreten:

Spanien unterstützt die Stärkung der politischen Beteiligung der Ukraine durch die Schaffung eines Nato-Ukraine-Rates, in dem die Ukraine nicht mehr nur geladener Gast, sondern Vollmitglied sein wird. Wir befürworten auch eine Stärkung der praktischen Kooperation und die weitere Anpassung Ihres Verteidigungssektors an die Standards der Nato.

Sollte die Nato die Ukraine aufnehmen, so könnte sich Kiew auf Artikel 5 des Nato-Vertrags berufen und verlangen, dass alle Nato-Staaten – einschließlich Spaniens – Krieg gegen Russland führen. Ein solcher Krieg zwischen den führenden Atommächten der Welt und geführt von den Nato-Mächten mit dem Ziel, Russland zu zerstückeln und zu entmilitarisieren, würde unweigerlich zum Einsatz von Atomwaffen führen, wenn er nicht durch die unabhängige Intervention der Arbeiterklasse verhindert würde.

Sánchez bekräftigte zudem seine „Unterstützung für die Kandidatur der Ukraine zum EU-Beitritt. Dies wird eine der obersten Prioritäten der [spanischen] Präsidentschaft sein.“ Sánchez erklärte, die Europäische Kommission habe vor kurzem den aktualisierten Status der ukrainischen Kandidatur veröffentlicht, der „beträchtliche Fortschritte“ bei der Umsetzung der Empfehlungen im Vorfeld der Mitgliedschaftsverhandlungen zeige. Im Herbst soll ein schriftlicher Bericht erscheinen, der „die Grundlage für weitere Schritte und Entscheidungen“ darstelle.

Die Ukraine hatte fünf Tage nach dem Einmarsch Russlands die EU-Mitgliedschaft beantragt und einige Monate später, am 23. Juni 2022, den Kandidatenstatus erhalten.

Die Einbindung der Ukraine in die EU würde deren Behauptung als Farce entlarven, es könnten nur Staaten Mitglied werden, die mit „stabilen Institutionen die Demokratie, den Rechtsstaat, die Wahrung der Menschenrechte und die Achtung und den Schutz von Minderheiten garantieren“.

In den letzten 16 Monaten hat das ukrainische Regime einen immer offener rechtsextremen Kurs eingeschlagen. Selenskyj hat elf Parteien wegen angeblicher „Verbindungen zu Russland“ verboten. Er hat den Geheimdienst SBU gestärkt, der berüchtigt ist für seine engen Beziehungen zur ukrainischen Neonazi-Szene und für den Einsatz von Folter und Vergewaltigung als „Verhörmethoden“. Selenskyj hat auch das Arbeitsrecht geändert, damit Unternehmen die Löhne, Bedingungen und längere Arbeitszeiten eigenmächtig festlegen, Streiks und Proteste verbieten und Arbeiter ohne Vorankündigung entlassen können. Er hat auch die letzten Reste einer unabhängigen Justiz zerstört; Minderheitenrechte existieren nicht einmal mehr auf dem Papier. Weitere Gesetze wurden verabschiedet, um die russische Sprache und Kultur aus der ukrainischen Gesellschaft zu verbannen.

Die weitere Integration der Ukraine in die EU widerlegt nicht nur die offizielle Propaganda über europäische Werte und Demokratie. Die herrschenden Klassen Europas würden eine weitere Integration der Ukraine auch zum Anlass nehmen, die rechtsextreme Politik Kiews gegenüber der ukrainischen Arbeiterklasse zu übernehmen, um die Massenstreiks, Proteste und Unruhen zu unterdrücken, die in ganz Europa als Reaktion auf steigende Preise, niedrige Löhne und Polizeigewalt ausbrechen.

Sánchez machte in Kiew außerdem deutlich, dass Frieden nur unter den Bedingungen der Nato möglich sein wird. Das bedeutet, Moskau muss vollständig kapitulieren und u.a. auf die Krim verzichten, die seit fast zehn Jahren von russischen Truppen gegen das Nato-freundliche Regime in Kiew gehalten wird.

In einem unverhohlenen Angriff auf Chinas Friedensvorschlag „bedankte“ sich Sánchez bei den Ländern, die einen „gerechten und dauerhaften Frieden“ vorschlagen, betonte aber, diese Vorschläge seien nicht akzeptabel, weil es sich „um einen aggressiven Krieg mit einem Aggressor und einem Opfer [und eine] illegale und ungerechtfertigte russische Aggression gegen die Ukraine“ handele.

Das ist das übliche Pro-Nato-Mantra, das seit Beginn des Kriegs unablässig wiederholt wird. Tatsächlich ist nicht Moskau der Hauptaggressor in der Ukraine und in Osteuropa, sondern es sind die imperialistischen Mächte. Die Nato hat Russland systematisch militärisch eingekreist und das Putin-Regime damit vorsätzlich zu seinem reaktionären Überfall provoziert. Seither heizt sie den Konflikt weiter an.

Sánchez äußerte sich auch zur vielgepriesenen Gegenoffensive und sagte weitere militärische Unterstützung zu: „Heute befindet sich die Ukraine mitten in einer Gegenoffensive gegen Russland, einen Feind, der Anzeichen von Schwäche zeigt.“ Damit meinte er den gescheiterten Putschversuch von Ewgeni Prigoschins Wagner-Truppe gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin.

In Wirklichkeit ist die gepriesene ukrainische Gegenoffensive weiter ins Stocken geraten. Zehntausende von Soldaten werden in den Tod geschickt, obwohl sie mit Milliarden an Dollar bewaffnet und ausgebildet wurden. Laut Schätzungen wurden in den letzten drei Wochen bereits mehr als 10.000 ukrainische Soldaten getötet, um in der Gegenoffensive etwas mehr als 110 Quadratkilometer Gebiet zurückzuerobern. Dazu kommen die schätzungsweise 200.000 Ukrainer, die bereits zuvor getötet wurden.

Die Regierungschefs der EU sind entschlossen, das Blutbad zu verstärken, um Russland militärisch zu besiegen. Beim EU-Gipfel letzte Woche forderte der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz eine langfristige Strategie zur Unterstützung der Ukraine und prahlte:

Deutschland ist ja, wie Sie alle wissen, gegenwärtig der zweitgrößte Unterstützer der Ukraine nach den USA. Das ist, was wir auch als unsere Aufgabe begreifen ... Für uns ist immer klar – das knüpft an das an, was ich aus dem Gespräch mit Präsident Biden, dem britischen Premierminister und dem französischen Präsidenten sowie auch aus einem Gespräch mit dem polnischen Ministerpräsidenten berichten kann –, dass wir nicht Partei dessen sind, was in Russland geschieht.

Letzte Woche kündigte die Bundesregierung Pläne an, die Produktion von Haubitzenmunition für die Ukraine zu erhöhen und eine 4.000 Mann starke Kampftruppe dauerhaft in Litauen zu stationieren. Spanien wird der Ukraine ein weiteres Hilfspaket im Wert von 55 Millionen Euro zur Verfügung stellen und vier weitere Leopard-Panzer schicken – zusätzlich zu den sechs, die es bereits vor zwei Monaten geschickt hat. Dazu kommen Transportpanzer und ein tragbares Feldlazarett mit chirurgischer Ausrüstung.

Da Sánchez nach seinem Debakel bei den Kommunal- und Regionalwahlen im Mai vorgezogene Neuwahlen für den 23. Juli angesetzt hat, ist noch unklar, ob er an der Macht bleiben und als EU-Ratspräsident amtieren kann.

Wie die WSWS erklärt hat, fürchten PSOE und Podemos den massiven Widerstand der Arbeiterklasse gegen Krieg, Austerität und polizeistaatliche Unterdrückung, der unkontrollierbar links von ihnen ausbricht. Um dieser Entwicklung zuvorzukommen, haben sie die Wahlen angesetzt, um der rechten Partido Popular (PP) und der faschistischen Vox die Macht zu übergeben, damit diese den Krieg im Ausland und im Inland eskalieren. Gleichzeitig brechen in Spanien Streiks aus, und in Frankreich kommt es nach dem Polizeimord an einem 17-jährigen Jugendlichen erneut zu Massenprotesten.

Die PP hat bereits ihre Zustimmung zu Sánchez' priorisierte Pläne in der EU erklärt, die neben der Ukraine auch eine weitere Aufrüstung der EU und Angriffe auf die Arbeiterklasse vorsehen. Das zeigt die Einmütigkeit der herrschenden Klasse in Kriegszeiten.

Spanien wird versuchen, die Kooperation mit Lateinamerika zu stärken – einer Region, die es jahrhundertelang brutal kolonisiert und ausgeplündert hat. Madrid will Lateinamerika zu einem strategischen Partner der EU machen. Die EU-Mächte sind darüber besorgt, dass sie in den letzten Jahren gegenüber den USA und China ins Hintertreffen geraten sind. Sie wollen dass Lateinamerika sie mit strategisch wichtigen Rohstoffen wie Kohle, Kupfer, Erdgas, Öl, Uran und Lithium versorgt.

Die neue EU-Ratspräsidentschaft wird auch für die brutalen Austeritätsmaßnahmen verantwortlich sein, mit denen die Arbeiterklasse für den Krieg zahlen soll. Laut den Regeln der EU müssen die Staaten ihr Haushaltsdefizit unter drei Prozent des jährlichen BIP halten. Dies wurde während der Corona-Pandemie vorläufig ausgesetzt, was nach dem Ausbruch des Kriegs in der Ukraine bis 2024 verlängert wurde. Jetzt fordert Brüssel, dass die EU-Staaten im nächsten Jahr mindestens 45 Milliarden Euro einsparen, wobei Ausnahmen für die Verteidigungsausgaben gemacht werden sollen.

Madrid wird außerdem die brutalen Angriffe auf die Flüchtlinge fortsetzen. Die EU wird ihren drakonischen Migrations- und Asylpakt zum Abschluss bringen, dem sie Anfang Juni zugestimmt hat. Mit den Bedingungen dieses Pakts hat die EU das Asylrecht für Flüchtlinge faktisch abgeschafft: Flüchtlinge werden in Zukunft an den Außengrenzen der EU in Gefangenenlagern interniert, ihre Anträge werden im Eilverfahren bearbeitet, und danach können sie in fast jedes beliebige Drittland abgeschoben werden.

Sánchez hat bereits seine Bereitschaft gezeigt, diese brutale Politik umzusetzen. Vor zwei Wochen ließ die PSOE/Podemos-Regierung zu, dass ein Boot mit 61 Flüchtlingen vor der Küste der Kanaren unterging, wobei 37 Insassen ums Leben kamen. Nur zwei Wochen zuvor hatte die griechische Küstenwache ein Fischerboot mit 750 Flüchtlingen zum Kentern gebracht, und nur 104 von ihnen konnten gerettet werden.

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