Bundesregierung forciert Militarisierung der Schulen und Rekrutierung von Jugendlichen

Ein zentrales Element der Rückkehr des deutschen Militarismus ist die vollständige Ausrichtung der Gesellschaft auf den Krieg, auch innerhalb des Landes. Die neue Nationale Sicherheitsstrategie Deutschlands ist, wie die World Socialist Web Site kommentierte, „eine Blaupause für Krieg nach außen und die Errichtung eines Militärstaats im Inneren“. Alle „Bereiche des wirtschaftlichen und sozialen Lebens“ werden „dem Begriff der ‚Sicherheit‘ untergeordnet und de facto für kriegsrelevant erklärt“.

Werbepostkarte der Bundeswehr

Das betrifft immer stärker auch Jugendliche und selbst Kinder. Vor dem Hintergrund der Eskalation des Kriegs gegen Russland durch die Nato und der ständig fortschreitenden Aufrüstungsoffensive werden auch die Schulen immer stärker militarisiert. Gleichzeitig wird die Wiedereinführung der Wehrpflicht diskutiert und vorbereitet. Die Bundesregierung verfolgt das erklärte Ziel, die deutschen Streitkräfte massiv zu vergrößern und unter Jugendlichen „Nachwuchs“, d.h. das notwendige Kanonenfutter, für die deutsche Kriegspolitik zu rekrutieren.

Laut einem Bericht der Frankfurter Rundschau, der sich auf Angaben aus dem Verteidigungsministerium stützt, sind dazu allein für den Zeitraum bis September 2023 insgesamt 119 Vorträge oder Veranstaltungen von Karriereberaterinnen und Karriereberatern an deutschen Schulen geplant. „Von Gesamt- und Mittelschulen bis Real- und Oberschulen sowie Gymnasien“ sei „alles dabei“, und auch an Berufsschulen sei „die Bundeswehr präsent“. Insgesamt fanden in diesem Jahr bereits mehrere hundert Vorträge statt. 350 in den ersten drei Monaten des Jahres und 196 zwischen April und Juni.

Die Militarisierung der Schulen entspricht der offiziellen Politik der Bundesregierung. Gegenüber den Zeitungen der Mediengruppe Bayern sagte die Wehrbeauftragte des Bundestags Eva Högl (SPD) Mitte Juni: „Ich würde mich freuen, wenn die Lehrerschaft sagen würde: Es ist ein wichtiger Teil im Rahmen der Bildung, sich auch mit den Streitkräften auseinanderzusetzen.“

Bereits jetzt rekrutiert die Armee mehr als 1500 Jugendliche pro Jahr. Angaben der Bundeswehr zufolge stellte sie allein im vergangenen Jahr 1773 minderjährige Soldaten in Dienst. Das entspricht fast zehn Prozent der insgesamt 18.776 neuen Rekruten. Doch dabei kann es aus Sicht der Regierung und Militärführung nicht bleiben. Um die Rekrutierung für die Armee voranzutreiben, macht sich Högl für die Einführung einer allgemeinen Musterung für den Dienst bei der Bundeswehr stark.

In einem Interview mit T-Online am 4. Juni forderte sie: „Man könnte wie in Schweden einen gesamten Jahrgang junger Leute für die Bundeswehr zur Musterung einladen. Und sie dann, sofern sie wehrfähig sind, selbst entscheiden lassen, ob sie sich engagieren wollen oder nicht. Und diese Musterung sollte sich an alle Geschlechter richten.“

Die Heranziehung von Schweden als Vorbild für Deutschland macht deutlich, was die herrschende Klasse plant. Schweden hat 2017 die Wehrpflicht wieder eingeführt, nachdem sie 2010 abgeschafft worden war und das Land – so der damalige schwedische Verteidigungsminister Peter Hultquist – daraufhin Probleme hatte, „unsere Kriegsverbände auf freiwilligem Weg zu besetzen“.

Die World Socialist Web Site kommentierte damals: „Der Regierungsbeschluss, der von allen Parteien, inklusive der schwedischen Linkspartei (!) unterstützt wird, ist eine Warnung für ganz Europa. Trotz zweier verheerender Weltkriege im 20. Jahrhundert rekrutiert selbst das bisher neutrale Schweden wieder Kanonenfutter für einen neuen großen Krieg.“

Genau darum geht es. Im Interview erklärt Högl zwar, es helfe nicht, „die Aussetzung der Wehrpflicht in Deutschland wieder rückgängig zu machen“. Als Begründung führt sie jedoch lediglich an, dass „nicht genügend Ausbilder und nicht genügend Infrastruktur dafür“ vorhanden seien. Das ist unmissverständlich. Eine mögliche Wiedereinsetzung der Wehrpflicht braucht vor allem mehr Vorbereitung. In jedem Fall muss die Bundeswehr demzufolge bereits jetzt eine zentralere Rolle im gesellschaftlichen Leben spielen.

Högl lässt ihrem Traum von einer militarisierten Gesellschaft freien Lauf: „Aber mehr Sichtbarkeit in der Bevölkerung heißt auch, mehr Begegnungen zu schaffen. Dazu gehören Gelöbnisse auf öffentlichen Plätzen, Zeremonien, wenn Verbände zu Auslandsmissionen aufbrechen oder zurückkehren. Ein Zeichen der Wertschätzung wäre auch, die Bundeswehr immer einzuladen, wenn es Feiern wie Schützenfeste, regionale Messen oder Ähnliches gibt.“

Solch eine offene Huldigung der Armee war im Kaiserreich und während des Nationalsozialismus üblich. Nun kehrt sie mit Vehemenz zurück. Die Forderung nach einer Militarisierung der Gesellschaft und der Wiedereinführung der Wehrpflicht – die offiziell nur die rechtsextreme AfD in ihrem Programm erhebt – zieht sich dabei durch alle Bundestagsparteien.

Jüngst klagte Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) beim Tag der Bundeswehr im niedersächsischen Bückeburg, dass eine Wiedereinsetzung der Wehrpflicht nicht schnell genug helfen würde, ausreichend junge Menschen zu rekrutieren. Sie binde zu viel „Kraft, Zeit und Geld“. Stattdessen schlug er vor: „Junge Frauen und Männer könnten für eine gewisse Zeit am Truppenalltag teilnehmen, quasi wie bei einem Praktikum, dabei die Abläufe und verschiedene Bereiche kennenlernen.“ So könne man „das Interesse junger Menschen an einer Verpflichtung wecken“.

In der Linkspartei gibt es Kräfte, die ganz offen für die Wiedereinsetzung der Wehrpflicht trommeln. Im vergangenen Jahr propagierte der „linke“ Ministerpräsident von Thüringen, Bodo Ramelow, den „Vorschlag einer Bundeswehr als Landverteidigungsarmee, als Parlamentsarmee und in der ganzen Bevölkerung eingebettet über die Wehrpflicht“. Er sei „zutiefst davon überzeugt, dass ein soziales gesellschaftliches Jahr allen Menschen in unserem Land guttun würde“.

Die Sozialistische Gleichheitspartei und ihre Jugend- und Studierendenorganisation IYSSE sagen der Rückkehr des deutschen Militarismus und allen Kriegsparteien den Kampf an. Wir lehnen die Wiedereinführung der Wehrpflicht und die Militarisierung der Schulen und Universitäten genauso ab, wie die horrende Aufrüstung, die Nato-Kriegsoffensive gegen Russland und die Auslandseinsätze der Bundeswehr.

Die Opposition unter Schülern, Studierenden und jungen Arbeitern gegen Krieg und Militarismus ist enorm. Wenn die herrschende Klasse denkt, sie könne nach ihren Verbrechen in zwei Weltkriegen erneut Millionen junger Menschen für die räuberischen Interessen des deutschen Imperialismus verheizen, täuscht sie sich. Aber der Kampf gegen Krieg erfordert eine klare Perspektive. Die SGP schreibt in ihrem Statement zur Europawahl 2024:

Die einzige gesellschaftliche Kraft, die einen weiteren Weltkrieg verhindern kann, ist die internationale Arbeiterklasse – also die große Mehrheit der Weltbevölkerung, die heute zahlreicher und vernetzter ist als je zuvor. Die SGP baut zusammen mit ihren Schwesterparteien in der Vierten Internationale eine weltweite sozialistische Bewegung gegen Krieg und seine Ursache, den Kapitalismus, auf.

· Stoppt den Nato-Krieg in der Ukraine! Keine Sanktionen und Waffenlieferungen!

· Zwei Weltkriege sind genug! Stoppt die Kriegstreiber!

· 100 Milliarden für Kitas, Schulen und Krankenhäuser statt für Rüstung und Krieg!

Junge Arbeiter und Studierende die gegen Krieg und Militarismus kämpfen wollen, sollten dieses Programm genau studieren und mit uns Kontakt aufnehmen. Registriert Euch noch heute als Mitglied der IYSSE.

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