Italienische Flughäfen: Zehntausend Bodenarbeiter im Streik

Rund 10.000 Bodenarbeiter der italienischen Flughäfen traten am 15. Juli in einen achtstündigen Warnstreik, der von 10 bis 18 Uhr dauerte. Fast tausend Flüge mussten gestrichen werden, und laut Schätzung eines Verbraucherschutzverbands waren bis zu einer Viertelmillion Passagiere betroffen.

Flugausfälle in Rom

Der italienische Nachrichtendienst Ansa berichtete, dass in den Terminals von Linate und Malpensa, den zwei mailändischen Flughäfen, eine „surreale Stille“ vorherrsche. Auch die Flughäfen Roma-Fiumicino, Bologna-Marconi, Venezia Marco Polo und Caselle Torinese waren stark betroffen. In Neapel, Bari, Palermo, Genua und Venedig blieben ebenfalls viele Maschinen am Boden. Der Streik erstreckte sich von Mailand bis Catania über das ganze Land.

Er wurde praktisch zu 100 Prozent befolgt. Auf dem römischen Flughafen Leonardo da Vinci hatten sich 99 Prozent der befragten Bodenarbeiter für Streik ausgesprochen, und in ganz Italien war die Forderung nach einem nationalen Streik unüberhörbar. Daraufhin sahen sich die Gewerkschaften gezwungen, für Vorfeldarbeiter sowie Abfertigungs- und Check-in-Dienste den Acht-Stunden-Streik vom Samstag auszurufen.

Dass die Gewerkschaften unter Druck handelten, zeigt die Aussage ihrer Sprecherin Sara Di Marco (FILT-CGIL) zu den wirtschaftlichen Auswirkungen des Streiks. Sie erklärte, es liege ihrer Organisation völlig fern, „andere Kollegen zu schädigen“, aber die Beschäftigten hätten die Gewerkschaft zum Streik gezwungen, nachdem die Regierung sich geweigert habe, sich mit den Gewerkschaften an einen Tisch zu setzen.

Am Streik beteiligt waren die Transportgewerkschaften FILT CGIL, FIT CISL, Uiltrasporti und UGL Trasporto Aereo. Die Hauptforderung betraf den Lohntarifvertrag für die Flughafenbodendienstleister, der seit Jahren ausgelaufen ist. Der Vertrag für die Arbeiter im sogenannten Ramp Handling, die die Maschinen be- und entladen und das gesamte Gepäck umschlagen, stammt aus dem Dezember 2015 und ist seit sechseinhalb Jahren ausgelaufen. In dieser Zeit hat die Inflation die Löhne regelrecht aufgefressen.

Die Vorfeldarbeiter schuften unter entsetzlichen Bedingungen auf den glühend heißen Rollfeldern der Flughäfen. Italien wird gerade von einer beispiellosen Hitzewelle heimgesucht, und die Rekordtemperaturen erreichen bis zu 48 Grad Celsius. Auch wenn Kopfbedeckung, Nackenschutz und gratis Trinkwasser vorhanden sind, besteht die Gefahr eines Hitzeschlags oder Kreislaufkollapses für diese Arbeiter, die keine Möglichkeit haben, der Hitze auszuweichen. Im Herbst und Winter sind sie dann wieder Wind und Wetter ausgesetzt.

Dem großen Einsatz zum Trotz verdienen diese Arbeiter einen Hungerlohn. Laut der Website Worldsalaries liegt das Bruttoeinkommen italienischer Flughafendienstleister zwischen 1300 und 4150 Euro monatlich, wobei auch Schalterpersonal, Sicherheitsleute und Kontroll- und Verwaltungsangestellte eingerechnet sind.

Die Vorfeldarbeiter liegen dabei am untersten Ende der Skala. Der Lohn eines ungelernten Handling-Arbeiters kann tatsächlich so niedrig liegen, dass er mit netto 800 Euro nachhause geht. Im Durchschnitt liegt der Lohn bei Flugzeugabfertigern um die 1400 Euro netto. Für ein einzelnes Schlafzimmer in Rom beträgt die typische Miete schon um die 600 Euro. In Mailand belaufen sich allein die Lebenshaltungskosten auf mindestens 1200 Euro pro Monat.

Der Streik war nach einem 24-stündigen Flughafenstreik am 20. Juni bereits die zweite Unterbrechung des italienischen Luftverkehrs in diesem Sommer. Er ist Bestandteil der wachsenden Aufstandswelle von Arbeitern in ganz Europa, was die italienische Regierung offensichtlich verstanden hat.

Schon zwei Tage zuvor waren die italienischen Eisenbahner der staatlichen Bahngesellschaft Trenitalia sowie des privaten Italo-Konzerns in einen 24-stündigen Streik getreten, um andauernde Überstunden, schlechte Bezahlung und Personalmangel abzuwehren. Der Streik sollte laut Beschluss eigentlich bis Freitagabend dauern.

Doch Vizekanzler Matteo Salvini (Lega), der auch das Amt des Transportministers versieht, hatte rundheraus verboten, den Streik einen zweiten Tag fortzusetzen. In Verletzung des verfassungsmäßig garantierten Streikrechts drohte Salvini daraufhin auch den Flughafen-Bodenarbeitern mit Streikverbot, falls sie nicht Vernunft zeigten.

„Ich akzeptiere nicht, dass einige Gewerkschaften Italien blockieren und damit Millionen von italienischen Arbeitnehmern und ausländischen Touristen Unannehmlichkeiten und Schaden bereiten“, tobte Salvini. „Wenn sich der gesunde Menschenverstand nicht durchsetzt, bin ich bereit zu intervenieren, wie ich es bereits getan habe, um die totale Blockade der Züge zu verhindern.“

Allerdings konnte er nicht verhindern, dass am Streiktag selbst auch mehrere Luftbesatzungen den Streik aufgriffen und ausweiteten. Auch Piloten und Flugbegleiter vieler Airlines leiden unter Arbeitsplatzabbau und Dumpinglöhnen, eine Folge des gnadenlosen globalen Wettbewerbs im Luftverkehr und der Angriffe der Regierung.

Die Piloten von Malta Air, die in Italien die Ryanair-Flüge steuern, traten am selben Samstag von 12 bis 16 Uhr geschlossen in den Streik, und bei der Fluggesellschaft Vueling streikten sowohl Piloten als auch Flugbegleiter von 10 Uhr bis 18 Uhr. Der Streik bei Malta Air betraf auch Maschinen der Fluggesellschaft Ita Airways, der früheren Alitalia, die an diesem Tag insgesamt 133 Flüge streichen musste.

Bei Ryanair fielen wegen des Streiks auch am Flughafen Brüssel–Charleroi in Belgien 120 Flüge aus, und Ryanair teilte mit, dass auf den Flügen von und nach Italien mit Flugausfällen und Einschränkungen zu rechnen sei. Die Ryanair-Piloten kämpfen immer noch darum, mit ihren Gehältern wieder das Niveau vor Corona zu erreichen. Ihre Gewerkschaften hatten dem Konzern in der Pandemie das Zugeständnis erheblicher Gehaltskürzungen gemacht, die bisher nicht wieder ausgeglichen worden sind – von einem wirkungsvollen Inflationsausgleich ganz zu Schweigen.

Ein gemeinsamer, länderübergreifender Streik im europäischen Flugverkehr liegt auf der Hand. Er erfordert jedoch den Bruch mit den Gewerkschaften, die – erschreckt vom Erfolg der Eisenbahner-, Bodenarbeiter- und Pilotenstreiks der letzten Tage – schnellstens neue Gespräche mit Matteo Salvini und der Meloni-Regierung anstreben. Notwendig ist die Gründung unabhängiger Aktionskomitees, die sich der Internationalen Arbeiterallianz der Aktionskomitees anschließen.

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