In dieser Woche gab Dr. Anthony Fauci, der ehemalige Direktor des National Institute of Allergy and Infectious Diseases, der BBC ein Interview, in dem er erklärte, dass ältere Menschen, Kranke und Behinderte bei der derzeitigen Corona-Welle „auf der Strecke bleiben werden“. Fauci warnte nicht etwa vor den Folgen, die eintreten würden, wenn nicht dringend etwas unternommen würde. Vielmehr versuchte er, die Politik der Untätigkeit und Vertuschung der Biden-Regierung angesichts eines neuen Anstiegs der Infektionszahlen zu rechtfertigen.
Faucis Äußerungen wiederholen die Erklärung der Direktorin der US-Gesundheitsbehörde (Centers for Disease Control and Prevention, CDC), Rochelle Walensky, vom Januar 2022. Sie hatte damals behauptet, die Tatsache, dass Covid-19 vorwiegend Menschen tötet, die „von vornherein nicht gesund sind“, sei eine „ermutigende Nachricht“. Die Äußerungen sowohl von Walensky als auch von Fauci implizierten, dass das Leben chronisch kranker und behinderter Menschen weniger wert sei als das von gesunden Menschen.
Vor drei Jahren hätte sich Fauci kaum selbst vorstellen können, dass er solche Aussagen machen könnte. Indem er eine Politik akzeptiert hat, die die Schwachen einfach sterben lässt, hat er einen völligen moralischen Schiffbruch erlitten. Er kapituliert vor den faschistischen Ideologen, die seit langem dafür eintreten, dass sich das Coronavirus unbegrenzt ausbreiten kann.
Wichtiger als seine persönliche Entwicklung ist jedoch, was seine Äußerungen über die Biden-Regierung aussagen, die eine unausgesprochene, aber nichtsdestoweniger bewusste Politik des sozialen Mordes betreibt, die sich gegen ältere, chronisch kranke und behinderte Menschen richtet. Es handelt sich um eine Form der mörderischen Eugenik, die an die Politik des Naziregimes zur Ermordung von Behinderten erinnert.
Fauci sprach unter Bedingungen, in denen Abwasserdaten darauf hinweisen, dass sich die Corona-Fälle in den letzten zwei Monaten mehr als verdreifacht haben, während sich die Krankenhauseinweisungen mit Covid-Patienten mehr als verdoppelt haben. Dies ist der erste Anstieg, nachdem die Regierung Biden am 11. Mai die Zählung der Corona-Fälle eingestellt hat, um die Öffentlichkeit über die Ausbreitung der Krankheit im Unklaren zu lassen. Inzwischen befinden sich die Vereinigten Staaten im Wesentlichen im Blindflug durch die Pandemie.
Auf die Frage, wie ernst es wieder werden könnte, versuchte Fauci, die Gefahren herunterzuspielen. Er erklärte, er glaube – wisse aber nicht mit Sicherheit –, dass es bei der gegenwärtigen Welle von Covid-19 weniger Krankenhauseinweisungen und Todesfälle geben werde als in der Vergangenheit.
Fauci behauptete: „96 Prozent oder mehr der Bevölkerung haben einen gewissen Grad an Immunität, entweder durch frühere Infektionen oder durch Impfungen oder beides“. Er fuhr fort:
Ich bezweifle ernsthaft, dass es zu einer derartigen Zunahme von Krankenhausaufenthalten und Todesfällen kommen wird, wie wir sie in der Vergangenheit erlebt haben, selbst wenn es zu einer Zunahme von Infektionen kommen sollte. Denn es gibt eine ausreichend große Grundimmunität in der Bevölkerung, so dass, selbst wenn die Schwachen auf der Strecke bleiben werden, wenn sie sich infizieren, ins Krankenhaus eingeliefert werden und einige von ihnen sterben, dass wir dann trotzdem nicht den Tsunami von Fällen haben werden, den wir erlebt haben.
Wer sind diese „gefährdeten“ Menschen, die auf der Strecke bleiben müssen?
In den Vereinigten Staaten haben etwa 45,4 Prozent der Bevölkerung ein erhöhtes Risiko für Komplikationen durch COVID-19, weil sie mindestens eine von sechs Vorerkrankungen haben. Dazu zählen Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronisch obstruktive Lungenerkrankungen (COPD), Diabetes, Asthma, Bluthochdruck und/oder Krebs. Wenn man Faktoren hinzunimmt, die das Corona-Risiko erhöhen, wie Autoimmunkrankheiten, Fettleibigkeit, Organtransplantation und ein Alter von über 65 Jahren, wächst die Liste der Gruppen, die „auf der Strecke bleiben“ werden, auf deutlich mehr als die Hälfte der Bevölkerung und nähert sich zwei Dritteln.
Fauci, der jahrelang Zielscheibe faschistischer Angriffe war, weil er sich während der Trump-Regierung für Maßnahmen zur Eindämmung von Covid-19 eingesetzt hatte, hat sich die Doktrin der „Herdenimmunität“ zu eigen gemacht. Dabei handelt es sich um die von Trump im Jahr 2020 vertretene Auffassung, dass das Virus verschwindet, wenn sich nur genügend Menschen mit Covid-19 infizieren, und dass der Tod älterer, kranker und behinderter Menschen ein akzeptabler Preis für die Wahrung der Profitinteressen der Wirtschaft ist.
Das wichtigste Argument gegen die Befürworter der „Herdenimmunität“ sind die tatsächlichen Erfahrungen mit der Corona-Pandemie. Sie bestätigen die Warnungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vom Oktober 2020, dass die „Herdenimmunität“ keine wissenschaftlich tragfähige Antwort auf die Corona-Pandemie darstellt.
„Herdenimmunität wird erreicht, indem man Menschen vor einem Virus schützt, nicht indem man sie dem Virus aussetzt“, sagte WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus damals. „Noch nie in der Geschichte der öffentlichen Gesundheit wurde die Herdenimmunität als Strategie zur Reaktion auf einen Ausbruch, geschweige denn eine Pandemie, eingesetzt. Das ist wissenschaftlich und ethisch problematisch.“
Zur Untermauerung seiner Aussage verwies der WHO-Direktor auf die – damals noch hypothetische – Möglichkeit, dass Menschen zweimal an Covid-19 erkranken könnten, sowie auf die zunehmenden Berichte über das, was „jetzt als Long-Covid bezeichnet wird.“
Drei Jahre nach diesen Aussagen wissen wir, dass eine Reinfektion mit Covid-19 keine fiktive Möglichkeit, sondern die Regel ist. Personen, die an vorderster Front tätig sind, darunter Lehrer und Mitarbeiter des Gesundheitswesens, haben berichtet, dass sie drei-, vier- oder fünfmal infiziert wurden.
Jeder Kontakt mit Covid-19 schädigt nach und nach wichtige Organe, einschließlich des Immunsystems, des Gehirns und des Kreislaufsystems. Mit anderen Worten: dadurch, dass Covid-19 frei zirkulieren kann, wächst der Anteil der Bevölkerung, den Fauci als anfällig bezeichnet, ständig an.
Als Dr. Ghebreyesus seine Warnungen aussprach, war die Fähigkeit von Covid-19, zu mutieren und eine bestehende Immunität zu überwinden, noch weitgehend hypothetisch. In den letzten drei Jahren hat eine Flut neuer Corona-Varianten gezeigt, dass keine noch so gute „Immunität der Bevölkerung“ einen signifikanten Anstieg von Covid-19 verhindern kann.
Die Befürworter von Masseninfektionen haben wiederholt den Anteil der Bevölkerung nach oben geschraubt, der infiziert werden müsse, damit die Krankheit auf ein „kontrollierbares“ Niveau zurückgeht. Erst waren es 50 Prozent, dann 70 Prozent, dann 80 Prozent, dann 90 Prozent. Jetzt, da Fauci erklärt hat, dass praktisch die gesamte Bevölkerung – 96 Prozent – „immun“ gegen Covid-19 ist, werden die Schulen in den USA geschlossen, und zwar nicht als Präventivmaßnahme, sondern weil zu viele Mitarbeiter krank sind, um sie offen zu halten.
Beschämenderweise haben führende WHO-Vertreter ihre eigene Kritik an der Masseninfektionspolitik der Regierungen zurückgenommen. Im Mai haben sie ihre Covid-19-Notstandserklärung für die öffentliche Gesundheit eingestellt, und diese Woche ihre wöchentlichen Covid-19-Briefings.
Die Strategie der herrschenden Klasse, eine „ewige Pandemie“ zu schaffen, hat zu einer Katastrophe geführt. Allein in den Vereinigten Staaten sind 1,1 Millionen Menschen tot, und zig Millionen weitere haben durch Long-Covid erhebliche gesundheitliche Schäden davongetragen. Jetzt häufen sich erneut die Corona-Fälle und Krankenhauseinweisungen, während die neue, hochansteckende BA.2.86-Variante „Pirola“, die bisher am stärksten mutierte Version der Krankheit, gerade in Umlauf gekommen ist.
Seit mehr als einem Jahr wird der Bevölkerung von der Regierung Biden, den Regierungen in aller Welt und den Medien gesagt, dass die Pandemie vorbei sei, dass sie ihre Masken abnehmen und sich keine Sorgen mehr über eine Ansteckung machen müssten. Sie werden schockiert sein, dass ihnen jetzt, inmitten einer neuen Welle von Infektionen, gesagt wird, sie sollten einfach akzeptieren, dass sie oder ihre Angehörigen schwer krank werden oder sterben könnten.
Doch dies ist die Logik der Reaktion der herrschenden Klasse auf die Pandemie, die auf der Unterordnung der öffentlichen Gesundheit unter den Profit beruht.
Diese Politik des Massensterbens und der ständigen Ansteckung muss gestoppt werden! In allen Ländern muss die Forderung nach Sofortmaßnahmen erhoben werden, um die Ausbreitung von Covid-19 zu stoppen und die Behauptung, das Virus sei endemisch, zurückzuweisen.
Mediziner und Wissenschaftler haben die Pflicht, sich gegen diese katastrophale Politik auszusprechen. Die Bevölkerung, die durch die unerbittliche Propaganda der herrschenden Klasse entwaffnet wurde, muss über die anhaltende Bedrohung informiert und zum Kampf für eine Politik der globalen Eliminierung mobilisiert werden.